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Cecilia Cristellon Das Haus als Bühne: Vorund nachreformatorische Heirats- und Ehepraxis Sowohl die Reformation als auch das Konzil von Trient setzten bezüglich der Eheschließung einen Prozess der Reglementierung in Gang, den säkulare Ordnungen und Statuten frühneuzeitlicher Territorien in der Folge maßgeblich mittrugen. Die neuen Normen schrieben jene Rituale fest, die dem Trauungsakt Gültigkeit verliehen, schränkten diese aber zugleich auch ein. Dies begann damit, dass die Trauung zu einem genau feststellbaren Zeitpunkt erfolgen musste. Die daran anknüpfende statische Vorstellung einer Heirat prägte lange das Bild der Historiker und Historikerinnen und führte nicht selten dazu, in der vorreformatorischen und vortridentinischen Eheschließungspraxis „eine Einheitlichkeit der Formen und eine Regelhaftigkeit der Abläufe“ zu sehen, „die sich jedoch nur in bestimmten sozialen Milieus feststellen lassen“ und grundsätzlich von vielfältigen Variationen durchzogen waren.1 Im Spätmittelalter und in der Renaissance erfolgte eine Heirat im Zuge eines längerfristigen Prozesses, der im Idealfall von einem auf die Zukunft hin orientierten Eheversprechen seinen Ausgang nahm, nach einiger Zeit im Konsens, das heißt in der beiderseitigen für die Gegenwart ausgesprochenen Einwilligung in die Ehe seine Fortsetzung fand und mit dem Einzug der Frau in das Haus des Ehemannes zum Abschluss kam. Kirchliche und weltliche Obrigkeiten versuchten, dieses mehrstufige Modell zu regulieren, indem sie den priesterlichen Segen einführten, die Öffentlichkeit des Aktes mittels einer Verkündigung in der Kirche und/oder in Form einer notariellen Registrierung empfahlen sowie im Fall von adligen Eheschließungen den Aushang einer entsprechenden Mitteilung in den Höfen der Regierungspaläste vorsahen.2 In der Praxis zeigt sich, dass der eben skizzierte Ablauf nicht notwendigerweise eingehalten wurde: In Italien wie in England und Deutschland maßen Brautpaare 1 Silvana Seidel Menchi, Percorsi variegati, percorsi obbligati. Elogio del matrimonio pretridentino, in: dies./Diego Quaglioni (Hrsg.), Matrimoni in dubbio Unioni controverse e nozze clandestine in Italia dal XIV al XVIII secolo. Bologna 2001, 17–60, hier 18. Ferner: Sämtliche Dokumente des Archivio Storico del Patriarcato di Venezia (ASPV), auf die im Folgenden verwiesen wird, befinden sich in den Beständen der ‚sezione antica‘. 2 So in Venedig, vgl. dazu Patricia H. Labalme/Laura Sanguineti White/Linda L. Carrol, How to (and How Not to) Get Married in Sixteenth-Century Venice (Selection from the Diaries of Marin Sanudo), in: Renaissance Quart. 52, 1999, 43–72, hier 44. Vgl. für den deutschen Raum. Lyndal Roper, ‚Going to Church and Street‘. Wedding in Reformation Augsburg, in: P & P 106, 1985, 62–101; Richard van Dülmen, Fest der Liebe. Heirat und Ehe in der Frühen Neuzeit, in: ders., Gesellschaft der frühen Neuzeit. Kulturelles Handeln und sozialer Prozess. Wien 1993, 194–235. Für eine Rekonstruktion der Geschichte der christlichen Eheschließung und der Vorgangsweise kirchlicher und weltlicher Obrigkeiten, um Authenticated | cristellon@dhi-roma.it author's copy Download Date | 11/14/15 9:16 AM