Nikolaus Hofer (Hrsg.)
Der Schatzfund von
Wiener Neustadt
Mit Beiträgen von
Birgit Bühler, Bernadette Frühmann, Nikolaus Hofer, Klaudia Hradil,
Franz Kirchweger, Thomas Kühtreiber, Joachim Lutz, Irene Martina,
Mathias Mehofer, Michael Melcher, Ernst Pernicka, Gunn Pöllnitz,
Manfred Schreiner, Dávid Schwarcz, Marianne Singer, Rita Wiesinger
und Andreas Zajic
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Herausgegeben von Bundesdenkmalamt und Land Niederösterreich
Alle Rechte vorbehalten
© 2014 by Bundesdenkmalamt und Land Niederösterreich
Verlag: Ferdinand Berger & Söhne Ges. m. b. H. 3580 Horn
http://www.verlag-berger.at
Herausgeber: Mag. Nikolaus Hofer
Bundesdenkmalamt, Abteilung für Archäologie
Hofburg, Säulenstiege, 1010 Wien
nikolaus.hofer@bda.at
http://www.bda.at
ISBN: 978-3-85028-636-7
Redaktion: Mag. Nikolaus Hofer
Layoutkonzept und Bildbearbeitung: Franz Siegmeth
Cover: Foto: Paul Kolp; Gestaltung: Franz Siegmeth
Herstellung: Grasl FairPrint, 2540 Bad Vöslau
INHA L T SV E RZ E I CH NIS
Grußworte 7
Vorwort 11
Einführung
Der Schatz von Wiener Neustadt. Biografie eines Sensationsfundes
14
Nikolaus Hofer
Material und Herstellungstechnik
Mobile Röntgenfluoreszenzanalyse an Objekten des Wiener Neustädter Schatzfundes 28
Michael Melcher, Gunn Pöllnitz, Bernadette Frühmann und Manfred Schreiner
Rasterelektronenmikroskopische Analysen an Objekten des Wiener Neustädter Schatzfundes 40
Mathias Mehofer
Chemische Analysen der Korrosionsprodukte von Objekten des Wiener Neustädter Schatzfundes 72
Rita Wiesinger, Klaudia Hradil, Irene Martina und Manfred Schreiner
Legierungsanalysen an Objekten des Wiener Neustädter Schatzfundes: Ein Methodenvergleich 80
Ernst Pernicka und Joachim Lutz
Feinschmiedetechnische Auswertung des Schatzfundes von Wiener Neustadt
88
Birgit Bühler und Dávid Zs. Schwarcz
Kulturhistorische Auswertung
Der Schatzfund von Wiener Neustadt. Eine kulturhistorische Analyse 130
Marianne Singer
Epigrafische und heraldisch-sphragistische Bemerkungen zum Wiener Neustädter Schatzfund
Andreas Zajic
Das historische Umfeld des Wiener Neustädter Schatzfundes 264
Andreas Zajic
Kunsthistorische Aspekte des Wiener Neustädter Schatzfundes
274
Franz Kirchweger
Synthese
Der Schatzfund von Wiener Neustadt. Synthese der Forschungsergebnisse 298
Thomas Kühtreiber, Marianne Singer und Nikolaus Hofer
Anhang
Katalog
Literaturverzeichnis 322
Abkürzungsverzeichnis 335
Autorinnen und Autoren 336
Abbildungsnachweis 337
Objektkatalog des Schatzfundes von Wiener Neustadt
Marianne Singer
Tafelteil 361
340
238
Der Schatz von Wiener Neustadt
Biografie eines Sensationsfundes
Nikolaus Hofer
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde gerne mit Ihnen einen Termin vereinbaren, um
Ihnen Fundgegenstände vorzulegen. Vorgeschichte: Habe vor ca. 3 Jahren in meinem Garten in Wiener Neustadt ein Goldfischbiotop angelegt. Beim Abheben der Grasnarbe fand ich
einige stark verkrustete Buntmetallteile, die in einem Klumpen mit Erde verbunden waren.
Beim Anheben von diesem fiel ein vorerst ringähnlicher Gegenstand ab. Dieses Stück betrachtete ich dann näher, kratzte herum und sah, dass es ein Freundschaftsring aus Aluminium oder ähnlichen sei. Da es zu regnen anfing, gab ich den ganzen Klumpen in eine
Werkzeugkiste und in den Keller. Es folgten private Schwierigkeiten […] und ich vergaß auf
die Kiste. Jetzt habe ich meine ganzen Sachen sortiert und dabei mich mit dem Klumpen beschäftigt. Es kamen einige Gegenstände heraus, die ich reinigte, darunter noch einige Ringe,
die mir aber älter erschienen und aus Gold (?). Daher machte ich mich im Internet auf die
Suche und bekam dabei den Tipp, dass ich mich an Sie wenden könnte.
Hochachtungsvoll […]1
1 E-Mail vom 7. April 2010, gerichtet an die Kontaktadresse des
Bundesdenkmalamtes. Vgl. Akt GZ. 53.128/43/2010, Bundesdenkmalamt. – Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin bleibt der
Finder anonym; Name und Adresse sind dem Bundesdenkmalamt
sowie den verantwortlichen Stellen des Landes Niederösterreich
bekannt. Für seine mehrfach gezeigte Kooperationsbereitschaft,
die Erlaubnis zur wissenschaftlichen Bearbeitung und natürlich
vor allem für die Fundmeldung überhaupt ist dem Finder seitens
des Verfassers und wohl im Namen der ganzen österreichischen
Archäologie sehr herzlich zu danken.
Mit dieser im Originalwortlaut wiedergegebenen E-Mail beginnt die dokumentierte Geschichte eines der spektakulärsten archäologischen Funde Österreichs: des spätmittelalterlichen Schatzes von Wiener Neustadt (Niederösterreich). Knapp sieben Jahre nach
seiner Auffindung und nur vier Jahre nach seiner Meldung wird dieser Fundkomplex
nun bereits monografisch vorgelegt. Diese vergleichsweise kurze Zeitspanne ist einerseits dem großen öffentlichen Interesse geschuldet, das diesem Fund von Anfang an
entgegengebracht wurde, andererseits aber natürlich auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass der gesamte Schatz ab April 2014 erstmals zur Gänze und in restauriertem Zustand in seiner neuen Heimstatt, dem »Urgeschichtemuseum MAMUZ Schloss
Asparn/Zaya«, zu sehen sein wird.
Obwohl der Zeitrahmen für das im Jahr 2011 gestartete Projekt zur wissenschaftlichen Bearbeitung des Schatzfundes somit sehr knapp bemessen war, wurde seitens
der beteiligten Institutionen und Fachleute selbstverständlich größter Wert auf eine
der Bedeutung dieses Fundkomplexes adäquate Behandlung gelegt. Nicht zuletzt deshalb wird in dem folgenden Kapitel auch die Projektgeschichte ausführlich dargelegt
werden, um die Genese dieses Unternehmens sowie die projektinternen Entscheidungsprozesse transparent zu machen. In weiterer Folge werden die Einzelergebnisse
erstmals vorgelegt, ergänzt um eine zusammenfassende Würdigung in Form einer
interdisziplinären Synthese.
Ein ganz wesentlicher und auch allen Beteiligten stets bewusster Aspekt ist – bei
aller Akribie der jeweiligen Detailarbeiten – die letztendlich trotz allem unvollständige
Ausschöpfung des wissenschaftlichen Erkenntnispotenzials, das die Einzelobjekte und
der Schatz als Gesamtheit in sich bergen. Angesichts der beträchtlichen finanziellen
Mittel, die für Ankauf und Dokumentation des Schatzfundes aufgewendet werden
mussten, und der kaum geringeren Kosten, die für die Erstellung und Publikation der
hier vorgelegten Untersuchungsergebnisse aufzubringen waren, bestand bei den involvierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Anfang an Einigkeit darüber,
dass dieses Projekt primär die solide Basis für ein weites Feld zukünftiger Forschungen
14
EINFÜHRUNG
Abb. 1: Der Fundort des Schatzes im heutigen Zustand
(Aufnahme 2011).
legen sollte; das vorrangige Ziel war daher die möglichst exakte Dokumentation, Beschreibung und typologisch-kulturhistorische Klassifizierung der Einzelobjekte.
VOM SCHATZFUND ZUR FUNDMELDUNG: DIE FUNDGESCHICHTE
DIE FUNDGESCHICHTE – EINE ›GESCHICHTE‹?
Jedes Jahr werden den verschiedenen Dienststellen des Bundesdenkmalamtes rund
100 Fundmeldungen zur Kenntnis gebracht.2 Das österreichische Denkmalschutzgesetz
sieht eine Meldepflicht für Zufallsfunde vor (§ 8 DMSG); zudem ist auch der Anteil am
Fundeigentum durch §§ 399 und 400 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches klar
geregelt. Demzufolge kommt dem Eigentümer des Grundstückes sowie dem (zufälligen) Finder bei Einhaltung der gesetzlichen Meldepflicht jeweils die Hälfte des Eigentums an den Funden zu. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind sowohl für das
Verständnis der Vorgangsweise des Bundesdenkmalamtes in dieser Causa als auch für
die Bewertung der immer wieder kolportierten Gerüchte um die ›tatsächliche‹ Fundgeschichte des Schatzes von Wiener Neustadt von essentieller Bedeutung.
Mit Einverständnis des Finders sowie des derzeitigen Grundstückeigentümers
wurde am 1. April 2011 der vom Finder angegebene Fundort durch Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes begangen und mittels Metallsonde abgesucht.3 Dabei konnten zwar
einerseits die grundlegenden Angaben des Finders zum Fundort verifiziert werden,
doch fanden sich keine Hinweise auf andere mittelalterliche Relikte oder gar übersehene Reste des Schatzfundes (Abb. 1).
In weiterer Folge wurden an der Fundstelle Erdproben entnommen, die mit Materialproben aus abgelösten Korrosionsresten einiger Fundstücke verglichen wurden. 4 Als
Resultat dieser Analysen lässt sich immerhin festhalten, dass die erwähnten Schatzobjekte aus einem Bodenmilieu stammen, das jenem des vorgeblichen Fundortes sehr
ähnlich war.
Abgesehen von diesen naturwissenschaftlichen Ergebnissen, die freilich nur eine
grobe Eingrenzung des Fundmilieus und keineswegs eine eindeutige Zuordnung zum
vorgeblichen Fundort zulassen, bestand zunächst kaum Aussicht auf eine weitere Verifizierung der Aussagen des Finders zu Fundort und Fundumständen.5 Der Eindruck
aus mehreren persönlichen Begegnungen mit dem Finder, dem hier nochmals für seine
DER SCHATZ VON WIENER NEUSTADT. BIOGRAFIE EINES SENSATIONSFUNDES
2 Vgl. für das Berichtsjahr 2012: Hofer 2012.
3 Vgl. Akt GZ. 47.313/3/2011, Bundesdenkmalamt. – Der vollständige
Bericht zu dieser Maßnahme findet sich in der E-Book-Version des
vorliegenden Bandes. Martina Hinterwallner und Martin Krenn
(Bundesdenkmalamt) sowie dem derzeitigen Besitzer des Grundstücks ist für die schnelle und unkomplizierte Abwicklung der
Nachuntersuchung herzlich zu danken.
4 Siehe den Beitrag von Rita Wiesinger u. a. in diesem Band.
5 Der Ablauf der Geschehnisse rund um die Meldung an das Bundesdenkmalamt wurde allerdings auch von dritter Seite bestätigt
(siehe unten).
15
Offenheit und Gesprächsbereitschaft gedankt werden soll, veranlasste den Verfasser
jedoch von Anfang an, dessen Angaben Glauben zu schenken.
Umso erfreulicher ist es, dass in der Endphase des Projekts – sozusagen im Verlauf
der Manuskriptabfassung – durch die Recherchen von Andreas Zajic die Zuordnung
mindestens eines, sehr wahrscheinlich sogar zweier Objekte aus dem Schatzfund zu
urkundlich belegten Wiener Neustädter Patrizierfamilien gelungen ist.6 Dieses Faktum,
die bereits erwähnte Konvergenz des Bodenmilieus und die persönliche Einschätzung
sprechen schlussendlich nach Ansicht des Verfassers für die Korrektheit des vom Finder berichteten Ablaufs, weshalb dieser hier auch als ›offizielle Version‹ wiedergegeben
wird. Es muss aber seriöserweise natürlich trotzdem festgehalten werden, dass viele der
im Anschluss geschilderten Angaben zu Fundort und Fundumständen sowie die eventuell aus diesen zu ziehenden Schlussfolgerungen letztendlich mit einem Fragezeichen
behaftet bleiben müssen.
DIE AUFFINDUNG DES SCHATZES
9 Diese – vom Finder ganz offen geschilderten – Erkundigungen
hatten einen beträchtlichen Aufruhr in der ›Szene‹ zur Folge und
sind letztlich wohl auch für die diversen Gerüchte bezüglich einer
angeblich gefälschten Fundgeschichte verantwortlich, die seit
einigen Jahren ebendort kursieren.
Nach Aussage des Finders plante dieser im Frühjahr 2007 auf dem zum damaligen Zeitpunkt in seinem Besitz befindlichen Grundstück Wopfinger Weg Nr. 6 (Gst. Nr. 1885/162)
in Wiener Neustadt (Katastralgemeinde Wiener Neustadt, Stadtgemeinde Wiener Neustadt), ein bereits bestehendes Feuchtbiotop zu erweitern (Abb. 2, 3).7 Beim händischen
Abtiefen mit einem Spaten stieß er etwa im Zentrum der geplanten Erweiterung, knapp
unterhalb der Humuszone, zunächst auf ein Metallobjekt, das er mit dem Spaten beschädigte. Bei näherer Begutachtung stellte er fest, dass es sich dabei um einen länglichen, stark korrodierten Eisengegenstand handelte (Länge ca. 20 cm), den er aufgrund
seines schlechten Erhaltungszustandes wegwarf. Anschließend bemerkte er, dass sich
beim Abstechen ein kompakter, ›lehmiger‹ Erdklumpen von dem umgebenden schottrigen Material gelöst hatte, aus dem ebenfalls ein metallisches Objekt gefallen war.
Da es sich offensichtlich um einen Ring handelte, wurde der Finder aufmerksam und
untersuchte den Erdklumpen genauer. Hierbei stellte er fest, dass zahlreiche weitere
Metallgegenstände in dem Klumpen ›verbacken‹ waren. Bevor er jedoch seine Untersuchung fortsetzen konnte, setzte ein heftiger Wolkenbruch ein, der den Finder dazu
veranlasste, den gesamten Erdbrocken in einen Plastikkübel zu werfen; den Kübel stellte
er anschließend im Keller des Hauses ab und vergaß ihn.
Zwei Jahre später ›entdeckte‹ der Finder den Kübel wieder, als er den Keller des
Hauses räumen musste. Der Inhalt – also der Erdklumpen – war aufgrund der langen
Lagerung in trockenem Milieu vollständig ausgetrocknet und entsprechend verhärtet.
Der Finder entschloss sich dazu, den Klumpen in einem Wasserbad aufzulösen, um die
Objekte genauer betrachten zu können. Da ihm auffiel, dass bei einigen der Ringe mit
Fassung der Stein fehlte, beschloss er, das Wasser sorgfältig und mehrfach durch ein
Sieb zu gießen, um etwaige Steine zu bergen; diesem ›Sieb- und Schlämmprozess‹ und
natürlich vor allem der Sorgfalt des Finders ist es zu verdanken, dass letztendlich auch
kleinste Fragmente – etwa einzelne Korallenperlen – erhalten geblieben sind. Zugleich
kann man davon ausgehen, dass in dem Hort tatsächlich keine weiteren Eisenteile (mit
Ausnahme des nicht aufbewahrten Fragments, siehe oben), Münzen oder sonstige
Objekte vorhanden waren.
Anschließend säuberte der Finder die Fundstücke – zunächst in Unkenntnis ihrer
Bedeutung – mit einem handelsüblichen Haushaltsreiniger, was bei einigen Stücken
entsprechende Korrosionsprozesse in Gang setzte; bei einzelnen Fragmenten kratzte
er zudem die Patina ab, um das Grundmetall freizulegen.8 Letztendlich wurde ihm aber
schnell klar, dass es sich um etwas Besonderes handeln müsse, und er unterließ weitere
Eingriffe. Der Finder begann nun, im Internet zu recherchieren, wobei er Fotografien
einiger Objekte aus dem Schatzfund auf diverse Sammler-Plattformen stellte; zudem
holte er Erkundigungen bei Bekannten aus der Eisenstädter ›Flohmarkt-Szene‹ ein.9
16
EINFÜHRUNG
6 Siehe den Beitrag Das historische Umfeld des Wiener Neustädter
Schatzfundes von Andreas Zajic in diesem Band.
7 Im Folgenden wird versucht, die Schilderungen des Finders, die
der Verfasser anlässlich von zwei ausführlichen Gesprächen in
den Jahren 2011 und 2013 aufzeichnen konnte, möglichst objektiv
und wertungsfrei wiederzugeben.
8 Siehe die Beiträge von Rita Wiesinger u. a. sowie von Mathias
Mehofer in diesem Band.
Abb. 2: Lage von Wiener Neustadt.
Abb. 3: Wiener Neustadt. Lage des Fundortes im heutigen
Stadtgebiet (Ausschnitt aus der ÖK 1 : 50.000). Die rote
Fläche gibt das mittelalterliche Stadtgebiet wieder.
Sofort erhielt er zahlreiche Kaufangebote, aber auch eine E-Mail des an der Archäologie
interessierten ›Laien‹ Adrien Modre, der den Finder auf seine gesetzliche Fundmeldepflicht hinwies.10 Diese Mitteilung veranlasste den Finder, einerseits alle Fotografien
sofort aus den genannten Web-Plattformen zu löschen und andererseits mit dem Bundesdenkmalamt Kontakt aufzunehmen (siehe Eingangszitat).
Am 20. April 2010 erschien der Finder in der Abteilung für Archäologie11 des Bundesdenkmalamtes in der Hofburg und legte dem Verfasser den Großteil des Schatzfundes vor.12 Damit trat dieser Ausnahmefund erstmals ans Licht der Öffentlichkeit;
seine weitere Geschichte ist lückenlos durch den Aktenlauf des Bundesdenkmalamtes
nachvollziehbar.
DER SCHATZ VON WIENER NEUSTADT. BIOGRAFIE EINES SENSATIONSFUNDES
10 Adrien Modre (Eggenburg) ist bei dieser Gelegenheit großer
Dank für sein engagiertes Eingreifen im Sinn des Denkmalschutzes auszusprechen.
11 Damals noch: Abteilung für Bodendenkmale.
12 Der restliche Teil des Gesamtkomplexes (hauptsächlich kleine
und kleinste Fragmente, die dem Finder vorderhand nicht so
wichtig erschienen waren) wurde dem Bundesdenkmalamt
einige Tage später vom Finder übergeben.
17
VON DER UNTERSCHUTZSTELLUNG ZUR PUBLIKATION:
DIE PROJEKTGESCHICHTE
PROJEKTENTWICKLUNG UND -KONZEPTION
20 An dieser Stelle möchte der Verfasser den hauptsächlich involvierten Vertretern des Landes Niederösterreich, insbesondere
Franz Humer (Archäologiepark Carnuntum), Ernst Lauermann
(MAMUZ Schloss Asparn/Zaya) und Matthias Pacher (MAMUZ
Museum Mistelbach), größten Dank für die reibungslose Zusammenarbeit und die großzügige Unterstützung des Projektes
aussprechen.
Wenngleich das fachliche und öffentliche Interesse zweifellos primär den Ergebnissen
des wissenschaftlichen Aufarbeitungsprojekts gilt, soll an dieser Stelle doch auch einer
kurzen Schilderung des Ablaufs dieses in vielerlei Hinsicht nicht unkomplizierten Unterfangens Platz eingeräumt werden. Viele Details der vorliegenden Arbeit sind ohne
Kenntnis der Projektgeschichte möglicherweise schwer nachzuvollziehen, und nicht zuletzt ist es auch ein essentielles Element des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses,
aus Erfolgen und Fehlern vorangegangener Untersuchungen zu lernen.
Als Grundlage für die weitere Vorgangsweise wurde seitens des Bundesdenkmalamts zunächst die Frage des Eigentums an dem Schatzfund geklärt. Wie der Finder
angegeben hatte, befand sich das betreffende Grundstück zum Zeitpunkt der Auffindung in seinem Besitz, weshalb er laut den Bestimmungen des österreichischen Denkmalschutzgesetzes13 – nach erfolgter Meldung des Fundes beim Bundesdenkmalamt –
alleiniger Eigentümer des Schatzfundes war.
In weiterer Folge führte der Verfasser eine Inventarisierung der Objekte durch, die ein
erstes Bild von der Dimension und historischen Bedeutung des Fundes vermittelte. Es
handelte sich um insgesamt 217 Einzelobjekte14 , die nach oberflächlicher Einschätzung
in den Zeitraum von der zweiten Hälfte des 13. bis zur ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
datiert wurden15. Als Ergebnis dieser Bestandsaufnahme gelangte das Bundesdenkmalamt zur Ansicht, dass dem Schatzfund aufgrund seiner historischen und künstlerischen
Bedeutung zweifellos der Charakter eines Denkmals zuzuschreiben wäre, und stellte
den Gesamtkomplex mit Bescheid vom 2. März 2012 unter Denkmalschutz.16
Auf ausdrücklichen Wunsch des Finders und Eigentümers übernahm das Bundesdenkmalamt in weiterer Folge die Koordination der wissenschaftlichen Bearbeitung
des Schatzfundes.17 Dafür wurde – übrigens als eines der ersten größeren Unterfangen
dieser Art im Rahmen der neuen Organisationsstruktur – ein amtsinternes Sonderprojekt mit dem Titel »Wissenschaftliche Aufarbeitung des Schatzfundes von Wiener Neustadt« ins Leben gerufen, dessen Finanzierung vorwiegend aus dem operativen Budget
bestritten wurde. Mit der Projektleitung wurde seitens der Abteilung für Archäologie
der Verfasser betraut.18
Allen Beteiligten war von vornherein klar, dass die wissenschaftliche Auswertung
dieses außergewöhnlichen Fundkomplexes nur in interdisziplinärer Zusammenarbeit
und unter Hinzuziehung externer Fachkollegen und -kolleginnen zu einem zufriedenstellenden Resultat führen würde. Abgesehen davon waren dem Projekt aus mehreren Gründen von Anfang an relativ enge zeitliche und finanzielle Grenzen gesetzt:
Einerseits verlangte das massive öffentliche und fachliche Interesse an dem Fund19
eine rasche Vorlage, andererseits waren die finanziellen und personellen Kapazitäten
des Bundesdenkmalamtes selbstverständlich durch den Budgetrahmen und die sonstigen Aufgaben des Verfassers begrenzt. Glücklicherweise stellte sich nach dem Erwerb des Schatzfundes durch das Land Niederösterreich im Jahr 2012 ein Partner ein,
der einen beträchtlichen Anteil der Dokumentations- und Produktionskosten für die
vorliegende Publikation übernahm.20 Diese Unterstützung war allerdings mit der Bedingung verknüpft, die Veröffentlichung der Projektergebnisse bis zum Zeitpunkt der
Eröffnung der Schatz-Präsentation in dem neu gestalteten »Urgeschichtemuseum
MAMUZ Asparn/Zaya« (April 2014) vorzulegen. Die Projektplanung musste aufgrund
dieser Tatsache bedeutend gestrafft werden, was zwar zu gewissen Abstrichen hinsichtlich der Durchführung von Detailuntersuchungen geführt hat, letztendlich aber
von nahezu allen Projektmitarbeitern und -mitarbeiterinnen in bravouröser Weise bewältigt wurde.
18
EINFÜHRUNG
13 §§ 8 und 10 Denkmalschutzgesetz (DMSG) vom 25. September
1923, BGBl. Nr. 533/1923, in der Fassung BGBl. I Nr. 170/1999 und
BGBl. I Nr. 2/2008. Vgl. http://www.ris.bka.gv.at.
14 Die im Text mit »Invnr.« wiedergegebene Nummerierung der
Objekte geht auf diese erste Fundaufnahme zurück. Sie orientierte sich nicht nach etwaigen Objektkategorien oder Ähnlichem. Die 217 Inventarnummern umfassen 238 Fragmente und
Ganzstücke.
15 Vgl. die erste Fundmeldung: Hofer 2010.
16 Vgl. Akt GZ. 47.313/2/2012, Bundesdenkmalamt.
17 Vgl. Akt GZ. 47.313/1/2010, Bundesdenkmalamt.
18 Der Verfasser möchte sich bei dem Leiter der Abteilung für
Archäologie, Bernhard Hebert, sehr herzlich für die stetige
Unterstützung bei allen Belangen des Projektes bedanken. In
gleicher Weise ist auch der Präsidentin des Bundesdenkmalamtes, Barbara Neubauer, für ihr Verständnis und die Förderung des
Projektes herzlich zu danken.
19 Das Echo in der nationalen und internationalen Presse auf die
erste Präsentation des Schatzfundes am 2. Mai 2010 war geradezu überwältigend. Vgl. dazu den Beitrag auf der Website des
Bundesdenkmalamtes (http://www.bundesdenkmalamt.at/
text/136/908/16604 [Zugriff: 9. 1. 2014]) sowie diverse Meldungen in Print- und Webmedien aus aller Welt.
Unmittelbar nach der Übergabe des Schatzfundes wurde Thomas Kühtreiber (Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Krems) aufgrund seiner
einschlägigen Erfahrungen mit der Bearbeitung des Schatzfundes von Fuchsenhof21 seitens des Projektleiters als wissenschaftlicher Berater hinzugezogen22. Bei der gemeinsamen Formulierung der Projektziele wurde das Fuchsenhof-Projekt aufgrund der zahlreichen Parallelen zwischen den beiden Schatzfunden als Referenz herangezogen.23 Dank
dem durch die Publikationen zum Schatz von Fuchsenhof sowie zum Erfurter Schatzfund24 bereits vergleichsweise gut aufgearbeiteten Forschungsstand zu mitteleuropäischen Schatzfunden konnte das Aufarbeitungsprojekt zum Wiener Neustädter Schatz
ganz auf den eigentlichen Fundkomplex fokussiert werden. Dabei sollten in erster Linie
die Fragen »Wer?«, »Wann?« und »Woher?« im Fokus stehen, also die Abklärung des
Verbergers und des Verbergungsgrundes, die möglichst genaue zeitliche Eingrenzung
der Einzelobjekte und des Gesamtkomplexes sowie die Analyse der Objektprovenienzen. Ergänzend sollten – gemäß dem Standard moderner Schatzfund-Bearbeitungen –
materialanalytische und herstellungstechnische Untersuchungen vorgenommen werden. Darüber hinausgehende Fragestellungen oder auch übergreifende Vergleichsanalysen wurden ausdrücklich späteren Nachfolgeprojekten vorbehalten.
Am Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Schatzfund stand
ein Fachgespräch, das am 1. Juni 2011 unter reger Beteiligung nationaler und internationaler Fachleute im »Ahnensaal« der Wiener Hofburg abgehalten wurde.25 In den Vorträgen und den anschließenden Diskussionsbeiträgen konnten bereits wesentliche Eckpunkte und Fragestellungen des Projekts angerissen werden; nicht zuletzt rekrutierte
sich ein Großteil des späteren Projektteams aus den Teilnehmern dieser Veranstaltung.
KONSERVIERUNGSMASSNAHMEN UND DOKUMENTATION DER OBJEKTE
Angesichts der damals noch ungeklärten Fragen nach dem späteren Verbleib sowie
einer möglichen Präsentation wurde im Herbst 2011 beschlossen, die Objekte vor dem
Beginn der wissenschaftlichen Bearbeitung lediglich einer konservatorischen Reinigung
zu unterziehen, um einerseits möglichst alle Herstellungs- und Gebrauchsspuren für
deren Dokumentation zu erhalten und andererseits den restauratorischen Vorstellungen der späteren Eigentümer nicht vorzugreifen.26
Die Objekte wurden lediglich mechanisch mit Holzstäbchen, Nylonbürste oder Skalpell sowie chemisch mit Äthanol gereinigt und anschließend säurefrei verpackt. Als
›Nebenprodukt‹ dieser Säuberung wurden die Korrosionsreste sichergestellt, mit deren
Hilfe Rita Wiesinger und ihren Kolleginnen (Akademie der Bildenden Künste, Wien)
später eine zumindest ansatzweise Verifizierung des Fundortes gelang.27 Auf weitere
restauratorische Eingriffe wurde bis zum Beginn der Vorarbeiten für die museale Präsentation im Herbst 2013 verzichtet.28
Die Dokumentation der Objekte des Schatzfundes stellte das Projektteam vor eine
große Herausforderung. Entsprechend ihrer wissenschaftlichen Bedeutung sollten die
Stücke mit dem bestmöglichen Ergebnis erfasst werden, wobei neben Forschungsaspekten (etwa der Aufzeichnung herstellungstechnischer Details) bereits auch die
Anforderungen der geplanten Publikation und möglicher Präsentationen einkalkuliert
werden mussten. Dank der Erfahrungen mit dem Schatzfund von Fuchsenhof, bei
dessen Dokumentation vorwiegend die sehr zeitaufwändige digitale Halbtontechnik
in Schwarz/Weiß-Graustufen zum Einsatz gekommen war, und angesichts der heute
deutlich verbesserten Drucktechnik wurde – vor allem auch auf Anregung des mit beiden Projekten befassten Grafikers und wissenschaftlichen Illustrators Franz Siegmeth
(Bad Vöslau) – der Beschluss gefasst, die Stücke des Schatzfundes von Wiener Neustadt
rein fotografisch aufzunehmen.
Alle Einzelstücke des Hortes waren bereits im Zuge der Erstinventarisation und
dann nochmals während der Vorbereitungen für die Unterschutzstellung fotografiert
DER SCHATZ VON WIENER NEUSTADT. BIOGRAFIE EINES SENSATIONSFUNDES
21 Prokisch und Kühtreiber 2004a.
22 Der Verfasser möchte sich bei Thomas Kühtreiber sehr herzlich
für die fachliche und nicht zuletzt auch organisatorische Unterstützung, die weit über das übliche Maß hinausging, bedanken.
23 Vgl. Prokisch und Kühtreiber 2004b, 14–17.
24 Ostritz 2010a. – Ostritz 2010b.
25 Siehe Hofer u. a. 2011. – Vgl. auch http://www.bundesdenkmalamt.at/text/136/908/16841 [Zugriff: 9. 1. 2014].
26 Vgl. Akt GZ. 47.313/14/2011, Bundesdenkmalamt. Die Reinigung
der Objekte wurde von Murad Yasar (Wien) durchgeführt, dem
für seine schnelle und professionelle Arbeit herzlich zu danken
ist.
27 Siehe den Beitrag von Rita Wiesinger u. a. in diesem Band. – Rita
Wiesinger, Klaudia Hradil und Irene Martina ist für die Durchführung der Analysen herzlich zu danken. Der Verfasser ist
insbesondere Rita Wiesinger für ihren persönlichen Einsatz bei
der gemeinsam – in dichtem Schneetreiben – durchgeführten
Entnahme der Bodenproben an der Fundstelle zu großem Dank
verpflichtet.
28 Die restauratorischen Eingriffe für die Präsentation der Objekte,
die zum Teil mit der Ablösung von Korrosionsschichten verbunden waren und somit manchen Stücken ein verändertes Aussehen gaben, wurden erst nach Abgabe der Manuskripte für die
vorliegende Publikation durchgeführt und konnten somit nicht
mehr berücksichtigt werden.
19
31 Festzuhalten ist hier natürlich auch, dass die Abbildungen in
dieser Qualität zumindest beim derzeitigen Stand der Technik
in digitalen Medien kaum oder nur schwer wiederzugeben
sind. So musste etwa für die E-Book-Version dieses Bandes die
Bildauflösung entsprechend reduziert werden, um überhaupt
das flüssige Lesen des PDFs auf den handelsüblichen Geräten zu
gewährleisten.
worden.29 Die finale Dokumentation erfolgte in einem aufwändigen, neun Monate dauernden Prozess, der parallel zur wissenschaftlichen Aufnahme ablief.30 Dabei wurden
die einzelnen Stücke zunächst von dem Fotografen Paul Kolp unter Anleitung von Franz
Siegmeth systematisch mit größtmöglicher Präzision aufgenommen. Jedes Objekt
wurde in zahlreichen – der archäologischen Konvention entsprechenden – ›genormten
Standardansichten‹ (Frontal-, Seitenansicht, Aufsicht etc.) fotografiert, die im Lauf der
weiteren Bearbeitung zu einer maßstäblichen ›Gesamtabbildung‹ montiert wurden.
Darüber hinaus wurden auch sehr informative Schrägansichten sowie Aufnahmen auf
und vor unterschiedlichen Unter- beziehungsweise Hintergründen (schwarzes Glas,
Rost, Naturstein) hergestellt.
Aus der großen Menge von Bildern wurden im nächsten Arbeitsvorgang ausgewählte Dateien von Franz Siegmeth digital bearbeitet. Die Bilddaten jeder Aufnahme
wurden im Vergleich mit dem Original am kalibrierten, farbverbindlichen Monitor geprüft und manuell korrigiert. Nach den äußerst zeitaufwändigen Freistellungsarbeiten
wurden die Bilder in mehreren Durchläufen mit den Mitteln der digitalen Bildbearbeitung für den Offsetdruck aufbereitet und optimiert (Abb. 4). Neben fachgerechter
Einstellung von Lichtern und Tiefen, selektiver und partieller Tonwertkorrektur an den
einzelnen Farbkanälen, motivgerechter Nachkorrektur der heiklen Gold- und Silbertöne,
Nachschärfung etc. wurde vor allem auf eine Optimierung des plastischen Eindrucks
der Objekte Wert gelegt. Ziel war es, dem Betrachter – in Verbindung mit höchstmöglicher Druckqualität – einen möglichst umfangreichen und realistischen Eindruck des
abgebildeten Objekts zu vermitteln.31
Ergänzend zu der fotografischen Dokumentation wurden von Franz Siegmeth
Schnittdarstellungen, Abrollungen von Inschriften und gegebenenfalls schematische
Rekonstruktionszeichnungen auf illustrativem Weg angefertigt. Gemäß den Vorgaben der archäologisch-kulturhistorischen Auswertung durch Marianne Singer wurden
die einzelnen maßstäblichen Abbildungen der Objekte zu Abbildungstafeln montiert.
Jedes Stück wurde, neben der zwingenden Darstellung in natürlicher Größe, zur Verdeutlichung der Bildinformation systematisch auch in weiteren Maßstäben abgebildet. Das Seitenformat der Publikation setzte hier leider oft – trotz Übergröße – enge
Grenzen.
Da bei der Reinigung der Objekte – wie bereits erwähnt – keine invasiven Maßnahmen gesetzt wurden, konnte bei einigen Stücken der augenscheinlich vorhandene
Dekor aufgrund der besonders massiv ausgeprägten Korrosionsschicht nicht näher
identifiziert werden. Um hier mögliche Details erfassen zu können, wurden von den
20
EINFÜHRUNG
Abb. 4: Schatzfund von Wiener Neustadt. Detailaufnahmen
des Objekts Katnr. 120 vor (links) und nach (rechts) der
grafischen Überarbeitung.
29 Nach einer ersten fotografischen Dokumentation durch den
Verfasser wurden die Objekte im Frühjahr 2011 von Bettina
Neubauer-Pregl (Bundesdenkmalamt), der an dieser Stelle
herzlich gedankt werden soll, erstmals professionell fotografiert.
Bis zur finalen Dokumentation der Objekte durch das Team Paul
Kolp/Franz Siegmeth diente dieses Bildmaterial als Grundlage
für alle Untersuchungen und Veröffentlichungen betreffend den
Schatzfund.
30 Paul Kolp und Franz Siegmeth ist für ihre ausgezeichnete Arbeit,
die zweifellos neue Maßstäbe in der wissenschaftlichen Dokumentation von Schatzfunden – und überhaupt archäologischen
Objekten – setzen wird, größter Dank auszusprechen. Darüber
hinaus möchte sich der Verfasser nochmals bei Franz Siegmeth
für die hervorragende Zusammenarbeit und das weit über das
übliche Maß hinausgehende Engagement bei diesem Projekt
sehr herzlich bedanken.
betroffenen 13 Stücken an der Fachhochschule Oberösterreich (Wels) Röntgen-Computertomografien angefertigt.32 Die Tomografien waren zum Teil sehr aufschlussreich und
lieferten etwa für die Riemenzunge Katnr. 102 bemerkenswerte Details, die wesentlich
zur Entschlüsselung der ursprünglichen Darstellungskonzepte beitrugen.
MATERIALANALYTISCHE UND HERSTELLUNGSTECHNISCHE UNTERSUCHUNGEN
Parallel zur fotografischen Dokumentation der Schatzobjekte wurde mit ersten Materialanalysen begonnen. Auch hier stand zu Beginn des Projekts aufgrund der damals noch
ungeklärten Frage nach dem weiteren Verbleib der Objekte eine möglichst substanzschonende Vorgangsweise im Vordergrund. Es wurde daher zunächst entschieden, zur
grundlegenden Feststellung der Materialzusammensetzung ein Team rund um Manfred Schreiner und Michael Melcher (Akademie der Bildenden Künste, Wien) mit einer
zerstörungsfreien Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) mittels mobiler Messeinheit an 150
ausgewählten Einzelstücken (insgesamt 110 Objekte) zu beauftragen.33 Im Bewusstsein,
dass diese Messungen aufgrund der dieser Methode immanenten Problematik34 keine
absolut exakten Resultate liefern würden, wurde anschließend Mathias Mehofer (VIAS,
Universität Wien) mit einer ebenfalls zerstörungsfreien Materialanalyse mittels Rasterelektronenmikroskop (REM) an einer Auswahl von 103 Einzelstücken betraut.35
Ausgangspunkt der Materialanalysen war wie gesagt die Prämisse, dass diese ohne
jegliche Eingriffe in die Objekte stattzufinden hatten. Das erste – und auch primär
gewünschte – Ergebnis der Untersuchungen war, dass es sich bei den Objekten des
Schatzfundes durchwegs um Silber mit unterschiedlich hohem Kupfergehalt handelt
und die meisten Stücke Oberflächenvergoldung aufweisen. Genau dieser Umstand beeinträchtigte aber auch die Messergebnisse der zerstörungsfreien Analysen, weshalb
im weiteren Projektverlauf – in Absprache mit den Vertretern des nunmehrigen Eigentümers, des Landes Niederösterreich – entschieden wurde, eine letzte Probenreihe zu
Referenzzwecken durchzuführen. Dafür wurde von einem Team um Ernst Pernicka (Universität Heidelberg/Klaus-Tschira-Archäometriezentrum, Mannheim) bei insgesamt 16
Fragmenten aus dem Schatzfund die chemische Zusammensetzung mittels energiedispersiver RFA ermittelt, wobei die für diese Analyse benötigten Materialproben an
bereits bestehenden Bruchkanten oder Innenseiten der Objekte entnommen wurden,
um den wissenschaftlichen und musealen Wert der Stücke nicht zu beeinträchtigen.36
Die Resultate dieser letzten Messung sollten in erster Linie zur Bewertung der mittels
zerstörungsfreier Analyse erzielten Ergebnisse herangezogen werden. Dabei zeigte
sich, dass die Messungen mit dem REM eindeutig exaktere Werte als jene der mobilen
RFA geliefert hatten; am genauesten waren allerdings die Ergebnisse der in Mannheim
durchgeführten Analysen an den Materialproben.
Als Resultat dieser unterschiedlichen methodischen Zugänge ist aus Sicht des
Projektleiters festzuhalten, dass die mobile RFA (zumindest hinsichtlich einer groben
Quantifizierung) und vor allem die REM-Analyse unter den gegebenen Voraussetzungen – zerstörungsfreie Feststellung der Objektzusammensetzung – durchaus brauchbare Resultate geliefert haben. Dies umso mehr, als sich bei der weiteren Bearbeitung
des Komplexes klar zeigte, dass hier offenbar ein Konvolut von zusammengetragenen
Altstücken vorliegt, weshalb Fragen nach der Zuordnung der Objekte zu bestimmten
Material- (etwa bezüglich charakteristischer Anteile von Spurenelementen) oder Legierungsgruppen hinsichtlich der Gesamtbewertung eher zurücktraten. Auszunehmen ist
hier eventuell die typologisch relativ gleichförmige Gruppe der Spangen, die sich aber
auch anhand der REM-Messungen keiner einheitlichen Materialgruppierung zuordnen
ließen.37 Klar hat sich allerdings auch gezeigt, dass eine wirklich exakte Bestimmung der
chemischen Zusammensetzung derzeit offenbar nur mittels Materialentnahme an den
Objekten selbst möglich ist.
DER SCHATZ VON WIENER NEUSTADT. BIOGRAFIE EINES SENSATIONSFUNDES
32 Die Computertomografie wurde mit einer RayScan 250 E CT-Anlage der Firma RayScan durchgeführt. Tomografiert wurde mit
der bestmöglichen Auflösung von ca. 20 µm bis 100 µm (abhängig von den Objektabmessungen und zu durchstrahlenden Materialien). Die Ergebnisse wurden in Form von Schnittbildvideos
und Bildern ausgewertet und zur Verfügung gestellt. – Christian
Gusenbauer (FH Wels) ist für die rasche und unkomplizierte
Abwicklung herzlich zu danken.
33 Siehe den Beitrag von Michael Melcher u. a. in diesem Band.
– Manfred Schreiner, Michael Melcher, Gunn Pöllnitz und Bernadette Frühmann ist für die professionelle Durchführung der
Analysen herzlich zu danken.
34 Siehe den Beitrag von Ernst Pernicka und Joachim Lutz in diesem
Band.
35 Siehe den Beitrag von Mathias Mehofer in diesem Band. – Mathias Mehofer ist für die gleichfalls unkomplizierte Abwicklung
der Analysen und seine zahlreichen Anregungen herzlich zu
danken.
36 Siehe den Beitrag von Ernst Pernicka und Joachim Lutz in diesem
Band. – Ernst Pernicka und Joachim Lutz ist für die spontane
Bereitschaft zur Durchführung der Analysen und deren rasche
Abwicklung herzlich zu danken.
37 Siehe dazu den Beitrag von Mathias Mehofer, Kapitel
Materialgruppierungen.
21
Abb. 5: Das Projektteam und die externen Teilnehmer und
Teilnehmerinnen des Werkstattgesprächs im Mai 2013 in
Mauerbach. 1. Reihe (von links nach rechts): Maria Stürzebecher (Erfurt), Marianne Singer, Birgit Bühler, Bridget Cherry
(London), Észter Kovács (Budapest). 2. Reihe: Andreas Zajic,
Péter Prohászka (Szeged), Franz Humer, Rita Wiesinger,
Manfred Schreiner, Tamás Zoltán (Budapest), Dávid
Schwarcz. 3. Reihe: Franz Siegmeth, Thomas Kühtreiber,
Franz Kirchweger, Michael Melcher. 4. Reihe: Nikolaus Hofer,
John Cherry (London), Mathias Mehofer.
38 Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden in den einzelnen
Beiträgen eingearbeitet. Der vollständige Bericht findet sich in
der E-Book-Version dieses Bandes. – Vera Hammer und Gerald
Giester ist für ihr unbürokratisches Entgegenkommen und die
rasche Erledigung herzlich zu danken.
39 Die zusammen mit dem Projektteam festgelegte Publikationsplanung sah ursprünglich vor, lediglich eine ausführliche
Auswertung in die Druckversion aufzunehmen und den zitierten
umfangreichen Bericht in Form eines digitalen Beschreibungskatalogs der E-Book-Version beizufügen. Leider konnte diese
Vorgabe seitens der betroffenen Autoren nicht eingehalten
werden, weshalb in der vorliegenden Publikation nur eine Kurzfassung der Auswertung präsentiert werden kann. Aufgrund der
erst äußerst knapp vor der Drucklegung erfolgten Übergabe des
Manuskriptes konnten die Ausführungen des Beitrags Bühler/
Schwarcz zudem von den anderen Autorinnen und Autoren
nur mehr bedingt berücksichtigt werden. – Dávid Schwarcz ist
nichtsdestotrotz für sein Engagement und zahlreiche Hilfestellungen im Verlauf des Projekts herzlich zu danken. Der besondere Dank des Projektleiters gilt aber Tim Taylor (Universität
Wien), dem Leiter des VIAS, dessen Intervention wenigstens die
Aufnahme der Kurzfassung in die Publikation ermöglicht hat.
22
Zusätzlich zu diesen reinen Metallanalysen wurde auch eine Bestimmung der nichtmetallischen Objektbestandteile (in erster Linie die gefassten Steine von Ringen sowie
Perlen bei den Gewandspangen) von Gerald Giester (Universität Wien, Institut für Mineralogie und Kristallographie) und Vera Hammer (Naturhistorisches Museum Wien,
Mineralogisch-Petrographische Abteilung) mittels Lichtmikroskop und RFA-Handspektrometer durchgeführt.38
Mit der Dokumentation der herstellungstechnischen Details und der Gebrauchsspuren wurde ein Team um Birgit Bühler und Dávid Schwarcz (Universität Wien, VIAS)
beauftragt. Die Ergebnisse wurden in einem umfassenden Bericht dokumentiert, der
leider nicht Aufnahme in die Publikation fand.39 Immerhin kann in diesem Band eine
Zusammenfassung der Auswertung vorgelegt werden , welche die für die kulturhistorische Bewertung wesentlichen Erkenntnisse aus feinschmiedetechnischer Sicht
beinhaltet.
ARCHÄOLOGISCH-KULTURHISTORISCHE AUSWERTUNG
Die Auswertung des Schatzfundes nach archäologischen, historischen und kunsthistorischen Kriterien bildet erwartungsgemäß das Kernstück nicht nur dieser Publikation, sondern des gesamten Projekts. Dank der bereits erwähnten guten Ausgangsbasis mit den in jüngster Zeit vorgelegten Schatzfund-Monografien zu Fuchsenhof und
Erfurt konnten sich die mit diesem Projektteil befassten Mitglieder des Projektteams
– Marianne Singer (Archäologie Service, St. Pölten), Andreas Zajic (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Mittelalterforschung) und Franz Kirchweger
EINFÜHRUNG
(Kunsthistorisches Museum Wien) – zunächst ganz auf die chronologisch-typologische
Einordnung der Einzelobjekte sowie auf die Analyse der epigrafisch-heraldischen und
kunsthistorischen Aspekte konzentrieren. 40
Den ersten Aufarbeitungsschritt setzte die exakte Inventarisierung der Fundobjekte
durch Marianne Singer, die eine Objekt-Datenbank nach dem Vorbild des FuchsenhofProjekts erstellte. 41 In dieser Datenbank wurden von Marianne Singer in weiterer Folge
alle deskriptiven Daten (Beschreibung, Maße, Material, Herstellungstechnik etc.) zu den
einzelnen Schatzobjekten zusammengeführt; sie diente auch als Basis für den Katalogteil dieses Buches.
Einen wesentlichen Impuls erhielt die kulturhistorische Auswertung – und mit ihr
das Gesamtprojekt – durch ein Werkstattgespräch, das am 23. und 24. Mai 2013 in
den Räumen des Archäologiezentrums in der Kartause Mauerbach abgehalten wurde.
Neben den Projektmitarbeitern und -mitarbeiterinnen wurden einige Fachkolleginnen
und -kollegen aus dem Ausland eingeladen, die mit ihren fundierten Beiträgen neue
Blickwinkel öffneten und Möglichkeiten aufzeigten (Abb. 5). 42 Insbesondere der Verbergungsgrund und die auffällige Zusammensetzung des Schatzfundes wurden intensiv
diskutiert, womit dem Projekt in vielen Belangen richtungweisende Anstöße gegeben wurden. Nicht zuletzt konnte sich das Projektteam bei dieser Veranstaltung auch
gründlich über die bis dahin erreichten Ergebnisse austauschen und Strategien für die
Schlussbewertung entwerfen.
Vor allem die sehr inhomogene zeitliche und räumliche Einordnung der Schatzobjekte stellte das Bearbeiterteam vor eine große Herausforderung. Dank der bereits angesprochenen und vieler weiterer internationaler Kontakte konnten aber die meisten
Fragen zufriedenstellend gelöst werden – ein eindrucksvoller Beweis für die große Hilfsbereitschaft und Kooperationswilligkeit der Fachkollegenschaft. 43 Viele Impulse – gerade auch im Hinblick auf die museale Präsentation des Schatzfundes – brachte zuletzt
eine zweitägige Exkursion des Projektleiters zusammen mit Matthias Pacher und Ernst
Lauermann (MAMUZ) nach Erfurt. 44
RESÜMEE UND AUSBLICK
Erst in der Schlussphase des Projekts öffneten sich mit den Hinweisen auf konkret fassbare historische Besitzer einzelner Objekte völlig neue Perspektiven hinsichtlich der Bewertung des Schatzfundes, die letztendlich auch das Projektteam zu einem weit über
das übliche Maß hinausgehenden Arbeitseinsatz zwangen. Letztendlich konnte aber
mit der vorliegenden Publikation ein Werk geschaffen werden, dass aus Sicht des Verfassers tatsächlich eine solide Basis für die künftige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem außergewöhnlichen Fundkomplex bieten wird.
Zweifellos können viele Detailfragen, etwa nach dem historischen Umfeld und auch
der kunsthistorischen Einordnung im gesamteuropäischen Umfeld, im Rahmen dieser
ersten Publikation nur teilweise beantwortet oder gar nur angerissen werden. Auch
dem gesamten Themenkomplex der herstellungstechnischen Analyse ist selbstredend
eine ausführlichere Publikation zu wünschen. Auf der anderen Seite ist die Archäologie
im Konzert der geisteswissenschaftlichen Disziplinen ja bekanntermaßen jene Fachrichtung, der dank permanenter Erschließung neuer Quellen die Unvollkommenheit –
oder besser gesagt: die zeitlich begrenzte Gültigkeit – ihrer Aussagen stets aufs Neue
vor Augen gehalten wird.
In diesem Sinn ist der vorliegende Band aus Sicht des Herausgebers auch ganz
schlicht als – derzeit beste verfügbare – Abbildung des Status quo zu lesen: Hier steht
die Forschung zu diesem außergewöhnlichen Fundkomplex im Jahr 2014, das ist unser
Bild des Schatzes von Wiener Neustadt.
DER SCHATZ VON WIENER NEUSTADT. BIOGRAFIE EINES SENSATIONSFUNDES
40 Siehe dazu die Beiträge von Marianne Singer, Andreas Zajic und
Franz Kirchweger in diesem Band. – Ihnen allen ist der Verfasser für das große Engagement und die Ausdauer, mit der sie
dieses Projekt wesentlich mitgetragen haben, zu großem Dank
verpflichtet. Besonders hervorzuheben ist zudem der Umstand,
dass die beiden letztgenannten Kollegen ihre Artikel unentgeltlich verfasst haben und Marianne Singer weitaus mehr als die
bezahlte Arbeitszeit in ihren Beitrag investiert hat. – Herzlicher
Dank gilt auch Günther Dembski (Wien) für die kostenlose
Erstellung eines Gutachtens zu der antiken Gemme Katnr. 45.
41 Die Struktur der Datenbank wurde nach dem Vorbild des
Fuchsenhof-Projekts von Karin Kühtreiber, der hierfür herzlich zu
danken ist, auf Basis des Programms MS-Access konzipiert. Für
die unentgeltliche Bereitstellung der Vorlage und die großzügige
Erlaubnis, Thomas Kühtreiber die Mitarbeit an dem Projekt im
Rahmen seines Dienstverhältnisses zu gestatten, ist der Verfasser der Leiterin des Instituts für Realienkunde des Mittelalters
und der frühen Neuzeit in Krems, Elisabeth Vavra, gleichfalls zu
großem Dank verpflichtet.
42 Den Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus dem Ausland – John
und Bridget Cherry (London), Észter Kovács (Budapest), Péter
Prohászka (Szeged), Maria Stürzebecher (Erfurt) und Tamás
Zoltán (Budapest) – ist an dieser Stelle für Ihr Entgegenkommen und die mannigfaltigen Hinweise und Hilfestellungen zu
danken.
43 Stellvertretend für viele andere Kolleginnen und Kollegen
sind hier besonders Maria Stürzebecher (Erfurt), John Cherry
(London), Stefan Krabath (Dresden), Péter Prohászka (Szeged)
und Anke Scholz (Tübingen) zu nennen, denen allen herzlich
zu danken ist. – Die Suche nach druckreifen Abbildungen von
Vergleichsfunden gestaltete sich in der hektischen Schlussphase
des Projekts ebenfalls durchaus mühsam. Für ihre bereitwillige
Hilfeleistung beziehungsweise die unentgeltliche Überlassung
von Bildmaterial ist hier Lloyd de Beer (London), Andreas Bichler (Wien), Hubert Emmerig (Wien), Wolfgang Haider-Berky
(Neunkirchen), Gábor Hatházi (Budapest), Eva Klein (Wiener
Neustadt), Stefan Krabath (Dresden), Michael Perschau (Düsseldorf), Manfred Prokisch (Linz), dem Kunsthistorischen Museum
(Wien), dem Magyar Nemzeti Múzeum (Budapest), dem Budapesti Történeti Múzeum (Budapest), Karin Sczech (Erfurt), Csaba
Tarcsay (Altenhof) sowie dem British Museum (London) und dem
Statens historiska museum (Stockholm) herzlich zu danken.
44 Die vielen Parallelen zwischen den Schatzfunden von Wiener
Neustadt und Erfurt fanden nicht nur in der vorliegenden Publikation ihren wissenschaftlichen Niederschlag, sondern führten
auch zu einer engen Zusammenarbeit des österreichischen Projektteams mit jenem aus Thüringen. Für die herzliche Aufnahme,
die stets gezeigte Kooperationsbereitschaft und viele Hilfestellungen bei der Aufarbeitung ist den Kolleginnen und Kollegen
aus Erfurt – genannt seien hier vor allem Oliver Mecking, Astrid
Pasch, Karin Sczech und Maria Stürzebecher – besonders herzlich
zu danken.
23
ZUSAMMENFASSUNG
Im Jahr 2007 fand ein Privatmann auf dem in seinem Eigentum befindlichen Grundstück im Stadtgebiet von Wiener Neustadt (Niederösterreich) beim Anlegen eines Biotops einen Gold- und Silberschatz. Die Objekte des Fundkomplexes waren nach Aussage
des Finders in einem Erdklumpen verpresst, der mit Ausnahme eines nicht mehr näher
zu definierenden Eisenobjekts, das der Finder verwarf, keine weiteren Stücke oder Reste
enthielt. Erst drei Jahre später stieß der Finder wieder auf den ohne weitere Behandlung in seinem Keller deponierten Erdklumpen und untersuchte ihn. Nachdem die Reinigung gezeigt hatte, dass es sich offenbar um alte Schmuckstücke handelte, meldete der
Finder den Schatzfund im Jahr 2010 dem Bundesdenkmalamt und übergab die Objekte
an die Abteilung für Archäologie zur Bearbeitung.
Zunächst im Auftrag des Finders und später – nach dem Ankauf des Schatzfundes
– mit Einverständnis des neuen Eigentümers, des Landes Niederösterreich, übernahm
das Bundesdenkmalamt 2011 die Koordination des Projekts zur wissenschaftlichen Auswertung des Schatzes. Aufgrund des eng gesteckten zeitlichen Rahmens – die Publikation der Ergebnisse sollte bereits anlässlich der für 2014 geplanten Ausstellung des
Schatzfundes vorliegen – und der trotz großzügigen Einsatzes von Mitteln des Bundesdenkmalamtes und des Landes Niederösterreich letztendlich doch begrenzten finanziellen Möglichkeiten fokussierte sich das Projektteam primär auf die möglichst exakte
Dokumentation, Beschreibung und typologisch-kulturhistorische Klassifizierung der
Einzelobjekte.
Im Rahmen des Projekts »Wissenschaftliche Aufarbeitung des Schatzfundes von
Wiener Neustadt« wurden zunächst eine restauratorische Reinigung der Einzelobjekte
sowie unterschiedliche Materialanalysen (Röntgenfluoreszenzanalyse, Rasterelektronenmikroskop-Analyse) durchgeführt. Die Dokumentation der Objekte erfolgte rein fotografisch, allerdings mit aufwändigster grafischer Nachbearbeitung. In weiterer Folge
wurde eine umfangreiche herstellungstechnische Dokumentation der Stücke erstellt.
Im Zuge der kulturhistorischen Auswertung gelang eine präzise typologisch-chronologische Einordnung der Schatzobjekte, die von Studien zu epigrafisch-heraldischen und
kunsthistorischen Aspekten flankiert wurde. Die historischen Recherchen erbrachten in
der Schlussphase des Projekts den eigentlich nicht mehr für möglich gehaltenen Beleg
für einen konkreten Bezug zumindest eines Bechers aus dem Schatzfund zu einer Wiener
Neustädter Familie und lieferte damit – neben Analysen von Korrosionsresten, die ein
dem angegebenen Fundort entsprechendes Bodenmilieu des Fundumfelds indizieren
– letztendlich auch einen konkreten Beleg für die Stichhaltigkeit der Fundgeschichte.
THE WIENER NEUSTADT HOARD. BIOGRAPHY OF A SENSATIONAL
FIND
Nikolaus Hofer
In 2007, a private person found a hoard of gold and silver while excavating a pond on
his own property in the Wiener Neustadt urban area (Lower Austria). According to the
finder, the objects were squashed together in a clod of earth, which apart from a not
identifiable iron object, which the finder threw away, contained no further pieces or remains. Three years later the finder rediscovered the earthen clod, where he had deposited it unceremoniously in his cellar, and examined it. After initial cleaning had shown
that the hoard appeared to consist of antique jewellery, the finder contacted the Federal Office for the Protection of Monuments in 2010 and handed over the objects to the
Department of Archaeology for analysis.
24
EINFÜHRUNG
In 2011, with the agreement of the finder and – following the purchase of the treasure by the Region of Lower Austria – of the new owners, the Federal Office for the Protection of Monuments took over the coordination of the scientific evaluation of the
find. Little time was available as the results were to be published in tandem with an
exhibition about the treasure in 2014 and money was also limited, despite generous
financial support by both the Federal Office for the Protection of Monuments and the
Region of Lower Austria. The project team therefore concentrated on an exact documentation, description and typological-cultural historical classification of the objects.
The first part of the project »Scientific analysis of the Wiener Neustadt hoard« consisted of the careful cleansing of the objects and various means of material analysis
(x-ray fluorescence analysis, analysis with a scanning electron microscope – SEM). The
documentation of the objects took place exclusively photographically, but highly sophisticated graphic methods were then employed. A comprehensive technical record
of the manufacturing methods used was prepared in a next step. The cultural historical evaluation process included the precise typological-chronological classification of
the hoard’s components, and was further accompanied by epigraphic-heraldic and art
historical analyses. Against all expectations, historical research in the closing phase of
the project was able to connect a beaker from the treasure to a known Wiener Neustadt
family. Together with the analysis of corrosion residues, which indicated a burial milieu
for the finds similar to that of the find spot, this clearly confirms the accuracy of the
story of the hoard’s discovery.
Translation: Paul Mitchell
DER SCHATZ VON WIENER NEUSTADT. BIOGRAFIE EINES SENSATIONSFUNDES
25
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Abkürzungsverzeichnis
Länderkürzel
Sonstige Abkürzungen
B – Belgien
BG – Bulgarien
BIH – Bosnien und Herzegowina
CH – Schweiz
CZ – Tschechische Republik
D – Deutschland
DK – Dänemark
E – Spanien
ENG – England
F – Frankreich
FIN – Finnland
GR – Griechenland
H – Ungarn
HR – Kroatien
I – Italien
IL – Israel
K – Kärnten (Österreich)
LV – Lettland
NL – Niederlande
NÖ – Niederösterreich (Österreich)
OÖ – Oberösterreich (Österreich)
PL – Polen
RO – Rumänien
RUS – Russland
S – Schweden
SB – Salzburg (Österreich)
SCO – Schottland
SER – Serbien
SK – Slowakei
TR – Türkei
Abb. – Abbildung
Anm. – Anmerkung
Bearb. – Bearbeiter
ca. – circa
Ders. – Derselbe (Autor)
Dies. – Dieselbe(n) (Autorin, Autoren, Autorinnen)
ebd. – ebenda
etc. – et cetera
fol. – folio
Hrsg. – Herausgeber
Invnr. – Inventarnummer
Jh. – Jahrhundert(s)
Katnr. – Katalognummer
n./v. Chr. – nach/vor Christi Geburt
pl. – plate
r – recto
Red. – Redaktion
Reg. Nr. – Regest Nummer
Scrin. – Scrinium (Signaturenkürzel im Wiener Neustädter Stadtarchiv)
Tab. – Tabelle
Taf. – Tafel
u. a. – und andere (Literaturzitat)
Urk. – Urkunde
v – verso
vgl. – vergleiche
z. B. – zum Beispiel
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
335
Autorinnen und Autoren
Mag. Dr. Birgit Bühler
Universität Wien
VIAS Vienna Institute for Archaeological Science
Franz-Klein-Gasse 1
1190 Wien
Dipl.-Ing. Dr. Bernadette Frühmann
Akademie der Bildenden Künste Wien
Institut für Naturwissenschaften und Technologie
in der Kunst
Schillerplatz 3
1010 Wien
Mag. Nikolaus Hofer
Bundesdenkmalamt
Abteilung für Archäologie
Hofburg, Säulenstiege
1010 Wien
Dipl.-Min. Dr. Klaudia Hradil
Technische Universität Wien
Röntgenzentrum XRC
Getreidemarkt 9
1060 Wien
Mag. Dr. Franz Kirchweger
Kunsthistorisches Museum
Burgring 5
1010 Wien
Mag. Dr. Thomas Kühtreiber
Universität Salzburg
Interdisziplinäres Zentrum für Mittelalterstudien
Institut für Realienkunde des Mittelalters und der
frühen Neuzeit
Körnermarkt 13
3500 Krems an der Donau
Dr. Joachim Lutz
Klaus-Tschira-Archäometrie-Zentrum an der
Universität Heidelberg,
ein Institut der Curt-Engelhorn-Zentrum
Archäometrie gGmbH
D6, 3
68159 Mannheim
Deutschland
336
Dott.ssa Irene Martina
Akademie der Bildenden Künste Wien
Institut für Naturwissenschaften und Technologie
in der Kunst
Schillerplatz 3
1010 Wien
Mag. Ing. Mathias Mehofer
Universität Wien
VIAS Vienna Institute for Archaeological Science
Archäometallurgie
Franz-Klein-Gasse 1
1190 Wien
Dipl.-Ing. Dipl.-Ing. Dr. Michael Melcher
Akademie der Bildenden Künste Wien
Institut für Naturwissenschaften und Technologie
in der Kunst
Schillerplatz 3
1010 Wien
Prof. Dr. Ernst Pernicka
Klaus-Tschira-Archäometrie-Zentrum
an der Universität Heidelberg,
ein Institut der Curt-Engelhorn-Zentrum
Archäometrie gGmbH
D6, 3
68159 Mannheim
Deutschland
und
Universität Heidelberg
Institut für Geowissenschaften
Im Neuenheimer Feld 234–236
69120 Heidelberg
Deutschland
Mag. Gunn Pöllnitz
Akademie der Bildenden Künste Wien
Institut für Naturwissenschaften und Technologie
in der Kunst
Schillerplatz 3
1010 Wien
AUTORINNEN UND AUTOREN
O.Univ.-Prof. Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Manfred
Schreiner
Akademie der Bildenden Künste Wien
Institut für Naturwissenschaften und Technologie
in der Kunst
Schillerplatz 3
1010 Wien
Dávid Zs. Schwarcz
c/o Universität Wien
VIAS Vienna Institute for Archaeological Science
Franz-Klein-Gasse 1
1190 Wien
Marianne Singer M. A.
Obermüllnerstraße 11/33–34
1020 Wien
und
AS Archäologie Service
Porschestraße 39
3100 St. Pölten
Dipl.-Ing. Dr. Rita Wiesinger
Akademie der Bildenden Künste Wien
Institut für Naturwissenschaften und Technologie
in der Kunst
Schillerplatz 3
1010 Wien
Priv.-Doz. Dr. Andreas Zajic, MAS
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Institut für Mittelalterforschung
Wohllebengasse 12–14
1040 Wien
Abbildungsnachweis
Abb. 1: Martina Hinterwallner, Bundesdenkmalamt
Abb. 2: Vorlage: Creative Commons AttributionShareAlike 3.0 License; Bearbeitung: Franz Siegmeth
Abb. 3: Vorlage: ÖK 1 : 50.000, Blatt 5201 Wiener Neustadt, © BEV 2014, vervielfältigt mit Genehmigung
des BEV – Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2014/105502; Bearbeitung: Franz
Siegmeth
Abb. 4, 113–119, 121, 122, 124–128, 130, 133–138, 140–143,
145, 146, 148–152, 154, 159, 163–166, 170–175, 177, 178,
180, 181, 183–186, 188, 189, 191, 193–197, 200, 201,
203–208, 212–220, 223, 225, 226, 228, 232, 235–237,
239–243, 245, 246, 248–250, 253–256, 259–264,
266–268, 271–274, 276, 279, 280, 283, 288, 292, 294,
297, 300, 302, 304, 306, 308, 309: Fotos: Paul Kolp;
Bearbeitung: Franz Siegmeth
Abb. 5: Bettina Neubauer-Pregl, Bundesdenkmalamt
Abb. 6–14: Michael Melcher, Gunn Pöllnitz, Bernadette
Frühmann, Akademie der bildenden Künste Wien
Abb. 15–20: Mathias Mehofer, VIAS, Universität Wien
Abb. 21, 25: Irene Martina, Rita Wiesinger, Akademie
der bildenden Künste Wien
Abb. 22–24, 26–27: Klaudia Hradil, Technische Universität Wien
Abb. 28–32: Ernst Pernicka, Universität Heidelberg
Abb. 33–37, 39, 41, 44–48, 50–55, 83, 87, 91, 101, 112:
Mathias Mehofer, VIAS
Abb. 38, 40, 42–43, 49, 56–82, 84–86, 88–90, 92–100,
102–111: Birgit Bühler und Dávid Zs. Schwarcz, VIAS
Abb. 120, 139, 153, 160, 182, 187, 192, 199, 211: Illustrationen: Franz Siegmeth; Erstpublikation: Bernhard
Prokisch und Thomas Kühtreiber (Hrsg.), Der
Schatzfund von Fuchsenhof, Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 15, Linz 2004
Abb. 123, 155, 158, 198, 221, 238, 269, 282: Computertomografie: Christian Gusenbauer; Bearbeitung:
Franz Siegmeth
Abb. 129: © National Museums Scotland
Abb. 131, 161, 162, 209, 234, 257: © Victoria and Albert
Museum, London
Abb. 132, 233: Karl Masner, Ein Schmuckfund aus
dem Mittelalter, Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift
N. F. 3, 1904, 73, Abb. 4; Taf. I
Abb. 144: Fritz R. Künker, Osnabrück, Auktion 130
(9. 10. 2007), Nr. 2888
Abb. 147: Hess-Divo AG, Zürich, Auktion 325 (23. 10.
2013), Nr. 711
Abb. 156: © Ashmolean Museum, Oxford
Abb. 157, 176, 251: András Dabasi
Abb. 167, 169, 202, 210, 227: Stefan Krabath
Abb. 168: Michael Perschau, Apud Angeron
Abb. 179: Wolfgang Haider-Berky
Abb. 190: © The British Museum, London
Abb. 222: Agence Photographique de la Réunion des
Musées Nationaux et du Grand Palais
Abb. 224: National Historical Museum, Stockholm,
Ulrik Skans
Abb. 229, 244, 314: Landesamt für Denkmalpflege
und Archäologie, Weimar (Fotoarchiv)
Abb. 230, 299: Fotos: Paul Kolp; Computertomografie: Christian Gusenbauer; Bearbeitung: Franz
Siegmeth
Abb. 231: Stipe Gunjača, Muzej hrvatskih starina od
oslobedenja do danas, Starohrvatska Prosvjeta 3,
1952, Abb. 14
Abb. 247, 311: Germanisches Nationalmuseum,
Nürnberg
Abb. 252: National Historical Museum, Stockholm,
Gunnel Jansson
Abb. 258: Bibliothèque nationale de France
Abb. 265, 275, 277, 278, 281, 284–287, 313: Franz
Siegmeth
Abb. 270, 289–291: Andreas Zajic
Abb. 293: Bence Tihanyi, Budapesti Történeti
Múzeum, Budapest
Abb. 295, 307: Kunsthistorisches Museum, Wien
Abb. 296, 301, 303: Magyar Nemzeti Múzeum, Budapest
Abb. 298: Foto: © The British Museum, London;
Bearbeitung: Franz Siegmeth
Abb. 305: Mainz, Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum, Margrit Hankel
Abb. 310: Stadtmuseum Wiener Neustadt
Abb. 312: Matthäus Merian, Topographia Provinciarum Austriacarum, Frankfurt am Main 1649, Doppelblatt nach Seite 30.
ABBILDUNGSNACHWEIS
337
Taf. 1–135: Fotos: Paul Kolp; Bildbearbeitung und
Tafellayout: Franz Siegmeth