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Sozialpolitik Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung Gesundheit Potenzial und Verbreitung von IKT zur Unterstützung pflegender Angehöriger International Soziale Sicherheit Schweiz–Kosovo Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 inhalt Inhalt CHSS 6/2013 November / Dezember Inhaltsverzeichnis Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Editorial 301 Chronik Oktober / November 2013 302 Regionale Unterschiede bei der Belastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben (Oliver Bieri und Helen Köchli, Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern) 331 Sozialpolitik Sozialversicherungen: Neuerungen ab 2014 und laufende Reformen (Brigitte Dumas, BSV) 307 Datenaustausch und Datenschutz in der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (Kurt Pärli, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) 310 Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung (Philippe Wanner, Universität Genf) Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz – eine Zwischenbilanz (Alfred Künzler, Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz, und Katrin Jentzsch, BSV) 329 312 Familie Bundesrat verabschiedet Bericht zum Vaterschafts- und Elternurlaub (Lucie Martin und Barbara von Kessel-Regazzoni, BSV) 316 Invalidenversicherung Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IV-Rentenbeziehenden (Robert Fluder, Renate Salzgeber und Tobias Fritschi; Berner Fachhochschule Soziale Arbeit) 336 BECK – Beruliche Eingliederung von Menschen mit einer chronischen Krankheit (Margareta Schmid, Fachstelle Evaluation & Gesundheitsforschung; Eliane Boss, Krebsliga Schweiz; Erich Tschirky, Schweizerische Gesundheitsligen-Konferenz) 341 International Gesundheit Soziale Sicherheit Schweiz–Kosovo (Raphael Tschanz, BSV) Langzeitplege in der Schweiz: eine europäische Perspektive (Andrea E. Schmidt, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien) 318 Parlament Potenzial und Verbreitung von IKT zur Unterstützung plegender Angehöriger (Francesco Barbabella und Giovanni Lamura, Istituto Nazionale di Riposo e Cura per Anziani, Ancona, sowie Andrea E. Schmidt, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien) 325 Besuch en S nter ie uns u ww in.ch m d a . w.bsv 346 Parlamentarische Vorstösse 350 Gesetzgebung (Vorlagen des Bundesrats) 351 Daten und Fakten Sozialversicherungsstatistik 352 Wichtige Masszahlen der berulichen Vorsorge 354 Agenda (Tagungen, Seminare, Lehrgänge) 356 Literatur 358 Jahresinhaltsverzeichnis 2013 362 editorial Editorial Zwischenhalt Suzanne Schär Chefredaktorin «Soziale Sicherheit CHSS» Die letzte Ausgabe der CHSS dieses Jahres setzt keinen thematischen Schwerpunkt. Nicht, dass es an gewichtigen sozial- und gesundheitspolitischen Herausforderungen fehlte, die in den nächsten Monaten und Jahren einer mehrheitsfähigen Lösung zugeführt werden müssen. Aber nach der Auseinandersetzung mit grossen Baustellen des BSV, von der Missbrauchsbekämpfung in den Sozialversicherungen, über die Jugendschutzprogramme bis hin zur Reform Altersvorsorge 2020, jenem Geschäft, das unser Amt – und nicht nur uns – in den nächsten Jahren auf Trab halten wird, scheint der Zeitpunkt richtig, sich anderen, weniger prominenten Themen zuzuwenden. Dabei handelt es sich zum einen um quasi das sozialpolitische Grundgeräusch: Themen, die einer sozialpolitischen Auseinandersetzung bedürfen, obschon sie meist nur punktuell im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen. Zum anderen sind es Fragestellungen, die derzeit entweder die Grundlagenforschung beschäftigen oder, die als gesellschaftlich relevant erkannt, im Fokus der angewandten Forschung stehen. Eine erste Artikelgruppe beschäftigt sich demzufolge mit gesellschaftlichen Herausforderungen, die vordergründig zwar nur Einzelne oder eine Minderheit betreffen, im Interesse des sozialen Zusammenhalts und der Solidarität aber trotzdem einer gesamtgesellschaftlich anerkannten Lösung bedürfen. Entsprechend wird in dieser CHSS erörtert, wie es um die rechtlichen Grundlagen für den Datenschutz und den Datenaustausch in der Zusammenarbeit zwischen den Institutionen der sozialen Sicherung, der Bildung und der Arbeitsmarktintegration bestellt ist. Aber auch die offenen Fragen zur Regelung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweiz und Kosovo sind nach dem Bundesgerichtsentscheid vom Juni 2013 diskussionswürdig. Bei der zweiten Artikelgruppe handelt es sich um forschungsgeleitete Beiträge. Sie legen die wissenschaftliche Grundlage für den zielgerichteten und wirkungsorientierten Umgang mit Fragestellungen wie der Weiterentwicklung einer volks- und individualwirtschaftlich tragbaren Form der Langzeitpflege oder dem Potenzial der Informationstechnologie für die Entlastung pflegender Angehöriger. Die vorliegenden Artikel geben bereits erste Hinweise auf die sozial- und gesundheitspolitische Themenlage im kommenden Jahr. Neben Fragestellungen zur psychischen Gesundheit werden uns sicher die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft weiterbeschäftigen. Und in Anlehnung an seine Aufgabe als schützendes Dach und ausgleichende Kraft wird weiterhin auch das Verhältnis besonders verletzlicher Gruppen zum Sozialstaat zur Sprache kommen. An dieser Stelle sei allen Autorinnen und Autoren herzlich gedankt, die im vergangenen Jahr mit ihrem fundierten Fachwissen, aber auch mit kritischen Beiträgen den über die CHSS geführten gesellschafts- und gesundheitspolitischen Diskurs bereichert haben. In einer zunehmend fragmentierten, sprunghaften Kommunikationsumgebung ermöglichen sie die kontinuierliche und sachliche Auseinandersetzung mit Fragestellungen, die oft auch emotional geprägt sind. Sie öffnen den Blick auf die normativen Vorgaben, auf deren Basis der Diskurs gedeihen kann und benennen die zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen. Insofern legen ihre Beiträge die Grundlage dafür, dass die erforderliche Lösung sachgerecht entwickelt und die Entscheide reifen können – der erzielte politische Kompromiss sich schliesslich zielgerichtet und bedarfsgerecht umsetzen lässt. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 301 chronik Chronik AHV Volksinitiative «Millionenerbschaften besteuern für unsere AHV» Der Bundesrat empiehlt die Volksinitiative «Millionenerbschaften besteuern für unsere AHV» zur Ablehnung. Nach dem Willen der Initianten sollen zwei Drittel des Steuerertrags auf Erbschaften von mehr als zwei Millionen Franken an die AHV, ein Drittel an die Kantone gehen. Reform Altersvorsorge 2020 siehe Beitrag «Sozialversicherungen: Neuerungen ab 2014 und laufende Reformen» Armut In der Schweiz waren 2011 knapp 130 000 Personen von Erwerbsarmut betroffen und rund 240 000 Erwerbstätige armutsgefährdet. Fast 90 000 Erwerbstätige wiesen in mindestens drei von neun Lebensbereichen einen inanziell bedingten Mangel auf. Nach allen verwendeten Konzepten sind Alleinerziehende, Erwerbstätige ohne nachobligatorische Ausbildung und nicht ganzjährig Erwerbstätige besonders betroffen (www.bfs ➞ Themen ➞ 20 – Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung ➞ Lebensstandard, soziale Situation und Armut ➞ Armut trotz Erwerbstätigkeit. Ergebnisse 2007 bis 2011). Beruliche Vorsorge BVG: Mindestzinssatz 2014 Der Bundesrat hat auf Empfehlung der BVG-Kommission, in welche Sozialpartner, Experten und Interessenvertreter einsitzen, beschlossen, den Mindestzinssatz in der Berulichen Vorsorge bei 1,75 Prozent festzulegen. Derzeit wird das Kapital zu 1,5 Prozent verzinst. Entscheidend für die Höhe des Mindestzinssatzes sind die 302 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Oktober/November 2013 Rendite der Bundesobligationen sowie die Entwicklung von Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Die Anhebung des Satzes erfolgt aufgrund der guten Entwicklung der Aktien und Immobilien in diesem und im letzten Jahr. Hinterlassenen- und Invalidenrenten in der obligatorischen berulichen Vorsorge Die gesetzlich vorgeschriebene regelmässige Überprüfung der Preisentwicklung zwischen September 2010 und 2013 hat ergeben, dass die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen berulichen Vorsorge auf den 1. Januar 2014 nicht der Teuerung angepasst werden müssen. Beschäftigung ALV Der Bundesrat setzt die Gesetzesänderung für die Deplafonierung des Solidaritätsprozents der Arbeitslosenversicherung (ALV) per 1. Januar 2014 in Kraft. Um die ALV rascher zu entschulden, wird künftig auch für Lohnanteile von Jahreslöhnen über 315 000 Franken ein Beitrag im Umfang von 1 Prozent erhoben. Fachkräfteinitiative Der Bundesrat hat am 6. November 2013 im Rahmen seiner Klausur zum Freizügigkeitsabkommen ein Massnahmenpaket zur Fachkräfteinitiative verabschiedet. Dieses hat zum Ziel, den Fachkräftemangel zu lindern, indem das inländische Potenzial an Fachkräften verstärkt ausgeschöpft wird. Der Bund koordiniert seine Anstrengungen mit jenen der Kantone und der Sozialpartner und wirkt als Katalysator. Als Arbeitgeber geht der Bund mit gutem Beispiel voran und ergreift in seinem Bereich weitere Massnahmen. So will der Bund die Erwerbstätigkeit von älteren Arbeitnehmenden und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern sowie die Aus- und Weiterbildung unterstützen. Lohngleichheit Die Bundesverwaltung hat in den letzten drei Jahren die Löhne ihrer rund 36 000 Mitarbeitenden auf die Einhaltung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann überprüft. Das Resultat liegt nun vor und stellt der Bundesverwaltung ein gutes Zeugnis aus. Die Löhne entsprechen dem Grundsatz der Lohngleichheit. Schweizerische Arbeitskräfteerhebung 2012: Unterbeschäftigung Laut einer im Oktober veröffentlichten Untersuchung des BFS zu den ergänzenden Indikatoren zur Erwerbslosigkeit beträgt die Unterbeschäftigungsquote gemäss ILO-Deinition in der Schweiz gut 6 Prozent. 464 000 der Erwerbstätigen in der Schweiz gaben an, mehr als ihr derzeitiges Pensum arbeiten zu wollen und galten demzufolge als unterbeschäftigt. Es waren v. a. Teilzeitbeschäftigte mit geringen Einkommen, die ein höheres Arbeitspensum anstrebten. Basierend auf der hohen Teilzeitbeschäftigungsquote der Frauen ist auch der hohe Frauenanteil von knapp drei Viertel bei den Unterbeschäftigten zu verstehen. Gut die Hälfte der unterbeschäftigten Erwerbstätigen erreichte allerdings innerhalb von zwölf Monaten die gewünschte Stundenzahl oder verlangte kein höheres Arbeitspensum mehr, während sich acht Prozent der Befragten nicht mehr im Arbeitsmarkt befanden (www.bfs.ch ➞ Themen ➞ 03 – Arbeit und Erwerb ➞ Übersicht ➞ Schweizerische Arbeitskräfteerhebung 2012. Ergänzende Indikatoren zur Erwerbslosigkeit: Unterbeschäftigung und potenzielle zusätzliche Arbeitskräfte). Chronik Oktober/November 2013 Bundeshaushalt Familie Zweite Hochrechnung 2013 Familienzulagenregister: Bilanz Für 2013 rechnet der Bund mit einem Überschuss von 0,3 Milliarden Franken. Im Vergleich zur Hochrechnung im Juni bedeutet dies eine Verschlechterung um 0,3 Milliarden Franken, bedingt durch die nach unten korrigierte Schätzung der Einnahmen. Das Budget ging von einem Deizit von 0,4 Milliarden Franken aus. Grundlage der Hochrechnung sind die bis Ende September verbuchten Einnahmen und Ausgaben. Die zusätzlichen Mindereinnahmen resultieren aus der ungünstigen Entwicklung bei der direkten Bundessteuer (0,6 Mrd.). Gegenüber der Juni-Schätzung weisen neben der Bundessteuer nur noch die Tabaksteuer und die Spielbankenabgabe leichte Mindereinnahmen auf. Grössere Kreditreste werden u. a. bei den Leistungen des Bundes an die Sozialversicherungen (IV, AHV und Prämienverbilligung) erwartet. Die Bilanz nach zwei Jahren fällt sehr positiv aus. Mit dem seit dem 1. Januar 2011 betriebenen Register wird verhindert, dass für das gleiche Kind mehrfach Familienzulagen bezogen werden. In den ersten zwei Betriebsjahren konnten gegen 45 700 Fälle von mehrfach ausbezahlten Familienzulagen identiiziert werden. Dies entspricht einer Summe von 20 Mio. Franken – gemessen am jährlichen Gesamtvolumen von 5,1 Mia. eine Fehlerquote von lediglich 0,2 Prozent. Die entsprechenden Beträge werden zurückgefordert. Zudem konnte die ungerechtfertigte Auszahlung von 24 200 Familienzulagen präventiv verhindert werden. Man kann davon ausgehen, dass die Anzahl von Fehlauszahlungen dank des Registers noch weiter sinken wird. Erwerbsersatzordnung Der Bundesrat hat Stellung genommen zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) vom 28. Juni 2013. Im Bericht ersucht die Kommission den Bundesrat, zu den Feststellungen und Erwartungen bei der Abrechnung von freiwilligen Militärdienstleistungen Stellung zu nehmen. Der Bundesrat hat reagiert und bereits verschiedene Massnahmen eingeleitet. Weitere Anpassungen werden folgen. Unter anderem soll die Förderung des Spitzensports in der Armee in wesentlichen Punkten besser geregelt werden. 1 Vgl. Martin, Lucie und Barbara von KesselRegazzoni, «Bundesrat verabschiedet Bericht zum Vaterschafts- und Elternurlaub» in der vorligenden CHSS. nung getragen, was zur Folge hat, dass rund die Hälfte der Haushalte mit Kindern keine direkte Bundessteuer bezahlt. Eine steuerliche Freistellung der Kinder- und Ausbildungszulagen wäre nicht zielgerichtet und würde zu Mindereinnahmen von rund 1 Milliarde Franken für Bund, Kantone und Gemeinden führen. Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» Der Bundesrat empiehlt die Volksinitiative gegen die «Heiratsstrafe» zur Annahme. Ihre steuerpolitischen Forderungen decken sich mit der vom Bundesrat verfolgten Politik, die Ungleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren zu beseitigen. Im Bereich der Sozialversicherungen hingegen sind Ehepaare in der Gesamtsicht nicht schlechter gestellt als unverheiratete Paare, weshalb aus Sicht des Bundesrates kein Anlass gegeben ist, die bestehende Plafonierung der Ehepaarrenten aufzuheben. Vaterschafts-/Elternurlaub In Beantwortung eines Postulats von Ständerätin Anita Fetz (SP), das vom Bundesrat die Prüfung einer privat inanzierten Elternzeitversicherung verlangt, hat der Bundesrat Ende Oktober einen Bericht verabschiedet, der acht verschiedene Modelle eines Elternurlaubs vorstellt, diese miteinander vergleicht und deren Vor- und Nachteile aufzeigt (www.bsv.admin.ch ➞ Themen ➞ Familien/Familienzulagen ➞ Aktuell ➞ Bericht über Vaterschaftsurlaub und Elternurlaub; 30.10.2013).1 Volksinitiative «Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen» Der Bundesrat hat die Botschaft zur Volksinitiative «Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen» verabschiedet und empiehlt, die Initiative abzulehnen und ihr keinen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Die Familien sollen weiterhin vorwiegend mit Instrumenten ausserhalb des Steuerrechts gefördert werden. Im Steuerrecht wird den Kinderkosten bereits heute angemessen Rech- Gesundheit Krebsregister Der Vorentwurf für eine bundesgesetzliche Grundlage zur lächendeckenden und einheitlichen Erfassung der Daten zu Krebserkrankungen ist in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung gestossen. Der Bundesrat hat deshalb das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, bis Ende 2014 einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Das Bundesgesetz über die Registrierung von Krebserkrankungen ist Teil der Gesamtschau Gesundheit2020 des Bundesrates. Volksinitiative «Abtreibung ist Privatsache» Die Abtreibungsinanzierungsinitiative, gemäss welcher Frauen für die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs künftig selbst aufkommen müssten, gelangt am 9. Februar 2014 zur Abstimmung. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 303 Chronik Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» Der Bundesrat hat entschieden, die Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Gleichzeitig hat er unter Berücksichtigung der Vernehmlassungsergebnisse einen Entwurf für eine Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) verabschiedet, die der Risikoselektion besser entgegenwirken soll und die weiteren mehrheitsfähigen Verbesserungsvorschlägen Rechnung trägt. Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin» Am 19. September haben beide Räte den Bundesbeschluss zur Hausarztinitiative angenommen. Darin wird dem Volksbegehren «Ja zur Hausarztmedizin» ein direkter Gegenentwurf gegenübergestellt, der die Forderungen der Initiative in wesentlichen Punkten aufnimmt. Obschon er die Hausarztmedizin als zentralen Bestandteil einer allen zugänglichen medizinische Grundversorgung von hoher Qualität erwähnt, sieht der Gegenvorschlag davon ab, die Hausärzte innerhalb der Ärzteschaft explizit zu privilegieren. Wichtige Anliegen der Hausärzte waren bereits 2012 in den «Masterplan Hausarztmedizin und medizinische Grundversorgung» aufgenommen worden. Nach Annahme des Bundesbeschlusses haben die Verantwortlichen die Initiative am 2. Oktober zurückgezogen. Der Gegenentwurf gelangt 2014 zur Abstimmung.2 Umfassende Studie zur Qualität und Arbeitszufriedenheit in Altersund Plegeheimen Ende Oktober publizierte das Institut für Plegewissenschaft der Universität Basel die Resultate seiner Studie «Swiss Nursing Homes Human Resources Project» (SHURP). In einer landesweiten Erhebung wurden zwischen 2011 und 2013 mittels einer Befragung von über 5 000 Plegenden in 163 durch das Zufallsprinzip bestimmten öffentlichen und privaten 304 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Oktober/November 2013 Alters- und Plegeheimen die Betreuungsqualität und die Arbeitszufriedenheit erfasst. Zu beiden Bereichen iel das Fazit der Befragten grundsätzlich positiv aus. Allerdings führt Zeitmangel häuig zu Abstrichen bei der Erbringung von plegerischen Leistungen, aber auch von aktivierenden oder emotionalen Zuwendungen. Als besondere Herausforderungen für die zukünftige Langzeit- und Altenplege nennt die Studie die bedürfnisgerechte Betreuung Demenzkranker sowie die Personalrekrutierung (www.nursing.unibas.ch/shurp ➞ Schlussbericht). International Frauenmenschenrechte Um Texte und Inhalte von internationalen Übereinkommen, UNOResolutionen und weiteren Dokumenten im Bereich Frauenmenschenrechte leichter zugänglich zu machen, hat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mit dem schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) eine neue App für Smartphones und Tablets entwickelt. Über die Suchfunktion der App lassen sich Texte von internationalen Konventionen, UNO-Resolutionen, Erklärungen und weitere Dokumente zu Aspekten der Frauenmenschenrechte und Genderfragen rasch ermitteln, vom Thema Frühverheiratungen über sexuelle Gewalt bis zur wirtschaftlichen Stärkung von Frauen. Aufgeführt sind in der Datenbank nicht nur Dokumente, die in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der UNO verhandelt und verabschiedet worden sind, sondern auch regionale Instrumente. wurde im September ein Internetportal aufgeschaltet. Es enthält eine Zusammenstellung von Links, die Zugang zu den Internetseiten der betreffenden eidgenössischen Departemente, Ämter, Direktionen und Staatssekretariate gewähren (www. personenfreizuegigkeit.admin.ch). Menschenhandel Der Bund verstärkt sein Engagement gegen Menschenhandel. Er kann künftig selber präventive Massnahmen ergreifen und Massnahmen von Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützen. Der Bundesrat hat dazu eine Verordnung verabschiedet, welche die Einzelheiten festlegt. Die Schaffung dieser Verordnung ist eine der Massnahmen des ersten Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel (NAP), den Bund, Kantone und Nichtregierungsorganisationen im Herbst 2012 verabschiedet haben. Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» Am 9. Februar 2014 wird der Schweizer Souverän über die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» beinden. Ziel der Initianten ist es, das geltende Personenfreizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union zu kündigen und die Einwanderung künftig mit Ausländerkontingenten und Höchstzahlen zu steuern, die sich am «gesamtwirtschaftlichen Interesse» des Landes orientieren. Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» Internetportal zur Personenfreizügigkeit Der Bundesrat hat am 23. Oktober die Botschaft zur Eidgenössischen Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» verabschiedet. Er beantragt dem Parlament, die Initiative Volk und Ständen ohne Die Suche nach Informationen zum Thema Personenfreizügigkeit auf den Webseiten der Bundesverwaltung soll einfacher werden. Zu diesem Zweck 2 Vgl. Menzi, Brigitte und Nuria del Rey; «Hausarztmedizin: Ein Ziel, viele Wege – Volksinitiative, Gegenentwurf, Masterplan», in CHSS 3/2013, S. 131ff. Chronik Gegenentwurf zu unterbreiten, mit der Empfehlung, sie abzulehnen. Die Botschaft, die der Bundesrat vorlegt, macht noch einmal deutlich, dass Ziele und Inhalt der Initiative weder mit der heutigen Migrationspolitik der Schweiz noch mit der schweizerischen Praxis im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit vereinbar sind. Zudem wären auch negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu erwarten. Oktober/November 2013 liches Grundeinkommen erhält, das ein «menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglicht». Bei einem Ansatz von 2 500 Franken pro Kopf würden dem Bund dadurch Kosten von jährlich rund einem Drittel des BIP, rund 200 Mrd. Franken, anfallen. Diese wären gemäss Initianten über die entsprechende Entlastung des Bundesbudgets bei der AHV um rund 70 Mrd. Franken sowie eine Konsumsteuer oder ähnliche Abgaben aufzubringen. Verdingkinder Kinder und Jugend 2. Nationale Konferenz Jugend und Gewalt Mitte November trafen sich in Genf mehr als 400 politische Entscheidungsträger sowie Präventionsfachleute der Kantone und Gemeinden zu der vom BSV sowie dem Kanton und der Stadt Genf organisierten 2. Nationalen Konferenz Jugend und Gewalt. Der Fokus der Konferenz lag auf den Kriterien für eine wirksame Gewaltprävention in Familie, Schule und Sozialraum. Neben einer Einführung in den Forschungsstand erhielten die Teilnehmenden einen umfassenden Einblick in die lokale und internationale Praxis und nutzten die Möglichkeit, sich in verschiedenen Workshops zu den aktuellen Herausforderungen in der Prävention von Jugendgewalt auszutauschen und voneinander zu lernen (www.jugendundgewalt.ch). Anlässlich des zweiten runden Tischs für die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen Ende Oktober wurde beschlossen, Strukturen zu schaffen, welche im Rahmen der bestehenden Gesetzesordnung die Bearbeitung von Gesuchen für Soforthilfe bereits in der ersten Hälfte 2014 erlauben. Zur grundsätzlichen Klärung der Entschädigungsfrage sollen mit den beiden Varianten eines Härte- bzw. Solidaritätsfonds überdies zwei verschiedene Ansätze geprüft werden, die beide die Schaffung neuer gesetzlicher Grundlagen bedingen würden. Über den Härtefonds würden v. a. jene ehemaligen Verdingkinder unterstützt, die noch heute unter schwerwiegenden gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Beeinträchtigungen leiden. Mittel aus dem Solidaritätsfonds hingegen, kämen allen Betroffenen zugute, für die aus heutiger Sicht zu Unrecht fürsorgerische Zwangsmassnahmen angeordnet worden waren. Wohnen Sozialpolitik Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen» Am 4. Oktober ist die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen eingereicht worden. Sie verlangt, dass jede erwachsene Person in der Schweiz unabhängig von ihrem Erwerbsstatus vom Staat ein monat- Der Bundesrat hat eine Änderung der Verordnung über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum gutgeheissen. Damit wird den gemeinnützigen Bauträgern ermöglicht, zinsgünstige Darlehen nicht nur für Bauinvestitionen, sondern auch für den Erwerb von Bauland zu beanspruchen. Die Stärkung des gemeinnützigen Wohnungsbaus ist Teil des wohnungspolitischen Massnahmenpakets, das der Bundesrat im Mai dieses Jahres verabschiedet hat. Es zielt darauf ab, das Angebot an preisgünstigem Wohnraum auszuweiten, ohne den Wohnungsmarkt und damit die Neubautätigkeit negativ zu beeinlussen. Zentrumslasten Gemäss der Grundlagenstudie «Zentrums- und Sonderlasten in Agglomerationen» des Bundesamts für Raumentwicklung ARE haben die urbanen Zentren der Schweiz im Schnitt deutlich höhere inanzielle Lasten zu tragen als die übrigen Gemeinden ihres Kantons. Ins Gewicht fallen in den Zentren vor allem die Aufwendungen für soziale Sicherheit, öffentliche Ordnung, Sicherheit und Verteidigung sowie Kultur, Sport, Freizeit und Kirche. Häuig gleichen die Zentren diese Lasten mit höheren Steuern aus. Bei Gemeinden, die an die Zentren angrenzen, ist das Bild weniger klar (www.are.admin.ch ➞ Dokumentation ➞ Publikationen ➞ Städte und Agglomerationen; 31.10.2013). Suva Ausweitung der Sicherheitscharta Die Sicherheitcharta, welche die Baubranche mit Unterstützung der Suva vor zwei Jahren erarbeitet hat, soll nach Bestreben von Betrieben und Verbänden, die nicht der Branche Bauhaupt- und Ausbaugewerbe zugeordnet sind, erweitert werden. Die Charta deiniert für die Beteiligten aller Hierarchiestufen die wichtigsten Regeln, die eingehalten werden müssen, um Berufsunfälle zu vermeiden. Die Kernbotschaft lautet «Stopp bei Gefahr / Gefahr beheben / weiterarbeiten». Schmerzwahrnehmung Die Universität Lugano hat im Auftrag der Suva die kulturellen Unterschiede in der Wahrnehmung von psychosozialen Belastungen am Arbeitsplatz untersucht und die Grund- Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 305 Chronik lagen zur Optimierung der Präventionsinstrumente für die psychosoziale Belastung am Arbeitsplatz geliefert (www.suva.ch ➞ Medien ➞ Medienmitteilungen ➞ Studie: Kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung von psychosozialen Belastungen am Arbeitsplatz; 31.10.2013). Verschiedenes Bevölkerungsentwicklung 2012 Ende 2012 belief sich die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz auf 8 039 060 Einwohnerinnen und Einwohner, was einem Anstieg um 84 400 306 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Oktober/November 2013 Personen (+1,1%) im Vergleich zu 2011 entspricht. Seit 1999 haben die Wanderungen den grössten Einluss auf das Wachstum der ständigen Wohnbevölkerung. Das Bevölkerungswachstum aufgrund des Wanderungssaldos betrug 45 200 Personen (149 100 Einwanderungen abzüglich 103 900 Auswanderungen). Der Geburtenüberschuss belief sich auf 18 000 Personen (82 200 Geburten abzüglich 64 200 Todesfälle). Sowohl der Wanderungssaldo als auch der Geburtenüberschuss sind gegenüber 2011 zurückgegangen. Ersterer sank aufgrund einer Zunahme der Auswanderungen gegenüber 2011 um 14 Prozent. Der Rückgang des Gebur- tenüberschusses um 3,9 Prozent ist mit einem Anstieg der Todesfälle infolge der Kältewellen und der Grippeepidemie zu erklären (www.bfs. admin.ch ➞ Themen ➞ 01 – Bevölkerung ➞ Aktuell ➞ Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz 2012; 31.10.2013). sozialpolitik Sozialpolitik Neuerungen und Reformen in den Sozialversicherungen Sozialversicherungen: Neuerungen ab 2014 und laufende Reformen Brigitte Dumas Bundesamt für Sozialversicherungen nuar 2014. In mehreren Bereichen wird den Aktiengesellschaften und den Vorsorgeeinrichtungen eine Übergangsfrist gewährt. Damit erhalten sie die notwendige Zeit, um ihre Abläufe, Statuten, Reglemente und Verträge an die Vorgaben der Verordnung anzupassen. Detaillierte Informationen dazu unter: http://www.ejpd.admin.ch/content/ejpd/de/home/dokumentation/ mi/2013/2013-11-20.html Mindestzinssatz Altersvorsorge Datenabgleich zwischen AHV und ALV wird beschleunigt Um den ungerechtfertigten Bezug von Arbeitslosengeld infolge einer nicht gemeldeten Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit besser zu verhindern, wird der Abgleich von Einkommensdaten der AHV mit Daten über Taggeldleistungen der ALV beschleunigt. Der Bundesrat hat eine entsprechende Änderung der AHVVerordnung verabschiedet, die auf 1.1.2014 in Kraft tritt. Der Datenabgleich an sich ist nicht neu, wurde er doch bereits mit der Einführung des Bundesgesetzes über die Schwarzarbeit 2008 gesetzlich verankert. Beruliche Vorsorge Verordnung zur Umsetzung der Abzocker-Initiative Der Bundesrat hat die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften (VegüV) in Kraft gesetzt. Diese Verordnung schreibt unter anderem den Vorsorgeeinrichtungen vor, wie sie die Bestimmungen der Volksinitiative gegen die Abzockerei, die am 3. März 2013 von Volk und Ständen angenommen wurde, umzusetzen haben. Die Generalversammlung börsenkotierter Aktiengesellschaften muss jährlich über die Vergütungen an die Mitglieder des Verwaltungsrats, des Beirats und der Geschäftsleitung abstimmen. Diese Abstimmungen haben bindende Wirkungen; blosse Konsultativabstimmungen sind unzulässig. Verboten sind Abgangsentschädigungen, Provisionen für konzerninterne Umstrukturierungen und Vergütungen, die im Voraus entrichtet werden. Die Vorsorgeeinrichtungen müssen über die in der Verordnung geregelten Aspekte abstimmen und ihre Stimmrechte im Interesse der Versicherten ausüben, wie es die Verfassungsbestimmung vorgibt. Auf die Stimmabgabe darf nicht zum Voraus verzichtet werden, Stimmenthaltung bei einzelnen Traktanden ist jedoch zulässig. Die Vorsorgeeinrichtungen müssen ihr Stimmverhalten offenlegen, detaillierte Informationen sind aber nur dann vorgeschrieben, wenn sie den Anträgen des Verwaltungsrats nicht gefolgt sind oder sich der Stimme enthalten haben. Grundsätzlich gelten die Bestimmungen der Verordnung ab dem 1. Ja- Der Bundesrat hat sich der Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für die beruliche Vorsorge angeschlossen und den Mindestzinssatz in der berulichen Vorsorge von 1,5 auf 1,75 Prozent angehoben. Die leichte Erhöhung des Mindestzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte wurde unter Berücksichtigung der nach wie vor schwierigen Situation an den Finanzmärkten sowie der positiven Entwicklung der Aktien- und Immobilienmärkte beschlossen. Die letztlich nur moderate Erhöhung ist der Tatsache geschuldet, dass die Kassen nicht die ganze Rendite für die Verzinsung der Altersguthaben verwenden können. Sie haben die rechtliche Plicht, Wertschwankungsreserven zu bilden, die notwendigen Rückstellungen vorzunehmen und die gesetzlichen Rentenanforderungen zu erfüllen. Keine Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten in der berulichen Vorsorge Die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen berulichen Vorsorge werden nicht der Teuerung angepasst. Gemäss geltendem Recht müssen sie bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters periodisch an die Erhöhung des Konsu- Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 307 Sozialpolitik Neuerungen und Reformen in den Sozialversicherungen mentenindexes angepasst werden. Der Teuerungsausgleich wird erstmals nach dreijähriger Laufzeit einer Rente gewährt. Die darauffolgenden Anpassungen sind mit dem Teuerungsausgleich bei der AHV gekoppelt, inden in der Regel also alle zwei Jahre statt. Nicht angepasst werden die Renten, da der Landesindex der Konsumentenpreise im September 2013 denselben Stand wie im September 2010 hatte. ken ein Solidaritätsprozent erhoben. Vormals wurden nur nicht versicherte Lohnanteile zwischen 126 000 und 315 000 Franken damit belastet. Die Deplafonierung des Solidaritätsprozents hat zum Ziel, die ALV rascher zu entschulden. Es entfällt, sobald die ALV ihre Schulden abgebaut hat und ihr Eigenkapital abzüglich des Betriebskapitals mindestens 0,5 Milliarden Franken erreicht hat. Anforderungen an Vermögensverwalter in der berulichen Vorsorge Krankenversicherung Der Bundesrat hat die Bestimmungen präzisiert, die für Personen und Institutionen gelten, die mit der Anlage und Verwaltung von Vermögen aus der berulichen Vorsorge betraut sind. Die Leistungen der berulichen Vorsorge sind ein zentraler Pfeiler der Altersvorsorge. Um die Stabilität dieses Pfeilers zu gewährleisten, müssen Vermögensverwalter in der berulichen Vorsorge hohen Anforderungen in Bezug auf Qualiikation und Professionalität genügen und einer Aufsicht unterstellt sein oder über eine Zulassung verfügen. Prämien steigen 2014 moderat Neue Fachempfehlungen zur Rechnungslegung von Vorsorgeeinrichtungen Der Bundesrat hat beschlossen, die Verordnung BVV 2 anzupassen, um der neuen Fassung der Fachempfehlungen zur Rechnungslegung von Vorsorgeeinrichtungen Rechnung zu tragen. Demnach sind die Vorsorgeeinrichtungen verplichtet, die Jahresrechnung nach den Fachempfehlungen zur Rechnungslegung Swiss GAAP FER 26 aufzustellen und zu gliedern. Arbeitslosenversicherung Deplafonierung des Solidaritätsprozents Ab 2014 wird auch für Lohnanteile von Jahreslöhnen über 315 000 Fran- 308 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Die Standardprämien der obligatorischen Krankenplegeversicherung steigen 2014 um durchschnittlich 2,2 Prozent an. Monatlich entspricht dies einem Betrag von 8 Franken 42 Rappen pro Person. Je nach Kanton erhöht sich die Standardprämie zwischen 1,0 und 3,8 Prozent. In den meisten Kantonen steigt die Standardprämie um weniger als drei Prozent an. Risikoausgleich einfacher berechnet Der Risikoausgleich zwischen den Krankenversicherern wird ab 2014 einfacher berechnet. Neu gibt es nur noch eine einzige Berechnung im Folgejahr. Mit dieser Methode können die Zahlungen in den und aus dem Risikoausgleich ausgeglichen werden. Hängige Geschäfte Altersvorsorge 2020 Im November 2013 hat der Bundesrat einen Vorentwurf zur Reform der Altersvorsorge verabschiedet. Die Reform sorgt dafür, dass das Leistungsniveau der Altersvorsorge erhalten bleibt, dass die 1. und 2. Säule langfristig inanziert sind und dass die Leistungen von AHV und berulicher Vorsorge den geänderten Bedürfnissen entsprechen. Sie enthält die folgenden Kernelemente: • Harmonisierung des Referenzalters für den Rentenbezug in beiden Säulen bei 65 Jahren • Flexible und individuelle Gestaltung der Pensionierung • Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der obligatorischen berulichen Vorsorge und Erhalt des Leistungsniveaus • Verbesserung der Überschussverteilung, Aufsicht und Transparenz im Geschäft mit der 2. Säule • Anpassung der Leistungen und Beiträge an gesellschaftliche Entwicklungen • Gleichbehandlung von Selbstständigerwerbenden und Arbeitnehmenden in der AHV • Überbrückung der verbleibenden Finanzierungslücke in der AHV mit der Mehrwertsteuer statt mit Leistungsabbau • Schutz der Liquidität der AHV in schlechten Zeiten • Erhaltung des inanziellen Handlungsspielraums des Bundes Die Vernehmlassung endet am 31. März 2014. Nach Auswertung der Eingaben will der Bundesrat die Botschaft dem Parlament bis Ende 2014 vorlegen. Die Vernehmlassungsunterlagen sind greifbar unter: www.bsv. admin.ch ➞ Altersvorsorge 2020 ➞ Dokumentation ➞ Dokumente für die Vernehmlassung Fristverlängerung für die Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlichrechtlicher Körperschaften Der Bundesrat hat beschlossen, dass Kantone und Gemeinden die bundesrechtlichen Bestimmungen zur Finanzierung ihrer Vorsorgeeinrichtungen erst bis Ende 2014 umsetzen müssen. Er verlängert die Frist somit um ein Jahr. Das Parlament hatte 2010 Bestimmungen verabschiedet, wonach das Finanzierungsmodell des differenzierten Zieldeckungsgrades eingeführt und für teilkapitalisierte Vorsorgeeinrichtungen der öffentlichen Hand eine Ausinanzierung von 80 Prozent innert 40 Jahren vorgeschrieben wurde. Zudem sind die Sozialpolitik Einrichtungen rechtlich, organisatorisch und inanziell aus der Verwaltungsstruktur herauszulösen und zu verselbständigen. Gesundheit2020 – eine umfassende Strategie für das Gesundheitswesen Der Bundesrat hat 2013 die Gesamtschau «Gesundheit2020« verabschiedet. Insgesamt 36 Massnahmen wurden zwölf Zielen und vier Handlungsfeldern zugeordnet. Folgende Massnahmen stehen im Zentrum: Neuerungen und Reformen in den Sozialversicherungen Ausbildung, Förderung der Hausarztmedizin, Einführung eines Gesundheitsberufegesetzes, neue Versorgungsmodelle. Das Ziel der Gesamtschau ist es, das bewährte Schweizer Gesundheitssystem optimal auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen auszurichten und die inanzielle Tragbarkeit zu gewährleisten. Als erstes soll die Hausarztmedizin aufgewertet werden. Die Hausärztinnen und Hausärzte erhalten schnell konkrete Verbesserungen, und die medizinische Grundversorgung wird gestärkt. Dafür sorgt der Masterplan «Hausarztmedizin und medizinische Grundversorgung». Entsprechende Massnahmen laufen oder sind bereits umgesetzt und sollen es erlauben, die Probleme der Hausärzteschaft und in der medizinischen Grundversorgung rasch zu lösen. Brigitte Dumas, Kommunikation, BSV E-Mail: brigitte.dumas@bsv.admin.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 309 sozialpolitik Sozialpolitik Datenschutz in der Interinstitutionellen Zusammenarbeit Datenaustausch und Datenschutz in der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) Die IIZ erfordert einen Austausch datenschutzrechtlich heikler Informationen über die Klientinnen und Klienten. Während dieser Austausch zwischen IV und ALV einfach möglich ist, bedarf es für die weiteren Konstellationen einer gesetzlichen Grundlage. Auch eine Einwilligung kann einen Datenaustausch rechtfertigen, vorausgesetzt, sie erfolgt nach ausreichender Information, ausdrücklich und freiwillig. Kurt Pärli Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Die Interinstitutionelle Zusammenarbeit (IIZ) hat die Aufgabe, in besonders komplexen Einzelfällen die Zusammenarbeit der involvierten Akteure – Invalidenversicherung (IV), Arbeitslosenversicherung (ALV), Sozialhilfe, Berufsberatung und Asyl- oder Ausländerbehörden – im Interesse der betroffenen Personen und der Efizienz des Gesamtsystems zu fördern. Um ihre Ziele zu erreichen, benötigen die beteiligten 310 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Institutionen möglichst umfassende Informationen über ihre Klientinnen und Klienten. In einem umfassenden Rechtsgutachten hat der Autor dieses Beitrages die Voraussetzungen für einen zulässigen Datenaustausch zwischen den IIZ-Akteuren geklärt.1 Zahlreiche Rechtsquellen auf Bundes- und kantonaler Ebene sind zu beachten. Im allgemeinen Datenschutzrecht (Bundesgesetz über den Datenschutz, DSG, und die 26 kantonalen Datenschutzerlasse) inden sich die bei jeder Datenbearbeitung einzuhaltenden Grundsätze wie Verhältnismässigkeit, Transparenz, Zweckbindung oder Datensicherheit. Relevant sind jedoch auch sogenannte bereichsspezifische Datenschutznormen, wie sie sich in allen Sozialversicherungsgesetzen, aber auch im Asyl- und Ausländerrecht inden. Der Datenaustausch zwischen den IIZ-Akteuren erfordert, dass die anfragende Stelle prüft, ob sie die in aller Regel datenschutzrechtlich besonders schützenswerten Personendaten mitteilen darf. Die angefragte Stelle ihrerseits muss prüfen, auf welche rechtliche Grundlage sich die Anfrage stützt und ob ein Recht oder allenfalls sogar eine Plicht zur Bekanntgabe der Daten besteht. Datenschutz basiert auf dem grundrechtlichen Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung. Es geht dabei u.a. um das Anrecht einer Person zu wissen, wer, wann und gestützt auf welche Grundlage welche Daten über sie bearbeitet. Das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip verlangt für die staatliche Datenbearbeitung eine entsprechende Grundlage im Gesetz. Dabei vermag eine Einwilligung das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage zu ersetzen. Zwingend ist jedoch, dass die Einwilligung ausdrücklich erfolgt und den Geboten der Transparenz und Freiwilligkeit entspricht. Keine Freiwilligkeit liegt vor, wenn für den Fall einer Nichterteilung oder des Widerrufs einer Einwilligung Sanktionen angedroht werden. Eine rechtlich korrekt erteilte Einwilligung der betroffenen Person ist ein Rechtfertigungsgrund für den Datenaustausch. 1 Lit. Pärli Sozialpolitik Gestützt auf entsprechende gesetzliche Grundlagen sind IV- und ALVBehörden gegenseitig von der beruflichen Schweigepflicht entbunden. Gegenüber anderen Institutionen (u.a. Sozialhilfe, beruliche Vorsorge, Berufsberatung, Privatversicherung, Migrationsbehörde) entfällt die Schweigeplicht nur, wenn diese über eine formellgesetzliche Grundlage verfügen und den IV-Stellen bzw. ALV-Behörden Gegenrecht gewähren. Angesichts der kantonalen Kompetenz für die Sozialhilfe ist dazu eine entsprechende gesetzliche Grundlage im kantonalen Sozialhilferecht zu verankern, wie dies in einzelnen Kantonen, so z.B. Bern, Freiburg, Zürich und Genf bereits erfolgt ist. Gleiches gilt für die Berufsberatung. Die Analyse der auf die IIZ anwendbaren allgemeinen und bereichsspeziischen Datenschutzbestimmungen zeigt, dass ausdrückliche Datenschutz in der Interinstitutionellen Zusammenarbeit IIZ-Normen für den Datenaustausch in den kantonalen Sozialhilfe- und Berufsbildungserlassen die Regelungslücke schliessen könnten. Damit, aber auch über Präzisierungen im AVIG sowie im Asyl- und Ausländerrecht könnte möglicherweise mehr Rechtssicherheit bewirkt werden. Die grundlegenden Unterschiede im gesetzlichen Auftrag und in der Organisation der beteiligten Institutionen vermögen auch Datenaustauschnormen nicht zu beseitigen. Für die Kernanliegen der IIZ – Verbesserung der Zusammenarbeit der involvierten Akteure in komplexen Einzelfällen im Interesse der Klientinnen und Klienten – vermag eine den rechtlichen Anforderungen genügende Einwilligung der betroffenen Person die fehlende Rechtsgrundlage zu ersetzen, gesetzgeberisches Handeln ist deshalb nicht zwingend erforderlich. Gutachten Pärli, Kurt, Gutachten Datenschutz und Datenaustausch in der IIZ (im Auftrag der nationalen IIZ-Gremien), [Bern] 2013: www.iiz.ch ➞ Aktuell ➞ Datenschutz ➞ Gutachten bzw. Zusammenfassung (31.10.2013). Prof. Dr. Kurt Pärli, Leiter Zentrum für Sozialrecht an der ZHAW, Winterthur und Privatdozent an der Universität St. Gallen E-Mail: kurt.paerli@zhaw.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 311 sozialpolitik Sozialpolitik Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung In den letzten Jahren wurden Verwaltungsregister vermehrt zu Statistikzwecken herangezogen. Das BSV hat dabei eine Vorreiterrolle gespielt, insbesondere durch die Verwendung von Steuerdaten aus mehreren Kantonen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation verschiedener Risikogruppen. Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile der Nutzung von Verwaltungsregistern aufgezeigt und einige Denkanstösse für die Zukunftsperspektiven in der Forschung gegeben. Philippe Wanner Universität Genf Das erste zu Statistikzwecken herangezogene umfassende eidgenössische Register war das Zivilstandsregister. Es wurde vom Eidgenössischen Statistischen Büro (dem Vorgänger des Bundesamtes für Statistik) ab 1876 zur Ermittlung der Anzahl Geburten, Todesfälle, Ehen und später auch Scheidungen ausgewertet. Anhand dieser Daten wurden 312 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 aggregierte Tabellen zu den Ereignissen und ihren Merkmalen (Geburtsort, Alter beim Tod, Todesursache usw.) erstellt. Knapp hundert Jahre später wurden diese Informationen 1969 erstmals in Form von Einzeleinträgen auf Computern gespeichert. In den letzten 40 Jahren ist die Zahl der Verwaltungsregister stark ange- stiegen. Sie werden seither nahezu systematisch für Forschungszwecke genutzt. Gleichzeitig werden traditionelle Erhebungsmethoden wie Volkszählungen, die durch die Auswertung von Verwaltungsregistern teilweise ersetzt wurden, aufgegeben. Die zunehmende Nutzung von Verwaltungsregistern in der sozialpolitischen Forschung und Planung ist nicht nur auf die Modernisierung der Datenbearbeitungssysteme (und die Abschaffung der Papierregister, die schrittweise durch Computerdatenbanken ersetzt werden) zurückzuführen. Sie ist auch eine Folge der rasanten Entwicklung der Computertechnologie, mit der umfassende, meist grosse Datenbanken bequem bearbeitet werden können. Dadurch sind auch die Kosten für die Datenerfassung stark gesunken. Das Bundesstatistikgesetz empiehlt im Übrigen in Artikel 11 implizit die Verwendung von Verwaltungsregistern zu Statistikzwecken und regelt mit Artikel 14a die zwischen den Registern erlaubten Datenverknüpfungen.1 Der Einluss der neuen Datenträger auf die Forschung wird im Folgenden anhand von mehreren Studien (vgl. Kasten), die im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) durchgeführt wurden und die mit den Verwaltungsregistern der Sozialversicherungen verknüpfte Daten verwendet haben, aufgezeigt. Die Funktion der Verwaltungsdaten zur Ermittlung der sozioökonomischen Situation von Rentnerinnen und Rentnern Aufgrund des Reformbedarfs der 1. Säule interessierte sich das BSV u.a. 1 SR 431.01 Sozialpolitik Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung Wanner, Philippe und Sarah Fall, La situation économique des veuves et des veufs. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 5/12. mussten vereinheitlicht werden. Dabei galt es, Unterschiede bei der Datenbearbeitung sowie bei den Konzepten und Deinitionen zu berücksichtigen. Die Arbeit war aufwendig und iterativ. Es kam vor, dass sich während der Analysen die Deinition neuer Indikatoren aufdrängte und die Arbeit weiter hinten wiederaufgenommen werden musste. Die Harmonisierungsarbeiten sind in einem technischen Bericht2 beschrieben. Wanner Philippe und Marco Pecoraro, La situation économique des rentiers AI. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 3/12. Vorteile und Grenzen Studien auf der Grundlage von Steuerdaten, die mit den Verwaltungsregistern der Sozialversicherungen verknüpft wurden (E-Berichte: www.bsv.admin.ch ➞ Praxis ➞ Forschung ➞ Forschungsberichte) Wanner Philippe, La situation économique des ménages monoparentaux et des personnes vivant seules dans le canton de Berne. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 1/12. Wanner Philippe und Alexis Gabadinho, Die wirtschaftliche Situation von Erwerbstätigen und Personen im Ruhestand. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 1/08. Wanner Philippe und Marco Pecoraro, La situation économique des Valaisans âgés de 60 à 70 ans. Une étude pilote effectuée à l aide de données appariées provenant de diverses sources. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 3/04. für die inanzielle Situation von AHVund IV-Rentnerinnen und -Rentnern, aber auch von Eineltern- oder Einpersonenhaushalten und von Erwerbstätigen. Ziel ist es, die 1. Säule, unter Berücksichtigung des begrenzten inanziellen Rahmens der AHV und IV, besser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung auszurichten. Das BSV hat dazu verschiedene speziische Erhebungen durchführen lassen und dabei schwerpunktmässig Informationen aus den Verwaltungsregistern der Sozialversicherungen (individuelle Konten, Rentenregister, Register der Ergänzungsleistungen) mit Daten der Steuerregister aus neun repräsentativ ausgewählten Schweizer Kantonen (Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Neuenburg, 2 Wanner, Philippe, Harmonisation de données iscales de neuf cantons (nur in elektronischer Form erhältlich). Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 3/13: www.bsv. admin.ch ➞ Praxis ➞ Forschung ➞ Forschungsberichte Nidwalden, St. Gallen, Tessin und Wallis) verknüpft. Dadurch liessen sich für jede steuerplichtige Person die Angaben aus den verschiedenen Registern zusammenführen und eine breite Auswahl an Variablen (vgl. Tabelle T1) ableiten. Der gewählte Ansatz ermöglichte den Vergleich der personenbezogenen Informationen über mehrere Jahre hinweg. Im vorliegenden Fall wurde auf das Jahr 2006 abgestellt, weil dadurch sowohl in Bezug auf die Steuerregister als auch auf die beitragspflichtigen Einkommen ein gewisser zeitlicher Abstand gewährleistet war (untersucht wurde der Zeitraum von 1998 bis 2006). Damit konnte beispielsweise die Einkommensentwicklung vor einem Bruch in der Lebenssituation (Erwerbsunfähigkeit, Verwitwung oder Scheidung) überprüft werden. Die verwendeten Daten wurden von den Kantonen in voneinander abweichenden Formaten geliefert. Sie Der auf den Verwaltungsregistern basierende Ansatz bringt zahlreiche, nachfolgend beschriebene Vorteile. Er stellt die Forschenden aber auch vor viele Herausforderungen, die in diesem Artikel ebenfalls näher erläutert werden. Eine Ergänzung zur repräsentativen Umfrage Ist ein Bundesamt oder eine Universität der Meinung, ein gesellschaftliches Thema erfordere ein Monitoring, wird gewöhnlich eine Umfrage durchgeführt oder eine bestehende Erhebung herangezogen und der Fragebogen entsprechend angepasst. Der Vorteil der Erhebung besteht darin, dass die Fragestellung zielgerichtet und fokussiert angegangen werden kann. Umfragen sind allerdings teuer und erfordern manchmal komplexe Techniken. Ausserdem sind sie anfällig auf Antwortausfälle und Stichprobenverzerrungen. Bei schwach ausgeprägten Phänomenen ist die Durchführung gezielter Umfragen überdies mit hohen Kosten verbunden. In manchen Fällen ist die Nutzung von Verwaltungsregistern eine interessante Alternative, da die für die Beantwortung der Forschungsfragen benötigten Informationen bereits darin enthalten sind. Zudem ist ihre Beschaffung günstiger, sie müssen nicht speziell erfasst werden und sind meistens vollständig.3 Die Verwaltungsdaten erlauben deshalb genaue Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 313 Sozialpolitik Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung In den verwendeten Registern verfügbare Variablen T1 Soziodemograische Gruppe Einkommen Vermögen Geschlecht Erwerbseinkommen Wertschriften und Kapitalanlagen Alter Renteneinkommen aus der 1., 2. und 3. Säule Übriges Vermögen (bewegliches Vermögen, liquide Mittel usw.) Zivilstand Vermögenserträge (Wertschriften usw.) Unbewegliches Vermögen Anzahl und Alter der Kinder Übriges Einkommen (Taggelder, Lotteriegewinne) Wohnstatus (Eigentum oder Miete) Unterhaltsbeiträge für Kinder und/oder Ex-Frau Wohngemeinde Ergänzungsleistungen (1. Säule) Hillosenentschädigung Beitragsplichtiges Einkommen (gemäss Zusammenruf der individuellen Konten, ZIK) und umfassende Analysen sozialer oder wirtschaftlicher Aspekte. Es sind jedoch nicht alle gesellschaftlichen Phänomene administrativ erfasst und der Informationsgehalt der Register ist häuig begrenzt, weil die Angaben ein speziisches Informationsbedürfnis der registrierenden Behörde abbilden und ihre Zusammenstellung in der Regel nicht forschungsspeziischen Überlegungen unterliegt. In Anbetracht ihrer unterschiedlichen Perspektiven heben sich die traditionellen Instrumente und die Register nicht gegenseitig auf, sondern sie ergänzen sich. Letztere haben die Analysemöglichkeiten zwar erweitert, einige gesellschaftliche Probleme müssen aber dennoch weiterhin mit traditionellen Ansätzen untersucht werden. Ein Beispiel für die gegenseitige Ergänzung der Register und der traditionellen Ansätze sind die unterschiedlichen Informationen, die diese zum Status der Pensionierten erfassen. So geben die Steuerregister zwar Auskunft über allfällige auch nach Erreichen des Rentenalters erzielte Erwerbseinkommen und messen somit genau seine wirtschaftlichen Auswirkungen. Die begleitenden gesundheitlichen, sozioökonomischen und beruflichen Faktoren lassen sich jedoch erst mit einer Ad-hoc-Umfrage erfassen. Um die Informationen aus den Steu- 314 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 erregistern zu ergänzen, hat das BSV, ergänzend zu den Informationen aus den Steuerregistern, zwei Erhebungen zur Stellung der Pensionierten durchführen lassen und publiziert.4 Verwaltungsdaten sind nur dann nützlich, wenn klar ist, dass auch ihre Aussagekraft begrenzt ist. Die Register liefern zwar wesentliche Fakten, allerdings reichen diese nicht immer aus, um ein bestimmtes Verhalten, wie den Vorbezug der Altersrente oder die Arbeitsmarktfähigkeit einer Witwe zu erklären. Ausrichtung der Fragestellungen auf die vorhandenen Daten Verwaltungsregister verlangen von den Forschern eine andere Untersuchungsplanung als Ad-hoc-Erhebungen, da die Forschenden die Fragestellung und die Auswertungsmethode an die Daten anpassen müssen und nicht umgekehrt. Wie sich bei der Analyse der Steuerdaten gezeigt hat, kann dieses Vorgehen aus verschiedenen Gründen frustrierend sein. Referenzeinheit der Steuerregister sind die Steuerplichtigen (Alleinstehende oder Ehepaare). Deshalb liess sich nicht eruieren, ob mehrere Steuerpflichtige in einem Haushalt lebten. Folglich war es auch nicht möglich, das Gesamteinkommen von Haushalten mit mehreren Steuer- plichtigen (z.B. unverheiratete Paare) zu ermitteln, die ihre Einkommen zum Bestreiten ihrer Ausgaben zusammenlegen. Eine zweite Limitierung für die Forschenden ergab sich aus den in den Registern enthaltenen Informationslücken. Diese verunmöglichten die exakte Messung gewisser Fragestellungen. In den für das BSV durchgeführten Studien wurden die Renten der 1. Säule, die Ergänzungsleistungen und die Hillosenentschädigungen (in den Verwaltungsregistern der Sozialversicherungen verfügbar) sowie die Erwerbseinkommen, die Renten aus der berulichen Vorsorge und die Vermögenserträge berücksichtigt. Nicht enthalten waren hingegen die steuerfreien kantonalen Sozialtransfers (hauptsächlich die Sozialhilfe). Diese Lücke führte dazu, dass die inanziel3 Quellen- und pauschalbesteuerte Personen sind nicht in den Steuerregistern verzeichnet. Vor kurzem in die Schweiz eingereiste ausländische Personen und im Ausland erwerbstätige Schweizerinnen und Schweizer sind somit nicht erfasst, wodurch sich das Spektrum verkleinert. Die Register der Sozialversicherungen sind hingegen vollständig. 4 Trageser, Judith et al., Altersrücktritt im Kontext der demograischen Entwicklung. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 1/12; Wanner Philippe und Alexis Gabadinho, Die wirtschaftliche Situation von Erwerbstätigen und Personen im Ruhestand. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 1/08 Beide: www.bsv.admin.ch ➞ Praxis ➞ Forschung ➞ Forschungsberichte Sozialpolitik le Situation der Haushalte vor den kantonalen Transfers beschrieben und damit das Einkommen der ärmsten Bevölkerung unterschätzt wurde.5 Aus dem gleichen Grund beeinlussen die verwendeten Registerdaten auch die Auswahl der analysierten Indikatoren. So liefern Steuerdaten beispielsweise keine Angaben zu den inanziellen Bedürfnissen der Personen, sondern nur Informationen zu deren Einkommen. Die Analyse musste sich daher auf die Einkommensdaten stützen und sich mit der Berechnung prozentualer Schwellenwerte (z.B. 50% des Medianeinkommens) begnügen, um den Lebensstandard der einzelnen Steuerplichtigen einzuschätzen. Schliesslich bleibt darauf hinzuweisen, dass es sich bei einigen Registerdaten wie zum Beispiel den Steuerdaten um sensible Informationen handelt. Wenn die Regeln zum Schutz der personenbezogenen Daten nicht verletzt werden sollen, müssen Anonymisierungsverfahren angewendet und der Zugriff eingeschränkt werden. Erwartete Weiterentwicklung in den nächsten Jahren Trotz dieser Einschränkungen wird die Anzahl der auf Verwaltungsregis5 Um diesem Problem teilweise zu begegnen, wurden Indikatoren der Einkommensaufteilung (Median, 1. und 3. Quartil) verwendet. Dort, wo Mittelwerte berechnet wurden, wurden jeweils zehn Prozent am oberen und unteren Ende der Verteilung ausgeklammert. 6 SR 431.02 Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung tern basierenden Studien höchstwahrscheinlich markant zunehmen, dies aus zwei Gründen. Erstens werden Datenverknüpfungen durch die Einführung der anonymen AHVNummer, die sich schrittweise als gemeinsame Norm vieler Register durchsetzt, erleichtert. Dadurch wird die Datenqualität verbessert und die Anzahl der verfügbaren Informationen erhöht. Am Beispiel der für das BSV durchgeführten Studien bedeutet dies, dass es künftig möglich sein wird, aus der Sozialhilfestatistik Informationen zur kantonalen Sozialhilfe sowie für Personenstichproben Angaben zum berulichen Status und zur Ausbildung (aus der jährlichen Strukturerhebung) zu erhalten. Dadurch könnte nicht nur die wirtschaftliche Situation besser erfasst werden, es wäre auch möglich, die Einlussfaktoren im Detail zu analysieren. Zweitens eröffnet das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister6 neue Perspektiven. Im Register sind alle in der Schweiz wohnhaften Personen verzeichnet und bezüglich ihrer Wohnform erfasst. Dadurch lassen sich anhand der Registerdaten Haushalte nachbilden. Allmählich werden auch Längsschnittstudien oder chronologische Studien mit längerer Beobachtungszeit möglich sein. Dadurch kann ein Phänomen oder ein Aspekt nicht mehr nur für einen bestimmten Zeit- punkt beschrieben, sondern auch seine Entwicklung in kollektiver und individueller Hinsicht gemessen werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die in den letzten Jahren vom BSV in Auftrag gegebenen, auf Steuerregister gestützten Untersuchungen ein wichtiger Meilenstein für das Verständnis der sozioökonomischen Situation der Bevölkerung sind. Durch die Verwendung der Daten von über 1,5 Millionen Steuerplichtigen und mehrerer Dutzend Variablen wurde zudem der Nutzen der Verwaltungsregister zur Erklärung sozialer Phänomene erkannt. Die Untersuchungen öffnen den Weg für weitere, auf Verwaltungsregistern basierende Studien auf Kantons- oder Bundesebene. Philippe Wanner, Professor am Institut für Demograie- und Lebenslaufforschung der Universität Genf E-Mail: Philippe.Wanner@unige.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 315 familie Familie Vaterschafts- und Elternurlaub Bundesrat verabschiedet Bericht zum Vaterschafts- und Elternurlaub Am 30. Oktober 2013 hat der Bundesrat einen Bericht verabschiedet, der verschiedene Modelle für einen Vaterschafts- oder Elternurlaub beschreibt. Er leistet damit einem Postulat Folge, mit dem Ständerätin Anita Fetz um die Prüfung möglicher Modelle für einen privat inanzierten und von steuerlichen Massnahmen lankierten Elternurlaub ersuchte. Lucie Martin Barbara von Kessel-Regazzoni Bundesamt für Sozialversicherungen Der Bundesrat hat den Bericht «Vaterschaftsurlaub und Elternurlaub, Auslegeordnung und Präsentation unterschiedlicher Modelle»1 in Erfüllung des Postulats der Ständerätin Anita Fetz vom 6. Juni 2011 (11.3492 Freiwillige Elternzeit und Familienvorsorge) verabschiedet. Diese ersuchte den Bundesrat, einen privat inanzierten und von steuerlichen Massnahmen lankierten Elternurlaub zu prüfen. Unter anderem stell- 316 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 te sie neue, freiwillige Sparprozesse im Rahmen der 2. und 3. Säulen zur Diskussion, die wahlweise über den Einbezug der betrieblichen Pensionskassen oder den Aufbau eines Elternschaftsguthabens zu implementieren wären. Am 7. September 2011 hat der Bundesrat die Annahme des Postulats beantragt und sich bereit erklärt, eine Auslegeordnung der verschiedenen Modelle eines Elternurlaubs vorzu- nehmen, diese miteinander zu vergleichen und in einem Bericht deren Vorund Nachteile aufzuzeigen. Das Postulat wurde am 14. September 2011 vom Ständerat angenommen. Der erste Teil des Berichts bespricht den Vaterschafts- und Elternurlaub als Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dabei wird auch eine Abgrenzung der beiden Konzepte vorgenommen: Während der Vaterschaftsurlaub dem Vater vorbehalten ist, wird der Elternurlaub beiden Elternteilen angeboten und ist meist von längerer Dauer als der Vaterschaftsurlaub. Weiter wurde anhand von Daten zur Erwerbsbeteiligung und dem Beschäftigungsgrad von Müttern und Vätern, zu ihrem jeweiligen Aufwand für die Familien- und Haushaltsarbeit und zur Aufgabenteilung innerhalb der Partnerschaften jener Bevölkerungsanteil ermittelt, der von solchen familienpolitischen Massnahmen betroffen wäre. In den vergangenen Jahren haben sich auf Bundes- und Kantonsebene die Vorstösse für einen Vaterschaftsbzw. Elternurlaub gehäuft. Ihre Auflistung im Bericht vermittelt einen Überblick über die politische Ausgangslage und den Stand der Beratungen. Bislang haben es der Bundesrat und die eidgenössischen Räte abgelehnt, einen Vaterschafts- oder Elternurlaub zu prüfen und alle bisherigen Vorschläge verworfen. Der zweite Teil des Berichts beleuchtet zunächst das geltende, einschlägige Recht und einige Gesamtarbeitsverträge, zeigt auf, dass gesetzliche Regelungen für einen Vaterschafts- oder Elternurlaub feh1 Der vollständige Bericht ist in deutscher und französischer Sprache auf der Internetseite des BSV einsehbar: www.bsv.admin.ch ➞ Themen ➞ Familie/Familienzulagen ➞ Familienpolitik: weitere familienpolitische Themen Familie len und greift schliesslich den rechtlichen Rahmen der Mutterschaftsentschädigung und des Mutterschutzes auf Bundesebene auf. Weiter geht er auf Fragen der Arbeitszeitgestaltung bei Familienplichten und die jeweiligen Urlaubsordnungen nach der Geburt eines Kindes ein und hält fest, dass der private und der öffentliche Sektor ihre je eigenen Regelungen entwickelt haben. Diese sind im Bericht tabellarisch zusammengestellt, indem Dauer, Antragsformalitäten und vorhandene Arbeitsplatzgarantien ausgewiesen werden. Schliesslich werden die für den schweizerischen Kontext relevanten internationalen Normen, insbesondere die Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation, des Europarats und der Europäischen Union zusammengetragen und die Erfahrungen verschiedener Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vergleichend dargestellt. Nach der Eingrenzung und Einordnung des Themas deiniert der Bericht die Ziele und zu erwartenden Auswirkungen des geforderten Instruments. Obschon auf die Zielgruppe der Familien eingegrenzt und damit auch als Gleichstellungsinstrument zu verstehen, hätte die Einführung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubs im geforderten Rahmen Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft. Zur Wirkungsfolgeabschätzung werden Erfahrungen mit vergleichbaren Instrumenten im Ausland herangezogen, insbesondere die niederländische Lebenslaufregelung, die Parallelen zum Vorschlag Fetz aufweist. Teil vier des Berichts befasst sich eingehender mit dem bestehenden Rechtsrahmen und weist darauf hin, dass die Einführung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubs eine Klärung der Zuständigkeiten zwischen Vaterschafts- und Elternurlaub Bund und Kantonen samt Finanzierungsregelung bedingt. In einem fünften Teil werden acht verschiedene Modelle für einen Vaterschafts- und Elternurlaub auf Faktenblättern beschrieben und beurteilt. • Modell 1 verankert das Recht auf einen Vaterschafts- oder Elternurlaub im Obligationenrecht, sieht aber keine inanzielle Abgeltung vor. • Modell 2 basiert auf der Säule 3a der beruflichen Vorsorge und schlägt vor, ihren Auszahlungszweck zu erweitern. • Modell 3 schlägt eine neue Form des steuerbegünstigten individuellen Sparens zur Finanzierung eines Elternurlaubs vor. • Modell 4 führt das Recht auf eine Woche Vaterschaftsurlaub mit Lohnfortzahlung ein. • Modell 5 gewährt Vätern das Recht auf vier Wochen Vaterschaftsurlaub, der über die Erwerbsersatzordnung inanziert wird. • Modell 6 hält einen 16-wöchigen, über die Erwerbsersatzordnung inanzierten Elternurlaub fest. • Modell 7 greift den Vorschlag der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen auf, der einen über die Erwerbsersatzordnung inanzierten Elternurlaub von insgesamt 24 Wochen vorsieht. • Modell 8 ist eine Kombination aus drei Modellen (Modelle 1, 2 und 5). Ein 16-wöchiger Elternurlaub für jeden Elternteil wird dem Vater während vier Wochen über die Erwerbsersatzordnung vergütet. Die Eltern können die Säule 3a zur Finanzierung des Elternurlaubs heranziehen. Nach Ansicht des Bundesrats ist die Vereinbarkeit von Familie und Er- werbstätigkeit nicht nur unmittelbar nach der Geburt eines Kindes zu fördern. Vielmehr sollten Familien auch unterstützt werden, wenn die Kinder das Vorschul- und insbesondere das Schulalter erreichen. Entsprechend misst der Bundesrat dem bedarfsgerechten Ausbau der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung eine prioritäre Bedeutung zu. Ebenso wichtig ist ihm die Förderung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen, zu denen der Vaterschafts- bzw. der Elternurlaub zählt. Dieser kann zu einer partnerschaftlicheren Aufgaben- und Rollenteilung zwischen Mann und Frau beitragen, indem er beiden Elternteilen bereits unmittelbar nach der Geburt die Möglichkeit eröffnet, sich intensiv an der Betreuung und Erziehung des Kindes sowie der Hausarbeit zu beteiligen. Beide können ihre familiären Aufgaben wahrnehmen, ohne dass sie gezwungen sind, ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Familie aufzugeben. Somit zählt der Vaterschafts- bzw. Elternurlaub zu den Massnahmen, welche die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu verbessern vermögen. Lucie Martin; lic. iur.; Anwaltspraktikantin; Bereich Familienfragen; Geschäftsfeld Familie, Generationen und Gesellschaft; BSV Barbara von Kessel-Regazzoni; Co-Stellvertreterin Leiter Bereich Familienfragen; Geschäftsfeld Familie, Generationen und Gesellschaft; BSV E-Mail: barbara.vonkessel-regazzoni@bsv. admin.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 317 gesundheit Gesundheit Struktur und Finanzierung der Langzeitplege Langzeitpflege in der Schweiz: eine europäische Perspektive Fast alle europäischen Länder sind im Vergleich mit anderen Regionen der Welt mit einer rasch alternden Bevölkerung konfrontiert. Gründe dafür sind niedrige Geburtenraten und die an sich erfreulich hohe Lebenserwartung in vielen Mitgliedstaaten. Die Langzeitplegesysteme geraten durch diese Veränderungen zunehmend unter Druck. Steigende Gesundheits- und Langzeitplegekosten belasten das Steuersystem und auch der soziale Druck, die Betreuung älterer Angehöriger durch Familienmitglieder sicherzustellen, nimmt zu.1 Andrea E. Schmidt Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien Im europäischen Vergleich verfügt die Schweiz über ein sehr kostenefizientes, inanziell gut ausgestattetes und zielgerichtetes Plegesystem für ältere Menschen. Mit einer Mischung aus allgemeinen und bedarfsorientierten Leistungen wird eine breite Abdeckung erzielt. 2009 wurden 12,8 Prozent der Gruppe der über 65-Jährigen zu Hause und etwa 6,5 Prozent in Heimen geplegt.2 Im europäischen Vergleich haben nur die älteren Menschen in Israel, Island und den Niederlanden einen besseren Zugang zu Plegeleistungen zu Hause und in Heimen als in der Schweiz.3 Auch bezieht etwa die Hälfte der älteren Menschen, die bei der Verrichtung alltäglicher Tätigkeiten eingeschränkt sind, professionelle Plegeleistungen. Die Gesamtausgaben (öffentlich und privat) für die Langzeitplege sind mit 2,1 Prozent des BIP (2007) absolut 318 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 gesehen zwar hoch, der öffentliche Anteil der Ausgaben ist im internationalen Vergleich jedoch niedrig.4 Während viele europäische Länder mit knappen Budgets für den zunehmenden Bedarf an Langzeitplege für ältere Menschen zu kämpfen haben, scheint die Schweiz diesbezüglich eine interessante Ausnahme darzustellen. Worin liegt das Geheimnis der Schweiz mit ihrem breiten PlegeAngebot bei vergleichsweise tiefen öffentlichen Ausgaben für Plegeleistungen? Und wie sieht die Kehrseite aus, wenn es überhaupt eine gibt? Diesen Fragen wird im Folgenden im Rahmen eines Vergleichs der Langzeitplege in der Schweiz5 mit anderen Ländern in Europa und im UNECE6Raum nachgegangen. Sie fokussiert die ökonomischen Aspekte der Plegeversorgung, d.h. es wird untersucht, wer Plegeleistungen anbietet, wer diese bezieht und bezahlt. Ergänzend werden, mit besonderem Augenmerk auf die plegenden Angehörigen in der Schweiz, einige kulturelle Aspekte der Plege diskutiert. Langzeitplege in der Schweiz: kostenefizient und zielorientiert – auf den ersten Blick Das Schweizer Langzeitplegesystem ist insbesondere auf die Versorgung der Ältesten, d.h. der über 80-Jährigen, ausgerichtet. Diese Gruppe bedarf normalerweise auch der intensivsten Plege. Beispielsweise beanspruchen knapp 20 Prozent dieser Altersgruppe stationäre Plegeleistungen und über 30 Prozent werden zu Hause betreut. Im europäischen Vergleich sind diese Zahlen relativ hoch. Nur in den Niederlanden und in Belgien beanspruchen die über 80-Jährigen stationäre Plegeleistungen ähnlich häuig, und nur noch sechs weitere Länder in Europa, nämlich Dänemark, Tschechien, Israel, Island, die Niederlande und Österreich verzeichnen einen noch höheren Ple1 Der Artikel basiert auf Forschungsarbeiten im Rahmen des Projekts MA:IMI (Mainstreaming Ageing: Indicators to Monitor Implementation), eine institutionelle Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung (ECV) und der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE). Die Autorin dankt Eszter Zolyomi (ECV) für die wertvollen Beiträge zu diesem Artikel. 2 Lit. OECD 3 Lit. Rodrigues et al., 84: Daten aus nationalen Quellen und aus der Gesundheitsdatenbank der OECD (siehe Statistical Annex in Rodrigues et al.). 4 Lit. Colombo et al., 46 5 Der Vergleich bezieht sich auf Daten vor der Neuordnung der Plegeinanzierung vom 1. Januar 2011. 6 UNECE: United Nations Economic Commission for Europe Gesundheit Struktur und Finanzierung der Langzeitplege Öffentliche Ausgaben für Langzeitplege nach Plegesetting (2009 bzw. zuletzt verfügbares Jahr) G1 4,0 Öffentliche Ausgaben am BIP (in %) 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 Ungewichteter UNECE-Durchschnitt 1,0 0,5 Total (keine Disaggeration möglich) Stationäre Pflege Schweden Dänemark Niederlande Norwegen Island Belgien Finnland Italien Frankreich Kanada Österreich UK Polen Tschechische Rep. Luxemburg Deutschland Schweiz USA Slowenien Spanien Slowakei Serbien Litauen Lettland Ungarn Portugal Bulgarien Rumänien 0,0 Pflege zu Hause Quellen: Lit. Rodrigues et al., 98 (basierend auf den OECD-Gesundheitsdaten, Lit. Colombo et al. und nationalen Quellen); Schweiz: Lit. OECD geanteil der Ältesten zu Hause als die Schweiz.7 Mit lediglich 0,8 Prozent an öffentlichen Ausgaben des Bruttoinlandprodukts (BIP) sieht das Schweizer Langzeitplegesystem höchst kostenefizient aus, wobei die Plege in stationären Einrichtungen den größten Teil der Kosten ausmacht (vgl. Graik G1). Verglichen mit anderen europäischen Ländern weist die Schweiz relativ niedrige öffentliche Ausgaben für Langzeitplege zu Hause und in stationären Einrichtungen auf, wenn man das praktisch lächendeckende Angebot an Plegeleistungen bedenkt. Doch enthält diese Zahl nur die gesundheitsbezogenen Langzeitplegekosten, was möglicherweise erklärt, weshalb die Schweiz eine zwar 7 Lit. Rodrigues et al., 91 8 Lit. Rodrigues et al., 100 ähnliche Abdeckung wie die nordeuropäischen Länder aufweist, aber erheblich niedrigere öffentliche Mittel für Langzeitplege aufwenden muss. Die nordeuropäischen Länder Dänemark, Norwegen, Island, Schweden und die Niederlande geben rund drei- bis viermal mehr für die Plege der älteren Menschen aus als die Schweiz. Erstellt man eine Rangliste der Länder nach der Höhe ihrer öffentlichen Ausgaben für Langzeitplege, rangiert die Schweiz in einem mitteleuropäischen Cluster, indem sie knapp hinter Luxemburg, Deutschland und Polen liegt und knapp vor Slowenien (vgl. Graik G1). Im Übrigen weisen die USA ähnlich moderate Ausgaben der öffentlichen Hand für Langzeitpflege aus wie die Schweiz. Langzeitplege ist ein relativ neues soziales Risiko in vielen Ländern. Der Stellenwert von Langzeitplege in der Sozialpolitik lässt sich unter anderem am Anteil der öffentlichen Ausgaben für die Plege älterer Menschen an der Summe der öffentlichen Sozialausgaben ablesen. Ein Länderquervergleich zeigt, dass der Langzeitplege in den Ländern mit den höchsten öffentlichen Ausgaben (am BIP gemessen) tendenziell mehr Bedeutung zukommt. In Schweden und den Niederlanden übersteigen die öffentlichen Ausgaben für Langzeitplege zehn Prozent der gesamten Sozialausgaben. Ähnlich hohe Ausgabenanteile sind auch in Norwegen, Island und Dänemark zu beobachten. In der Schweiz und in anderen mitteleuropäischen Ländern (Slowenien, Luxemburg, Deutschland) hingegen, beträgt der entsprechende Anteil nur vier Prozent.8 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 319 Gesundheit Plege durch Familienangehörige – Plichtgefühl oder persönliche Überzeugung? Wie im vorangegangenen Abschnitt aufgezeigt, verfügt die Schweiz über ein zielorientiertes Langzeitplegesystem bei vergleichsweise niedrigen öffentlichen Ausgaben. In anderen Ländern mit ähnlich geringer öffentlicher Beteiligung, wie Spanien oder Deutschland, übernehmen Angehörige intensive Plegeleistungen und füllen damit häuig eine Lücke des staatlichen Plegeangebots. Obwohl in der Schweiz eine von fünf Personen der über 75-Jährigen angibt, wöchentlich Hilfe9 von Familienangehörigen, Freunden oder Nachbarn zu erhalten, bleibt der Zeitaufwand dieser Leistungen verglichen mit anderen Ländern relativ niedrig.10 Bei der Plege älterer Familienmitglieder sind die Verhältnisse in der Schweiz eher mit nordischen Ländern wie Dänemark und Schweden oder mit den Niederlanden vergleichbar. Das heisst, Plege- oder Hilfeleistungen innerhalb der Familie werden häuig in Ergänzung zur Plege durch Fachkräfte von professionellen Anbietern erbracht.11 Interessanterweise ist in der Schweiz die Einstellung zur Plege durch Angehörige sehr unterschiedlich. In der Studie SwissAgeCare gaben rund 90 von 100 Laienplegenden an, dass sie die Plegeaufgabe aus einer persönlichen Überzeugung heraus wahrnehmen. Etwa gleich viele sagten aber auch, sich zur Plege ihrer Angehörigen moralisch verplichtet zu fühlen.12 Dies ist vergleichbar mit den Resultaten der EUROFAMCARE-Studie, die in sechs europäischen Ländern13 durchgeführt wurde. 80 von 100 Plegenden gaben an, aus Plichtgefühl zu handeln, und gut 70 von 100 betonten die persönliche Überzeugung.14 Angesichts des breiten Angebots von stationären und ambulanten Angeboten in der Langzeitplege ist es erstaunlich, dass in der Schweiz eine staatliche Beteiligung als überhaupt 320 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Struktur und Finanzierung der Langzeitplege nicht selbstverständlich angesehen wird. In einer 2004 durchgeführten Umfrage fanden nur rund 23 Prozent der über 65-Jährigen, dass der Staat für Plegeleistungen verantwortlich sei. In Dänemark und Schweden waren 90 bzw. 67 Prozent dieser Meinung.15 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich Familienangehörige zwar stark zur Betreuung verplichtet fühlen, dass sie aber auch Zufriedenheit aus der Aufgabe schöpfen. Obwohl die familiäre Unterstützung mehrheitlich in Ergänzung professioneller Dienste erfolgt, wird dem Staat keineswegs eine prioritäre Verantwortung für die Langzeitplege zugewiesen. Auf den zweiten Blick – Die hohe Kostenbeteiligung der privaten Haushalte erklären das Schweizer «Geheimnis» Eine Erklärung für den Schweizer Mix aus gut ausgebauter öffentlicher Versorgung und niedrigen Erwartungen an den Staat als Plegeleistungserbringer könnte in den vergleichsweise hohen direkten Gesundheitsausgaben der privaten Haushalte liegen.16 Über 60 Prozent der Langzeitplegeausgaben werden in der Schweiz privat inanziert, womit die Schweiz zum Sonderfall im internationalen Vergleich wird, da kein anderes Land ähnlich hohe Eigenleistungen verzeichnet. Der Eigenleistungsanteil sinkt auf 36 Prozent,17 wenn die Ergänzungsleistungen und die Hillosenentschädigungen berücksichtigt werden. Dennoch gehört die Schweiz zu den OECD-Ländern mit dem höchsten Anteil an privaten Plegeausgaben. Ähnlich hoch ist der Anteil mit 40 Prozent nur in den Vereinigten Staaten, während beispielsweise Deutschland Anteile von 31, Slowenien von 27 oder Spanien von 25 Prozent ausweisen (vgl. Graik G2). Wirft man einen genaueren Blick auf die Art der privaten Gesundheitsausgaben, muss zwischen Plegeleistungen zu Hause und Plegeleistungen in Heimen unterschieden werden. Die hohe private Kostenbeteiligung ist möglicherweise teilweise dadurch zu erklären, dass, verglichen mit anderen Ländern, viele ältere Menschen in Plegeheimen betreut werden.18 Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Kostenbeteiligung bei der stationären Plege nicht unbedingt höher ist als bei der Plege zu Hause.19 Mit der Einführung der Neuordnung der Langzeitplegeinanzierung 2011 wird von den Plegebedürftigen in Heimen verlangt, Kost und Logis aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Diese kommen zu den maximal 20 Prozent der selbst zu tragenden Kosten für persönliche Plege in den Heimen hinzu.20 Bei der Plege zu Hause bezieht sich die Kostenbeteiligung vor allem auf den Selbstbehalt bei persönlichen Plegeleistungen sowie auf Dienstleistungen, die von der Krankenversicherung nicht übernommen werden, zum Beispiel eine Haushalthilfe. Die Beteiligung der privaten Haushalte wurde mit der Neuordnung angehoben, womit sich die privaten Gesundheitsausgaben 2011 auf zwei Drittel der Gesamtkosten für die Plege zu Hause beliefen.21 Wichtig ist indessen zu erwähnen, dass in der Schweiz mit den Ergänzungsleistungen ein bedarfsgeprüftes Instrument zur Verfügung steht, um private Haushalte zu unterstützen, wenn die anerkannten Kosten des 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Daten von 2006 Lit. Rodrigues et al., 62 f. Lit. Höplinger Lit. Perrig-Chiello, 139 Deutschland, Italien, Vereinigtes Königreich, Schweden, Polen und Griechenland Lit. Döhner et al. Lit. Haberkern und Szydlik, 309 Die direkten Gesundheitsausgaben umfassen einerseits die Kostenbeteiligung in der obligatorischen Krankenplegeversicherung, in den Zusatzversicherungen sowie die sogenannten «Out-of-Pocket»-Zahlungen für medizinischeund Plege-Leistungen, die nicht über eine Versicherung gedeckt sind. Lit. Colombo et al. Lit. Colombo et al., 40 Lit. Höplinger Lit. Curaviva Lit. Höplinger, 99ff.; Spitex Verband Schweiz; BFS Gesundheit Struktur und Finanzierung der Langzeitplege Anteil öffentlicher und privater Ausgaben für Langzeitplege in Prozent des BIP (2008 bzw. zuletzt verfügbares Jahr) CH: private Ausgaben Langzeitpflege private Ausgaben Langzeitpflege % des BIP 4 G2 CH: öffentliche Ausgaben Langzeitpflege öffentliche Ausgaben Langzeitpflege 3,5 3,6 3,5 3 2,5 2 1,5 0,8 1 0,5 1,0 1,0 1,1 1,7 1,7 1,5 1,5 1,6 1,3 1,3 1,4 1,4 2,1 2,2 2,2 2,0 2,0 0,3 0,3 0,4 0,1 0,2 0,2 Schweden Niederlande Norwegen Finnland Schweiz Dänemark Belgien Island Frankreich Japan Kanada OECD Neuseeland Luxemburg Deutschland Österreich Slowenien USA Australien Spanien Polen Korea Ungarn Slowakei Tschech. Rep Portugal 0 Quellen: Lit. Colombo et al ., 46; basierend auf den OECD-Gesundheitsdaten. Die Angaben zur Schweiz beziehen sich auf die gesundheitsbezogenen Langzeitplegeausgaben im Jahr 2007. Haushalts die anrechenbaren Einnahmen übersteigen. Diese Bedarfsleistung wird insbesondere auch zur Deckung der Plegekosten von älteren Menschen in stationären Einrichtungen eingesetzt. Zusammenfassung Die Langzeitplege in der Schweiz stellt im europäischen Vergleich ein interessantes Fallbeispiel dar. Es besteht ein gut ausgebautes Netz an professionellen Plegediensten, die teilweise staatlich inanziert sind. Gleichzeitig unterstützen viele Familien ihre älteren Angehörigen, vor allem mit Hilfeleistungen wie einkaufen, Haushaltarbeiten oder administrativen Aufgaben.22 Diesbezüglich weist die Schweiz deshalb eher Ähnlichkeiten mit nordischen bzw. skandinavischen Ländern auf als mit mitteleuropäischen Ländern, in denen 22 Lit. Höplinger, 92 23 Lit. Höplinger and Perrig-Chiello 24 Lit. Perrig-Chiello, 139 familieninterne Plegeleistungen häuiger und professionelle Plegeangebote rarer sind. Gleichzeitig sind die öffentlichen Plegeausgaben in der Schweiz nicht höher als in Ländern, in denen familieninterne Plege unabdingbar ist, um Lücken im staatlichen Angebot zu füllen, wie beispielsweise in Deutschland oder Polen. Doch auch in der Schweiz spielt die Unterstützung durch Angehörige eine tragende Rolle und die betreuenden Angehörigen nehmen die Aufgabe sowohl aus persönlicher Überzeugung aber auch als familiäre Verplichtung wahr. Den älteren Menschen in der Schweiz steht insgesamt ein breit gefächertes und gut ausgebautes System professioneller Plegedienste zur Verfügung, dessen Inanspruchnahme, auch unter Berücksichtigung der Ergänzungsleistungen, zu hohen privaten Plegeausgaben führt. Ein Langzeitplege-System, das sich so breit auf eine private Kostenbeteiligung stützt, birgt auch gewisse Risiken: Die hohen Kosten für Plegebedürftige können zu einer verstärkten Inanspruchnah- me der Ergänzungsleistungen führen, aber auch Tendenzen zu einer «Doit-yourself»-Medizin verstärken und die Entstehung von Graumärkten für Medikamente oder privates Plegepersonal forcieren. Sozioökonomische Unterschiede der privaten Haushalte werden damit auch beim Zugang zur Plegeversorgung sichtbar. Wie von Francois Höplinger und Pasqualina Perrig-Chiello23 vorgebracht, besteht in der Schweiz bereits heute eine Tendenz zu sozioökonomischen Ungleichheiten im Alter. So berichten laut SwissAgeCare sechs von zehn plegenden Angehörenden, dass die Kosten für eine professionelle Plege zu hoch seien.24 Diese Situation könnte zu einem zweigeteilten Langzeitplegesystem führen, mit privat bezahlter Plege für wohlhabende Gruppen der älteren Bevölkerung und staatlich subventionierten Leistungen für weniger wohlhabende bzw. mittellose Gruppen. Zudem könnten weniger wohlhabende ältere Menschen, die sich keine Plege leisten können, zunehmend auf Hilfe aus der Familie angewiesen sein. Dies Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 321 Gesundheit könnte durchaus mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Beschäftigungssituation plegender Angehöriger, in der Regel Frauen, verbunden sein. Angesichts der hohen Kostenbeteiligung der privaten Haushalte an der Plegeinanzierung sind Budgetkürzungen im Sozialwesen mit Vorsicht zu beschliessen. Eine Neuordnung der Langzeitplegeinanzierung ist nur so lange hilfreich als sie nicht zu einer weiteren Umwälzung der Plegekosten auf die Plegebedürftigen führt. Nicht zu unterschätzen ist auch die Gefahr einer Verstärkung regionaler Ungleichheiten beim Zugang zu Langzeitplegeleistungen in der Schweiz.25 Heute verfügt die Schweiz über eine gut funktionierende Infrastruk- 322 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Struktur und Finanzierung der Langzeitplege tur für die öffentlich und privat inanzierte Langzeitplege, die auf die ältesten Altersgruppen ausgerichtet sind, d.h. auf jene Menschen mit dem höchsten Plegebedarf. Verbesserungsbedarf besteht bei der Sicherstellung eines gleichen Zugangs für alle Betroffenen, unabhängig von den vorhandenen Eigenmitteln. Dabei kann zunächst offenbleiben, ob die Ergänzungsleistungen, im Sinne einer subsidiären Plegeinanzierung, allen älteren Personen den Zugang zu professionellen Plegeleistungen gewährleisten können. Die weiter zunehmende Lebenserwartung und die damit verbundene Änderung der Alterspyramide, lässt es jedoch auch für die Schweiz zu einer vordringlichen Aufgabe werden, allen Plegebedürftigen, unabhängig vom sozioökonomischen Status, den Zugang zu professionellen Plegedienstleistungen zu verschaffen. So kann aus dem Schweizer «Geheimnis» eine europäische Erfolgsstory werden. Andrea E. Schmidt, M.Sc., Researcher, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien E-Mail: schmidt@euro.centre.org 25 Lit. Höplinger, 101 gesundheit Gesundheit Literatur und Quellen zur Langzeitplege Literatur und Quellen zur Langzeitpflege Barbabella, Francesco and Lamura Giovanni, Final «Integration report». The CARICT project: deliverable 5.3, Wien 2011: http://ipts.jrc.ec.europa.eu ➞ Home ➞ Activities ➞ Information society ➞ Information society unit ➞ Inclusion and cultural diversity ➞ ICT for independent living and elderly care at home (17.10.2013) Höplinger, François und Pasqualina Perrig-Chiello, «Zukünftige Entwicklungen der informellen und ambulanten Plege», in Pflegende Angehörige älterer Menschen: Probleme, Bedürfnisse, Ressourcen und Zusammenarbeit mit der ambulanten Pflege, hg. von Pasqualina Perrig-Chiello und François Höplinger, Bern 2012, 275–303 BFS, Statistik der Hilfe und Pflege zu Hause – Ergebnisse 2011: Zahlen und Trends, Neuenburg 2012 Höplinger, François, «Familiale und professionelle Plege im Alter: soziodemograische und intergenerationelle Perspektiven», in Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 2/2007, 475–493 Carretero, Stephanie et al., Can technology-based services support long-term care challenges in home care?, Luxemburg 2012: http://ipts.jrc.ec.europa.eu ➞ Home ➞ Activities ➞ Information society ➞ Information society unit ➞ Inclusion and cultural diversity ➞ ICT for independent living and elderly care at home (17.10.2013) Chiatti, Carlos et al., Final report containing case-by-case detailed description and analysis of selected 12 Good practices. The CARICT project: deliverable 4.3, Wien 2011: http://ipts.jrc.ec.europa.eu ➞ Home ➞ Activities ➞ Information society ➞ Information society unit ➞ Inclusion and cultural diversity ➞ ICT for independent living and elderly care at home (17.10.2013) Höplinger, François, «Zuhause lebende Menschen im Alter – soziale Netzwerke, Gesundheit und ambulante Unterstützung», in Pflegende Angehörige älterer Menschen: Probleme, Bedürfnisse, Ressourcen und Zusammenarbeit mit der ambulanten Pflege, hg. von Pasqualina Perrig-Chiello und François Höplinger, Bern 2012, 63– 107 Kubitschke, Lutz and Kevin Cullen, ICT and Ageing – European Study on Users, Markets and Technologies. Final report. Bonn 2010, www.ict-ageing.eu ➞ Home ➞ Project documents (17.10.2013) Colombo, Francesca et al., Help wanted? Providing and paying for long-term care, Paris 2011 Lamura, Giovanni et al., «Dependency scenarios» proposal. The CARICT project: deliverable 3.1, Wien 2011. Curaviva, Fragen und Antworten zum Thema Neuregelung Pflegefinanzierung 2010: www.curaviva.ch/ ➞ Home ➞ Fachinformation ➞ Themendossiers ➞ Neue Plegeinanzierung ➞ Fragen und Antworten FAQ Neuregelung Plegeinanzierung (27.9.2013) Lund, Dale A. et al. «Video Respite: An innovative resource for family, professional caregivers, and persons with dementia», in The Gerontologist 5/1995, 683–687. OECD, OECD Health Data 2009, Paris 2009 Goodman, Catherine and Jon Pynoos, «A model telephone information and support program for caregivers of Alzheimer s patients», in The Gerontologist 3/1990, 399– 404 Haberkern, Klaus und Marc Szydlik, «State care provision, societal opinion and children’s care of older parents in 11 European countries», in Ageing and Society, 30/2010, 299–323 Perrig-Chiello, Pasqualina, «Familiale Plege – ein näherer Blick auf eine komplexe Realität», in Pflegende Angehörige älterer Menschen: Probleme, Bedürfnisse, Ressourcen und Zusammenarbeit mit der ambulanten Pflege, hg. von Pasqualina Perrig-Chiello und François Höplinger, Bern 2012, 111–210 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 323 Gesundheit Rodrigues, Ricardo et al., Facts and figures on healthy ageing and long-term care: Europe and North America, Wien 2012: www.euro.centre.org ➞ Home ➞ Activities & Products ➞ More publications ➞ Books and Reports (European Centre) (17.10.2013) Schmidt, Andrea et al., Analysis and mapping of 52 ICTbased initiatives for carers. The CARICT Project: Deliverable 2.3, Wien 2011, http://ipts.jrc.ec.europa.eu ➞ Home ➞ Activities ➞ Information society ➞ Informa-tion society unit ➞ Inclusion and cultural diversity ➞ ICT for independent living and elderly care at home (17.10.2013) Services for supporting family carers of older dependent people in Europe: characteristics, coverage and usage, The National Survey Report for Germany (University Medical Centre Hamburg-Eppendorf), hg. von Hanneli Döhner et al., Hamburg 2008 Spitex Verband Schweiz, Tarife/Finanzierung: www.spitex. ch ➞ Home ➞ Das ist Spitex ➞ Tarife/Finanzierung (27.9.2013) 324 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Literatur und Quellen zur Langzeitplege gesundheit Gesundheit Einsatz von IKT zur Unterstützung plegender Angehöriger Potenzial und Verbreitung von IKT zur Unterstützung pflegender Angehöriger In der Schweiz gibt es ein gut strukturiertes Netzwerk an Plegeangeboten, doch fehlt es an Unterstützungsangeboten für plegende Angehörige. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) könnten diese Lücke füllen. Sie lassen sich lexibel und zeitlich ungebunden einsetzen. Eine kürzlich durchgeführte europäische Studie ist zum Schluss gekommen, dass IKT zwar neue Wege in der Betreuung von bestimmten Gruppen eröffnen, aber noch mehr Forschung nötig ist, um das ganze Potenzial zu erfassen. Francesco Barbabella Giovanni Lamura Istituto Nazionale di Riposo e Cura per Anziani (INRCA), Ancona Das Potenzial von IKT zur Unterstützung von plegenden Angehörigen Elektronische Geräte, Telekommunikations- und andere Informationssysteme sind die Taktgeber des modernen Lebens. Das Informationszeitalter verfügt über eine breite Palette an Maschinen und Geräten, die es den Einzelnen ermöglichen, Informationen abzurufen sowie miteinander in Echtzeit und auf einfache Weise zu kommunizieren (z.B. E-Mail, Websuche, Audio- und Videostreaming usw.). Sie alle werden den IKT zugeordnet. 1 www.aal-europe.eu Andrea E. Schmidt Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien Beispiele von IKT sind zwar schnell genannt, aber es ist nicht so einfach sie umfassend zu deinieren, decken sie doch ein breites Spektrum ab und erfahren laufend Verbesserungen und Ergänzungen. Grundsätzlich haben wir es bei IKT immer auch mit Dienstleistungen zu tun, die über konventionelle Geräte (Telefone, Computer), neue Medien (Smartphones, Tabletcomputer), integrierte Systeme (Smarthomes) und zukunftsgerichtete Lösungen (Roboter) laufen. In den letzten Jahrzehnten sind IKT als innovative Hilfsmittel für betreuungsbedürftige ältere Menschen getestet worden, die zu Hause von Angehörigen in der Bewältigung ihres Alltags unentgeltlich unterstützt wer- den. Erste Versionen von IKT-basierten Hilfsangeboten wurden Anfang der 1990er-Jahre eingehend untersucht. Am häuigsten waren damals Callcenters, die Beratung und psychologische Unterstützung anboten. Auch zum Einsatz kamen die sogenannten Videopausen, speziell für demenzkranke Senioren entwickelte Filme, die deren Aufmerksamkeit fesselten und den betreuenden Angehörigen eine Erholungspause verschafften. Weitere technische Entwicklungen und Investitionen haben in letzter Zeit grosse Fortschritte gebracht. Doch hat sich die Wissenschaft mit der Entwicklung neuer Systeme bisher vor allem auf die direkte Unterstützung der Plegebedürftigen, sogenannte AAL-Lösungen (altersgerechte Assistenzsysteme für ein selbstbestimmtes Leben) konzentriert und weniger auf die Entlastung der plegenden Angehörigen. So sind in Europa in den vergangenen fünf Jahren im Rahmen des von der der EU1 inanzierten einschlägigen Programms zahlreiche AAL-Anwendungen getestet worden und auch weitere eigen- und fremdinanzierte Systeme zur Untersuchung gelangt. AAL umfassen im Wesentlichen alle Technologien, die zu Hause eingerichtet und eingesetzt, den Nutzern Autonomie und Sicherheit im täglichen Leben bieten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Sturzsensoren, die direkt mit einer Notfallzentrale oder der Betreuungsperson verbunden sind. Weiter gibt es GPS-Lösungen, mit denen sich verirrte Personen orten lassen. Auch Umgebungssensoren (z.B. für austretendes Gas) und Hausinstallationskontrollgeräte (z.B. vereinfachte Fernbedienungen zum Öffnen und Schliessen von Fenstern) fallen unter den AAL-Bereich. Trotz ihrer vorwiegenden Verwendung im AAL-Bereich werden IKT aber auch zur direkten Entlastung von Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 325 Gesundheit plegenden Angehörigen älterer Menschen eingesetzt. So erhalten Betreuende beispielsweise über das Internet Unterstützung durch Gesundheitsfachleute, die Informations- und Schulungsmaterial bereitstellen, aber auch psychologische Unterstützung, therapeutische Sitzungen oder Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Allerdings war bis anhin nur wenig Konkretes zum vorhandenen Angebot bekannt. Die IKT sind in den entsprechenden Projekten in der Regel so knapp inanziert, dass ihre Verbreitung und Wirkung kaum je evaluiert werden kann. Wissenschaftliche Bedeutung des CARICT-Projekts Ziel des 2011 durchgeführten CARICT-Projekts2 war es, dem Erkenntnisnotstand Abhilfe zu schaffen, indem die Rolle der IKT in der Betreuung zu Hause umfassend untersucht werden würde. Das Joint Research Centre (JRC), Institute for Prospective Technological Studies (IPTS) in Sevilla sowie die Unit H3 (e-Inclu-sion) des Directorate General Information Society and Media (DG INFSO) stellten gemeinsam die Finanzierung sicher. Im Rahmen des Projekts wurden in zwölf europäischen Ländern3 54 Good-Practice-Beispiele ausgewählt. Dazu wurden Case studies4 mit detaillierten Informationen zum weiteren Projektumfeld sowie zum betriebswirtschaftlichen Hintergrund und den Wirkungsgrössen erstellt. Wo vorhanden, wurden auch Zukunftsprognosen ermittelt. Auch Ende 2013 ist diese Bestandsaufnahme europaweit immer noch die umfangreichste und fundierteste Datensammlung zum Einsatz von IKT für plegende Angehörige. Von Plegenden am häuigsten genutzte Technologien Eine Querschnittsanalyse der ausgewählten Projekte bestätigt das vielfältige Potenzial IKT-basierter Hilfe 326 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Einsatz von IKT zur Unterstützung plegender Angehöriger für plegende Angehörige. Mit deren 26 nimmt sich knapp die Hälfte der untersuchten Projekte sowohl der Unterstützungsbedürftigen als auch der plegenden Angehörigen an. Dabei tragen sie zum einen zur Erhöhung der Sicherheit und Autonomie der älteren Personen in ihrem Zuhause bei, zum anderen senken sie dadurch die von den Angehörigen verlangte Betreuungsintensität. Dabei fallen neben den erwähnten Notrufoder Gesundheitsüberwachungssystemen auch die eigentlichen TelecareAngebote darunter. Einen interessanten Ansatz hat die aus einer Selbsthilfeorganisation entstandene HFT5 im Vereinigten Königreich gewählt, die sich dem selbstbestimmten Leben von Menschen mit Behinderungen verschrieben hat. Ausgehend von einem nutzerzentrierten Ansatz, entwickelt HTF zusammen mit den Betroffenen ein auf deren Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot. Neben Basistechnologien wie Notsignalknöpfen und -signalen oder fernbedientem Licht-, Telefon- und Haustürsteuerungen, werden auch Instrumente entwickelt, welche die Kreativität der Betroffenen etwa über sprechende Fotoalben und vergleichbare multimediale Anwendungen ansprechen und fördern. Auch erwähnenswert ist das von Just Checking6 entwickelte Instrument. Es dient der Überwachung der Alltagsaktivitäten von unterstützungsbedürftigen Personen, die zu Hause leben. Das System besteht aus Sensoren, die bei ungewöhnlichen Vorkommnissen eine Mitteilung an die betreuenden Angehörigen oder den Plegedienst senden. Dabei kann die betreute Person und deren Verhalten auch online in Echtzeit überwacht werden. Weitere IKT-basierte Dienste sind direkt an plegende Angehörige gerichtet. 14 der untersuchten Projekte sind als multimediale Online-Portale gestaltet. CAMPUS7 in Italien beispielsweise bietet betreuungs- und plegespeziische Schulungen an und zeigt Strategien zum Umgang mit belastenden Plegesituationen auf. IKT lässt sich mittels Audio- und Videokanal auch zur Verbreitung von Fachwissen unter beiden Zielgruppen nutzen. Das schwedische Projekt ACTION8 beispielsweise führt therapeutische Sitzungsreihen durch, die von einer Fachperson geleitet werden und sowohl Betreuten als auch Betreuenden offenstehen. Inhalt und Zielsetzungen der online über Videokanal geführten Sitzungen sind jeweils vorgegeben. Auch das Format der Selbsthilfegruppe hat sich mithilfe der IKT weiterentwickelt, indem sich die User in Online-Foren und virtuellen Gruppen gegenseitig mit Tat und Rat zur Seite stehen. Seit 2005 etwa besteht das Forum der Nonproit-Organisation Carers UK.9 Mittlerweile 14 000 registrierte Plegende und Betreuende holen sich darüber speziischen Rat zu bestimmten Beeinträchtigungen, aber auch Informationen zu aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet. Weitere Entlastung plegender Angehöriger bieten Erinnerungshilfen (z.B. zur Medikamenteneinnahme), Callcenters und Hotlines oder Reservationsplattformen für Entlastungsdienste. Nicht zu vergessen sind Multimediaanwendungen zur kognitiven Stimulation, um eine beginnende 2 CARICT: ICT-based solutions for caregivers; Studientitel: ICT-based solutions for caregivers: assessing their impact on the sustainability of long-term care in an ageing Europe. Abstract unter: http://is.jrc.ec.europa.eu/pages/EAP/ documents/ICTcarers4pagelealet.pdf (12.11.2013). 3 Die Länderauswahl erfolgte nach dem Kriterium, möglichst alle europäischen Sozialhilfemodelle zu erfassen: Österreich, Frankreich und Deutschland (Kontinentalmodell), Italien und Spanien (Mediterranmodell), Vereinigtes Königreich und Irland (Angelsächsisches Modell), Finnland und Schweden (Skandinavisches Modell), Ungarn, Tschechien und Slowenien (Osteuropamodell). 4 Alle Informationen über die in diesem Beitrag erwähnten Hilfsmittel sind zusammengetragen aus Lit. Schmidt et al., Chiatti et al. und Carretero et al. 5 www.hft.org.uk/sotries/Personalised-technology/ 6 www.justchecking.co.uk 7 www.campus.anzianienonsolo.it 8 www.actioncaring.se 9 www.forum.carersuk.org Gesundheit Demenz der Unterstützungsbedürftigen zu verlangsamen. Wirkungsnachweis Trotz der vielen positiven Erfahrungen, von denen plegende Angehörige in Zusammenhang mit dem Einsatz von IKT berichten, zeigen die Ergebnisse aus dem CARICT-Projekt,10 dass die Wirkungsprüfung in diesem Bereich noch in den Kinderschuhen steckt. So gab es auf Projektstufe nur wenige objektive Belege für eine tatsächliche Verbesserung des gesundheitlichen Wohlbeindens oder der gesellschaftlichen Teilhabe (so-cial inclusion) der Betreuenden. Die meisten der untersuchten IKT-basierten Ansätze werden keiner Wirkungsüberprüfung unterzogen. Daher lassen sich lediglich Aussagen zur Akzeptanz der Technologie bzw. zur Zufriedenheit der Zielgruppe machen. Aus Sicht der Anbieter zeigt sich der zentrale Vorteil einer Integration von IKT in Langzeitbetreuungssysteme darin, dass viele der angesprochenen Instrumente relativ preisgünstig, terminierbar und lexibel einsetzbar sind. In Fällen, wo eine Wirkungsmessung vorgenommen wurde, zeigte sich, dass beispielsweise Telecare-Systeme Hospitalisierungen und Überweisungen in stationäre Einrichtungen von älteren Betreuten bis zu einem gewissen Grad verringern konnten. So liessen sich im Fall von Just Checking Heimeinweisungen in Herefordshire County in einem Jahr um 43 Prozent senken. Ähnliche Ergebnisse weisen Emergency Alarm in Ungarn und E-Care in Italien auf. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die eingesetzten Instrumente die Zielgruppe 10 Lit. Barbabella and Lamura 11 www.jitscotland.org.uk/action-areas/telecarein-scotland/ 12 Lit. Kubitschke and Cullen 13 Die Bandbreite hängt von der Deinition des Begriffs «plegende Angehörige» ab, und besonders von der Häuigkeit/Qualität der Plegeaktivitäten sowie der Anzahl Plegender mit einer positiven Haltung gegenüber IKT (Lit. Lamura et al.). Einsatz von IKT zur Unterstützung plegender Angehöriger der freiwillig Plegenden und Betreuenden so stark entlasten, dass sie die Betreuung auch über einen längeren Zeitraum übernehmen können und sich Übertritte in eine kostenintensivere institutionelle Plege hinauszögern lassen. Auch eine Programmevaluation des National Telecare Development Programme11 in Schottland weist in diese Richtung. Zwischen 2006 und 2011 sparten lokale und landesweit operierende Leistungserbringer im Gesundheitswesen über das Programm mehr als 78 Mio. Pfund ein. Dabei hatte die verbesserte Lebensqualität der Telecarenutzer weniger Heimeinweisungen oder ungeplante Hospitalisierungen zur Folge. Geschäftsmodelle für die IKTbasierte Angehörigenplege Die mögliche Grösse und typischen Merkmale eines Marktes für die IKTbasierte Unterstützung von Laienplegenden sind noch nicht klar umrissen, auch deshalb nicht, weil die Zahl der bekannten erfolgreichen Geschäftsmodelle12 noch klein ist. Insofern bedeutet das Fehlen geeigneter Daten eine noch ungenutzte Chance, einem riesigen Zielpublikum europaweit innovative und wirksame Dienstleistungen näherzubringen. Schätzungen zur Anzahl plegender Angehöriger, die in Europa potenziell an technologiebasierten Hilfsmitteln interessiert sind, bewegen zwischen 4 und 19 Millionen Menschen,13 was eine ungefähre Vorstellung der gesellschaftlichen Bedeutung dieses Themas vermittelt. Die Finanzierbarkeit ist zweifelsohne eines der Haupthindernisse für die Zukunftsfähigkeit von IKT-basierten Diensten. Viele der Instrumente sind in der Entwicklung und Umsetzung relativ kostengünstig: 19 der 54 untersuchten Projekte – grösstenteils Online-Dienste – geben an, mit jährlichen Budgets von unter 10 000 Euro auszukommen. Nur einige Telecaresysteme und Smarthome- Technologien benötigen über 500 000 Euro im Jahr (die hauptsächlich an die Hersteller und die lokalen Anbieter gehen). Zur nachhaltigen Verankerung und für weiteres Wachstum müsste den kleineren Anbietern zuerst eine Konsolidierung ihrer Projekte im lokalen Rahmen gelingen. Nur in wenigen Fällen, vorab OnlineDiensten und -Netzwerken, konnten lokal operierende IKT-Dienste zur Unterstützung plegender Angehöriger regional oder gar landesweit verankert werden. Als erfolgskritisch erweist sich das Zusammenspiel von gewinnorientierten, Non-proit- und öffentlichen Akteuren. Handelt es sich bei den Anbietern um gewinnorientierte Unternehmen, müssen zuerst lokale Projekte entwickelt, aufgebaut und konsolidiert werden, bevor weitere Investitionen getätigt und Wachstum generiert werden kann. Insbesondere zur zielgerichteten Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmungen wäre hier ein staatliches Eingreifen mit Steuererleichterungen oder anderen Anreizen wünschenswert. Aber auch zur nachhaltigen Sicherung von Non-proit-Dienstleistungen ist es unabdingbar, dass das Unternehmen eine kritische Grösse erreicht und dabei von einer möglichst grossen Anzahl Freiwilligen unterstützt wird. So kann der von den Maltesern geführte Emergency Alarm in Ungarn derzeit auf über 1 000 freiwillige Helfer zurückgreifen. Die in der CARICT-Studie untersuchten Angebote weisen abhängig von der jeweiligen Struktur der betrachteten Wohlfahrtsstaaten unterschiedliche Finanzierungsmodelle auf. In skandinavischen, kontinental- und osteuropäischen Ländern scheinen die Non-Proit- und Wohlfahrtsorganisationen eine dominante Rolle als Anbieter einschlägiger Projekte zu spielen. Allerdings sind die jeweils unterliegenden Ursachen unterschiedlich. Im kontinentalen und skandinavischen Kontext sind der Non-Proit-Sektor und das Gesundheits- sowie das Sozialhilfewesen re- Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 327 Sozialpolitik lativ hoch entwickelt, was die Zusammenarbeit auf lokaler Ebene erleichtert. In osteuropäischen Ländern weisen die öffentlichen Gesundheitsund Langzeitplegesysteme etwas mehr Mängel auf. Diese werden durch die Präsenz von Non-Proit-Organisationen aufgefangen, deren innovatives Angebot die Mitteloptimierung ermöglicht. In Mittelmeerländern wiederum ist es üblich, dass IKTAnsätze für plegende Angehörige im Rahmen von EU-inanzierten Projekten zum Tragen kommen, während im Vereinigten Königreich und Irland auf allen Staatsebenen staatliche Gesundheits- und Langzeitplegesysteme vorherrschend sind und dementsprechend als Anbieter von IKT-basierten Lösungen auftreten. Bleibt darauf hinzuweisen, dass die skandinavischen Länder über einen äusserst initiativen Privatsektor verfügen, war er doch in sämtlichen der acht untersuchten Angebote in die Projektentwicklung und -umsetzung involviert. Ausblick Mit der zunehmenden Verbreitung der Informationstechnologie über die ansteigende Nutzung von Smart-phones und Sozialen Medien werden die digitalen Kenntnisse aller Altersgruppen zunehmen, so dass sich die Anwendung von IKT zur Unterstützung der Plege zu Hause rasch entwickeln wird. Allerdings lässt sich deren Kostenefizienz und Wirksamkeit derzeit schlecht beurteilen. Obschon einige Ergebnisse darauf hindeuten, dass unabhängige Märkte für die beschriebenen IKT-basierten Dienstleistungen bestehen, bleiben dennoch Hindernisse zu überwinden. Neben der Akzeptanz unter den Zielgruppen und möglichen Anbietern sowie der Bereitschaft zur Entwicklung innovativer Lösungen müssen auch klare inanzielle Ertrags- und soziale Erfolgsaussichten gegeben sein. Gesellschaftlich relevant ist dabei insbesondere auch die Tatsache, dass sich der Beziehungsaspekt der Plege nicht durch Tech- 328 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Einsatz von IKT zur Unterstützung plegender Angehöriger nologie ersetzen lässt. Die Bedeutung der persönlichen Beziehung bei der Betreuung ist nicht zu vernachlässigen. Allerdings kann es gut sein, dass technologievertrautere Generationen die technischen Möglichkeiten zur interaktiven Betreuung von älteren Menschen viel ungezwungener einsetzen werden, um dem sich abzeichnenden Betreuungsnotstand entgegenzuhalten, der sich mit der Überalterung der europäischen Gesellschaft abzeichnet. Obschon der Blick in die Zukunft durch viele Unbekannte getrübt ist, scheint es gleichwohl möglich, für jedes Land das Unterstützungspotenzial auszuloten, das sich plegende Angehörige voraussichtlich zu erschliessen vermögen. So weist auch die Schweiz einen gewissen Bedarf an IKT-Unterstützung in der Angehörigenplege aus. Dies gilt, obschon die Abdeckung durch Plege zu Hause und in Einrichtungen im internationalen Vergleich14 gross ist. Da die plegenden Angehörigen die starke emotionale Bindung mit den betreuten Menschen und die innere Zufriedenheit, die sie aus der Betreuungsaufgabe schöpfen, betonen,15 kann eine gewisse Zurückhaltung in der Nutzung der IKT-Angebote angenommen werden. Entsprechend wird die Plegeunterstützung durch die Angehörigen erheblich bleiben, auch wenn mit neun Stunden pro Woche für die meisten der Aufwand niedriger ist als in anderen europäischen Ländern.16 Angesichts der zunehmenden Bevölkerungsmobilität könnten IKTLösungen mit Videokommunikation weiter entfernt wohnende Betreuende in ihrer Aufgabe unterstützen. Zudem zeigt das SwissAgeCare-Projekt, dass es mit Partnern und Töchtern älterer Personen eine kleine Gruppe von intensiv plegenden Angehörigen gibt, die keinen Zugang zu Entlastungsangeboten haben.17 Hier liessen sich IKT-Instrumente zur OnlineSchulung und -Beratung einsetzen. Zudem könnte die Einrichtung von Reservationsplattformen für Entlastungsangebote die Vereinbarung von Erwerbs- und Plegetätigkeit erleichtern. Insgesamt bergen IKT viel Potenzial zur Entwicklung innovativer Angebote, welche die Schulung plegender Angehöriger zum einen und deren soziale Partizipation zum anderen fördern. Allerdings fehlt zu ihrer systematischen Erschliessung das nötige Wissen auf der Makroebene. Die mangelnde Wirkungsanalyse auf Projektebene verunmöglicht die kontinuierliche Evaluation der Ansätze, die sich dadurch auch einem breiteren Vergleich und der Verallgemeinerung entziehen. Es ist die Aufgabe der beteiligten Fachleute, politischen Entscheidungsträger und der Forschung, die nötigen Schritte zu unternehmen und Untersuchungen durchzuführen, damit fundierte und funktionierende Innovationen den Betroffenen in ganz Europa zugänglich gemacht werden können. Francesco Barbabella, Ph.D., Research Fellow am Centro Studi e Ricerca EconomicoSociali per l invecchiamento, Istituto Nazionale di Riposo e Cura per Anziani (INRCA), Ancona E-Mail: f.barbabella@inrca.it Andrea E. Schmidt, M.Sc., Researcher, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien E-Mail: schmidt@euro.centre.org Giovanni Lamura, Ph.D., Leiter des Centro Studi e Ricerca Economico-Sociali per l invecchiamento, Istituto Nazionale di Riposo e Cura per Anziani (INRCA), Ancona E-Mail: g.lamura@inrca.it 14 Lit. Höplinger; Lit.Rodrigues et al., Lit. Huber and Lamura, 88 15 Lit. Perrig-Chiello, 139 16 Lit. Colombo et al., 90 17 Lit. Perrig-Chiello, 209 gesundheit Gesundheit Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz – eine Zwischenbilanz Beim Netzwerk Psychische Gesundheit (NPG) handelt es sich um einen Zusammenschluss von Akteuren, die sich für die Verbesserung der psychischen Gesundheit und die Prävention psychischer Erkrankungen einsetzen. Als Austausch- und Vernetzungsplattform soll es Synergiemöglichkeiten sicht- und nutzbar machen und die Efizienz sowie Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen erhöhen. Eine externe formative Evaluation zog nach zwei Jahren eine positive Bilanz der bisher geleisteten Arbeit. Alfred Künzler Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz Katrin Jentzsch Bundesamt für Sozialversicherungen Psychische Störungen sind persönlich, gesellschaftlich und volkswirtschaftlich relevant. Die jährlichen Kosten (Behandlungs- und Folgekosten) affektiver Erkrankungen bei Personen im erwerbsfähigen Alter in der Schweiz werden auf über 11 Milliarden Schweizer Franken geschätzt).1 Depressionen sind deshalb ein prioritäres gesundheits- und sozialpoliti1 Lit. Tomonaga et al. und Lit. Obsan 2 Gesundheit2020: Die gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates, 23. Januar 2013: www.gesundheit2020.ch 3 Lit., Widmer et al. sches Thema, das auch in der bundesrätlichen Strategie Gesundheit20202 die gebührende Beachtung indet, indem die Förderung der psychischen Gesundheit sowie die Verbesserung der Vorbeugung und der Früherkennung psychischer Erkrankungen als Zielsetzung genannt werden. Das Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz begegnet den multifaktoriellen Bedingungen psychischer Gesundheit mit einem multisektoralen Ansatz. Im Zentrum stehen die Förderung der psychischen Gesundheit und Verminderung psychischer Erkrankungen sowie die Suizidprävention. Träger sind das Bundesamt für Gesundheit, das Staatssekretariat für Wirtschaft, das Bundesamt für Sozialversicherungen, die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren sowie die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz. Eine Mitgliedschaft im Netzwerk steht allen öffentlichen und privaten Akteuren offen, die sich für die psychische Gesundheit engagieren. Bislang haben sich 83 Organisationen angeschlossen. Der Zusammenschluss im Netzwerk soll möglichst vielen Akteuren einen wirkungsvollen Informationsund Wissenstransfer erlauben, innovative Ansätze zugänglich machen und Synergien fördern. Netzwerkeigene Präventionsmassnahmen sind nicht vorgesehen. Seit 2012 läuft der gegenseitige Austausch über eine Internetplattform, die fortlaufend um Fachinformationen und News rund um die psychische Gesundheit ergänzt wird. Ein Newsletter informiert regelmässig über anstehende Aktivitäten. Jedes Jahr indet eine öffentliche Netzwerktagung statt. In diesem Jahr haben knapp 170 Fachleute die Gelegenheit genutzt, sich zum Thema «Psychische Gesundheit: Wie kommen wir zu Verständnis und Finanzen?» auszutauschen und weiterzubilden. Referenten aus internationalen, nationalen und regionalen, öffentlichen sowie privaten Institutionen zeigten auf, wie Organisationen Programme zu psychischer Gesundheit erfolgreich umsetzen und welche menschlichen und monetären Gewinne sie aus dieser Investition erzielen. Ein Jahr nach Programmbeginn hat die Trägerschaft des NPG eine externe formative Evaluation in Auftrag gegeben,3 deren Ergebnisse grundsätzlich sehr positiv sind: Die strate- Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 329 Gesundheit gischen Zielsetzungen des Netzwerkes sind unbestritten und die breit abgestützte multisektorale Trägerschaft ist wertvoll. Die Leistungen des NPG treffen den Bedarf, das Angebot ist unter den relevanten Akteuren bekannt und wird rege genutzt. Die Etablierung des Netzwerkes scheint somit eine Lücke geschlossen zu haben. Aufgrund der Evaluation haben die Träger entschieden, die Stossrichtung des NPG beizubehalten. Verschiedene Empfehlungen des Evaluationsberichts werden dabei umgesetzt. Dazu gehören die Aufstockung der Ressourcen und Schwerpunktsetzungen in den Bereichen «Psychische Gesundheit und Arbeit» und «Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen». Der Zusammenarbeitsvertrag der Trägerorganisationen ist bis ins Ende 2016 verlängert worden. 330 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz Weiterführende Lektüre Tomonaga Yuki et al. «The Economic Burden of Depression in Switzerland», in PharmacoEconomics 31, 2013, 237–250 Schuler, Daniela und Laila Burla, Psychische Gesundheit in der Schweiz. Monitoring 2012. Obsan Bericht 52, Neuenburg 2012: www.obsan.ch ➞ Aktuelles ➞ Publikationen (31.10.2013) Widmer Thomas et al., Evaluation Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz, [Bundesamt für Gesundheit, Bern]: www.npg-rsp.ch ➞ News ➞ Evaluation (31.10.2013) Dr. Alfred Künzler, Leiter Koordinationsstelle, Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz E-Mail: alfred.kuenzler@npg-rsp.ch Katrin Jentzsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Bereich Beruliche Integration, Geschäftsfeld Invalidenversicherung, BSV E-Mail: katrin.jentzsch@bsv.admin.ch gesundheit Gesundheit Belastung durch obligatorische Gesundheitsausgaben Regionale Unterschiede bei der Belastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben Die Belastung der Haushalte durch die Gesundheitsausgaben ist in den Schweizer Kantonshauptorten sehr unterschiedlich. Dabei spielt neben der Höhe der Prämien für die obligatorische Krankenplegeversicherung (OKP) die unterschiedliche Ausgestaltung der Prämienverbilligung der Kantone eine wesentliche Rolle. Aber auch der Anteil der Steuern, welchen die Versicherten für die Finanzierung des Gesundheitssystems bezahlen, ist insbesondere bei höheren Einkommen nicht zu vernachlässigen. Oliver Bieri Helen Köchli Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern Im Jahr 2012 hat eine vierköpige Familie mit zwei minderjährigen Kindern in Appenzell Innerrhoden 7 752 Franken für die Prämien der obligatorischen Krankenplegeversicherung (OKP) bezahlt. Würde die Familie in Basel-Stadt wohnen, hätte sie dafür 14 236 Franken beglichen. Das entspricht einer Differenz von 6 484 Franken pro Jahr beziehungsweise 540 Franken im Monat. Neben den Prämien spielen für die privaten Haushalte auch über Steuern erhobene Beiträge zuhanden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, welche zur Finanzierung des schweizerischen Gesundheitssystems beitragen, eine Rolle. Demzufolge wurden sie für den in diesem Beitrag vorgestellten Ver1 Lit. Bieri/Köchli gleich der Haushaltsbelastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben miteinbezogen.1 Schliesslich wurde auch die Subventionierung der OKP-Prämien durch die individuelle Prämienverbilligung berücksichtigt. Da sowohl die Höhe des Steueranteils für das Gesundheitswesen als auch die Prämienverbilligung einkommens- und vermögensabhängig sind, müssen für einen aussagekräftigen Vergleich zudem die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Versicherten berücksichtigt werden. Um die Komplexität der Berechnungen zu beschränken, wurden einige Annahmen getroffen und weitere mögliche Einlussfaktoren ausgeklammert (vgl. Kasten). Im Zentrum der Untersuchung standen die kantonalen und kommunalen Unterschiede bei der Belastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben in Abhängigkeit vom Bruttoeinkommen. Zusätzlich wurden die aktuellen Berechnungen mit denjenigen aus dem Jahr 2007 verglichen. Methodisches Vorgehen und Berechnungen Wie eingangs erwähnt, bildet die OKP-Prämie die tatsächlichen Gesundheitskosten, die die Versicherten im Bereich der obligatorischen Krankenplegeversicherung tragen, nur ungenau ab. An ihrer Stelle wurden die obligatorischen Gesundheitsausgaben als Vergleichsgrösse gewählt. Dazu wurde erstens die (Netto-)Prämienbelastung eruiert, die der Differenz zwischen der OKP-Prämie und der von den Kantonen gewährten, individuellen Prämienverbilligung entspricht. Zweitens wurde der Steueranteil ausgewiesen, den die Haushalte an die Gesundheitskosten der öffentlichen Hand beitragen. Dabei handelt es sich um den Bundesanteil an der Prämienverbilligung sowie den Netto-Finanzierungsbedarf der Kantone und Gemeinden für das Gesundheitswesen, das heisst für Spitäler, Heime, Spitex, Verwaltung und Prävention. Die obligatorischen Gesundheitsausgaben entsprechen alsodann der Summe aus der (Netto-)Prämie und jenem Steueranteil, der in die Finanzierung des Gesundheitswesens liesst. Da die für die obligatorischen Gesundheitsausgaben aufgewendete Summe pro Haushalt massgeblich von dessen Grösse abhängt, unterscheidet die Studie zwei Haushaltstypen. Die Ausführungen des vorliegenden Beitrags beschränken sich allerdings auf den Typ der Familie mit verheirateten Eltern und zwei Kindern unter 16 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 331 Gesundheit Jahren. Verzichtet wurde bereits in der Studie auch auf die Darstellung der Berechnungen zu den Gesundheitsausgaben für tiefe Einkommen, welche im Anspruchsbereich der Sozialhilfe liegen. Die für die OKPPrämien aufgewendeten Ausgaben unterliegen hier besonderen Bestimmungen. Annahmen für die Berechnungen der obligatorischen Gesundheitsausgaben • Situationsbedingte Gesundheitsausgaben wie etwa Kostenbeteiligungen oder Kosten für Medikamente, Behandlungen und Therapien, die nicht von den Kran-kenversicherern übernommen werden («Out-of-Pocket»-Ausgaben), wurden nicht berücksichtigt. • Es wurden ausschliesslich die OKP-Prämien angerechnet. Allfällige Zusatzversicherungen gemäss VVG wurden nicht miteinbezogen. • Alle Berechnungen beziehen sich auf den Kantonshauptort unter Berücksichtigung der jeweiligen Prämienregion. • Bei der Berechnung der Steuern wurden steuerrelevante Vermögenswerte und Liegenschaften ausgeklammert. Auch Beiträge für die 3. Säule und allfällige Prämienverbilligungsbeiträge der Vorjahre wurden nicht in die Berechnungen einbezogen. • Die berücksichtigten Haushalte haben ihre Ansprüche auf eine Prämienverbilligung gemäss den kantonalen Richtlinien geltend gemacht. • Die berücksichtigten Haushalte beziehen weder Sozialhilfe noch Ergänzungsleistungen zur AHV oder IV. Kantonale Unterschiede Der interkantonale Vergleich der obligatorischen Gesundheitsausgaben einer Familie mit zwei Kindern und einem Bruttojahreseinkommen von 72 000 Franken – im weiteren als Modellfamilie bezeichnet – offenbart neben den zu erwartenden Prämienunterschieden grosse Divergenzen bei der Höhe der ausgerichteten Prämienverbilligungen (vgl. Graik G1). Erstere reichen von 7 752 Franken im Kanton Appenzell Innerrhoden bis 14 236 Franken im Kanton Basel-Stadt, was einer Spannweite von 6 484 Franken entspricht. Die Höhe der Prämienverbilligung kann als Differenz zwischen den schwarzen Punkten (Höhe der OKP-Prämie) und dem oberen Ende der grauen Balken (verbleibende Prämienbelastung) abgelesen werden. Sie reicht von 1 260 Franken im Belastung durch obligatorische Gesundheitsausgaben Kanton Thurgau bis zu 7 608 Franken im Kanton Neuenburg. Die Wirkung der Subventionen lässt sich exemplarisch am Vergleich der Kantone BaselLandschaft und Tessin zeigen, die beide nahezu gleich hohe OKP-Prämien aufweisen. Aufgrund der unterschiedlich hohen Prämienverbilligung weichen die Kantone in Bezug auf die verbleibende Prämienbelastung jedoch beträchtlich voneinander ab. Im Quervergleich am höchsten sind die obligatorischen Gesundheitsausgaben für die Modellfamilie im Kanton Waadt. Abzüglich der Prämienverbilligung bezahlt diese dort 9 855 Franken für die Krankenkassenprämie sowie einen Steueranteil von 832 Jährliche obligatorische Gesundheitsausgaben der Modellfamilie im Jahr 2012 G1 Franken 20 000 18 000 16 000 14 000 12 000 10 000 8 000 6 000 4 000 2 000 0 VD GE BL BS BE ZH JU SH TG FR SO LU SG AG GL UR VS NW SZ GR TI Prämienbelastung Steueranteil Gesundheitswesen AI AR NE OW ZG OKP-Prämie Quellen: Durchschnittsprämien Datenpool santésuisse; Merkblätter 2012 zur Prämienverbilligung der Kantone der GDK; eigene Berechnungen 332 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Gesundheit Belastung durch obligatorische Gesundheitsausgaben Obligatorische Gesundheitsausgaben der Modellfamilie 2007 und 2012 G2 Franken 20000 18000 16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 VD GE BL BS BE ZH JU SH TG FR SO LU SG AG GL 2007 2012 UR VS NW SZ GR TI AI AR NE OW ZG Quellen: Durchschnittsprämien Datenpool santésuisse; Merkblätter 2012 zur Prämienverbilligung der Kantone der GDK; eigene Berechnungen Franken, wendet damit insgesamt 10 687 Franken für die obligatorischen Gesundheitsausgaben auf. Zusammen mit dem Kanton Waadt gehören auch die Kantone Genf, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern und Zürich zu den Kantonen mit hoher Belastung. Demgegenüber ist sie für die Modellfamilie in den beiden Appenzell, in Neuenburg, Obwalden und Zug dank der Prämienverbilligung am geringsten. Die Differenz zwischen dem teuersten Kanton (VD) und dem günstigsten Kanton (ZG) beträgt beim betrachteten Einkommensniveau 7 819 Franken. Die Wirkung des über die Steuern entrichteten Finanzierungsanteils am Gesundheitswesen lässt sich am Beispiel der Kantone Obwalden und Zug zeigen. Obschon die Prämienbelastung in Obwalden tiefer ist als in Zug, fallen die Gesundheitsausgaben aufgrund des höheren Steueranteils im Kanton Obwalden insgesamt höher aus als im steuergünstigeren Kanton Zug. Die Studie vermag auch aufzuzeigen, dass der Steueranteil für die Gesundheitsausgaben der Haushalte in den höheren Einkommensklassen im Vergleich zu den Prämien an Gewicht gewinnt. In der mittleren Einkommensklasse (100 000 Franken Bruttojahreseinkommen) gewähren zudem nicht mehr alle Kantone eine Prämienverbilligung, womit die Differenzen zwischen den Kantonen ansteigen. So beträgt die Diskrepanz zwischen dem teuersten und dem günstigsten Kanton bei der Gesamtbelastung in dieser Einkommensklasse 11 207 Franken. In der höchsten in der Studie betrachteten Einkommensklasse (140 000 Franken Bruttojahreseinkommen) nimmt die Spannweite mit 9 002 Franken wieder leicht ab, da lediglich noch drei Kantone eine Prämienverbilligung gewähren. Hier sind die interkantonalen Differenzen vor allem auf die unterschiedlichen OKP-Prämien und den Steueranteil für das Gesundheitswesen zurückzuführen. Kommunale Unterschiede Exemplarisch für Kantone, die mehrere Prämienregionen mit abgestufter OKP-Prämie kennen (ZH, BE, LU, SG, GR), wurde die Belastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben im Jahr 2012 in den unterschiedlichen Prämienregionen der Kantone Bern und Luzern analysiert. Dabei erwies sich die unterschiedliche Steuerbelastung zwischen den einzelnen Gemeinden derselben Prämienregion als wichtige Einlussgrösse für die Gesamtbelastung des Modellhaushalts durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben. Neben der kommunal unterschiedlichen Steuerlast gewichten die Prämienunterschiede und die Prämienverbilligungsbeiträge aber nach wie vor. Im Kanton Bern beträgt der Unterschied in den obligatorischen Gesundheitsausgaben für die Modellfamilie zwischen der teuersten Gemeinde (Oberbalm, Prämienregion 1) und der günstigsten Gemeinde (Niederönz, Prämienregion 3) jährlich 1 204 Franken beziehungsweise rund 14,5 Prozent. Im Kanton Luzern dagegen liegt die entsprechende Differenz zwischen der günstigsten (Horw, Prämienregion 1) und der teuersten Gemeinde (Hasle, Prämienregion 3) bei 620 Franken respektive 8,6 Prozent. Während im Kanton Bern eine Gemeinde aus der höchstbelasteten Prämienregion 1 die Spitzenposition einnahm, war es in Luzern eine Gemeinde aus der günstigsten Prämienregion 3. Zur detaillierten Betrachtung der obligatori- Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 333 Gesundheit Belastung durch obligatorische Gesundheitsausgaben Obligatorische Gesundheitsausgaben der Modellfamilie im Kanton Neuenburg 2007 und 2012 G3 Franken 18000 16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 0 20000 40000 Bruttojahreseinkommen in Franken 60000 80000 2012 100000 2007 120000 Modellfamilie Quellen: Durchschnittsprämien Datenpool santésuisse; Merkblätter 2012 zur Prämienverbilligung der Kantone der GDK; eigene Berechnungen. schen Gesundheitsausgaben lohnt sich daher eine Differenzierung sowohl nach Prämienregionen als auch nach kommunalem Steuerfuss. Entwicklung zwischen 2007 und 2012 Die Analysen zur Entwicklung der obligatorischen Gesundheitsausgaben zwischen den Jahren 2007 und 2012 haben ergeben, dass die Gesundheitsausgaben in den meisten Kantonen zugenommen haben (vgl. Graik G2) und das Wachstum dabei meist über der generellen Teuerung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise lagen. Gleichzeitig sind sie jedoch etwas weniger stark angestiegen als die OKP-Prämien. Gemäss Studie ist diese Entwicklung mit Veränderungen im Bereich der Prämiensubventionierung und der Steuergesetzgebung zu erklären. Die Zusammenstellung der jährlichen obligatorischen Gesundheitsausgaben des Modellhaushalts in den Jahren 2007 und 2012 zeigt, dass diese in den meisten Kantonen ausser in Zürich, Luzern, Obwalden, Zug, Graubünden, Tessin, Neuenburg und Jura angestiegen sind. Vergleichsweise ge- 334 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 ring ist der Anstieg in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden und Wallis. Die grösste Zunahme verzeichnen Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern und Uri. Im beobachteten Zeitraum ist der mittlere jährliche Anstieg der obligatorischen Gesundheitsausgaben für die Modellfamilie mit 0,2 Prozent relativ gering. Gleichzeitig sind die OKPPrämien aber jährlich um 3,6 Prozent, die Konsumentenpreise um 2,2 Prozent (Jahresteuerung 0,4%) gestiegen. Als mögliche Einlussfaktoren für das vergleichsweise tiefe Wachstum der Gesundheitsausgaben kamen aufgrund der vorangehenden Analysen Prämienverbilligungen oder Veränderungen beim Steueranteil in Frage. Folglich wurden in einem weiteren Schritt die Veränderungen im Einkommensbereich zwischen 40 000 und 120 000 Franken differenziert nach den OKP-Prämien, der Prämienverbilligung und dem Steueranteil für das Gesundheitswesen untersucht. Am Beispiel des Kantons Neuenburg und anhand einer Familie mit zwei Kindern sollen die wichtigsten Erkenntnisse nachgezeichnet werden. Für beide untersuchten Jahre kommt in der Graik G3 die Anwendung eines Stufensystems bei der Prämienverbil- ligung zum Ausdruck. Die Anhebung der für die Subvention massgebenden Richtprämien und Einkommensgrenzen im Rahmen einer Systemanpassung führten für die Neuenburger Modellfamilie dazu, dass die Prämienverbilligung 2012 im Vergleich zu 2007 wesentlich grösser war und die Prämienbelastung trotz des Anstiegs der OKP-Prämie sank. Dadurch wurde für Familien mit zwei Kindern aller Einkommensklassen bis zu einem jährlichen Bruttoeinkommen von 116 000 Franken die Gesamtbelastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben gesenkt. Gleichzeitig wurde erreicht, dass der einkommensrelevante Anstieg der Belastung erst bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von rund 82 000 Franken erfolgt. Fazit Die Analysen weisen bei den obligatorischen Gesundheitsausgaben grössere kantonale Differenzen aus als bei den OKP-Prämien alleine. Insbesondere in den unteren Einkommensklassen werden die kantonalen Disparitäten bei den obligatorischen Gesundheitsausgaben massgeblich durch die Prämienverbilligung Gesundheit beeinlusst. In den mittleren und hohen Einkommensbereichen spielt zunehmend der Steueranteil für das Gesundheitswesen eine wesentliche Rolle. Am Beispiel der Modellfamilie hat sich gezeigt, dass die obligatorischen Gesundheitsausgaben in den Kan- Studie: Bieri, Oliver und Helen Köchli; Regionale Unterschiede bei der Belastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben. OKP-Prämien, Prämienverbilligungen und Steueranteile für das Gesundheitswesen im kantonalen und kommunalen Vergleich. Obsan Dossier 25; Neuenburg 2013: www.obsan.ch ➞ Publikationen (nur als PDF ) Belastung durch obligatorische Gesundheitsausgaben tonen Bern, Basel-Stadt, Waadt, Genf und Jura am höchsten, in Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Zug und Appenzell-Innerrhoden am tiefsten ausfallen. In diesen Kantonen werden die im schweizerischen Vergleich tiefen OKP-Prämien im unteren Einkommensbereich zusätzlich durch die Prämienverbilligung massgeblich reduziert. Berücksichtigt man auch noch den Steueranteil für das Gesundheitswesen, dann sind es wiederum jene Kantone mit einer vergleichsweise geringen Steuerbelas-tung, die die tiefsten obligatorischen Gesundheitsausgaben aufweisen. Die Differenzierung nach Prämienregionen am Beispiel der Kantone Bern und Luzern belegt wesentliche Unterschiede bei der Gesamtbelastung der obligatorischen Gesundheitsausgaben innerhalb und zwischen den Prämienregionen. Diese lassen sich zum einen zurückführen auf kommunal unterschiedliche Steuersysteme zum anderen auf divergierende OKP-Prämien und Prä- mienverbilligungsbeiträge in den verschiedenen Prämienregionen. Die Betrachtung der Entwicklung der obligatorischen Gesundheitsausgaben zwischen den Jahren 2007 und 2012 hat ergeben, dass diese etwas weniger stark angestiegen sind als die OKP-Prämien. Dies liegt einerseits an der prozentual höheren Reduktion der OKP-Prämien durch die Prämienverbilligung und andererseits – bedingt durch Veränderungen bei den kantonalen Steuergesetzgebungen – am geringeren Steueranteil für das Gesundheitswesen. Oliver Bieri, Dr. phil. I, Leiter des Bereichs Soziale Sicherheit und Integration, Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern E-Mail: bieri@interface-politikstudien.ch Helen Köchli, MA Economics, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern E-Mail: koechli@interface-politikstudien.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 335 invalidenversicherung Invalidenversicherung Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IV-Rentenbeziehenden Sozialleistungsbezüge und Profile von neuen IVRentenbeziehenden Vom Eintreten einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bis zur IV-Anmeldung und einer IV-Rente dauert es meistens mehrere Jahre. Es kommt lange vor dem IV-Prozess zu Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit, zu schleichender berulicher Desintegration und in der Folge zur Abhängigkeit von Sozialleistungen. Die Kenntnis der Erwerbsverläufe und der vorgängigen Leistungsbezüge liefert Grundlagen für eine wirksame Frühintervention. Im Folgenden werden Ergebnisse einer Studie zu den Verläufen vor Rentenbeginn vorgestellt. Robert Fluder Renate Salzgeber Berner Fachhochschule Soziale Arbeit Mithilfe der Studie, die diesem Artikel zugrunde liegt, wurden vertiefte Informationen über die IV-Neurentner und Neurentnerinnen gewonnen und Risikofaktoren für einen Sozialleistungsbezug vor einem IV-Rentenbezug identiiziert. Im Fokus standen die vorgelagerten Leistungsbezüge aus den Systemen der Sozialen Sicherheit, insbesondere aus der Arbeitslosenversicherung (ALV) und der Sozialhilfe und ihre zeitliche Abfolge in den fünf Jahren vor dem Rentenentscheid. Die Untersuchung stützte sich auf die Administrativdaten der IV und ALV, die Sozialhilfestatistik der Jahre 2005 bis 2010 und – für Auswertungen zur Erwerbstätigkeit – die individuellen Konten der AHV ab dem Jahr 2000. Berücksichtigt wurden die 336 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Tobias Fritschi 13 313 IV-Neurentner und Neurentnerinnen des Jahres 2010, die älter als 23 Jahre waren, die nicht aufgrund eines Geburtsbrechens eine IV-Rente bezogen und die nicht im Ausland wohnten. Für die neuen IV-Rentenbeziehenden wurden typische zeitliche Abfolgen von vorgängigen Bezügen von Arbeitslosenentschädigung (ALE) bzw. Sozialhilfe (SH) identiiziert und zu sechs Verlaufstypen zusammengefasst. Die sechs Verlaufstypen sowie die Erwerbsverläufe vor dem IV-Rentenbezug wurden anhand von Indikatoren charakterisiert und soziodemograische sowie arbeitsmarktliche Proile der einzelnen Verlaufstypen erstellt. Anschliessend wurde anhand der Merkmale der IVNeubeziehenden mithilfe eines mul- tivariaten Erklärungsmodells die Wahrscheinlichkeit bestimmt, zu einem der sechs Verlaufstypen zu gehören (Risikofaktoren). Verlaufstypen Zur Rekonstruktion der Verlaufstypen wurden in den Jahren 2005 bis 2010 monatsweise Informationen über den Bezug von ALE und Sozialhilfe identiiziert. Anhand der chronologischen Abfolge dieser Leistungsbezüge wurde die Typologie entwickelt. Dabei wurde unterschieden, ob der letzte Sozialleistungsbezug innerhalb der dem Rentenentscheid vorangehenden zwölf Monate erfolgte oder ob er länger zurücklag. Wenn der Leistungsbezug bis mindestens zwölf Monate vor dem IV-Rentenentscheid andauerte, wurde der Übergang als unmittelbar oder direkt deiniert. Insgesamt wurden sechs Verlaufstypen gebildet (vgl. Tabelle T1). Rund 54 Prozent der Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Neurente bezogen fünf Jahre vor der ersten Rente weder ALE noch Sozialhilfe (Verlaufstyp 6), während bei knapp der Hälfte (46%) vorgängige Leistungsbezüge vorlagen (Verlaufstypen 1 bis 5). Dabei kamen die Leistungsbezüge vor der IV-Rente in unterschiedlichen Abfolgen vor. Mehr als ein Drittel (34,1%) erhielt in den zwölf Monaten unmittelbar vor Rentenbeginn entweder ALE oder Sozialhilfe, wobei mehr als ein Fünftel (22%) direkt über die Sozialhilfe (teilweise ergänzend zum ALE-Bezug) zur IV-Rente kam. Die gut 10 Prozent Verläufe mit Phasen von ALE- und nachfolgendem Sozialhilfebezug vor der Zusprechung einer IV-Rente (Verlaufstypen 2a und 2b) weisen auf länger andauernde gesundheitliche Beeinträchtigungen Invalidenversicherung Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IV-Rentenbeziehenden Verlaufstypen vor dem Rentenbezug Verlaufstyp 1a: ALE ➞ IV 1b: ALE ➞ … ➞ IV 2a: ALE ➞ SH ➞ IV 2b: ALE ➞ SH ➞ … ➞ IV 3a: SH ➞ ALE ➞ IV 3b: SH ➞ ALE ➞… ➞ IV 4a: SH ➞ IV T1 Kurzbeschreibung vor dem Rentenentscheid nur ALE bezogen, wobei zwischen dem letzten Leistungsbezug und dem Rentenbeginn weniger als 12 Monate liegen (unmittelbarer Übergang, gekennzeichnet durch ➞) vor dem Rentenentscheid nur ALE bezogen, wobei zwischen dem letzten Leistungsbezug und dem Rentenbeginn mehr als 12 Monate liegen (Übergang mit Unterbruch, gekennzeichnet durch ➞… ➞) zwischen dem ALE-Bezug und dem Rentenentscheid liegt ein Sozialhilfebezug (unmittelbarer Übergang Sozialhilfe–IV-Rente) zwischen dem ALE-Bezug und dem Rentenentscheid liegt ein Sozialhilfebezug (Übergang mit Unterbruch Sozialhilfe–IV-Rente) zwischen dem Sozialhilfebezug und dem Rentenentscheid liegt ein ALE-Bezug (unmittelbarer Übergang Sozialhilfe–IV-Rente) zwischen dem Sozialhilfebezug und dem Rentenentscheid liegt ein ALE-Bezug (Übergang mit Unterbruch Sozialhilfe–IV-Rente) vor dem Rentenentscheid nur Sozialhilfe bezogen (unmittelbarer Übergang) 4b: SH ➞… ➞ IV vor dem Rentenentscheid nur Sozialhilfe bezogen (Übergang mit Unterbruch) 5: Vorleistungen (SH, ALE) ALE und Sozialhilfe wurde nur als Vorleistungen bezogen* 6: direkt in die IV kein Leistungsbezug ALE oder Sozialhilfe vor dem Rentenentscheid Quelle: BFH, Soziale Arbeit, Betrachtungszeitraum 2005–2010 * Der Anspruch auf eine IV-Rente beginnt frühestens sechs Monate nach dem Zeitpunkt der Anmeldung bei der IV. Wenn ALE- und Sozialhilfebezüge nur in die Periode zwischen dem Zeitpunkt der rückwirkenden Rentenzusprache und dem Rentenentscheid fallen, werden sie als Vorleistungen bezeichnet. hin, die oftmals mit einer fortschreitenden berulichen Desintegration einhergehen. Bezug von Arbeitslosenentschädigung oder Sozialhilfe vor Rentenbeginn Insgesamt haben 28 Prozent der neuen IV-Rentenbeziehenden 2010 in den rund fünf Jahren vor der IV-Rente ALE bezogen. Ab 2000 – also in den zehn Jahren vor Rentenbeginn – waren es sogar 40 Prozent. Je nach Verlaufstyp wurden zwischen 25 und 45 Prozent der IV-Neurentnerinnen und -rentner aus der Arbeitslosenversicherung aus1 Abhängig von der Deinition von Working Poor (alle Erwerbstätigen unter einer bestimmten Armutsgrenze oder nur Personen bzw. Haushalte mit einem Vollzeitpensum) liegt die Quote gesamtschweizerisch bei 3,5 bis 7,5 Prozent. gesteuert; besonders häuig diejenigen, die nach ALE noch Sozialhilfe bezogen. Oft lag die Arbeitslosigkeit länger zurück und ein Teil der Betroffenen wies mehrere Phasen mit ALE-Bezug aus. Insgesamt liessen sich häuig Langzeitarbeitslosigkeit oder Verläufe mit mehreren Phasen mit ALE-Bezug, teilweise mit Aussteuerung, vor dem Bezug einer IV-Rente, beobachten. Ein Drittel der Bezügerinnen und Bezüger neuer IV-Renten erhielt vor Rentenbeginn Sozialhilfe, drei Viertel davon länger als zwölf Monate. Im Durchschnitt dauerte der Sozialhilfebezug rund zweieinhalb Jahre. Knapp jede siebte betroffene Person, die vor Rentenbeginn erwerbstätig war, musste ergänzend Sozialhilfe beanspruchen. Mit 13 Prozent war der Anteil der Working Poor wesentlich höher als bei der Gesamtbevölkerung.1 Bei einem Teil der IV-Neurentnerinnen und Rentner konnte zudem ein gleichzeitiger ALE- und Sozialhilfebezug beobachtet werden. Bei psychischen Einschränkungen waren Verläufe mit Sozialhilfebezug deutlich häuiger als im Durchschnitt, was darauf hinweist, dass Personen mit psychischen Problemen häuiger und länger einen Prozess der berulichen Desintegration durchlaufen und dass die Abklärungszeiten für diese Personen wesentlich länger dauern. Leistungen der IV vor Rentenbeginn 2010 war bei 12 Prozent der IVNeurentnerinnen und -rentner vor Rentenbeginn eine Massnahme der Frühintervention ergriffen worden – besonders häuig bei vorangehendem ALE-Bezug. Hier ist anzumerken, dass die 5. IV-Revision als Gesetzesbasis der Frühintervention erst 2008 in Kraft gesetzt worden und noch nicht voll Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 337 Invalidenversicherung Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IV-Rentenbeziehenden 1a IV-Neurentner und Neurentnerinnen nach Verlaufstyp 4,9% ALE …. IV ALE SH IV … IV 0,9% IV 1,3% ALE SH SH SH ALE ALE IV SH IV … IV SH Vorleistungen (SH, ALE) 6 4b … 5 4a 3b 3a 2b 1b IV 2a ALE G1 8,5% 9,5% 0,5% 12,8% 2,0% 5,6% direkt in die IV 53,9% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Quellen: SHIVALV 2005–2010, Berechnung BFH Soziale Arbeit, N=13 313 umgesetzt war. Noch weniger IV-Neurentner und Neurentnerinnen hatten vorgängig eine Integrationsmassnahme erhalten (1,1%); auch diese Massnahme wurde erst 2008 eingeführt und soll vor allem bei psychischen Beeinträchtigungen in Betracht gezogen werden. Knapp ein Viertel der Betroffenen hat eine Massnahme berulicher Art durchlaufen, die bei allen Verläufen mit ALE- oder Sozialhilfebezug wesentlich häuiger veranlasst wurden als beim Verlaufstyp ohne vorgängigen Leistungsbezug. Sie wurden zudem häuiger bei unfallbedingten oder psychischen Einschränkungen ergriffen. Erwerbsverläufe und Einkommensentwicklung vor Rentenbeginn Erwerbsverläufe wurden im Rahmen dieser Untersuchung für das dem Rentenbeginn vorangehende Jahrzehnt rekonstruiert.2 Dabei zeigte sich, dass die Erwerbstätigkeit der IV-Neurentnerinnen und Neurentner in den Jahren vor Rentenbeginn oft sehr eingeschränkt war. Im Durchschnitt be- 338 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 trug der Erwerbsunterbruch direkt vor Rentenbeginn zwei Jahre. Am kürzesten waren die Erwerbsunterbrüche bei Verläufen ohne früheren Leistungsbezug und bei Verläufen mit ALE-Bezug unmittelbar vor Rentenbeginn. Insgesamt waren die neuen IV-Rentenbeziehenden ab 2000 im Durchschnitt während 46 Monaten ohne Erwerbsarbeit. Besonders lang war die Erwerbslosigkeit bei Verläufen mit Sozialhilfebezug. Die IV-Neurentnerinnen und -rentner von 2010 durchliefen also häuig längere Phasen der Nichterwerbstätigkeit, die oftmals weit zurücklagen. Dies traf besonders auf Personen mit psychischen Einschränkungen zu. Relativ viele Betroffene wiesen mehrere Erwerbsunterbrüche (durchschnittlich 1,5) auf, die länger als drei Monate dauerten. Die Entwicklung des Erwerbseinkommens von neuen IV-Rentenbeziehenden weist auf einen negativen Verlauf der Erwerbsbiograie vor dem IV-Rentenbezug hin (Dequaliizierung, schlecht bezahlte Stellen mit prekären Arbeitsbedingungen, unfreiwillige Teilzeitarbeit). Bei mehr als einem Drittel (39%) kann ein deutlich sin- kendes Einkommen beobachtet werden und 28 Prozent hatten ein stark schwankendes Einkommen. Vergleicht man das erste und das letzte Erwerbseinkommen während der Beobachtungsperiode von 2000 bis 2010, kann im Durchschnitt eine Abnahme von 2,8 Prozent pro Jahr festgestellt werden. Bei Frauen war die Einbusse geringer als bei Männern – vermutlich, weil bei einem tiefen Einkommen das Potenzial für eine Erwerbsminderung weniger gross ist. Wohl auch deshalb iel bei Verläufen mit Sozialhilfebezug der Rückgang des Erwerbseinkommens weniger hoch aus. Es ist anzunehmen, dass bei einem Teil der Betroffenen der Erwerbsrückgang schon vor der Beobachtungsperiode eingesetzt hat. Die beobachteten Einkommensverläufe wiesen zudem zum Teil sehr hohe Schwankungen auf, wobei diese bei Verläufen mit Bezug von Sozialhilfe am grössten waren, was auf besonders prekäre Erwerbsbiograien hindeutet. 2 Aufgrund der Datenlage konnte der Leistungsbezug von ALE und Sozialhilfe dagegen nur bis fünf Jahre vor Rentenbeginn untersucht werden. Invalidenversicherung Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IV-Rentenbeziehenden Relevante Einlussfaktoren für einen Verlauf mit Sozialleistungsbezug Referenzverlaufstyp: 6: direkt in die IV G2 Einflussfaktoren für Stärke des Einflusses – – – + + + Alter: Referenz 26 bis 45 Jahre Alter 23 bis 25 Jahre Alter über 45 Jahre «Haushaltstyp»: Referenz nicht verheiratet ohne Kinder verheiratet ohne Kinder nicht verheiratet mit Kindern verheiratet mit 1 bis 2 Kindern verheiratet mit 3 und mehr Kindern Nationalität: Referenz Schweiz EU17/EFTA angrenzend/Nord EU27 Rest Rest Europa und Welt Bildungsstand: Referenz Berufsausbildung keine Berufsausbildung Abschluss auf Tertiärstufe keine Angaben Branche: Referenz verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren, Bergbau, Gewinnung von Steinen/Erden Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei Baugewerbe/Bau Gastgewerbe, Handel und Lagerei Verkehr Information und Kommunikation, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Grundstücksund Wohnungswesen Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen sonstige Dienstleistungen keine Angaben berufliche Stellung: Referenz Fachfunktion nicht erwerbstätig selbstständig Kaderfunktion Hilfsfunktion in Ausbildung Heimarbeiter/in Einkommensverlauf: Referenz sinkendes Erwerbseinkommen ohne Erwerbseinkommen tiefes Erwerbseinkommen (stabil/steigend/fluktuierend) fluktuierendes nicht tiefes Einkommen nicht tiefes Erwerbseinkommen (stabil/steigend) Gebrechen: Referenz physisch erkrankt Unfall psychisch erkrankt Kantone in Gruppen: Referenz mittelgrosse Kantone mit städtischem Zentrum Zürich Bern mittelgrosse Kantone ohne städtisches Zentrum kleine Kantone Stadtkantone strukturschwache Kantone und Bergkantone Aargau Tessin Waadt Quellen: SHIVALV 2005–2010, AHV-IK-Daten 2000–2010, Berechnung BFH Soziale Arbeit Stärke des Einlusses (keine metrische Angaben): – schwach negativ, -- mittelstark negativ, --- stark negativ; leer: kein Einluss; + schwach positiv, ++ mittelstark positiv, +++ stark positiv. Lesebeispiel: Bei IV-Neurentner/innen über 45 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit eines Verlaufs mit vorgängigem Leistungsbezug markant tiefer (Einlussstärke ---) im Vergleich zu Personen im Alter zwischen 26 und 45 Jahre (Referenzgruppe). Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 339 Invalidenversicherung Risikoproile von IV-Neurentnerinnen und Neurentnern Mit einem multivariaten Modell wurde geschätzt, welche Faktoren wie stark die Wahrscheinlichkeit für einen Verlauf mit vorgängigen Leistungen beeinlussen. Im Gegensatz zu den deskriptiven Auswertungen (vgl. ausführlicher Bericht), bei denen jeder einzelne Einlussfaktor in eine bivariate Beziehung zum Verlaufstyp gesetzt wurde, wurden im multivariaten Schätzmodell alle Einlussfaktoren gleichzeitig einbezogen. Damit liess sich der Effekt der einzelnen Einlussfaktoren bei Kontrolle der übrigen ermitteln. Graik G2 weist aus, für welche Faktoren (erklärende Variablen) ein Einluss auf einen Verlauf mit Sozialleistungsbezug vor dem IV-Rentenentscheid festgestellt wurde. Dabei wird nur die Stärke des Einlusses (-, --, ---, kein Einluss = leer, +, ++, +++) angegeben – die Angaben sind nicht metrisch zu interpretieren. Pro Einlussfaktor ist angegeben, ob eine bestimmte Ausprägung der Variablen die Wahrscheinlichkeit für einen Sozialleistungsbezug vor der Rente signiikant erhöht (+ bis +++) oder verringert (- bis ---) im Vergleich zu einem Verlauf ohne vorgängigem Leistungsbezug (Verlaufstyp 6 ist Referenz). Zum einen erwiesen sich soziodemografische Merkmale der IV-Neu- Studie: Fluder, Robert, Renate Salzgeber und Tobias Fritschi, Verläufe und Proile von neuen IVRentenbeziehenden. Analyse anhand der SHIVALV-Daten 2005–2010. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 10/13: www.bsv.admin.ch ➞ Praxis ➞ Forschung ➞ Forschungspublikationen 340 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IV-Rentenbeziehenden rentnerinnen und Neurentner als bedeutsam. Bei älteren und bei verheirateten neuen IV-Rentenbeziehenden (mit und ohne Kinder) waren Verläufe mit einem Bezug von ALE oder Sozialhilfe weniger wahrscheinlich. Demgegenüber hatten nicht verheiratete IV-Neurentnerinnen und Rentner mit Kindern (Alleinerziehende) eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Verläufe mit Leistungsbezug. Bei der Nationalität können die Unterschiede, die bei der deskriptiven Auswertung zwischen Schweizer und ausländischen Staatsangehörigen in Bezug auf einen vorgängigen Leistungsbezug gefunden wurden, teilweise durch die Ausprägungen beim Ausbildungsniveau und bei der Branchenzugehörigkeit sowie der berulichen Stellung erklärt werden: Es sind Ausbildung und (frühere) Branchenzugehörigkeit, welche das Resultat bestimmen. Nur neue Rentenbeziehende aus Staaten ausserhalb der EU/EFTA wiesen auch nach Kontrolle von weiteren Faktoren eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für Verläufe mit Leistungsbezug auf. Wie erwähnt, konnten auch bei den sozioprofessionellen Merkmalen deutliche Effekte nachgewiesen werden. Erstaunlich ist, dass insgesamt kein signiikanter Unterschied zwischen Personen ohne und solchen mit einer Berufsausbildung festgestellt wurde. Neue IV-Rentenbeziehende mit einer Tertiärausbildung jedoch zeigten eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit für einen Verlauf mit vorgängigem Leistungsbezug. Bei der Branchenzugehörigkeit war diese für IV-Neurentnerinnen und Neurentnern aus dem Bau- und Gastgewerbe erhöht, bei solchen aus dem Finanzwesen und der öffentlichen Verwaltung hingegen geringer. Ein klares Muster zeigte sich zudem bei der berulichen Stellung: Nichterwerbstätige und Personen mit Hilfsfunktionen wiesen im Vergleich zu den Fachfunktionen ein erhöhtes Risiko für vorgängige Leistungsbezüge; Personen aus dem Kader und selbstständig Erwerbende ein verringertes Risiko aus. Auch für den Erwerbseinkommensverlauf liess sich ein Zusam- menhang mit dem Verlauf in die IV herstellen. IV-Neurentner und Rentnerinnen mit einem tiefen Einkommen wiesen im Vergleich zur Gruppe mit einem sinkenden Einkommen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Leistungsbezug vor Rentenbeginn auf, während diese bei Betroffenen mit mindestens mittleren Einkommen geringer war. Bei der Gebrechensart haben neue IV-Rentenbeziehende mit psychischen Beeinträchtigungen eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit auf vorgängige Leistungsbezüge. Zudem konnten regionale Einflussfaktoren nachgewiesen werden: Im Vergleich zu den mittelgrossen Kantonen mit städtischen Zentren ist bei den Stadtkantonen (inkl. Kanton Zürich) die Wahrscheinlichkeit für vorgängige Leistungen deutlich erhöht und im Kanton Tessin signiikant geringer. Insgesamt zeigt sich ein deutlicher Einluss sowohl der soziodemograischen wie auch der arbeitsmarktbezogenen Merkmale auf einen allfälligen Leistungsbezug vor dem Rentenentscheid. Neue Bezügerinnen und Bezüger von IV-Renten mit schwach ausgestatteten Ressourcen und mit generell erhöhten sozialen Risiken waren häuiger in Verläufen mit vorgängigem Leistungsbezug zu inden. Zusätzlich spielt die Art der gesundheitlichen Beeinträchtigung und die regionale Zugehörigkeit eine Rolle. Dr. Robert Fluder, Leiter Schwerpunkt Soziale Sicherheit, BFH Soziale Arbeit E-Mail: robert.luder@bfh.ch Renate Salzgeber, lic. oec. publ., Dozentin und Projektleiterin BFH Soziale Arbeit E-Mail: renate.salzgeber@bfh.ch Tobias Fritschi, lic. rer. pol., Dozent und Projektleiter, BFH Soziale Arbeit E-Mail: tobias.fritschi@bfh.ch invalidenversicherung Invalidenversicherung Projekt BECK der GELIKO BECK – Berufliche Eingliederung von Menschen mit einer chronischen Krankheit Mit dem Projekt BECK «Beruliche Eingliederung von Menschen mit einer chronischen Krankheit» unterstützt die Schweizerische Gesundheitsligenkonferenz (GELIKO) Betroffene bei Problemen am Arbeitsplatz zu einem möglichst frühen Zeitpunkt. Dies mit dem Ziel, einen drohenden Arbeitsplatzverlust abzuwenden. Neben der Beratung übernehmen die Gesundheitsligen auch die anwaltschaftliche Vertretung ihrer Klienten im Dreieck Arbeitgeber, Sozialversicherungen und Arzt. Margareta Schmid Fachstelle Evaluation & Gesundheitsforschung Eliane Boss Krebsliga Schweiz Aufgrund der Zunahme chronischer Erkrankungen sowie im Zuge der 5. und 6. IV-Revision wird der Situation chronisch kranker Menschen am Arbeitsplatz vermehrt Beachtung geschenkt. Mit den Gesetzesänderungen wurde der IV die Aufgabe übertragen mitzuhelfen, dass drohende Arbeitsplatzverluste von Menschen 1 Gesundheit2020: Die gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates, 23. Januar 2013: www.gesundheit2020.ch 2 www.geliko.ch 3 Lit. Soltermann, 654; Lit. Pärli et al. Erich Tschirky Schweizerische Gesundheitsligen-Konferenz mit gesundheitlichen Einschränkungen möglichst verhindert werden können. Zentrales Element ist – im Zusammenspiel aller Akteure – die Förderung der berulichen Integration durch rechtzeitiges Handeln. Gesundheitsbezogene Probleme am Arbeitsplatz sind für chronisch Kranke mit vielen Belastungen und Unsicherheiten verbunden und stellen alle Beteiligten vor grosse Herausforderungen. Die Versorgungsstrukturen des schweizerischen Gesundheitswesens sind nicht optimal auf die Bedürfnisse chronisch kranker Menschen ausgerichtet. Die oft mangelhafte Koordination der beteiligten Leistungserbringer führt zudem zu unerwünschten und teuren Doppelspurigkeiten. Dieser Missstand wurde auch vom Bundesrat erkannt, der im Rahmen der Strategie Gesundheit20201 die Bewältigung der durch chronische Krankheiten versursachten Problemstellungen als zentrale gesundheitspolitische Herausforderung identiiziert hat. Um die besonderen Bedürfnisse chronisch kranker Menschen kümmern sich seit langem die gemeinnützig organisierten Gesundheitsligen. Neben der Präventionsarbeit unterstützen sie insbesondere Betroffene, Angehörige sowie Betreuende mit Beratungsleistungen und engagieren sich in gesundheits- und sozialpolitischen Fragen. In enger Vernetzung mit einem erweiterten Kreis von Fachleuten begegnen sie negativen gesundheitlichen, inanziellen und sozialen Folgen von chronischen Krankheiten. Um den Erfahrungsschatz und das Fachwissen der Gesundheitsligen zu bündeln und ein auf die beruliche Eingliederung zugeschnittenes Angebot umzusetzen, hat die Schweizerische GesundheitsligenKonferenz (GELIKO),2 das Projekt «BECK – Beruliche Eingliederung von Menschen mit einer chronischen Krankheit» initiiert. Es gründet auf der unter allen Akteuren breit abgestützten Erkenntnis, dass die beruliche (Re-)Integration kranker oder verunfallter Menschen nur dann Erfolg versprechend sein kann, wenn sie früh beginnt, aber auch kompetent und koordiniert erfolgt.3 Mit BECK soll das Beratungsangebot für chronisch Kranke verbessert und Arbeitgeber hinsichtlich der Auswirkungen von chronischen Erkrankungen auf Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 341 Invalidenversicherung die Erwerbsarbeit sensibilisiert werden. Konkret werden die Betroffenen in einer sehr frühen Phase ihrer gesundheitlichen Einschränkungen unterstützt, um möglichst noch vor einer Früherfassung durch die IV, einen drohenden Arbeitsplatzverlust abwenden zu können. Wie auch durch das Forschungsprogramm der Invalidenversicherung (FoP-IV)4 aufgezeigt wurde, erweisen sich die Neutralität der Organisation und die anwaltschaftliche Vertretung als konstruktive Elemente in den Bemühungen um den Arbeitsplatzerhalt oder im Verfahren mit der IV. Trägerschaft von BECK Projekt BECK der GELIKO Unternehmungen (2008) hat gezeigt, dass ein Bedarf nach krankheitsspeziischen Informationen, aber auch nach Hinweisen zum Umgang mit erkrankten Mitarbeitenden und zu weiteren Hilfeangeboten besteht. Für das 2009 geschaffene Informationsportal für Arbeitgeber zu Fragestellungen der berulichen Eingliederung, COMPASSO,5 stellte die GELIKO Informationen bereit und sie ist in deren Vorstand vertreten. Um eine einheitliche Qualität im Beratungsangebot und eine optimale Vernetzung der Ligen zu gewährleisten, wurde für die Ligenmitarbeitenden eine Weiterbildung im Arbeits- und Versicherungsrecht sowie zu Massnahmen zur Verhinderung eines Arbeitsplatzverlustes durchgeführt. Das Problemen am Arbeitsplatz, Unterstützung in der Krankheitsbewältigung und in inanziellen Notlagen, Organisation von Hilfen im Alltag und Coaching für die Kommunikation mit Vorgesetzten und Versicherern. Bei Bedarf wird zur Standortbestimmung der berulichen Situation das psychologische Diagnostik-Instrument zum arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebnismuster (AVEM)6 eingesetzt. Die Unterstützung des Wiedereingliederungsprozesses orientiert sich stark an den vorhandenen Ressourcen und der Befähigung der Klienten. Dazu gehört auch, sie zu motivieren, ihre Plichten wahrzunehmen und gegenüber Arbeitgeber und Versicherungen transparent zu kommunizieren. Die enge Zusammenarbeit mit ähnlich gelagerten Unterstützungsangeboten ermöglicht bei Bedarf auch die Weitervermittlung und Begleitung Betroffener an geeignetere Beratungsstellen. Einrichtung regionaler Fachstellen Übergeordnete Aktivitäten Im Rahmen des Projektes BECK nahm die GELIKO in den letzten Jahren eine breite Palette von Abklärungen vor und initiierte zahlreiche Kontakte und Kooperationen. So fand in Zusammenarbeit mit dem BSV und der IV-Stellenkonferenz ein Workshop statt. Um mögliche Synergien und Formen der Zusammenarbeit auszuloten, tauschten sich die Verantwortlichen auch mit regionalen IVStellen und Krankenkassen aus. Eine Befragung von grossen und mittleren 342 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Interesse der Ligen war gross, 2009 und 2010 liessen sich insgesamt mehr als hundert Mitarbeitende schulen. Kerngeschäft Die Leitenden der Fachstellen BECK sind erfahrene Sozialarbeitende, die ein breites Spektrum an Beratungs- und Unterstützungsleistungen anbieten. Dazu gehören Hilfestellungen in arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen, Informationen zu Rechten und Plichten bei In zwei Pilotregionen – Bern-Solothurn und Ostschweiz – wurde Ende 2010 mit dem Aufbau je einer Fachstelle BECK begonnen. In den vergangenen zwei Jahren machten die beiden Fachstellenleitenden die Dienstleistungen bei einer grossen Anzahl regionaler Akteure bekannt und loteten den Bedarf der Zusammenarbeit aus (Ärzte, IV-Stellen, Kranken- und Krankentaggeld-Versicherungen, Sozialhilfestellen, Sozialforen, RAV, Arbeitgeber sowie andere regionale Akteure der berulichen Eingliederung). Das Angebot wurde generell positiv aufgenommen. Geschätzt wurde insbesondere, mit BECK eine einzige professionelle Anlaufstelle in Bezug auf alle chronischen Krankheiten zur Verfügung zu haben. Ebenso anerkannt wurden 4 Lit. Bundesamt für Sozialversicherungen 5 www.compasso.ch 6 Lit. Schaarschmidt, 59–82 Invalidenversicherung Projekt BECK der GELIKO BECK in der Praxis Fallbeispiel 1 Hintergrund: Frau mittleren Alters; 100%-Anstellung; langer Arbeitsweg. Problemlage: Aufgrund einer rheumatologischen Erkrankung kommt es zu Arbeitsabwesenheiten, die manchmal mehrere Wochen, sogar Monate dauern. Die Klientin wird gegenüber ihrem Arbeitgeber zunehmend unsicher, weil sie selbst ihre Leistungsfähigkeit nicht gut einzuschätzen vermag. Im Gespräch mit dem Hausarzt wird klar, dass sie die angestammten Aufgaben nicht mehr weiterführen kann. Der Hausarzt vermittelt die Klientin an BECK. Intervention: Die Verantwortlichen der Fachstelle besprechen die gesundheitliche Situation gemeinsam mit der Klientin und dem behandelnden Spezialarzt, später – zusammen mit der Klientin – mit dem Arbeitgeber. Damit ist sichergestellt, dass die medizinische Einschätzung der verbleibenden Belastbarkeit der Klientin transparent kommuniziert wird. Die Klientin erhält ein Coaching für die Kommunikation mit ihren Vorgesetzten. Der Arbeitgeber sieht sich in der Lage, der Klientin einen neuen, den gesundheitlichen Möglichkeiten der Klientin angepassten Aufgabenbereich zu einem reduzierten Pensum anzubieten, so dass sie ihre Anstellung behalten kann. Die Situation stabilisiert sich. Fallbeispiel 2 Hintergrund: Sozialarbeiter; 50%-Pensum in einer Alterseinrichtung. Wegen einer HIV-Erkrankung Bezug einer halben IVRente. Der Arbeitgeber ist über die Erkrankung und den IV-Rentenanspruch nicht informiert. Problemlage: Im Zusammenhang mit dem HIV-Virus wird der Klient über eine längere Zeitdauer krank. Die etwas ungünstig formulierte Frage der Krankentaggeldversicherung, ob er sich bei der IV angemeldet habe, beantwortet er mit «Nein», weil er die Rente bereits seit langem bezieht. Sowohl Krankentaggeldversicherung als auch die IV-Stelle erfahren erst später als drei Monate nach Stellenantritt von der Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Im Zusammenhang mit der Rückforderung der ausbezahlten Krankentaggelder beim Arbeitgeber und der Vermutung, der Angestellte habe falsch informiert, steht die Kündigung bevor, sobald der Versicherte wieder arbeitsfähig ist. Intervention: Die Fachstelle deckt das Missverständnis auf, spricht beim Arbeitgeber vor und übernimmt die anwaltschaftliche Vertretung des Klienten. In Zusammenarbeit mit dem Taggeldversicherer, einem Rechtsexperten und der IV wird abgeklärt, wer die Finanzierung des Erwerbsausfalls zu tragen hat und wie die Informationsplicht geregelt ist. Die Krankentaggeldversicherung formuliert die missverständliche Frage neu und BECK versorgt Arbeitgeber und Klienten mit den rechtlich korrekten Informationen. Der Klient wird darin bestärkt, sich gegenüber Arbeitgeber und Vorgesetzten korrekt zu verhalten, den Aufgeboten der IV in Bezug auf weitere beruliche Abklärungen nachzukommen und transparent zu informieren. Die Stelle kann erhalten werden. Fallbeispiel 3 Hintergrund: Frau Mitte Fünfzig, seit 25 Jahren geschätzte und zuverlässige Plegefachfrau bei einer spitalexternen Plegeorganisation, Vollzeitstelle. Lungenkarzinom, danach ein halbes Jahr Arbeitsunfähigkeit, dann wieder zu 50 Prozent arbeitsfähig. Antrag auf IV-Rente. Problemlage: Wegen Beschwerden fällt die Frau auch nach dem Wiedereinstieg im Anschluss an die lange krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit immer wieder einzelne Tage aus. Die Arztzeugnisse liefert sie nicht immer fristgerecht ab. Intervention: BECK hat ab Beginn der Erkrankung die Begleitung der Klientin übernommen. Nach der Wiederaufnahme der Arbeit im reduzierten Pensum treten zunehmend Unsicherheit und Druck am Arbeitsplatz auf. BECK begleitet die Klientin zu einem Gespräch beim Arbeitgeber und vermag, mit Hinweis auf die erhöhte soziale und gesundheitliche Belastung der Klientin, die drohende Kündigung abzuwenden. In Absprache mit der Krankentaggeldversicherung und dem Arbeitgeber übernimmt BECK das Case-Management. Da der Arbeitgeber ein Pensum von 60 Prozent erwartet und die Klientin unter keinen Umständen ihre Anstellung gefährden will, versucht sie dieses – entgegen der ärztlichen Empfehlung – zu leisten. Die IV spricht ihr eine Viertelsrente zu, obschon aus medizinischer Sicht eine halbe Rente angezeigt war. Das 60%-Pensum erweist sich für die Klientin in der Folge tatsächlich als zu hoch. Die Stelle wird zwar vorläuig erhalten, aber die Frage betreffend Arbeitspensum und Höhe der Berentung bedarf weiterer Abklärung. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 343 Invalidenversicherung Flyer der Fachstelle Bern/ Solothurn die Neutralität der GELIKO und die Tatsache, dass die Fachstellen ihre Dienstleistungen bisher kostenlos oder wenigstens kostengünstig erbrachten. Obschon die regionalen IV-Stellen das gemeinsame Angebot der Ligen begrüssten, haben sie daran – bis auf wenige Ausnahmen – noch wenig konkretes Interesse gezeigt. Möglicherweise erkennen sie darin keinen Mehrwert zum IV-System der Früherfassung und -intervention. Im Rahmen ihrer Bedürfnisabklärung befragten die beiden Fachstellen auch über hundert regional tätige Ärzte7 zu ihrem Bedarf nach Unterstützung bei der berulichen Eingliederung von chronisch kranken Patienten. Die hohe Beteiligung an der Umfrage weist auf ein grosses Interesse am Thema hin. Die Mehrzahl der Ärzte meldete einen klaren Bedarf an Beratungsleistungen an. Sie sehen sich im Praxisalltag oft nicht in der Lage, Patienten frühzeitig die notwendigen Informationen und Unterstützung bei Problemen am Arbeitsplatz zukommen zu lassen. Ausserdem brachte ein grosser Teil der befragten Ärzte zum Ausdruck, mit den Leistungen bestehender Fach- und der IV-Stellen bis dato nicht zufrieden zu sein. Auch schätzen es die Ärzte, in BECK eine einzige Ansprechpartnerin zu haben, die rasch handelt, koordiniert und konkrete Lösungen vorschlägt. Die Stärkung der Patienteninteressen im Dreieck Arbeitgeber, Arzt und Versicherungen durch zielgerichtete Beratung und Vermittlung wird von den befragten Ärzten begrüsst. 344 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Projekt BECK der GELIKO Bis anhin ist es den regionalen Fachstellen nicht gelungen, das Interesse der Arbeitgeber an BECK im gewünschten Ausmass zu wecken und sie für die Bedürfnisse chronisch kranker Menschen am Arbeitsplatz zu sensibilisieren. Oft interessieren sich Arbeitgeber für entsprechende Angebote erst, wenn sie in ihrem Betrieb einen konkreten Fall haben. Tritt dieser dann tatsächlich ein, kann der 2012 vom BSV und der IVStellen-Konferenz gemeinsam mit dem Schweizerischen Arbeitgeberverband sowie dem Schweizerischen Gewerbeverband herausgegebene Leitfaden für die beruliche Eingliederung,8 einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung von Massnahmen für Arbeitsplatzerhalt und Wiedereingliederung leisten. Konkret konnten die Fachstellen bisher bei verschiedenen fallbezogenen Kontakten mit Arbeitgebern in einem ersten Schritt Verständnis und Bereitschaft erwirken, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und die erkrankten Mitarbeitenden weiterhin zu beschäftigen. Im Juni 2013 nahm im Kanton Zürich eine dritte Fachstelle ihre Arbeit auf. Ausblick Die Gesundheitsligen sind motiviert, die Beratung in der Frühphase chronischer Erkrankungen für Betroffene, Ärzte und Unternehmen weiter auszubauen. Allerdings muss demnächst eine nachhaltige Finanzierung der Beratungsleistungen gefunden werden. Die Gesundheitsligen werden nicht in der Lage sein, dieses Angebot längerfristig allein aus Spendengeldern zu inanzieren. Die Kosten lassen sich aber auch nicht einfach auf die Betroffenen überwälzen. Denn sonst wäre die niederschwellige Zugänglichkeit des Angebots gefährdet. Beiträge der IV an die Gesundheitsligen und Dachorganisationen der privaten Invalidenfachhilfe liessen bisher nur für Leistungen, welche diese zugunsten Behinderter erbracht haben. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Personen, die bereits einmal eine Leistungsverfügung der IV erhalten haben. Die Angebote der Gesundheitsligen zur berulichen Eingliederung sollen nach Möglichkeit jedoch bereits vorher greifen und dazu führen, dass eine Berentung vermieden werden kann. Naheliegend scheint es daher, die Taggeldversicherer und die IV namhaft in die Finanzierung des Angebots einzubinden. Sollte dies nicht gelingen, wird eine Lösung der Finanzierungsproblematik wohl auf der politischen Ebene gesucht werden. Das entsprechende Lobbying und die Aufklärung auf politischer Ebene wird umso erfolgreicher sein, je mehr Organisationen in der Frage miteinander kooperieren. Die Adressen der BECK-Fachstellen Fachstelle BECK Bern/Solothurn Markus Rindlisbacher Kreuzplatz 4, 3510 Konolingen Telefon 031 791 05 55 E-Mail: beck.beso@geliko.ch Fachstelle BECK Ostschweiz Sandra Buntschu-Mullis Medizinisches Zentrum, 7310 Bad Ragaz Telefon 081 303 38 33 E-Mail: beck.ost-ch@geliko.ch Fachstelle BECK Zürich Jessica Wendland Badenerstr. 585, 8048 Zürich Telefon 044 405 45 35 E-Mail beck.zuerich@geliko.ch 7 2011 Schriftliche Befragung von 112 Ärzten nach telefonischem Erst-Kontakt (Pilotregion BE/SO) bzw. im Rahmen eines regionalen Qualitätszirkels nach der mündlichen Vorstellung von BECK (Pilotregion Ostschweiz). Der Rücklauf betrug 55 Prozent. 8 Lit. Leifaden Invalidenversicherung Projekt BECK der GELIKO Weiterführende Informationen Gesundheit 2020: Die gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates, [Bern] 2013: www.gesundheit2020.ch Soltermann, Bruno, «Stolpersteine in der berulichen Wiedereingliederung», in Schweizerische Ärztezeitung 18/2011, 654 Pärli Kurt, Guggisberg Jürg, Hug Julia, Oesch Thomas, Petrik Andreas, Rudin Melania; «Arbeit und Krankheit. Beruliche Wiedereingliederung von Personen mit länger andauernder Arbeitsunfähigkeit – Eine Untersuchung zur Rolle des Rechts und des sozialen Umfelds.», in Sozialrecht 2/2013 Margareta Schmid, Dr. med., Projektevaluation BECK, Fachstelle Evaluation & Gesundheitsforschung, Glarus E-Mail: evaluation@bluewin.ch Eliane Boss, lic. phil., Fachspezialistin Sozialversicherungen/Gesundheitspolitik, Krebsliga Schweiz E-Mail: eliane.boss@krebsliga.ch Erich Tschirky; Fürsprecher, MBA; Geschäftsführer GELIKO E-Mail: tschirky@geliko.ch Bundesamt für Sozialversicherungen, Synthesebericht des Forschungsprogramms zur Invalidenversicherung FoP-IV 2006–2009. Beiträge zur Sozialen Sicherheit Nr. 10/10: www.bsv.admin.ch > Praxis > Forschung > Forschungspublikationen Schaarschmidt, Uwe, «AVEM – ein persönlichkeitsdiagnostisches Instrument für die berufsbezogene Rehabilitation», in Psychologische Diagnostik – Weichenstellung für den Reha-Verlauf, Bonn 2006, 59–82 Leitfaden für die beruliche Eingliederung, [Zug] 2012: www.ahv-iv.info/arbeitgeber Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 345 international Internationale Angelegenheiten Soziale Sicherheit Schweiz–Kososvo Soziale Sicherheit Schweiz–Kosovo Der Bundesrat hat im Dezember 2009 entschieden, das mit dem früheren Jugoslawien abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen ab 1. April 2010 im Verhältnis zu Kosovo nicht weiterzuführen. Mit Urteil vom 19. Juni 2013 hat das Bundesgericht nun in letzter Instanz diesen Bundesratsentscheid bestätigt und die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verworfen. Kosovarische Staatsangehörige erhalten daher die AHV- und IV-Renten nur, solange sie Wohnsitz in der Schweiz haben. Sozialversicherungsabkommen. Unter diesen Umständen konnte und wollte die Schweiz einer Weiterführung dieser Abkommen nicht zustimmen und es kam letztlich keine Einigung zwischen der Schweiz und dem Kosovo zustande. Der Bundesrat entschloss daher mit seinem Entscheid vom 16. Dezember 2009 die mit Serbien in Kraft stehenden Abkommen vollumfänglich im Verhältnis zum Kosovo nicht weiterzuführen. Rechtslage Raphael Tschanz Bundesamt für Sozialversicherungen Die Republik Kosovo hat am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeitserklärung erlassen, worauf die Schweiz am 27. Februar 2008 als einer der ersten Staaten den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt hat. Die Schweiz hat dem Kosovo angeboten, 346 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 sämtliche Abkommen, die im Verhältnis zu Serbien Gültigkeit haben, weiterzuführen. Die Republik Kosovo hat sich dann entschieden, lediglich zwei Abkommen weiterführen zu wollen, welche ihnen besondere Vorteile gewähren, unter anderem das Aufgrund des erwähnten Bundesratsbeschlusses wurden auch das mit dem früheren Jugoslawien abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen sowie die dazugehörende Verwaltungsvereinbarung im Verhältnis zu Kosovo nicht mehr weitergeführt. Die Gründe dafür lagen zum einen in der mangelhaft funktionierenden Verwaltung Kosovos und der daraus resultierenden schwierigen Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Abkommens. Zum anderen verfügte der neue Staat (noch) nicht über ein Sozialversicherungssystem, das mittels eines Abkommens mit dem schweizerischen hätte koordiniert werden können. Ebenso fehlen bisher zuverlässige Register (Einwohner, Zivilstand, Geburten), deren Daten für eine verlässliche Koordination elementar wären. Die Nichtweiterführung des Abkommens hatte zur Folge, dass kosovarische Staatsangehörige seit dem 1. April 2010 gleich behandelt werden wie andere Angehörige von Nichtvertragsstaaten. Dieser Statuswechsel bewirkte, dass AHV- und IV-Renten, die nach dem 31. März 2010 entstanden sind, den kosovarischen Staatsangehörigen nicht mehr ins Ausland bezahlt, sondern nur noch bei Wohn- Internationale Angelegenheiten sitz in der Schweiz gewährt wurden. Die Nichtweiterführung des Abkommens ist in zahlreichen Einzelfällen betreffend den Export von AHV- und IV-Leistungen gerichtlich angefochten worden. Das Bundesverwaltungsgericht als untere Gerichtsinstanz hat im von ihm selbst zum Grundsatzurteil erhobenen Entscheid vom 7. März 2011 festgehalten, dass das frühere Abkommen (das im Verhältnis zu Serbien heute noch anwendbar ist) auch auf kosovarische Staatsangehörige anwendbar sei, und dass diese immer gleichzeitig auch noch die serbische Nationalität hätten. Das Bundesgericht hat nun mit BGE 139 V 263 vom 19. Juni 2013 Klarheit geschaffen, den Bundesratsentscheid bestätigt und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verworfen. Wichtigste Elemente des BGE 139 V 263 und weiterer Gerichtsentscheide In diesem Entscheid handelt das Bundesgericht die Thematik des Fortsetzer- und Nachfolgerstaates bei Staatennachfolgen ausführlich ab. Es hält fest, dass die ehemals serbische Provinz und heutige Republik Kosovo mit ihrer Abspaltung eine – sowohl in territorialer als auch (vertrags-) rechtlicher Hinsicht – völkerrechtlich wirksame Änderung herbei geführt habe und die Nichtweiteranwendung des Sozialversicherungsabkommens durch die Schweiz auf die neue Gebietskörperschaft ab dem 1. April 2010 rechtmässig sei. Viele Kosovaren gaben von Beginn oder im Verlaufe des Rentenantragsverfahrens bzw. Rechtsmittelverfahrens an, nicht nur die kosovarische sondern auch die serbische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Da das Sozialversicherungsabkommen mit der Serbischen Republik weiterhin Geltung hat, beriefen sich kosovarische Staatsangehörige zwecks Rentenbezug auf ihre (zusätzliche) serbische Nationalität. Wohl lässt die Republik Soziale Sicherheit Schweiz–Kososvo Kosovo eine Doppelstaatsangehörigkeit zu (Artikel 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes), aus dieser Tatsache könne jedoch gemäss Bundesgericht nicht abgeleitet werden, dass kosovarische Staatsangehörige ohne weiteres kosovarisch-serbische Doppelbürger seien. Ist das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung noch davon ausgegangen, dass Personen aus Kosovo neben der kosovarischen automatisch auch die serbische Staatsangehörigkeit besitzen, verneint das Bundesgericht in seinem Entscheid einen solchen Automatismus bzw. Grundsatz. Dessen ungeachtet sei das Vorliegen einer kosovarisch-serbischen Doppelbürgerschaft nicht ausgeschlossen, zumal auch das serbische Staatsangehörigkeitsgesetz das Innehaben einer doppelten Staatsbürgerschaft erlaube (Artikel 23 des serbischen Staatsangehörigkeitsgesetzes in der geänderten Fassung aus dem Jahre 2007). Eine solche sei aber nicht nur überzeugend zu behaupten, sondern müsse vor allem rechtsgenüglich belegt werden. Dieser Entscheid hat zur Folge, dass den kosovarischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz die AHV- und IV-Renten, die nach dem 31. März 2010 entstanden sind, unter dem Vorbehalt des Nachweises der kosovarisch-serbischen Doppelbürgerschaft, nicht mehr exportiert werden. Gleich wird mit den Familienzulagen verfahren. Der Status als Nichtvertragsstaatsangehörige hat jedoch nicht den Verlust sämtlicher Rechte gegenüber den schweizerischen Sozialversicherungen zur Folge. In der AHV werden auf entsprechenden Antrag hin die Beiträge rückvergütet. Auch Hinterlassene mit Wohnsitz im Ausland haben anstelle einer Rente den Rückvergütungsanspruch. Der Anspruch umfasst sowohl die einbezahlten Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberbeiträge, die im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen unverzinst vergütet werden. Leistungen der 2. Säule (beruliche Vorsorge) und der Unfallversicherung können weltweit auch ohne Abkommen bei Wohnsitz im Ausland bezogen werden. Im Rahmen der im früheren Abkommen vorgesehenen Besitzstandsgarantie werden laufende Leistungen (Stichtag 31. März 2010) ebenfalls weiterhin ins Ausland bezahlt. Das Bundesgericht hat sich auch zur massgebenden Staatsangehörigkeit bei sich ablösenden Staatsangehörigkeiten geäussert, dies für Fälle zwischen dem 1. April 2010 und dem 1. Januar 2012. Im Urteil 9C_53/2013 vom 6. August 2013 führte es aus, dass für die AHV-Rentenberechtigung nicht ausschlaggebend sei, dass die Versicherungszeiten unter Geltung des Sozialversicherungsabkommens zurückgelegt worden sind. Die Regelung von Art. 18 Abs. 2bis AHVG (in Kraft seit dem 1. Januar 2012), wonach bei Personen mit sich ablösenden Staatsangehörigkeiten diejenige während des Rentenbezugs massgebend ist, könne im Rahmen der Auslegung der bis Ende 2011 geltenden Fassung der Gesetzesbestimmung bereits berücksichtigt werden. Massgebend für die AHV-Rentenberechtigung kosovarischer Staatsangehöriger ohne Schweizer Wohnsitz ist damit seit dem 1. April 2010 die Staatsangehörigkeit während des Rentenbezugs. Des Weiteren hat das Bundesgericht am 8. Juli 2013 (Rechtssache 8C_109/2013) zur Anspruchsberechtigung von IV-Renten letztinstanzlich entschieden. Massgebend für die Anspruchsberechtigung ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der rechtsbegründenden Tatsachen (z. B. Unfall) und nicht der Verfügungszeitpunkt der IV. Haben sich die rechtsbegründenden Tatsachen somit vor dem 1. April 2010 zugetragen, hat die betroffene Person Anspruch auf eine (exportierbare) IV-Rente, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Sind diese Tatsachen aber erst nach dem 31. März 2010 eingetreten, besteht aufgrund der Nichtweiterführung des Sozialversicherungsabkommens kein Anspruch. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 347 Internationale Angelegenheiten Voraussetzungen für ein allfälliges neues Abkommen mit Kosovo Schweizerische Gewerkschaften haben sich sofort nach dem Bundesratsentscheid für ein neues Sozialversicherungsabkommen eingesetzt, und die Unia hat am 4. Mai 2010 eine Petition mit mehreren zehntausend Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht. Die Regierung Kosovos zeigt ebenfalls Interesse am Abschluss eines neuen Abkommens. Bereits im September 2010 fand ein Informationsaustausch des BSV mit den kosovarischen Behörden statt, an dem die Schweiz die Voraussetzungen dargelegt hat, die erfüllt sein müssen, damit die Aufnahme von Verhandlungen über ein allfälliges neues Abkommen geprüft werden kann. Unerlässlich ist, dass auf beiden Seiten nationale Sozialversicherungssysteme bestehen, welche mittels eines Abkommens koordiniert werden können. Zudem sind verlässliche und vollständige Register (z.B. Zivilstand, Einwohner, Geburten) unabdingbar. In Kosovo sind sodann Soziale Sicherheit Schweiz–Kososvo massgebliche Verbesserungen auf administrativer Ebene erforderlich, damit die für die Durchführung eines allfälligen Abkommens erforderliche Zusammenarbeit gewährleistet werden könnte. Es braucht beispielsweise eine oder mehrere Verbindungsstellen beziehungsweise zuständige Behörden für die von einem Abkommen erfassten Sozial-versicherungszweige, die für die internationale Koordination zuständig sind und als Ansprechpartner für die ausländischen Sozialversicherungsträger dienen. Sodann muss eine medizinische Infrastruktur vorhanden sein, die es erlaubt, verlässliche medizinischen Diagnosen und Gutachten zu erstellen. Aus schweizerischer Sicht muss zudem auch die Durchführung von Betrugsbekämpfungsmassnahmen im anderen Vertragsstaat, die in neuen Abkommen regelmässig vorgesehen ist, gewährleistet sein. Kosovo hat der Schweiz Informationen zur Gesetzgebung übermittelt, die geprüft worden sind, aber weiterhin verschiedene Fragen offen lassen. Unabdingbare Voraussetzung für ein Sozialversicherungsabkommen ist, dass der jeweilige Staat Gegenrecht hinsichtlich des Rentenexports gewährt. Die in Kraft stehende kosovarische Gesetzgebung steht einem Export der Renten ins Ausland jedoch entgegen. Der Export wäre selbst mit einer entsprechenden Abkommensregelung nicht möglich, weil das nationale Recht aus kosovarischer Sicht vorrangig ist. Die erforderliche Gegenseitigkeit in dieser für ein Abkommen grundlegenden Frage fehlt somit. Der Abschluss eines neuen Abkommens ist ausgeschlossen, solange die Gesetzgebung in dieser Hinsicht nicht geändert wird und im Rahmen eines Abkommens lediglich die schweizerischen Renten exportiert würden. Weiter ist nicht klar, inwieweit die in den Gesetzen vorgesehenen Prüfungsmechanismen hinsichtlich des Gesundheitszustandes, des Wohnsitzes, des Zivilstandes etc. bereits in die Tat umgesetzt wurden, und inwieweit die schweizerischen Versicherungsträger bei der Umsetzung eines allfälligen Abkommens darauf zurückgreifen könnten. Die Gesetze sehen zwar auch die Errichtung verschiedener Register vor. Es ist allerdings noch offen, ob diese Register bereits bestehen und vollständig sowie zuverlässig sind. Weiteres Vorgehen Informationen zur sozialversicherungsrechtlichen Situation von Staatsangehörigen Kosovos: • Informationsblatt «Information für Staatsangehörige des Kosovo: Die wichtigsten Auswirkungen der Nichtweiteranwendung des Sozialversicherungsabkommens»: www.bsv.admin.ch ➞ Themen ➞ Internationales ➞ Aktuell • Mitteilungen an die AHV-Ausgleichskassen und EL-Durchführungsstellen, Nr. 265 vom 28. Januar 2010: www.bsv.admin.ch ➞ Praxis ➞ AHV ➞ Mitteilungen ➞ Nr. 265 • IV-Rundschreiben Nr. 322 vom 24. September 2013: http://www.bsv. admin.ch ➞ Praxis ➞ IV ➞ Grundlagen ➞ Individuelle Leistungen ➞ Rundschreiben ➞ Nr. 322 348 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen zwecks Abschluss eines allfälligen neuen Abkommens erfüllt sind, sind zusätzliche Abklärungen zur Gesetzgebung und zum tatsächlichen Funktionieren der Einrichtungen im Kosovo erforderlich. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) wird diese Abklärungen vornehmen und laufend prüfen, wie sich die Verhältnisse im Kosovo entwickeln. Mitberücksichtigt werden auch die Erfahrungen anderer europäischer Staaten,die im Sozialversicherungsbereich Internationale Angelegenheiten Beziehungen zu Kosovo unterhalten. Es hat sich gezeigt, dass gewisse Staaten ihre früheren Sozialversicherungsabkommen im Verhältnis zu Kosovo ebenfalls nicht mehr anwenden (Österreich, Luxemburg und Tschechien). Andere treffen bei der Umsetzung auf die gleichen Schwierigkeiten wie die Schweiz. Liegen die Auswertungen und Ergebnisse vor, wird eine neue Standortbestimmung Soziale Sicherheit Schweiz–Kososvo vorgenommen. Sollten die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen als erfüllt erachtet werden, könnte der Bundesrat gegebenenfalls ein entsprechendes Verhandlungsmandat verabschieden. Vorerst bleibt Kosovo ein Nichtvertragsstaat und seine Staatsangehörigen werden gleich behandelt wie Angehörige anderer Nichtvertragsstaaten. Eine provisorische Anwen- dung des alten Abkommens während der Übergangszeit, wie sie auch schon vorgeschlagen wurde, erscheint aus den oben angeführten Gründen als nicht angezeigt. Raphael Tschanz, Jurist, Geschäftsfeld Internationale Angelegenheiten, BSV E-Mail: Raphael.tschanz@bsv.admin.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 349 parlament Parlament AHV 13.3664 – Motion SGK-N (Sprecherin Heim Bea) vom 16.8.2013: AHV-Beitragsplicht für Personalfürsorgestiftungen Die SGK-N hat auf Grundlage der parlamentarischen Initiative 11.457, Fulvio Pelli (FDP, TI), folgende Motion eingereicht: «Der Bundesrat wird beauftragt, die AHV-Beitragsplicht für Leistungen von Personalfürsorgestiftungen (patronale Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen und Finanzierungsstiftungen, die nicht dem Freizügigkeitsgesetz unterstellt sind) – und damit im gleichen Zug für alle Arbeitgeber – gegenüber heute zu lockern, und dazu folgende zwei Massnahmen vorzunehmen: 1. Artikel 8ter der Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Altersund Hinterlassenenversicherung (AHVV) soll insofern revidiert werden, als Leistungen bei Entlassungen aus betrieblichen Gründen neu bis zum viereinhalbfachen Be- 350 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Parlamentarische Vorstösse trag der maximalen jährlichen Altersrente vom massgebenden Lohn ausgenommen werden und damit beitragsbefreit wären. 2. Von der Beitragsplicht befreit werden sollen neu auch Leistungen für sogenannte Härtefälle, die nicht im engeren Sinn als Sozialleistungen nach Artikel 8bis und 8ter AHVV betrachtet werden können.» Antrag des Bundesrates vom 9.10.2013 Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion. Menschen mit einer Mobilitätsbehinderung 13.3790 – Motion Gysi Barbara vom 25.9.2013: Vereinfachung der Parkierungsmöglichkeiten für Menschen mit einer Mobilitätsbehinderung Nationalrätin Barbara Gysi (SP, SG) hat folgende Motion eingereicht: «Der Bundesrat wird beauftragt, Artikel 20a Absatz 1 Buchstabe b der Verkehrsregelverordnung (VRV) dahingehend zu ändern, dass das Parkieren für Menschen mit einer «Parkkarte für behinderte Personen» ohne Gebührenerhebung erfolgt. Allenfalls unterbreite er dem Parlament einen Entwurf für einen Erlass, mit dem das Anliegen der Motion umgesetzt werden kann.» Antrag des Bundesrates vom 6.11.2013 Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion. Parlament Gesetzgebung: Vorlagen des Bundesrats Gesetzgebung: Vorlagen des Bundesrats (Stand 30. November 2013) Vorlage: Geschäftsnr. Curia Vista Datum Publ. im Erstrat der Botschaft Bundesblatt Kommission Bundesgesetz betreffend 15.2.12 die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung: 12.027 BBl 2012, 1941 SGK-S Bundesgesetz über die 15.2.12 Krankenversicherung (Korrektur der zwischen 1996 und 2011 bezahlten Prämien): 12.026 BBl 2012, 1923 SGK-S 17.4., 21.5., 18.6., 22./23.8., 21./22.10., 15.11.12; 21.1., 2.5., 2.7.13 Bundesgesetz über die 20.9.13 Krankenversicherung (Risikoausgleich; Trennung von Grund- und Zusatzversicherung): 13.080 BBl 2013, 7953 SGK-N 6./7.8.11.13 Bundesgesetz über die Unfallversicherung. Änderung: 08.047 30.5.08 BBl 2008, 5395 SGK-N 20.6., 9.9., 16.10., 6./7.11. 08; 15./16.1., 12./13.2., 26./27.3., 27.8., 9.10., 29.10.09; 28.1., 24.6.10 Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse»: 13.079 20.9.13 BBl 2013, 7929 SGK-S Soziale Sicherheit. Abkom- 15.5.13 men mit den USA: 13.037 BBl 2013, 3377 SGK-N 15./16.8.13 ZGB. Vorsorgeausgleich bei Scheidung: 13.049 29.5.13 BBl 2013, 4887 RK-N 1./2.7.13 Internationale Arbeitsorganisation. Übereinkommen Nr. 189: 13.067 28.8.13 BBl 2013, 6927 Volksinitiative «Familien 23.10.13 stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen. Volksinitiative»: 13.084 BBl 2013 Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe»: 13.085 BBl 2013 23.10.13 17.4., 21.5., 18.6., 22./23.8., 21./22.10., 15.11.12; 21.1.13 Zweitrat Plenum Kommission SR 18.3.13 SGK-N 23.5., 24./25.10.13 SR 17.9.13 SGK-N 24./25.10.13 NR SGK-S 11.6.09 31.1.11 (Rückweisung der Entwurf 1 an SGK-N, Sistierung der Entwurf 2), 22.9.10 (Rückweisung der Vorlage 1 an den Bundesrat) Plenum Schlussabstimmung (Publ. im BBl) Inkrafttreten/ Volksentscheid SR 1.3.11 (Rückweisung der Entwurf 1 an den Bundesrat, Zustimmung zur Sistierung der Entwurf 2) NR 12.9.13 NR = Nationalrat / NRK = Vorberatende Kommission des Nationalrates / SR = Ständerat / SRK = Vorberatende Kommission des Ständerates / WAK = Kommission für Wirtschaft und Abgaben / SGK = Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit / RK = Kommission für Rechtsfragen / SIK = Sicherheitskommission / VI = Volksinitiative / SPK = Staatspolitische Kommission Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 351 statistik Sozialversicherungsstatistik BSV, Bereich Statistik Veränderung der Ausgaben in % seit 1980 AHV AHV 1990 2000 2010 2011 2012 Veränderung in % VR1 Einnahmen Mio. Fr. 20 355 28 792 38 495 39 041 40 824 davon Beiträge Vers./AG 16 029 20 482 27 461 28 306 28 875 davon Beiträge öff. Hand 3 666 7 417 9 776 10 064 10 177 Ausgaben 18 328 27 722 36 604 38 053 38 798 davon Sozialleistungen 18 269 27 627 36 442 37 847 38 612 Total Betriebsergebnis 2 027 1 070 1 891 988 2 026 Kapital2 18 157 22 720 44 158 40 146 42 173 BezügerInnen AV-Renten Personen 1 225 388 1 515 954 1 981 207 2 031 279 2 088 396 BezügerInnen Witwen/r-Renten 74 651 79 715 120 623 124 682 128 744 AHV-Beitragszahlende 4 289 839 4 548 926 5 188 208 5 303 008 … EL zur AHV 35% 30% 20% 10% 0% –10% EL zur AHV –15,8% IV 21,0% –31,3% EL zur IV 1990 2000 2010 2011 2012 Ausgaben (= Einnahmen) Mio. Fr. 1 124 davon Beiträge Bund 260 davon Beiträge Kantone 864 BezügerInnen (Personen, bis 1997 Fälle) 120 684 1 441 318 1 123 140 842 2 324 599 1 725 171 552 2 439 613 1 826 179 118 2 525 644 1 880 184 989 1990 2000 2010 2011 2012 Einnahmen Mio. Fr. 4 412 davon Beiträge Vers./AG 2 307 Ausgaben 4 133 davon Renten 2 376 Total Betriebsergebnis 278 Schulden gegenüber der AHV –6 IV Fonds2 – BezügerInnen IV-Renten Personen 164 329 7 897 3 437 8 718 5 126 – 820 2 306 – 235 529 8 176 4 605 9 220 6 080 –1 045 14 944 – 279 527 9 454 4 745 9 457 6 073 –3 14 944 4 997 275 765 9 889 4 840 9 295 5 941 595 14 352 5 000 271 010 1990 2000 2010 2011 2012 309 69 241 30 695 847 182 665 61 817 1 751 638 1 113 105 596 1 837 657 1 180 108 536 1 911 686 1 225 110 179 1990 2000 2010 2011 2012 32 882 7 704 13 156 10 977 46 051 10 294 15 548 16 552 62 107 15 782 25 432 15 603 61 554 16 423 25 337 14 704 … … … … – 0,9% 4,1% –0,4% –5,8% 15 727 31 605 43 721 43 350 … – 0,8% Bezüger 8 737 207 200 508 000 20 236 475 000 748 124 30 912 31 628 617 500 620 600 980 163 1 002 931 … … … 2,3% 0,5% 2,3% KV Obligatorische Krankenpflegeversicherung OKPV 1990 2000 2010 2011 2012 Einnahmen Mio. Fr. davon Prämien (Soll) Ausgaben davon Leistungen davon Kostenbeteiligung d. Vers. Rechnungssaldo Kapital Prämienverbilligung 8 869 6 954 8 417 8 204 –801 451 5 758 332 13 930 13 442 14 056 15 478 –2 288 –126 6 935 2 545 22 528 22 051 22 123 24 292 –3 409 405 8 651 3 980 23 794 23 631 22 705 24 932 –3 575 1 089 9 649 4 070 … … … … IV EL zur IV Ausgaben (= Einnahmen) Mio. Fr. davon Beiträge Bund davon Beiträge Kantone BezügerInnen (Personen, bis 1997 Fälle) BV (Sozialleistungen) BV/2.Säule Quelle: BFS/BSV Einnahmen davon Beiträge AN davon Beiträge AG davon Kapitalertrag Mio. Fr. Ausgaben davon Sozialleistungen Kapital RentenbezügerInnen KV 1980 – 85 keine Daten vorhanden 352 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 4,6% 2,0% 1,1% 2,0% 2,0% 105,1% 5,0% 2,8% 3,3% 4,1% … … … … VR1 3,5% 5,2% 3,0% 3,3% VR1 4,6% 2,0% –1,7% –2,2% – – 4,0% 0,1% –1,7% VR1 4,1% 4,4% 3,9% 1,5% VR1 VR1 5,6% 7,2% 2,6% 2,6% 4,9% 169,1% 11,5% 2,3% Sozialversicherungsstatistik BSV, Bereich Statistik Veränderung der Ausgaben in % seit 1980 UV alle UV-Träger UV neues UVG in Kraft seit 1.1.84 Mio. Fr. Einnahmen davon Beiträge AN/AG Ausgaben davon direkte Leistungen inkl. TZL Rechnungssaldo Kapital ALV ALV Quelle: seco 194,7% Einnahmen davon Beiträge AN/AG davon Subventionen Ausgaben Rechnungssaldo Kapital BezügerInnen3 EO 18,6% 52,9% 56,9% –21,7% Total EO Einnahmen davon Beiträge Ausgaben Total Betriebsergebnis Kapital –23,3% Mio. Fr. Mio. Fr. FZ Einnahmen davon FZ Landwirtschaft Mio. Fr. 1990 2000 2010 2011 2012 4 181 3 341 3 259 2 743 923 12 553 5 992 4 671 4 546 3 886 1 446 27 322 7 863 6 303 5 993 5 170 1 870 42 724 7 880 6 343 6 064 5 239 1 816 44 802 … … … … … … 1990 2000 2010 2011 2012 736 609 – 452 284 2 924 58 503 6 230 5 967 225 3 295 2 935 –3 157 207 074 5 752 5 210 536 7 457 –1 705 – 6 259 322 684 7 222 6 142 1 073 5 595 1 627 – 4 632 288 518 6 958 6 350 599 5 800 1 158 – 3 474 … 1990 2000 2010 2011 2012 VR1 1 060 958 885 175 2 657 872 734 680 192 3 455 1 006 985 1 603 –597 412 1 708 1 703 1 611 97 509 1 753 1 727 1 606 148 657 2,7% 1,4% – 0,3% 51,9% 29,0% 1990 2000 2010 2011 2012 VR1 2 689 112 3 974 139 5 074 149 5 133 142 … … Gesamtrechnung der Sozialversicherungen GRSV* 2011 Sozialversicherungszweig Einnahmen Mio. Fr. AHV (GRSV) EL zur AHV (GRSV) IV (GRSV) EL zur IV (GRSV) BV (GRSV) (Schätzung) KV (GRSV) UV (GRSV) EO (GRSV) ALV (GRSV) FZ (GRSV) Konsolidiertes Total (GRSV) 39 171 2 439 9 500 1 837 61 554 23 794 7 880 1 710 7 222 5 133 159 624 Veränderung 2010/2011 Ausgaben Mio. Fr. Veränderung 2010/2011 Rechnungssaldo Mio. Fr. 1 118 – 12 – 18 204 1 089 1 816 100 1 627 – 63 23 903 Kapital Mio. Fr. Soziallastquote4 (Indikator gemäss GRSV) Sozialleistungsquote5 (Indikator gemäss GRSV) Arbeitslose Ganz- und Teilarbeitslose VR1 – 3,7% 3,4% – 44,2% 3,7% – 28,9 –25,0% –10,6% 1,2% – 4,8% GRSV: Einnahmen (schwarz) und Ausgaben (grau) 2011 2,9% 38 053 4,0% 40 146 5,0% 2 439 5,0% – 16,2% 9 488 2,1% – 9 947 4,9% 1 837 4,9% – – 0,9% 43 350 – 0,8% 620 600 5,6% 22 705 2,6% 9 649 0,2% 6 064 1,2% 44 802 71,2% 1 611 0,5% 509 25,6% 5 595 – 25,0% – 4 632 1,2% 5 196 1,4% 1 173 3,7% 135 721 0,4% 702 301 *GRSV heisst: Gemäss den Definitionen der Gesamtrechnung der Sozialversicherungen. Die Angaben können deshalb von den Betriebsrechnungen der einzelnen Sozialversicherungen abweichen. Die Einnahmen sind ohne Kapitalwertänderungen berechnet, die Ausgaben ohne Rückstellungs- und Reservenbildung. Volkswirtschaftliche Kennzahlen VR1 0,2% 0,6% 1,2% 1,3% – 2,9% 4,9% vgl. CHSS 6/2000, S.313ff. 2000 25,3% 19,1% 2007 25,7% 20,1% 2008 25,1% 19,5% 2009 25,9% 21,0% 2010 25,8% 20,7% 2011 26,4% 20,5% ø 2010 151 986 ø 2011 122 892 ø 2012 125 594 Aug 13 129 956 Sep 13 131 072 Okt 13 133 443 2020 33,2% 33,7% 2030 35,0% 42,6% 2040 34,3% 48,0% 2050 34,0% 50,4% in Tausend Registrierte Arbeitslose seit 1980 (ab 1984 inkl. Teilarbeitslose) Demografie Basis: Szenario A-17-2010, «Wanderungssaldo 40 000» Jugendquotient6 Altersquotient6 1 2 3 4 5 2011 33,5% 28,8% 2015 32,9% 31,1% Veränderungsrate des letzten verfügbaren Jahres. Überweisung von 5 Mrd. Franken per 1.1.2011 vom AHV- zum IV-Kapitalkonto. Daten zur Arbeitslosigkeit finden Sie weiter unten. Verhältnis Sozialversicherungseinnahmen zum Bruttoinlandprodukt in%. Verhältnis Sozialversicherungsleistungen zum Bruttoinlandprodukt in%. 6 Jugendquotient: Jugendliche (0–19-Jährige) im Verhältnis zu den Aktiven. Altersquotient: RentnerInnen (M > 65-jährig / F > 64-jährig) im Verhältnis zu den Aktiven. Aktive: 20-Jährige bis Erreichen Rentenalter (M 65 / F 64). Quelle: Schweiz. Sozialversicherungsstatistik 2012 des BSV; seco, BFS. Auskunft: solange.horvath@bsv.admin.ch Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 353 daten und fakten Daten und Fakten Wichtige Masszahlen Wichtige Masszahlen der beruflichen Vorsorge Marie-Claude Sommer, Bereich Mathematik, Geschäftsfeld Mathematik, Analysen, Statistik, Bundesamt für Sozialversicherungen Merkmale in Franken oder in Prozent BVG-Rücktrittsalter: 2013 65 (Männer 64 (Frauen 1948 geboren) 1949 geboren) 1. Jährliche AHV-Altersrente Minimale 14 040 Maximale 28 080 2. Lohndaten der Aktiven Eintrittsschwelle; minimaler Jahreslohn 21 060 Koordinationsabzug 24 570 Max. versicherter Jahreslohn in der obligatorischen BV 84 240 Min. koordinierter Jahreslohn 3 510 Max. koordinierter Jahreslohn 59 670 Max. in der beruflichen Vorsorge versicherbarer Jahreslohn 842 400 3. BVG-Altersguthaben (AGH) BVG-Mindestzinssatz 1,50 % Min. AGH im BVG-Rücktrittsalter 18 061 18 794 in % des koordinierten Lohnes 514,6% 535,4% Max. AGH im BVG-Rücktrittsalter 294 876 306 598 in % des koordinierten Lohnes 494,2% 513,8% 4. BVG-Altersrente und anwartschaftliche (anw.) BVG-Hinterlassenenrenten Renten-Umwandlungssatz in % des AGH im BVG-Rentenalter 6,85 % 6,8 % Min. jährliche Altersrente im BVG-Rücktrittsalter 1 237 1 278 in % des koordinierten Lohnes 35,2% 36,4% Min. anw. jährliche Witwenrente, Witwerrente 742 767 Min. anw. jährliche Waisenrente 247 256 Max. jährliche Altersrente im BVG-Rücktrittsalter 20 199 20 849 in % des koordinierten Lohnes 33,9% 34,9% Max. anw. jährliche Witwenrente, Witwerrente 12 119 12 509 Max. anw. jährliche Waisenrente 4 040 4 170 5. Barauszahlung der Leistungen Grenzbetrag des AGH für Barauszahlung 20 500 20 600 6. Teuerungsanpassung BVG-Risikorenten vor dem Rücktrittsalter erstmals nach einer Laufzeit von 3 Jahren 0,4 % nach einer weiteren Laufzeit von 2 Jahren – nach einer weiteren Laufzeit von 1 Jahr – 7. Beitrag Sicherheitsfonds BVG für Zuschüsse wegen ungünstiger Altersstruktur 0,08 % für Leistungen bei Insolvenz und für andere Leistungen 0,01 % Max. Grenzlohn für die Sicherstellung der Leistungen 126 360 8. Versicherung arbeitsloser Personen im BVG Eintrittsschwelle; minimaler Tageslohn 80,90 Koordinationsabzug vom Tageslohn 94,35 Max. Tageslohn 323,50 Min. koordinierter Tageslohn 13,50 Max. koordinierter Tageslohn 229,15 9. Steuerfreier Grenzbetrag Säule 3a Oberer Grenzbetrag bei Unterstellung unter 2. Säule 6 739 Oberer Grenzbetrag ohne Unterstellung unter 2. Säule 33 696 354 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 2014 65 (Männer 64 (Frauen 1949 geboren) 1950 geboren) 14 040 28 080 21 060 24 570 84 240 3 510 59 670 842 400 1,75 % 18 629 19 389 530,7% 552,4% 304 692 316 859 510,6% 531,0% 6,8 % 1 267 36,1% 760 253 20 719 34,7% 12 431 4 144 6,8 % 1 318 37,6% 791 264 21 546 36,1% 12 928 4 309 20 600 20 600 – – – 0,08% 0,005% 126 360 80,90 94,35 323,50 13,50 229,15 6 739 33 696 Daten und Fakten Wichtige Masszahlen Wichtige Masszahlen der beruflichen Vorsorge Die jährlichen Angaben seit 1985 sind auf der BSV-Homepage verfügbar: www.bsv.admin.ch/dokumentation/zahlen/00093/00460/index.html?lang=de Erläuterungen zu den Masszahlen Art. 1. Die minimale AHV-Altersrente entspricht der Hälfte der maximalen AHV-Altersrente. 34 AHVG 34 Abs. 3 AHVG 2. ArbeitnehmerInnen, die bei einem Arbeitgeber einen Jahreslohn beziehen, der den minimalen Lohn übersteigt, unterstehen ab 1. Januar nach 2 BVG Vollendung des 17. Altersjahres für die Risiken Tod und Invalidität, ab 1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahres auch für das Alter der 7 Abs. 1 und 2 BVG obligatorischen Versicherung. Seit dem 1.1.2005 entspricht die Eintrittsschwelle 3/4 der max. AHV-Rente, der Koordinationsabzug 7/8, der minimale 8 Abs. 1 BVG Koordinierte Lohn 1/8 und der maximale Koordinierte Lohn 17/8 der max. AHV-Rente. Der in der beruflichen Vorsorge versicherbare Lohn ist auf 8 Abs. 2 BVG den zehnfachen maximalen versicherten Jahreslohn in der obligatorischen BV begrenzt. 46 BVG 79c BVG 3. Das Altersguthaben besteht aus den Altersgutschriften, die während der Zeit der Zugehörigkeit zu einer Pensionskasse angespart worden sind, und denjenigen, die von vorhergehenden Einrichtungen überwiesen wurden, sowie aus den Zinsen (Mindestzinssatz 4% von 1985 bis 2002, 3,25% im Jahr 2003, 2,25% im Jahr 2004, 2,5% von 2005 bis 2007, 2,75% im Jahr 2008, 2% von 2009 bis 2011, 1,5% von 2012 bis 2013, 1,75% ab 2014). 15 BVG 16 BVG 12 BVV2 13 Abs. 1 BVG 62a BVV2 14 BVG 4. Die Altersrente wird in Prozent (Umwandlungssatz) des Altersguthabens berechnet, das der Versicherte bei Erreichen des Rentenalters erworben hat. Minimale bzw. maximale Altersrente BVG: Leistungsanspruch einer versicherten Person, die seit 1985 ununterbrochen immer mit dem 62c BVV2 und minimalen bzw. immer mit dem maximalen koordinierten Lohn versichert war. Die Witwenrente bzw. Witwerrente entspricht 60 % der Altersrente Übergangsbestimund die Kinderrente 20 % der Altersrente. Die anwartschaftlichen Risikoleistungen berechnen sich auf der Summe des erworbenen und des bis mungen Bst. a zum Rücktrittsalter projizierten Altersguthabens. 18, 19, 21, 22 BVG 18, 20, 21, 22 BVG 5. Die VE kann anstelle der Rente eine Kapitalabfindung ausrichten, wenn die Alters- oder Invalidenrente bzw. die Witwen-, Witwer- oder Waisenrente weniger als 10 bzw. 6 oder 2 Prozent der Mindestaltersrente der AHV beträgt. Seit 2005 kann der Versicherte einen Viertel seines Altersguthabens als Kapital verlangen. 37 Abs. 3 BVG 37 Abs. 2 BVG 6. Die obligatorischen Risikorenten müssen bei Männern bis zum Alter 65 und bei Frauen bis zum Alter 62 (ab 2005 bis Alter 64) der Preisentwicklung angepasst werden. Dies geschieht erstmals nach einer Laufzeit von drei Jahren zu Beginn des folgenden Kalenderjahres. Die Zeitpunkte der nachfolgenden Anpassungen entsprechen denjenigen der AHV-Renten. 36 Abs. 1 BVG 7. Der Sicherheitsfonds stellt die über die gesetzlichen Leistungen hinausgehenden reglementarischen Leistungen von zahlungsunfähig gewordenen VE sicher, soweit diese Leistungen auf Vorsorgeverhältnissen beruhen, aber nur bis zu dem maximalen Grenzlohn (www.sfbvg.ch). 14, 18 SFV 15 SFV 16 SFV 56 Abs. 1c, 2 BVG 8. Seit dem 1.1.1997 unterstehen Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung für die Risiken Tod und Invalidität der obligatorischen Versicherung. Die in den Artikeln 2, 7 und 8 BVG festgehaltenen Grenzbeträge müssen in Tagesgrenzbeträge umgerechnet werden. Die Tagesgrenzbeträge erhält man, indem die Jahresgrenzbeträge durch den Faktor 260,4 geteilt werden. 2 Abs. 3 BVG 9. Maximalbeträge gemäss der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen: Gebundene Vorsorgeversicherungen bei Versicherungseinrichtungen und gebundene Vorsorgevereinbarungen mit Bankstiftungen. 7 Abs. 1 BVV3 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 40a AVIV 355 Daten und Fakten Agenda Agenda Tagungen, Seminare, Lehrgänge Datum Veranstaltung Ort Auskünfte 21.1.2014 Plattform Fremdplatzierung Kulturcasino Bern Integras Fachverband Sozial- und Sonderpädagogik Bürglistrasse 11 8002 Zürich Tel. 044 201 15 00, Fax 044 201 23 25 integras@integras.ch; www. integras.ch 21./22.1.2014 Intensivseminar zum Parkhotel Schloss internationalen Sozialversiche- Hünigen, Konolingen rungsrecht Sekretariat Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis Universität St. Gallen Bodanstrasse 4, 9000 St. Gallen Tel. 071 224 24 24, Fax 071 224 28 83 irp@unisg.ch; www.irp.unisg.ch 24.1.2014 Caritas-Forum 2014: Wohnen (Anmeldeschluss 17.1.) Caritas Schweiz, Bereich Kommunikation Löwenstrasse 3, Postfach 6002 Luzern Tel. 041 419 22 22, Fax 041 419 24 24 www.caritas.ch/forum/d (Online-Anmeldung) info@ caritas.ch Kulturcasino Bern 30./31.1.2014 SGG SSG Kongress 2014: Universität Übergänge erleben – gestalten Miséricorde, – begleiten Freiburg i.Ü. Schweizerische Gesellschaft für Gerontologie SGG SSG Schwarztorstrasse 48, 3007 Bern Tel. 031 311 89 06 info@sgg-ssg.ch 15.5.2014 Zukunft hohes Alter: Nationale Kongresshaus Biel Fachtagung Pro Senectute Schweiz, Lavaterstrasse 60, Postfach, 8027 Zürich fachtagung@pro-senectute.ch www.prosenectute.ch Plattform Fremdplatzierung Zuweisende Stellen und aufnehmende Einrichtungen beeinlussen gemeinsam den Halt und die Verlässlichkeit, welche fremdplatzierte Kinder und Jugendliche erfahren können. Verschiedene Bedingungen beeinlussen die Stabilität der Interventionen. Am Anfang steht immer eine Entscheidung. Wie Entscheidungen klug getroffen werden können und was die weiteren Faktoren für eine gute Fremdplatzierung sind, wird an der Tagung aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. 356 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Internationales Sozialversicherungsrecht Sozialversicherungsrechtliche Fragestellungen sind oft nicht einfach zu beantworten. Dies gilt noch viel mehr für das internationale Sozialversicherungsrecht. Das europäische Sozialrecht hat hier eine eminente Bedeutung; daneben hat die Schweiz mit verschiedenen Staaten ausserhalb der EU/EFTA Abkommen über die Soziale Sicherheit abgeschlossen; mit manchen Staaten bestehen demgegenüber keine vertraglichen Beziehungen. Das Intensivseminar erläu- tert die Grundzüge des internationalen Sozialversicherungsrechts und konkretisiert diese mit den praxisrelevanten Tatbeständen. Wie gestaltet sich die Unterstellung unter die Soziale Sicherheit bei Tätigkeiten in mehreren Staaten? Was heisst «Beschäftigungsland»? Wie ist ein Arbeitnehmer versichert, welcher in einem ostasiatischen Staat für vier Monate tätig ist? Welche Fragen stellen sich bei ausländischen Staatsangehörigen, welche im Alter in den Heimatstaat zurückkehren? Und welchen Schutz bietet das schweizerische Sozialversicherungsrecht für Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit? Caritas-Forum 2014 – Wohnen Wohnen ist existenziell. Der Wohnort bestimmt wesentlich die Lebenswelt einer Person, einer Familie. Sichere und angemessene Wohnverhältnisse sind Voraussetzung für Gesundheit, für eine gelingende Integration im Alltag, für soziale Kontakte, für die Arbeitsleistung, für gesellschaftliche Teilhabe. Der Wohnraum wird aber in der Schweiz knapp. Die Belastung durch die Wohnkosten ist gestiegen, gerade bei den unteren Einkommensschichten. Preisgünstige Wohnungen sind rar, Verdrängungsprozesse machen sich bemerkbar. Caritas Schweiz widmet das nächste Forum dem Thema «Wohnen». Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und der Wirtschaft setzen sich mit den Mechanismen des Immobilienmarktes auseinander. Zudem diskutieren sie Ansätze für eine Raum- und Wohnpolitik, die im Sinne der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Zusammenhalts wirken. Übergänge erleben – gestalten – begleiten Alternsprozesse verlaufen individuell, beinhalten markante Übergänge sowie allmähliche Veränderungen und sind aktuell in grosse gesellschaft- liche Umwälzungen eingebettet. Was müssen Fachleute im Altersbereich darüber wissen? Was braucht es an unterstützenden und begleitenden Massnahmen? Es erwarten Sie Beiträge von namhaften Fachleuten aus Praxis, Wissenschaft und Politik. Im Weiteren ist ein Podium zur Nationalen Demenzstrategie im Programm eingeplant. Die Schwestergesellschaften SFGG/ SPSG und SGAP/SPPA sind wiederum mit eigenen, allen offen stehenden Wahlangeboten dabei. Zum reichhaltigen Angebot gehört auch eine Aus- stellung mit Fotos von Marcel Imsand aus der Sammlung der Fondation Gianadda. Zukunft hohes Alter Die demograische Alterung führt dazu, dass immer mehr hochaltrige, über achtzigjährige Menschen unter uns leben. Was dies für die Gesellschaft bedeutet, lässt sich kaum voraussagen. Auf jeden Fall wird bereits heute rege über steigende Kosten im Gesundheitswesen und drohenden Plegenotstand diskutiert. Diese und weitere Fragen zur Hochaltrigkeit greift Pro Senectute an ihrer zweiten nationalen Fachtagung am 15. Mai 2014 in Biel auf. Die Veranstaltung öffnet den Blick für das hohe Alter und thematisiert die Übergänge zwischen dem «dritten», sogenannt aktiven, und dem «vierten» oder fragilen Alter. Das Ziel der Fachtagung ist es, unterschiedliche Dimensionen der Hochaltrigkeit zu zeigen, die sich nicht auf die körperliche, möglicherweise auch geistige Fragilität reduzieren lassen. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 357 Daten und Fakten Literatur Alter Gronemeyer, Reimer, Das 4. Lebensalter. Demenz ist keine Krankheit, München, Droemer Knaur, Fr. 22.–, ISBN 2244004400727 (eBook) Reimer Gronemeyer liefert den Hintergrund zu einer längst überfälligen Debatte: Sein Buch "Das vierte Lebensalter" beschreibt den schwierigen Alltag dementer Menschen und ihrer Angehörigen und prophezeit eine soziale Kernschmelze: In unserer alternden Gesellschaft werden immer mehr Menschen dement, ihre Familien sind immer weniger in der Lage, diese Menschen aufzufangen, und die Kosten für ihre Betreuung explodieren. Reimer Gronemeyer fordert einen Perspektivwechsel. Seine These: Mit medizinischer Forschung werden wir das Problem nicht lösen! Was wir brauchen, ist eine Strategie gegen die sozialen Folgen von Demenz. Denn wir wissen nicht, wodurch Demenz ausgelöst wird - aber wir wissen, dass es jeden treffen kann. Gross, Peter; Wir werden älter. Vielen Dank. Aber Wozu?, Freiburg i.Br. 2013, Herder, 21.90, ISBN 978-3-451-30699-0 Wir werden immer älter. In zwei Jahrhunderten hat sich unsere Lebenserwartung verdoppelt. Wozu eigentlich? Was hat das lange Leben für einen Sinn in einer Gesellschaft, die das Starke, Schnelle und den permanenten Stress prämiert? Peter Gross stellt das herrschende Altersbild auf den Kopf. Alter beruhigt. Alter macht das Leben zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte ganz. Und es mässigt eine heiss laufende Gesellschaft, die sich selber überfordert und ihre Lebensgrundlagen verzehrt. 358 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Literatur Beruliche Vorsorge Die berufliche Vorsorge, hg. von Hans-Ulrich Stauffer, Zürich3 2013, Schulthess, 188.–, ISBN 978-3-7255-6841-3 Zu zahlreichen Fragen der technischen Durchführung und des Leistungsrechts in der berulichen Vorsorge reicht der «Blick ins Gesetz» nicht, um zu einer schlüssigen Antwort zu kommen. Erst durch die Rechtsprechung sind zahlreiche und wesentliche Fragen geklärt worden. Doch wer sich rasch einen Überblick über die Rechtsprechung verschaffen will, sieht sich einer Schwierigkeit gegenüber: Die zahlreichen höchstrichterlichen Entscheide betreffen das öffentliche Recht sowie das Privat- und Sozialversicherungsrecht und werden demzufolge an verschiedenen Stellen publiziert. Der vorliegende Band stellt in geraffter Form die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum gesamten Bereich der berulichen Vorsorge dar. Darin sind weit mehr als 1200 Schlüsselentscheide des Bundesgerichts ausgewertet worden. Dabei wurden die in Printmedien publizierte Entscheide und Entscheide von der Homepage des Schweizerischen Bundesgerichts bearbeitet. Neben der Rechtsprechung zum BVG und zum Freizügigkeitsgesetz (FZG) ist die Rechtsprechung zu den einschlägigen Artikeln des Arbeitsvertragsrechts (OR), des Stiftungs- und Scheidungsrechts (ZGB) und zu den anwendbaren Bestimmungen des FusG und der neuen ZPO erfasst. Seiler Zimmermann, Yvonne, Nutzung von Vorsorgegeldern zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum, Luzern 2013, Verlag IFZ – Hochschule Luzern, ISBN 978-3-906488-29-5 Die vorliegende Studie beinhaltet die deskriptiven Ergebnisse aus dem im Rahmen des Projekts «Nutzung von Vorsorgegeldern zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum» zusammengetragenen Datensatzes. Erstmals sind damit im Rahmen einer Studie sämtliche Informationen bezüglich der Finanzierung (Verwendung von Mitteln aus der 2. Säule, aus Säule 3a sowie weiteren Finanzierungsmitteln) von Wohneigentum und des soziodemograischen Proils der Eigentümer erhoben worden. Da sowohl Personen erfasst sind, welche Vorsorgegelder beanspruchen als auch solche, die keine derartigen Mittel einsetzen, kann erstmals ein Vergleich zwischen diesen Personengruppen gezogen werden. Dieser erlaubt, Rückschlüsse bezüglich der Effektivität der Wohneigentumsförderung mit Vorsorgegeldern zu ziehen. Familie Familien in Zeiten grenzüberschreitender Beziehungen, hg. von Alexandra Rumo-Jungo und Christiana Fountoulakis, Zürich 2013, Schulthess, 78.–, ISBN 978-3-7255-6915-1 Seit in der Schweiz gut jede dritte Ehe und Partnerschaft gemischt-national ist und gleichzeitig die Scheidungsrate bei rund 50 Prozent liegt, stellen sich in der Praxis zahlreiche internationalrechtliche Fragen, einerseits jene betreffend die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, die Teilung von Vorsorgeguthaben und die güterrechtliche Auseinandersetzung und andererseits jene betreffend die Kinderbelange (elterliche Sorge und Obhut). Im Rahmen einer Scheidung mit internationalem Kontext stehen auch Strategien für das sogenannte forum shopping zur Diskussion. Ferner stellen sich migrationsrechtliche Fragen. Diesen und weiteren Themen widmet sich der Tagungsband zum Symposium Familienrecht vom September 2013. Er enthält ferner eine umfassende Übersicht über die ehe- und kindesrechtliche Literatur und Rechtsprechung der letzten zwei Jahre. Generationen Fricke, Almuth et al., The mix@ges Experience. How to promote Interge- Daten und Fakten nerational Bonding through Creative Digital Media: Online-Publikation des Handbuchs: http://issuu.com/ibk-kubia/docs/manual_mixages_web; Zum Projekt: www.mixages.eu In ive European countries mix@ges explored, how the artistic use of digital media can bring together both young and old. The European project invited young and older people to jointly discover the broad range of creative and artistic possibilities our contemporary digital world has to offer. In Scotland, Germany, Austria, Slovenia and Belgium the project partners implemented creative new media workshops in collaboration with national organisations such as museums, schools, youth or seniors associations. The workshops were guided by professional artists, media trainers and art educators and involved the creation of artistic media products including iPod movies; audio guides for a museum; art blogs; Tagtool performances; digital music and photography. All the workshops were evaluated by both participants and facilitator. The mix@ges project delivered a plethora of experiences and explored innovative approaches to intergenerational activities in cultural and community settings. The reader will ind in this manual both detailed descriptions of how the mix@ges workshops proceeded and the project s indings and les-sons learned, around eight inspirational themes. Useful information about partners, links and references complete the manual. Gesellschaft Trattnigg, Rita und Thomas Haderlapp, Zukunftsfähigkeit ist eine Frage der Kultur. Hemmnisse, Widersprüche und Gelingensfaktoren des kulturellen Wandels, München 2013, Oekom by Hanser, Fr. 59.90, ISBN 978-3-86581-413-5 Wie wir mit uns, der Zukunft und der Welt umgehen, ist eine Frage der Kultur. In diesem Buch werden die grundlegenden Paradigmen ebenso Literatur hinterfragt wie die Denk- und Handlungsmuster unserer kulturellen Verfasstheit. Um über vermeintliche Sachzwänge hinauszublicken und Alternativen möglich werden zu lassen, bedarf es einer radikalen, also bis an die Wurzeln gehenden Auseinandersetzung mit unserer Politik- und Alltagsgestaltung: Was hemmt eine zukunftsfähige Politikgestaltung? Wie gelingt die Zusammenarbeit von Politik, Zivilgesellschaft und BürgerInnen? Wie wird Zukunftsfähigkeit gelebte Praxis? Der kulturelle Wandel erfordert Dialogfähigkeit, Prozesskompetenz, Experimentierfreude und Pioniergeist, ein relektiertes Selbstund Weltbewusstsein, einen anderen Umgang mit Grenzen und Widersprüchen sowie Sinn für Beziehungen und Zusammenhänge. Dieser Transformationsprozess könnte von einer aufgeklärten, lebenskünstlerisch-genussvollen Haltung und einer umfassenden Lebensqualitätsorientierung getragen sein. Die Untersuchung zeigt Wege und Hürden in eine Kultur der Zukunftsfähigkeit auf. Bei aller wissenschaftlichen Genauigkeit entsteht kein reines Fachbuch, sondern ein erweiterter Blick auf die nachhaltige Entwicklung, wie er bisher noch selten von den Akteuren in diesem Bereich vorgenommen wurde. Welzer, Harald, Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, Frankfurt am Main 2013, S. Fischer, Fr. 29.20, ISBN 978-3-100-89435-9 Wie ist uns eigentlich die Zukunft abhandengekommen? Was war noch mal die Frage, auf die Fortschritt und Wachstum eine Antwort sein sollten? Und: Wie kann aus der Zukunft wieder ein Versprechen werden statt einer Bedrohung? Harald Welzers Buch gibt Antworten auf diese Fragen. Es lotet die Abgründe des erdrückenden Konsumwahns und politischen Illusionstheaters aus und zeigt, wie viele konkrete und attraktive Möglichkeiten zum widerständigen und guten Leben es gibt. Die ersten Schritte sind ganz einfach: sich endlich wieder ernst nehmen, selbst denken, selbst handeln. Gesundheit Gächter, Thomas und Bernhard Rütsche; Gesundheitsrecht. Ein Grundriss für Studium und Praxis, Helbing Lichtenhahn, Basel 32013, Helbing Lichtenhahn, 58.–, ISBN 978-3-7190-3275-3 (auch als eBook erhältlich) Das vorliegende Kurzlehrbuch hat sich dank seiner prägnanten und gut verständlichen Darstellung des Gesundheitsrechts der Schweiz als hilfreiches Überblickswerk zu diesem vielschichtigen und weitverzweigten Rechtsgebiet etabliert. Dargestellt werden die zentralen Gebiete des Gesundheitsrechts in ihren juristischen Grundstrukturen und mit ihren Interdependenzen. Im Vordergrund steht dabei das problembezogene Zusammenspiel der Rechtsgebiete. Die 3. Aulage wurde vollständig überarbeitet und erweitert. Insbesondere die Bereiche Krankenversicherung und Humanforschung wurden vertieft. Gutes Leben – Gutes Sterben, hg. von Denise Battaglia und Ruth Hölzle-Baumann, Zürich 2013, Schulthess Verlag, Fr. 34.–, ISBN 978-3-7255-6779-9 Nichts ist so sicher wie der Tod, sagt der Volksmund. Wir wissen, dass wir sterben müssen. Wir wissen nur nicht wann. Vor ein paar Jahrzehnten noch war der Tod im Leben eingebettet: Verstorbene wurden in der Wohnung aufgebahrt und von den Trauernden beweint, berührt und geküsst. Heute geht man zum Sterben ins Alters- und Plegeheim, ins Hospiz oder ins Spital. Der Tod ist in unserer Gesellschaft ein Tabu. Dabei wäre die Vorbereitung auf das Sterben die beste Vorbereitung für das Leben. Der Gedanke an den Tod kann existenzielle Fragen provozieren, zum Beispiel die Frage, wie wir leben sollen. Wer sich nicht mit dem eigenen Tod befasst, gibt womöglich nicht nur sein Ende aus der Hand, sondern auch sein eigenes Leben. Wie sehr das gute Leben und das gute Sterben miteinander verknüpft sind, zeigt dieses Buch auf. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 359 Daten und Fakten Kinder und Jugend Kinder- und Jugendhilfe in der Schweiz, hg. von Edith Maud Piller und Stefan Schnurr, Wiesbaden 2013, Springer VS, Fr. 56.–, ISBN 978-3-531-18459-3 (auch als eBook erhältlich) In der Schweiz hat sich ein ausdifferenziertes System der Kinder- und Jugendhilfe entwickelt. Dieser Sammelband bietet nun erstmals einen empirisch fundierten und thematisch breiten Einblick in Handlungsfelder und fachliche Diskurse der schweizerischen Kinder- und Jugendhilfe. Ergebnisse ausgewählter Forschungsprojekte werden in kompakter und verständlicher Form vorgestellt und mit Blick auf Ansätze zur Weiterentwicklung guter Praxis diskutiert. Schulden Ciao CASH; Kartenspiel zu Geld und Glück (ab zehn Jahren, für zwei bis sechs Personen), Basel 2011: ciaocash@plusminus.ch Ciao CASH sensibilisiert die Mitspielenden auf viele Fragen rund ums Geld. Denn auf der Suche nach dem Glück gibts inanzielle Überraschungen aller Art. Die Geniesserin hat ein Smartphone geschenkt bekommen? Mega! Nur kostet das jede Runde Geld. Der Glückspilz indet auf der Strasse Bargeld? Super! Er darf nochmals eine Geldkarte ziehen. Der Multimedia-Freak wird arbeitslos? Pech! Jetzt gibts zwei Runden kein Geld. Da nützt ihm auch nichts, dass er vorher in Bildung investiert hat. Auf der etwa 30 Minuten dauernden Jagd nach Glückspunkten treffen die Spielenden auf Schuldenfallen und Schicksalsschläge, Schnäppchen und Schätze. Das Spiel besteht aus 141 Spielkarten und es liegen zwei unterschiedliche Spielanleitungen bei. Schulden – was tun? Der Weg aus der Schuldenfalle, hg. von der Berner Schuldenberatung, 4. vollständig 360 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Literatur überarbeitete Aulage, Bern 2013, Edition Soziothek, Fr. 46.–, ISBN 978-3-03796-500-9 Das Standardwerk zu Schuldenberatung und Schuldensanierung ist vom Beratungsteam der Berner Schuldenberatung für die vierte Auflage vollständig überarbeitet worden. Das Buch beschreibt, wie man in eine Schuldenberatung einsteigt und was es braucht, damit daraus eine Schuldensanierung oder eine Konkursbegleitung wird. Zum Nutzwert des Handbuchs tragen 37 Diagramme, Tabellen, Formulare und Beispiele für Briefe und Eingaben bei. Ein detailliertes Stichwortverzeichnis macht das Handbuch zum alltagstauglichen Nachschlagewerk. Der überarbeitete Band gesellt sich zu den beiden 2011 erschienenen Werken: «Konsum auf Pump. Das Recht», ein Kommentar des Bundesgesetzes über den Konsumkredit, und «Der Betreibungsalltag. Vom Zahlungsbefehl zum Verlustschein», eine praxisorientierte Darstellung des Systems und der Alltagsprobleme des schweizerischen Betreibungsrechts. ethnic societies, welfare nationalism as well as the welfare state in the context of a dictatorship. The volume assembles contributions of renowned academics from several countries such as Austria, Belgium, Germany, Poland, Romania, Switzerland and the US. They offer two major perspectives on the subject at hand, comprising the national framework of analysis of citizenship, nationalism, conlict and welfare as well as the comparative perspective. Sozialpolitik Migration, Familie und Gesellschaft; hg. von Thomas Geisen et al.; Berlin, Heidelberg, Wiesbaden 2013; Springer VS; 44.–, ISBN 978-3-531-18010-6 (auch als eBook erhältlich) Moderne Gesellschaften sind durch eine Pluralisierung familiärer Formen und Muster gekennzeichnet. Dies gilt auch für Familien im Kontext von Migration, die aber in den öffentlichen Diskursen meist immer noch als «traditionelle Familien» wahrgenommen werden. Ein Teil der Veränderungen von Familien im Kontext von Migration steht in engem Zusammenhang mit Veränderungen in den Migrationsprozessen selbst. Diese haben einen Einluss auf die innere Strukturierung und die Entwicklung der Familien. Vor dem Hintergrund aktueller Debatten um Transnationalisierung und Transkulturalität untersuchen die European Welfare States − Citizenship, Nationalism and Conlict, hg. von Ireneusz Pawel Karolewski und Andrzej Marcin Suszycki, Osnabrück 2013, Fibre Verlag, Fr. 52.90, ISBN 978-3-938400-63-0 The volume offers contributions from social sciences dealing with new challenges to the European welfare state. It includes new theoretical insights as well as empirical studies with a focus on one country or cross-country comparisons. The case studies include Austria, Belgium, Ireland, European Turks and the Belarus. The authors are particularly interested in questions regarding the relationships between welfare state and citizenship, the conlict potential of different welfare regimes, immigration and welfare, conditions of solidarity in multi- Sozialalmanach 2014: «Unter einem Dach», Luzern 2013, Caritas, 34.– Der Wohnraum wird in der Schweiz zunehmend knapp. Gerade für benachteiligte Menschen wird es immer schwieriger, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu inden. Der Schwerpunktteil «Unter einem Dach» widmet sich deswegen der schweizerischen Raum- und Wohnpolitik. Die Beiträge in diesem Teil beleuchten die Mechanismen des Immobilienmarktes und analysieren sie daraufhin, inwiefern sie die soziale Gerechtigkeit untergraben. Reportagen aus dem Alltag von Menschen auf Wohnungssuche vervollständigen diesen Band. Beiträge im vorliegenden Band die Komplexität von Familie im Kontext von Migration. Dabei wird nach der Bedeutung von Migrationspolitiken und dem Umgang mit sozialen und kulturellen Differenzen im Zusammenhang von Familie und Migration gefragt. Sozialer Frieden – transnational (Traverse 2/2013), hg. von Gisela Hürlimann et al., Zürich 2013, Chronos Verlag, Fr. 28.–, ISBN 978-3-905315-59-2 Der thematische Heftschwerpunkt analysiert die Rolle der Zirkulation von Normen, Akteuren und Dispositiven für die Genese staatlichen Handelns und insbesondere der Sozial- politik in Europa nach dem Ersten Weltkrieg. Im Kontext der Nachkriegszeit sowie der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre und nunmehr unter der Leitung intergouvernementaler Organisationen wie etwa des Völkerbundes zeugen diese verschiedenen Erfahrungen von einer kollektiven Suche nach neuen Methoden des social engineering. Salvi, Marco und Luc Zobrist; Zwischen Last und Leistung. Ein Steuerkompass für die Schweiz; Zürich 2013, Verlag NZZ, 38.–, ISBN 978-3-03823-877-5 Die Schweiz ist kein Tiefsteuerland. Trotz einer vergleichsweise schwachen Progression ist die Belas- tung hoch. Im Durchschnitt muss eine erwachsene Person rund 55% ihres Einkommens in Form von Steuern und Abgaben abliefern. Fast die Hälfte davon erhält sie als Renten und Geldleistungen zurückerstattet. Das Schweizer Steuer- und Transfersystem leidet an drei zentralen Schwachstellen: Es fehlt an Neutralität und Transparenz und die Umverteilung ist zu wenig zielgerichtet. Dieses Buch plädiert für eine Besteuerung mit Prinzip. Ziel ist ein Steuersystem, das den Konlikt zwischen Last und Leistung minimiert und den künftigen Herausforderungen gerecht wird. Dazu werden im Wesentlichen 13 grössere Reformen vorgeschlagen. Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 361 Daten und Fakten Inhaltsverzeichnis 2013 Jahresinhaltsverzeichnis 2013 AHV Unsicheres Alter, gesichertes Alter? (Matthieu Leimgruber, Universität Genf) . . . . . . . 1/21 AHV: wichtigste statistische Ergebnisse 2012 (Jacques Méry, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/160 Alter Das vierte Lebensalter ist weiblich (Marie-Louise Barben, Monika Stocker und Heidi Witzig; GrossmütterRevolution) . . . . . . . . . 5/280 Arbeit Missbrauchsbekämpfung über das Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit (Peter Jakob und Jonas Möhrle, SECO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/77 Beruliche Vorsorge Botschaft zur Neuregelung des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung (Franziska Grob, BSV) . . . . . . . . . 4/222 Ergänzungsleistungen Wirkungsvolle Existenzsicherung durch Ergänzungsleistungen (Urs Portmann, BSV) . . . . 4/226 Erwerbsersatz/Mutterschaftsentschädigung Missbräuche in der EO (Jörg Reinmann und Nadine Schüpbach, BSV) . . . 2/75 Familie Einbezug der Selbstständigerwerbenden ins Familienzulagengesetz (Maia Jaggi, BSV) . . . . . . . 1/27 Impulsprogramme für familienergänzende Kinderbetreuung – Prioritätenordnung (Cornelia Louis, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/31 Das Familienzulagenregister (Giovanna Battagliero, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/76 Bundesrat verabschiedet Bericht zum Vaterschaftsund Elternurlaub (Lucie Martin und Barbara von Kessel-Regazzoni, BSV) . . . . . . . . . . 6/316 Gesundheitswesen Handlungsbedarf und Handlungsfelder in der sozialen 362 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Krankenversicherung (Marie-Thérèse Furrer, BAG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/12 Krankenversicherung: der lange Schatten des Föderalismus (Prof. Martin Lengwiler, Universität Basel) . . . . . . 1/24 Neue Versorgungsmodelle für die medizinische Grundversorgung (Daniela Schibli, GDK) . . . . . . 3/117 Gesundheitsberufe / berufsübergreifende Zusammenarbeit (Olivier-Jean Glardon, BAG) . 3/121 Strategie gegen den Ärztemangel und zur Förderung der Hausarztmedizin (Maria Hodel, BAG) . . . . . 3/125 Hausarztmedizin: Ein Ziel, viele Wege – Volksinitiative, Gegenentwurf, Masterplan (Brigitte Menzi und Nuria del Rey, BAG) . . . . . . 3/131 Ärzteschaft in der Schweiz: aktuelle Fragen zur künftigen Entwicklung (Laila Burla, Obsan) . . . . 3/135 Transparenz und Qualität in der Psychologie und psychologischen Psychotherapie (Marianne Gertsch, BAG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/137 Kosteneinsparungen und Risikoselektion bei Modellen der Krankenversicherung (Jürg Burri, BAG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/154 Prämienverbilligung nach NFA – Monitoring 2010 (Reinhold Preuck, BAG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/285 Langzeitplege in der Schweiz: eine europäische Perspektive (Andrea E. Schmidt, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/318 Potenzial und Verbreitung von IKT zur Unterstützung plegender Angehöriger (Francesco Barbabella und Giovanni Lamura, Istituto Nazionale di Riposo e Cura per Anziani, Ancona sowie Andrea E. Schmidt, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, Wien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/325 Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz – eine Zwischenbilanz (Alfred Künzler, Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz und Katrin Jentzsch, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/329 Regionale Unterschiede bei der Belastung durch die obligatorischen Gesundheitsausgaben Daten und Fakten Inhaltsverzeichnis 2013 (Oliver Bieri und Helen Köchli, Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern . . . . . 6/331 Kinder und Jugend Programm Jugend und Gewalt (Liliane Galley, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/34 Gleichstellung Rückblick auf die Arbeit der IFEG-Kommission (Ralf Kocher und Nikos Stamoulis, BSV) . . . . . . . 3/151 Entwicklung des Gewaltverhaltens unter jungen Menschen in den letzten 20 Jahren (Denis Ribeaud, ETH Zürich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/35 Beruliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Samuel Mathys, EBGB) . . . . . . . 4/209 Jugendschutzprogramme: Zwischenstand und Ausblick (Thomas Vollmer, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/178 International Soziale Sicherheit Schweiz–Kosovo (Raphael Tschanz, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/346 Invalidenversicherung ConCerto – Pilotprojekt zur Eingliederung (Eva Lang, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/46 Votum der Initiantin des Projekts ConCerto (Susanne Buri, Swisscom AG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/50 Missbrauchsbekämpfung als zentrale Aufgabe der IV (Ralph Leuenberger, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/65 Juristische Aspekte der Missbrauchsbekämpfung in der IV (Ralph Leuenberger, BSV) . . . . . . . . . . . 2/68 Eingliederung vor Rente: Die 5. IV-Revision wirkt und hat noch Potenzial (Christian Bolliger, Büro Vatter und Tobias Fritschi, BFH Soziale Arbeit; Bern) . . . 2/88 Wohn- und Betreuungssituation von Personen mit Hillosenentschädigung nach der 4. IV-Revision Strategien zur Gewaltprävention: Lehren aus dem Kanton Solothurn (Marius Féraud und Christian Rüeli, Büro Vatter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/181 Evaluation des Gewaltpräventionsprogramms «Peacemaker» (Peter Neuenschwander und Katharina Haab Zehrê, Berner Fachhochschule Soziale Arbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/185 Gewaltprävention: Erfahrungen aus dem Programm Jugend und Gewalt (Yvonne Haldimann und Liliane Galley, BSV) . . 4/190 Herausforderungen für den Jugendmedienschutz durch digitale Medienumgebungen (Stephan Dreyer, Uwe Hasebrink, Claudia Lampert und Hermann-Dieter Schröder, Universität Hamburg) . . . . . . . . . . . . . . 4/195 Internetrisiken für Kinder: Neuste Daten aus der Schweiz (Martin Hermida und Sara Signer, Universität Zürich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/200 Förderung von Medienkompetenzen bei Kindern durch Eltern und Gleichaltrige (Claudia Paiano und Colette Marti, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/204 (Jürg Guggisberg, BASS, Bern) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/93 Nicht objektivierbare Gesundheitsschäden und ihre Folgen für die IV (Ralf Kocher, BSV) . . . . . . . . . . 2/97 Startkapital – Pilotprojekt nach Art. 68quater IVG (Adelaide Bigovic, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/148 FER – Pilotprojekt nach Art. 68quater IVG (Eliane Kraft und Marcel Buffat, Ecoplan) . . . . . 4/213 IV-Statistik 2012: Rückgang des Rentenbestands dauert an (Markus Buri und Beat Schmid, BSV) 4/218 Sozialleistungsbezüge und Proile von neuen IVRentenbeziehenden (Robert Fluder, Renate Salzgeber und Tobias Fritschi; Berner Fachhochschule Soziale Arbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/336 BECK – Beruliche Eingliederung von Menschen mit einer chronischen Krankheit (Margareta Schmid, Fachstelle Evaluation & Gesundheitsforschung; Eliane Boss, Krebsliga Schweiz; Erich Tschirky, Schweizerische Gesundheitsligen-Konferenz) . . . 6/341 Reform Altersvorsorge 2020 Reform der Altersvorsorge 2020 (Sibel Oezen und Bernadette Deplazes, BSV) . . . . . 1/5 Reform Altersvorsorge 2020: umfassend, ausgewogen, transparent (Sibel Oezen, BSV) . . . 5/246 Das Referenzalter als Schlüsselkonzept der Reform Altersvorsorge 2020 (Brigitte Gautschi, BSV) . . . 5/249 Weiterbeschäftigung im Rentenalter: ein Blick in die Praxis (Suzanne Schär, BSV) . . . . . . . . . . . . . . 5/252 Umwandlungssatz und weitere BVG-Bestimmungen (Jean-Marc Maran, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/254 Massnahmen für die Verbesserung der Transparenz in der berulichen Vorsorge (Philipp Rohrbach, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/257 AHV-Finanzen: Stabilisierung über sozialverträgliche Massnahmen (Suzanne Schär, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/259 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 363 Daten und Fakten Interventionsmechanismus und Neuordnung des Bundesbeitrags an die AHV (Simon Luck, BSV) 5/263 Diskussion der Altersvorsorge auf internationaler Ebene (Claudina Mascetta und Cyril Malherbe, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/267 Chance und Risiko zugleich (Martin Kaiser, Schweizerischer Arbeitgeberverband) . . . . . . . . . . 5/270 Gute Verpackung – schlechter Inhalt (Doris Bianchi, Schweizerischer Gewerkschaftsbund) . . . . . . . . . . 5/271 Soziale Sicherheit / Sozialversicherungen Bundesamt für Sozialversicherung (Urs Germann, Historiker, Universität Basel) . . . . 1/20 Inhaltsverzeichnis 2013 Salute: Begleitung von Menschen mit sozialen Problemstellungen durch Freiwillige (Silvia Gavez und René Schaffert, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, sowie Christian Rupp, Schweizerisches Rotes Kreuz Kanton Zürich) . . . 5/272 Datenaustausch und Datenschutz in der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (Kurt Pärli, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/310 Verwaltungsregister als Datenbasis der empirischen Sozialforschung (Philippe Wanner, Universität Genf) . . . . . . . . . . . 6/312 Versicherungen allgemein Missbrauchsbekämpfung in der obligatorischen Unfallversicherung (Cristoforo Motta, BAG). . . . . 2/74 Die neukonzipierte Sozialversicherungsstatistik – ein Schritt Richtung Gesamtsicht (Stefan Müller, Salome Schüpbach und Solange Horvath, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/86 Professionelles Vorgehen ist oberstes Gebot (Rico Zwahlen, XpertCenter AG, Bern) . . . . . . . . . 2/78 Dezentral und fragmentiert: die Geschichte der sozialen Sicherheit seit Mitte des 19. Jahrhunderts (Martin Lengwiler, Universität Basel) . . . . . . . . . . . 1/16 Spezialisierter Staatsanwalt für Versicherungsbetrug – Luxus oder Notwendigkeit? (Christophe Bodmer, Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Zürich) 2/79 Fortwährende Erholung der Sozialversicherungsinanzen 2011/2012 (Stefan Müller, Salome Schüpbach und Solange Horvath, BSV) . 3/143 Öffentliche Hand ist zweitwichtigste Finanzierungsquelle der Sozialversicherungen (Solange Horvath, Stefan Müller und Salome Schüpbach, BSV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/275 Rubriken Parlamentarische Vorstösse . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/51, 2/103, 3/164, 4/230, 5/292, 6/350 Gesetzgebung: Vorlagen des Bundesrats . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/55, 2107/, 3/168, 4/233, 5/296, 6/351 Agenda . . . . . . . . . . .1/58, 2/110, 3/169, 4/235, 5/297, 6/356 Sozialversicherungen: Neuerungen ab 2014 und laufende Reformen (Brigitte Dumas, BSV) . . . . . 6/307 Sozialversicherungsstatistik . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/56, 2/108, 3/170, 4/236, 5/298, 6/352 Sozialpolitik Der Kontrollmechanismus der Genfer Sozialhilfe Literatur – AHV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/59 – Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3/172, 4/240, 6/358 – Beruliche Vorsorge . . . . . . . . . . . . . . 1/59, 5/300, 6/358 – Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/358 – Generationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/358 – Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/238, 6/359 – Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . 1/59, 3/172, 5/300, 6/359 – Invalidenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5/300 – Kinder und Jugend . . . . . . . . . . . . . .2/111, 3/172, 6/360 – Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6/360 – Soziale Sicherheit/Sozialversicherungen. . 2/111, 3/172 – Sozialpolitik . . . . . . . . . 1/59, 2/111, 4/239, 5/300, 6/360 (Marc Piguet, Hospice général, Genf) . . . . . . . . . . . 2/82 Missbrauchsbekämpfung ohne Tabus (Martin Waser, Vorsteher des Sozialdepartements der Stadt Zürich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/81 Sozialmissbrauch in den Medien: Realität oder Medienhype? (Heinz Bonfadelli, Universität Zürich) . . . . . . . . . . 2/84 Nationales Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut (Joana Guldimann, BSV) . . . . . . . . . . . 3/139 364 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 Neue Publikationen zu den Sozialversicherungen Bezugsquelle Bestellnummer Sprachen, Preis AHV-Statistik 2012 318.123.13D gratis* Evaluation de la conciliation extrajudiciaire et des réseaux en matière de délinquance juvénile (VD) et prospectives pour la justice réparatrice (französisch, deutsche Zusammenfassung). Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 7/13 318.010.7/13F gratis* Evaluation des Gewaltpräventionsprogramms «Peacemaker». Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 5/13 318.010.5/13D gratis* IV-Statistik 2012 318.124.13D gratis* Sozialversicherungen der Schweiz (Taschenstatistik 2013) 318.001.13D gratis* Übersicht über Strategien, Strukturen und Massnahmen der Gewaltprävention in der Schweiz. Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 6/13 318.010.6/13D gratis* * Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), Vertrieb Publikationen, 3003 Bern verkauf.zivil@bbl.admin.ch www.bundespublikationen.ch «Soziale Sicherheit» (CHSS) erscheint seit 1993 sechsmal jährlich. Jede Ausgabe ist einem Schwerpunktthema gewidmet. Die Themen seit dem Jahr 2011: Nr. 1/11 Nr. 2/11 Nr. 3/11 Nr. 4/11 Nr. 5/11 Nr. 6/11 Strukturreform in der berulichen Vorsorge Synthesebericht FoP-IV Sozialirmen Alimentenhilfe IV-Revision 6a und 6b Glücksforschung Nr. 1/12 Nr. 2/12 Nr. 3/12 Nr. 4/12 Nr. 5/12 Nr. 6/12 Beruf und Angehörigenplege Schweizerisches Gesundheitssystem 10 Jahre Regressprozess AHV/IV – eine Bilanz Aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen Ressortforschung Soziale Sicherheit Grundlagen der Reform der Altersvorsorge Nr. 1/13 Nr. 2/13 Nr. 3/13 Nr. 4/13 Nr. 5/13 Nr. 6/13 Soziale Sicherheit – gestern und morgen Bekämpfung des Versicherungsmissbrauchs Gesundheit2020 – mehr und richtig qualiiziertes Gesundheitspersonal Jugendschutzprogramme des Bundes Reform Altersvorsorge 2020 Kein Schwerpunkt Die «Soziale Sicherheit» CHSS ist ab Heft 3/1999 im Internet unter www.bsv.admin.ch/dokumentation/ publikationen zugänglich. Sämtliche Hefte sind heute noch erhältlich (die vergriffene Nummer 1/93 als Fotokopie). Normalpreis des Einzelhefts Fr. 9.–. Sonderpreis für Hefte 1993–2002 Fr. 5.–. Preis des Jahresabonnements Fr. 53.– (inkl. MWST). Bestellung von Einzelnummern: Bundesamt für Sozialversicherungen, CHSS, 3003 Bern, Telefax 031 322 78 41, E-Mail: info@bsv.admin.ch Impressum Herausgeber Bundesamt für Sozialversicherungen Redaktion Suzanne Schär E-Mail: suzanne.schaer@bsv.admin.ch Telefon 031 322 91 43 Die Meinung BSV-externer Autor/innen muss nicht mit derjenigen der Redaktion bzw. des Amtes übereinstimmen. Redaktionskommission Brigitte Gautschi, Stefan Kühne, Géraldine Luisier, Stefan Müller, Xavier Rossmanith, Christian Wiedmer Abonnemente Übersetzungen BBL 3003 Bern Telefax 031 325 50 58 E-Mail: verkauf.zivil@bbl.admin.ch in Zusammenarbeit mit dem Sprachdienst des BSV Copyright Nachdruck von Beiträgen mit Zustimmung der Redaktion erwünscht Aulage Deutsche Ausgabe 3080 Französische Ausgabe 1400 Abonnementspreise Jahresabonnement (6 Ausgaben): Inland Fr. 53.– inkl. MWST, Ausland Fr. 58.–, Einzelheft Fr. 9.– Vertrieb BBL/Vertrieb Publikationen, 3003 Bern Satz, Gestaltung und Druck Cavelti AG, Gossau Wilerstrasse 73, 9201 Gossau SG ISSN 1420-2670 318.998.6/13d