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Christian Bachhiesl, Markus Handy (Hg.) Kriminalität, Kriminologie und Altertum Antike Kultur und Geschichte LIT SONDERDRUCK AUS: Christian Bachhiesl, Markus Handy (Hg.) Kriminalität, Kriminologie und Altertum LIT Antike Kultur und Geschichte herausgegeben von Prof. Dr. Kai Brodersen (Universität Erfurt) Band 17 LIT Gedruckt mit Unterstützung der Karl-Franzens-Universität Graz, des Landes Steiermark und des Hans Gross Kriminalmuseums, Universitätsmuseen der Karl-Franzens-Universität Graz Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-643-50639-9 L © IT VERLAG GmbH & Co. KG Wien 2015 Krotenthallergasse 10/8 A-1080 Wien Tel. +43 (0) 1-409 56 61 Fax +43 (0) 1-409 56 97 E-Mail: wien@lit-verlag.at http://www.lit-verlag.at Auslieferung: Deutschland: LIT Verlag Fresnostr. 2, D-48159 Münster Tel. +49 (0) 2 51-620 32 22, Fax +49 (0) 2 51-922 60 99, E-Mail: vertrieb@lit-verlag.de Österreich: Medienlogistik Pichler-ÖBZ, E-Mail: mlo@medien-logistik.at E-Books sind erhältlich unter www.litwebshop.de Empirie und Hermeneutik Nutzen und Nachteil interdisziplinärer Zusammenarbeit von Archäologie und Kriminalwissenschaft Christian Bachhiesl 1. Zur Einleitung ein Baumstrunk Für die Kriminalwissenschaft – wir wollen, zumal eine scharfe Trennlinie gerade bei der im Folgenden behandelten Thematik ohnehin nicht gezogen werden kann, hier die sich gegenseitig bisweilen befehdenden Bündel an praktisch-kriminalistischen und theoretisch-kriminologischen Teil- und Subdisziplinen unter diesem Begriff zusammenfassen – hat sich die Archäologie immer wieder einmal als durchaus nützliche Hilfswissenschaft erwiesen.1 Und auch die Archäologie profitiert von kriminalwissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen, und zwar, so die Archäologin Gabriele Mante, nicht zuletzt aufgrund der Wesensgleichheit von Archäologie und Kriminologie in Bezug auf ihre Aufgabenstellung: „Suche, Sicherung und Deutung von Spuren machen das gemeinsame Wesen von Archäologie und Kriminalistik aus.“2 Dabei habe aber die Kriminalwissenschaft ein höheres 1 2 Dies belegen u.a. etliche Beiträge im „Archiv für Kriminologie“; vgl. z.B. Steffen Berg, Archäologie und Rechtsmedizin, in: Archiv für Kriminologie 200 (1997), S. 129 – 142; Wolfgang Bonte, Peter Pieper, Original oder Fälschung? Ein Beitrag zur Qualifizierung der sogenannten Weser-Runenknochen, in: Archiv für Kriminologie 168 (1981), S. 65 – 77; Vilmos Földes u.a., Atomabsorptions-spektrophotometrische Untersuchung des Gehaltes an anorganischen Substanzen von Skelettbefunden zur Ermittlung der Dauer des Begrabenseins in der Erde, in: Archiv für Kriminologie 166 (1980), S. 105 – 111; Michael Stiel, Reinhard Dettmeyer, Burkhard Madea, Explosiver „römischer“ Fund, in: Archiv für Kriminologie 217 (2006), S. 36 – 44. Ausführlich zu dieser Thematik vgl. Steffen Berg, Renate Rolle, Henning Seemann, Der Archäologe und der Tod. Archäologie und Gerichtsmedizin (München, Luzern 1981). Gabriele Mante, Spuren lesen: Die Relevanz kriminalistischer Methoden für die archäologische Wissenschaft, in: Ulrich Veit, Tobias L. Kienlin, Christoph Kümmel, Sascha Schmidt (Hrsg.), Spuren und Botschaften: Interpretationen materieller Kultur (=Tübinger Archäologische Taschenbücher) (Münster u.a. 2003), S. 157 – 172, 157. 280 Empirie und Hermeneutik methodologisches Reflexionsniveau erreicht: „Sowohl Archäologie als auch Kriminalistik sind retroduktive, detailbezogene Wissenschaften des Spurenlesens, doch ist es hier eindeutig die Kriminalistik, die diesbezüglich ein größeres und expliziteres Bewusstsein zeigt.“3 Der Nutzen dieser interdisziplinären Kooperation liegt also auf der Hand, wo doch Archäologie wie Kriminalwissenschaft geradezu Paradebeispiele für dem sogenannten Indizienparadigma verpflichtete Wissensfelder zu sein scheinen.4 Und so mag es vielleicht als fehl am Platze erscheinen, da auch von Nachteilen sprechen zu wollen. Es ist doch lobenswert, wenn die Kriminalwissenschaft auch jenseits ihres meist tragischen und oft traurigen Forschungsfeldes der Wissensgewinnung auf die Sprünge helfen, und die Archäologie das Licht ihrer geisteswissenschaftlichen Erkenntnis auf so gegenwartsrelevante epistemische Ziele wie die Verbrechensaufklärung scheinen lassen kann. Und doch sei schon einleitend darauf hingewiesen, dass diese so fruchtbringende Zusammenarbeit einer geisteswissenschaftlichen (die meisten Archäologen sehen sich ja noch als Geisteswissenschafter) und einer naturwissenschaftlichen (die meisten Kriminalwissenschafter fühlen sich den Naturwissenschaften zugehörig) Disziplin auch ihre epistemologischen Tücken in sich birgt. Diese epistemologischen und methodologischen Tücken wollen wir im Folgenden einer kurzen theoretischen Reflexion unterziehen, um die so gewonnenen Einsichten alsdann anhand eines konkreten Beispiels aus der Praxis der interdisziplinären Kooperation von Archäologie und Kriminalwissenschaft in Relation zu setzen. Zuvor aber wollen wir kurz ein gleichsam archäologisches Objekt aus den Beständen des Hans Gross Kriminalmuseums der Karl-Franzens-Universität Graz in den Blick nehmen, das wohl in irgendeiner Weise mit einem Verbrechen in Zusammenhang steht. Es handelt sich da um den Wurzelstrunk und das unterste Stammsegment eines kleinen Baumes, eingesandt vom Bezirksgericht Marburg (damals Untersteiermark, heute Maribor in Slowenien). Über dieses Objekt ist nicht mehr bekannt als folgender, auf der zugehörigen Karteikarte verzeichneter Text: 3 4 Mante, Spuren lesen, S. 170. Zum Begriff des Indizienparadigmas vgl. Carlo Ginzburg, Faden und Fährten – wahr falsch fiktiv (Berlin 2013); Sibylle Krämer, Was also ist eine Spur? Und worin besteht ihre epistemologische Rolle? Eine Bestandsaufnahme, in: Sybille Krämer, Werner Kogge, Gernot Grube (Hrsg.), Spur. Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst (Frankfurt am Main 2007), S. 11 – 33. Christian Bachhiesl 281 „Am 10. 11. 1907 wurde vom Winzer Franz Mutuc in Gatschnig beim Kellergraben neben der Winzerei ungefähr 1 m tief ein Skelett gefunden, welches nach dem Gutachten der ärztlichen Sachverständigen von einem ca. 20jährigen weiblichen Individuum herrührte und 60 – 80 Jahre in der Erde gelegen haben mochte. Über dem Kopf stand ein vermoderter Baumstrunk, offensichtlich wurde ein Baum hingepflanzt um bezüglich der frisch aufgeworfenen Erde den Verdacht abzulenken.“5 Abb. 1: Über dem Haupt eines vergrabenen Skelettes gepflanzter Baum [© Hans Gross Kriminalmuseum, Universitätsmuseen der Karl-Franzens-Universität Graz / Barbara Schönhart, 30. 10. 2014] Dieser schaurige Fund regte die Phantasie des Grazer Kriminalwissenschafters Hans Gross in ausreichendem Maße an, um eine Aufnahme dieses Objekts in die Bestände des Kriminalmuseums gerechtfertigt erscheinen zu lassen, wiewohl seine konkrete Aussagekraft – über die allgemeine Feststellung hinaus, dass das heimliche Vergraben von Leichen gerne getarnt oder aber markiert wird – nicht allzu weit reicht.6 Hans Gross war nun allerdings 5 6 Hans Gross Kriminalmuseum, Inv.-Nr. 2107/13 (Karteikarte, Baumstrunk); das Zitat stammt von der Karteikarte. Eine großartig erzählte, (hoffentlich) rein fiktionale Geschichte über das Pflanzen nicht eines Baumes, sondern eines Zaunpfahles über dem improvisierten Grab eines britischen Landwirtes findet sich in Magnus Mills, Die Herren der Zäune. Roman (Frankfurt am Main 2000), S. 38 – 41. 282 Empirie und Hermeneutik nicht nur ein geradezu besessener Kriminalwissenschafter, er brachte auch ein gewisses Interesse für archäologische Fragestellungen auf,7 was mit ein Grund für die Aufnahme dieses Baumstrunkes in die von ihm begründete Sammlung gewesen sein mag. Mit den um 1900 in der Kriminalwissenschaft gängigen Methoden konnte man diesem Fund nicht allzu viele Informationen entlocken. Heutzutage könnte da wohl weit mehr ans Tageslicht gebracht werden als bloß ein etwa 70 Jahre vergraben gewesenes Frauenskelett und der Baumstrunk über dessen Schädel. Eines aber ist wohl heute wie vor etwa hundert Jahren noch so: Betrachtet man dieses Objekt, kommen einem unwillkürlich düstere Geschichten in den Sinn, vom Totschlag an einer untreuen Braut über den kühl geplanten und durchgeführten Mord an einer unglücklicher Weise schwanger gewordenen Magd bis hin zum fatalen Unfall, der einer eben erst aufgeblühten Tochter das Leben kostete. Oder liegt ein abergläubisch motiviertes Verbrechen vor?8 Diese Geschichten, die alle auf die sich aufdrängende Frage: Warum vergräbt einer heimlich eine junge Frau? Antwort geben wollen, sind freilich nur Narrative. Aber gerade die Kraft von – zum größten Teil fiktiven – Narrativen spielt, wie wir im Folgenden sehen werden, bei der hermeneutischen Erschließung des Informationsgehalts und der epistemischen Bedeutung materieller Objekte nicht die geringste Rolle, wenn beteiligte Personen nicht mehr greifbar und andere Informationsquellen nicht erschließbar sind. 7 8 Vgl. Vgl. Stephan Karl, Christian Bachhiesl, Hans Gross als Archäologe. Zum Stellenwert der Archäologie in der „enzyklopädischen“ Kriminologie, in: Archiv für Kriminologie 234 (2014), S. 19 – 32. Die frühen Kriminalwissenschafter zogen, wenn eine rationale Erklärung menschlichen Verhaltens nicht offensichtlich auf der Hand lag, auch abergläubische Motive in Betracht. Was etwa Bäume anbelangt, so gab es da etwa die Praktiken des Einpflöckens oder Vernagelns, vgl. Albert Hellwig, Krimineller Aberglaube in der Schweiz, in: Archiv für Kriminal-Anthropologie und Kriminalistik 39 (1910), S. 277 – 295, 290f. Zur Bedeutung des Aberglaubens in der frühen Kriminalwissenschaft vgl. Christian Bachhiesl, Aberglaube und Kriminalwissenschaft um 1900. Der Positivismus der Kriminologen und ihre Rationalisierung des Irrationalen, in: Eva Kreissl (Hrsg.), Kulturtechnik Aberglaube. Zwischen Aufklärung und Spiritualität. Strategien zur Rationalisierung des Zufalls (Bielefeld 2013), S. 145 – 167; Sonja Maria Bachhiesl, Krimineller Aberglaube im Umfeld von Schwangerschaft und Geburt, in: Eva Kreissl (Hrsg.), Kulturtechnik Aberglaube. Zwischen Aufklärung und Spiritualität. Strategien zur Rationalisierung des Zufalls (Bielefeld 2013), S. 209 – 229. Christian Bachhiesl 283 2. Kursorische Überlegungen zu methodologischen und epistemologischen Herausforderungen Archäologie und Kriminalwissenschaft haben offensichtlich ein ähnliches epistemologisches Profil: Sie müssen aus vorwiegend materiellen Überresten auf menschliches Verhalten, Fühlen und Wollen, also auf etwas letztendlich Immaterielles, schließen. Man muss aus sogenannten Sachbeweisen oder auch nur aus Spuren materieller Manifestationen auf den Verlauf von Ereignisketten und auf die dahinter stehenden menschlichen Intentionen schließen. Mit anderen Worten: Aus auf der Grabung resp. am Tatort vorgefundenen materiellen Objekten und Fund-Befund-Zusammenhängen muss oder sollte doch zumindest auf die mentalen Zustände, Emotionen und Intentionen geschlossen werden, und dies mit solcher Beweis- und Überzeugungskraft, dass selbst mit empirisch-exakten Methoden kaum fassbare Qualia als Fakten erkannt werden. Aus materiellen, also quantitativen Fakten sollen, so weit irgend möglich, qualitative Fakten abgeleitet werden; die materiellen Hinterlassenschaften mentaler Zustände sollen eine nachträgliche Materialisierung eben dieser Zustände ermöglichen. Das heißt, letztlich sollen die – stets in der Vergangenheit liegenden und damit unmittelbar nicht mehr fassbaren – Emotionen, Intentionen und Motive, die menschliches Handeln veranlassten, auf Materielles reduziert werden – dass dies erfolgreich möglich ist, ist eine wesentliche Bedingung für Archäologie wie für Kriminalwissenschaft, wenn sie denn eine für Menschen relevante Erkenntniskraft entfalten wollen. Daher wird die Möglichkeit dieser Quantifizierung von Qualia mittels retrospektiver, auf mehr oder weniger reflektierter hermeneutischer Durchdringung beruhender Dematerialisierung oder, vielleicht besser, Meta-Materialisierung von Funden und Spuren grundsätzlich bejaht. Dahinter steht die Grundannahme, dass, wenn man seine Erkenntnisgewinnungsstrategie auf die Auswertung von Materiellem hin ausrichtet, kulturelle Fragestellungen auf materielle Aspekte reduziert werden können. Denn wenn kulturelle, ja individuelle Kontingenzen nicht oder nur am Rande Beachtung finden, dann könne die oft konstatierte epistemologische und methodische Lücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaften leicht überbrückt werden: „Die Frage, ob sich die Prähistorische Archäologie bei ihrer Positionsbestimmung im Rahmen der traditionellen Opposition von Geistes- und Naturwissenschaften grundsätzlichen Schwierigkeiten gegenübersieht, kann also 284 Empirie und Hermeneutik verneint werden.“9 Gottlob. Denn wenn diese epistemologische Lücke nicht besteht, wenn also alles Forschen aus einer einheitswissenschaftlichen epistemologischen Quelle entspringt, dann können natur- und geisteswissenschaftliche Methoden mehr oder weniger problemlos miteinander kombiniert und die von den verschiedenen Disziplinen gewonnenen Erkenntnisse ohne weiteres in die jeweils eigenen Wissensbestände übernommen und fruchtbar gemacht werden. Denn für die Archäologie gelte: „Bei aller Bedeutung naturwissenschaftlicher Verfahren in der Archäologie bleibt ein grundlegender Tatbestand gültig: sämtliche naturwissenschaftlichen Untersuchungen erfahren erst durch die archäologisch-historische Zielsetzung ihre Sinngebung, und diese Sinngebung basiert für die leitenden Fragestellungen auf einem historisch kulturwissenschaftlichen Forschungsinteresse.“10 Auch wenn der hier konstatierte „Tatbestand“ in strafrechtlicher Terminologie als Sachverhalt bezeichnet werden müsste, gilt auch aus naturwissenschaftlicher Perspektive dasselbe, denn mit gleichem Recht kann die Relevanz einer Fragestellung aus kultur- wie aus naturwissenschaftlichen Prämissen abgeleitet werden. Der Vorrang der einen oder der anderen epistemischen Henne vor dem Ei resultiert nicht aus einem methodisch oder epistemologisch zwingenden Beweis, sondern ist recht eigentlich die Konsequenz einer vor-epistemologischen Grundsatzentscheidung. So mancher Naturwissenschafter ist davon überzeugt, mit Hilfe seiner empirisch-induktiven Methode gewissermaßen exakte Metaphysik betreiben zu können – von der Hirnforschung wird bisweilen behauptet, das Wesen des Menschen aus den physikalischen und chemischen Prozessen in seinem Gehirn ablesen zu können.11 Und manch ein Historiker glaubt, in Anlehnung an die Methoden und Ergebnisse der Hirnforschung Lücken in den Quellen schließen und aus naturgesetzmäßigen Kausalitätspräsumtionen menschliche Emp9 10 11 Manfred K. H. Eggert, Archäologie: Grundzüge einer historischen Kulturwissenschaft (Tübingen, Basel 2006), S. 20. Ich möchte Herrn Prof. Dr. Manfred Lehner, Archäologe an der Karl-Franzens-Universität Graz, für den Hinweis auf dieses Buch und auf weitere Literatur zur archäologischen Methodik danken. Eggert, Archäologie, S. 27. Zu den epistemischen Horizonten der Hirnforschung und zur Kritik daran vgl. Brigitte Falkenburg, Mythos Determinismus. Wieviel erklärt uns die Hirnforschung (Heidelberg u.a. 2012); Christian Geyer (Hrsg.), Hirnforschung und Willensfreiheit. Zur Deutung der neuesten Experimente (Frankfurt am Main 2004). Christian Bachhiesl 285 findungen und Handlungsimpulse ableiten und so den „Schleier der Erinnerung“ lüften zu können.12 Der Archäologie sind die Schwierigkeiten, die sich aus der sinnstiftenden und bedeutungsgenerierenden Aufladung von Fundgegenständen und Fundzusammenhängen ergeben, wohl bekannt. „Allzu oft scheint sich als ironisches Leitmotiv das unter Archäologen kursierende geflügelte Wort aufzudrängen: ‚Was man nicht anders deuten kann, das sieh getrost als kultisch an‘.“13 Aber die an die Naturwissenschaften angelehnte Ermittlung gesetzmäßiger Kausalitätszusammenhänge oder zumindest statistischer Korrelationen14 lässt auch diese Hürde als überwindbar erscheinen; aus einander ähnlichen Grabungsbefunden lasse sich leicht auf religiöse Hintergründe schließen: „Das Ritual offenbart sich in der Archäologie dort am deutlichsten, wo die Gegenstände wiederholt in ähnlichem Kontext, in übereinstimmender Kombination und mit gleichen Manipulationen auftreten. Sie prägen die Form der Überführung der Gaben von dem profanen Lebensbereich in eine sakrale Sphäre.“15 Das mag ja häufig so stimmen, aber solcherlei Regelmäßigkeiten geben letztlich keine Gewähr, dass die hermeneutische Erfassung der Funde und Befunde durch den Archäologen tatsächlich die Emotionen und Intentionen jener Menschen, die die materiellen Relikte hinterlassen haben, wiedergibt. Trotz der Orientierung an Kausalitäten und Korrelationen und der daraus abgeleiteten Schlüsse bleibt der für nach Erkenntnis strebende Menschen nie ganz aufhebbare Unterschied zwischen Interpretament und Interpretandum bestehen. Und diese Differenz zwischen Interpretament und Interpretandum tritt umso schärfer hervor, wenn der Forscher es nicht mit naturwissenschaftlichen, sondern mit kultur- oder geisteswissenschftlichen Fragestellungen zu tun hat – aus hermeneutischer Perspektive gibt es sie also doch, die epistemologische Kluft zwischen Geistes- und Naturwissenschaften: 12 13 14 15 Vgl. Johannes Fried, Der Schleier der Erinnerung. Grundzüge einer historischen Memorik (München 2012). Die – lesenswerte – historiographische Umsetzung dieses epistemologischen Programms wurde versucht in: Johannes Fried, Karl der Große. Gewalt und Glaube. Eine Biographie (München 42014). Felix Müller, Götter, Gaben, Rituale. Religion in der Frühgeschichte Europas (=Kulturgeschichte der Antiken Welt, Bd. 92) (Mainz 2002), S. 1. Zur Kausalitätsproblematik vgl. Christian Bachhiesl, Naturgesetz und Menschenwerk. Epistemologische Überlegungen, ausgehend vom Geschichts- und Kausalitätsverständnis des Kriminologen Hans Gross, in: Christian Bachhiesl, Sonja Maria Bachhiesl, Johann Leitner, (Hrsg.), Kriminologische Entwicklungslinien. Eine interdisziplinäre Synopsis (Wien u.a., 2014) S. 277 – 307. Müller, Götter, Gaben, Rituale, S. 3. 286 Empirie und Hermeneutik „Die Kulturen der Gegenwart oder Vergangenheit, denen sich die Geisteswissenschaften zuwenden, sind kein kantisches Ding an sich wie in den Naturwissenschaften, sondern sind vergangene oder zeitgleiche Gegenwarten, so wie die Gegenwart künftige Vergangenheit ist. Der Spielraum für Interpretationen ist daher viel geringer als im Bereich der Natur, wo die Gegenstände der Forschung von den Wissenschaften geradezu konstituiert werden (jedenfalls nach der heute weithin akzeptierten Theorie Kants). Wie schon bemerkt, bleibt der Satz Vicos, daß wir nur das erkennen können, was wir selbst erzeugt haben – nämlich die Kultur und Geschichte –, weiterhin in Geltung. Das gilt auch noch unter interpretationistischen Voraussetzungen, mag auch das Instrumentarium der Geisteswissenschaften im einzelnen traditionellerweise reicher sein und neuerdings zusätzlich eine interpretative Zweideutigkeit angenommen haben. Die Geistesund Sozialwissenschaften sind weniger interpretabel als die Naturwissenschaften, und vielleicht haben sie gerade deshalb seit jeher Interpretationsmittel im schwachen Sinne ausgebildet.“16 Dass die Geisteswissenschaften weniger offen für Interpretationen sind als die Naturwissenschaften, die es doch mit der Beschaffenheit der Natur selbst zu tun haben, mag auf den ersten Blick paradox anmuten. Dass Naturwissenschafter dann, wenn sie ihre Beobachtungen und Experimente auf einen epistemologischen Nenner bringen müssen, gerne ins Feld führen, dass sie nicht die Welt selbst, sondern nur Modelle der Welt erklären, spricht jedoch für die Stichhaltigkeit der eben dargelegten Gedanken Hans Krämers. (Auf den Realitätsgehalt dieser Modelle und damit auf die Realismus-AntirealismusDebatte kann hier nicht eingegangen werden.17) In der archäologischen Methodik scheinen der erwähnte eingeschränkte Interpretationsspielraum sowie wachsende Zweifel an der Bedeutung von Gesetzmäßigkeiten generell eine Suche nach methodologischen Alternativen nach sich zu ziehen, wiewohl klar erkannt wird, dass ohne den Verweis auf gesetzesähnliche Regelmäßigkeiten die Reduktion von Immateriellem auf Materielles fragwürdig wird: 16 17 Hans Krämer, Kritik der Hermeneutik. Interpretationsphilosophie und Realismus (München 2007), S. 94f. Vgl. dazu Christian Suhm, Wissenschaftlicher Realismus. Eine Studie zur RealismusAntirealismus-Debatte in der neueren Wissenschaftstheorie (Heusenstamm 2005); H. Dieter Zeh, Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn? (Berlin, Heidelberg 2012). Christian Bachhiesl 287 „Es scheint sich abzuzeichnen, daß es eine auf sogenannte ‚harte‘, d. h. auf ‚kulturelle Gesetze‘ gegründete Ethnoarchäologie wegen fehlender Gesetzmäßigkeiten in den Kulturwissenschaften nicht geben kann. Statt dessen sollte man eine […] ‚weiche‘ Variante anstreben, die im Kontext eines strukturvergleichend-kulturellen Forschungsansatzes die Herausarbeitung von mehr oder weniger regelhaft ausgeprägten Verknüpfungen des Materiellen mit dem Immateriellen anstrebt. Inwieweit dies realisiert werden kann, wird die Zukunft zeigen.“18 Ob postmoderner Methodenwirrwarr, der seine Bedeutsamkeit immer häufiger aus computergestützten oder gar computergenerierten Arbeitsweisen herleiten will, zu besseren Ergebnissen als die quasi-positivistische Kausalitäts- und Gesetzesgläubigkeit führen wird, ist in der Tat höchst zweifelhaft. (Immerhin bleibt die wohl nicht ganz unbegründete Hoffnung, dass kluge Köpfe auch weiterhin kluge Gedanken hervorbringen werden, trotz Diskursbesessenheit, Dekonstruktionswut und digitalem Wahn.) Eines wird hier jedoch deutlich: Die von der Kriminalwissenschaft wie von der Archäologie rezipierten naturwissenschaftlichen Methoden führen nicht zu einer eindeutigen Ableitung von Immateriellem aus Materiellem. Die Übernahme und Weiterentwicklung naturwissenschaftlicher Methoden ist ein zentrales epistemologisches Element sowohl der Kriminalwissenschaft als auch der Archäologie. Beide Wissensfelder haben von dieser Ausrichtung an den Standards der Naturwissenschaften insofern in hohem Maße profitiert, als sich dadurch mehr Fakten mit größerer Sicherheit erkennen lassen. Was aber jenseits des faktisch Feststellbaren liegt – die transfaktischen und in gewisser Weise transzendenten Wissensbestände, die sich um die mentalen Zustände und Intentionen der handelnden Menschen gruppieren – kann mit jenen exakten Methoden nicht durchdrungen werden. Die Erwartung, mit Hilfe reduktionistischer Programmatik und exakter Methodik alle für die Aufklärung vergangener menschlicher Handlungsweisen relevanten Fragen eindeutig beantworten zu können, hat sich nicht erfüllt. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn hier handelt es sich nicht um Fragen rein faktischer Natur (wiewohl in ontologischer Hinsicht das Vorliegen eines mentalen Zustandes natürlich ein Faktum darstellt, aber eines, das in episte18 Manfred K. H. Eggert, Prähistorische Archäologie: Konzepte und Methoden (Tübingen, Basel 2001), S. 352. 288 Empirie und Hermeneutik mologischer Hinsicht als Faktum nicht erkannt werden kann).19 Hier geht es auch immer um gleichsam metaphysische Fragen, und die können mit naturwissenschaftlicher Methodik nicht zufriedenstellend abgehandelt geschweige denn beantwortet werden. Die Naturwissenschaft kann viel erklären, „[d]och sie erklärt uns nicht, wer wir sind.“20 Daher ist die Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden – und dies ist eines der Hauptscharniere der interdisziplinären Kooperation von Archäologie und Kriminalwissenschaft – für diese beiden Wissensfelder einerseits von großem Nutzen, weil die Zahl und epistemische Güte der dadurch erkennbaren Fakten vergrößert und damit auch die Ausgangslage für die weitere hermeneutische Erschließung verbessert wird. Andererseits kann die Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden diesen Wissensfeldern zum Nachteil gereichen, und zwar dann, wenn versucht wird, mittels naturwissenschaftlicher Methoden metaphysische Fragestellungen zu beantworten. Dann führt das übersteigerte Vertrauen in die Leistungsfähigkeit dieser Methoden zu einer Skepsisvergessenheit, die anstatt der erstrebten exakten und objektiven Erkenntnis erst recht vielfach unreflektierten intuitiven und subjektiven Anschauungen die Zügel schießen lässt. Dann vermeint der Forscher fest auf methodisch gesichertem Terrain zu stehen, obwohl er in der Tat auf metaphysisch glattem Eis dahinschlittert und früher oder später an die Bande der epistemologischen Kategorienverwechslung kracht. So gesehen hat es also durchaus seine Berechtigung, nicht nur vom Nutzen, sondern auch vom zumindest drohenden Nachteil der interdisziplinären Kooperation von Archäologie und Kriminalwissenschaft zu sprechen. Dazu muss noch in Betracht gezogen werden, dass in den Geistes- wie in den Naturwissenschaften die Narrativität eine entscheidende Rolle spielt. In den Geisteswissenschaften ist dies ein altbekannter Umstand, vor allem in der Geschichtswissenschaft, wiewohl bisweilen auch versucht wird, Geschichtsschreibung nicht nur narrativ, sondern auch strukturell und argumentativ zu zentrieren.21 Aber auch die Naturwissenschaften haben ihre Narrative, und 19 20 21 Vgl. hierzu Christian Bachhiesl, Zwischen Indizienparadigma und Pseudowissenschaft. Wissenschaftshistorische Überlegungen zum epistemischen Status kriminalwissenschaftlicher Forschung (=Austria: Forschung und Wissenschaft interdisziplinär, Bd. 8) (Wien u.a. 2012), S. 205 – 319. Falkenburg, Mythos Determinismus, S. 385. Zu verschiedenen Konzeptionen und Formen der Geschichtsschreibung vgl. z.B. HansJürgen Goertz (Hrsg.), Geschichte. Ein Grundkurs ( Reinbek bei Hamburg ³2007); Michael Hagner (Hrsg.), Ansichten der Wissenschaftsgeschichte (Frankfurt am Main 2001); Fritz Stern, Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Moderne Historiker. Klassische Texte von Voltaire bis zur Gegenwart (München 2011). Christian Bachhiesl 289 zwar in verschiedenerlei Hinsicht: Die Grazer Theologin und Philosophin Elisabeth Pernkopf etwa unterscheidet Narrative über die, zu den und in den Naturwissenschaften, um letztlich – J. G. Hamann zitierend – die Frage aufzuwerfen, ob die Natur nicht eine Fabel sei.22 Diese Frage muss man freilich nicht bejahen, um die (manchmal hinter betont formelhafter und reduzierter Sprache verborgene) Narrativität als wesentliches Element naturwissenschaftlicher Forschung herauszustellen. Entscheidend ist hier die Einsicht, „dass Narrative nicht lediglich eine literarische oder textuelle Form der Wissensstrukturierung und Wissensvermittlung sind, sondern dass ihnen grundlegende kognitive und epistemische Funktionen zukommen.“23 Es handelt sich bei diesen Narrativen nicht um fiktionales, sondern um faktuales Erzählen, um das Vorliegen von sogenannten Wirklichkeitserzählungen also.24 Bei allem Fokussieren auf Beobachtung und Experiment, bei allem Bemühen um eine rein argumentative und deskriptive Sprache kann es nicht ausbleiben, dass die Bruchstücke naturwissenschaftlicher Wissensgenerierung in mehr oder weniger große Erzählungen über die Natur und ihre Beschaffenheit einmünden. Die Naturwissenschaft will in letzter Konsequenz nicht nur fragmentierte Erkenntnisse über Versuchsanordnungen und Laborkonstellationen hervorbringen, sondern die Beschaffenheit der Natur erklären und die in ihr waltenden Zusammenhänge verstehen, und somit ist sie, ob sie es wahrhaben will oder nicht, immer auch (wenn auch nicht notwendigerweise vorwiegend oder gar ausschließlich) narrativ strukturiert. Und damit werden, wenn Geisteswissenschaften auf naturwissenschaftlichen Methoden und Forschungsergebnissen aufbauen, in ein ohnehin schon narrationsgesättigtes Wissensfeld mit den exakten Methoden mittransportierte Krypto-Narrationen eingeflochten, die vielleicht nicht besonders gut erzählt sind, aber sich mit den Autoritätsansprüchen der harten, exakten Wissenschaften umkleiden. Dies ist nun freilich nichts aus epistemologischer Sicht sonderlich Verwerfliches, nur 22 23 24 Vgl. Elisabeth Pernkopf, „Die Natur ist eine Fabel“. Narrative und Naturwissenschaften, in: Alexandra Strohmaier (Hrsg.), Kultur – Wissen – Narration. Perspektiven transdisziplinärer Erzählforschung für die Kulturwissenschaften (Bielefeld 2013), S. 323 – 341. Christina Brandt, Wissenschaftserzählungen. Narrative Strukturen im naturwissenschaftlichen Diskurs, in: Christian Klein, Matías Martínez (Hrsg.), Wirklichkeitserzählungen. Felder, Formen und Funktionen nicht-literarischen Erzählens (Stuttgart, Weimar 2009), S.81 – 109, 83. Zu den verschiedenen Erscheinungsformen und epistemischen Verheißungen von Wirklichkeitserzählungen vgl. die Beiträge in Christian Klein, Matías Martínez (Hrsg.), Wirklichkeitserzählungen. Felder, Formen und Funktionen nicht-literarischen Erzählens (Stuttgart, Weimar 2009). 290 Empirie und Hermeneutik will es eben bedacht sein, wenn Archäologie und Kriminalwissenschaft interdisziplinär interagieren. Denn, wie gesagt, mit dem Nutzen dieser Kooperation kann, wenn die jeweils schwachen bzw. wenig reflektierten Seiten der jeweiligen Epistemologie kombiniert werden, auch ein epistemischer Nachteil einhergehen. An dieser Stelle wollen wir die bislang bloß theoretischen Überlegungen abbrechen und versuchen, dem Dargelegten mittels eines Beispiels aus der Praxis der Kooperation von Archäologie und Kriminalwissenschaft ein wenig Plastizität zu verleihen. 3. Ein Beispiel: Der „Tatort Eulau“ In einem Kiestagebaugebiet im Saaletal, in der zu Naumburg gehörigen Ortschaft Eulau (Sachsen-Anhalt), wurden im Jahr 2005 vier Gräber gefunden, ungewöhnliche Gruppenbestattungen, die vom Archäologen Robert Ganslmeier und seinem Team ausgegraben wurden. In weiterer Folge wurde die Erforschung dieses kleinen Gräberfeldes zu einem anschaulichen Beispiel interdisziplinärer Zusammenarbeit. Die Ergebnisse wurden von Arnold Muhl, einem Archäologen am Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle, Harald Meller, Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte sowie des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle, und Klaus Heckenhahn, Wissenschaftsredakteur beim ZDF, in einem schön ausgestatteten und reich bebilderten Band im Konrad Theiss Verlag (Stuttgart) zusammenfassend publiziert. Dieser Band ist für ein breites Publikum verfasst und daher als populärwissenschaftlich zu bezeichnen; er trägt den Titel „Tatort Eulau. Ein 4500 Jahre altes Verbrechen wird aufgeklärt“. Aus diesem Grund waren die Autoren auch genötigt, ihre Argumente knapp und ohne die Möglichkeit, viel Raum für Alternativszenarien zu verwenden, darzulegen. Wie der Kriminalist und in weiterer Folge der Staatsanwalt und das Gericht mussten sie sich für ein Szenario entscheiden, das mit aller Konsequenz als das der Realität am nächsten kommende Szenario präsentiert wird. Dies lässt das Buch als besonders geeignet für die konkrete praktische Bedeutsamkeit der oben dargelegten theoretischen Überlegungen erscheinen. Hier wurde die ebenfalls 2010 erschienene Lizenzausgabe der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt herangezogen.25 25 Arnold Muhl, Harald Meller, Klaus Heckenhahn, Tatort Eulau. Ein 4500 Jahre altes Verbrechen wird aufgeklärt (Darmstadt 2010). Christian Bachhiesl 291 Abb. 2: Umschlagtitel des Buches „Tatort Eulau“ Die archäologische Grabung brachte zutage, dass es sich bei den vier in Eulau gefundenen Gräbern um Familienbestattungen handelt. Die Toten wurden in Hockerstellung bestattet, was eine Datierung in prähistorische Zeit nahe legt. Es handelt sich um Mehrfachbestattungen; ungewöhnlich 292 Empirie und Hermeneutik ist vor allem, dass sich mehrere der bestatteten Personen, jeweils Erwachsene und Kinder, anblicken, also mit einander zugewandten Gesichtern bestattet wurden. Dies legt den Schluss nahe, dass jeweils zusammengehörige Familienmitglieder in einem Grab bestattet wurden. Insgesamt wurden in den vier Gräbern 13 Personen bestattet – eine recht hohe Zahl, was auf ein außergewöhnliches Ereignis als Todesursache hinweist. Die vier Gräber bargen folgende Personengruppen: 1) Erwachsene Frau und Kind; 2) Erwachsener Mann und zwei Kinder; 3) Erwachsene Frau und drei Kinder; 4) Erwachsener Mann, erwachsene Frau und zwei Kinder. Die Gräber waren ungestört, die Bestatteten kamen also gemeinsam unter die Erde, und zwar in jener Position, in der sie ausgegraben wurden. Eine genauere archäologische Untersuchung ließ rasch erkennen, dass es sich hier um die Opfer von Gewalteinwirkung handelte. In einem weiblichen Skelett wurden zwei Pfeilspitzen gefunden, von welchen eine im vierten Lendenwirbel stecken blieb, und die andere im Bereich des Herzens liegend aufgefunden wurde. Das Schädeldach eines anderen weiblichen Skelettes wies zwei tiefe, quer verlaufende Hiebverletzungen auf. Die Handbzw. Unterarmknochen der beiden erwachsenen männlichen Bestatteten wiesen frische Brüche auf, was auf den Versuch hindeutet, mit bloßen Händen Schläge, die mit steinernen oder hölzernen Waffen geführt wurden, abzuwehren. Die Ursache des Todes der in Eulau Bestatteten muss also in einer kriegerischen oder kriminellen, jedenfalls feindseligen Gewalteinwirkung bestanden haben. Die Art der Bestattung und die Beigaben (vor allem die den männlichen Bestatteten beigegebenen Steinbeile) lassen erkennen, dass es sich um der Schnurkeramik-Kultur zugehörige Personen handelte. (Auf die Charakteristika dieser und der im Folgenden noch genannten prähistorischen Kulturen kann hier nicht eingegangen werden.26) Die ungewöhnliche Art der Bestattung – zum einen handelt es sich ausschließlich um Mehrfachbestattungen, zum anderen wurden die Bestatteten gewöhnlicherweise nicht mit einander zugewandtem Antlitz ins Grab gebettet – ließ die Ausgräber vermuten, dass in den Gräbern jeweils Familienangehörige beigesetzt wurden. An diesem Punkt kommt der üblichen archäologischen Methodik die Naturwissenschaft zu Hilfe. Denn die Vermutung, dass es sich um Fami26 Zu prähistorischen Kulturen im Überblick vgl. Hermann Parzinger, Die Kinder des Prometheus. Eine Geschichte der Menschheit vor Erfindung der Schrift (München 2014); zur Schnurkeramik-Kultur S. 266 – 269. Vgl. auch Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 42 – 53. Christian Bachhiesl 293 lienbestattungen handelt, ließ sich zur Gewissheit erhärten, da sich mittels DNA-Analyse einige der Kinder als leibliche Nachfahren der mit ihnen bestatteten Erwachsenen bestimmen ließen. (Manche Kinderskelette befanden sich in einem zu schlechten Erhaltungszustand, um eine DNA-Analyse durchführen zu können, man kann aber hier aufgrund der Bestattungsweise auf eine Eltern-Kind-Beziehung schließen.) In dem Grab, in dem die Frau mit den Hiebverletzungen im Schädeldach lag, befand sich ihr gegenüber und zugewandt ein Säuglingsskelett; hinter ihrem Rücken lagen zwei Skelette von Kindern, deren molekulargenetische Untersuchung ergab, dass sie nicht die Kinder der mit ihnen bestatteten Frau waren. In diesem Fall wurde erschlossen, dass es sich um Stiefkinder der Frau handelt. Besonderes Interesse rief das Grab hervor, in dem ein erwachsener Mann, eine erwachsene Frau und zwei Kinder lagen; die genetische Analyse ergab, dass es sich hierbei um Vater, Mutter und zwei Söhne handelt, was den „bislang ältesten gesicherten Nachwies einer Kernfamilie“ bedeutet.27 Die Beiziehung einer naturwissenschaftlichen Methode hat hier unmittelbare kulturhistorische Aussagekraft entfaltet – ein schönes Beispiel für den Nutzen interdisziplinärer Kooperation. Die für die Archäologie relevanten Aussagemöglichkeiten der DNA-Analyse sind freilich damit noch nicht erschöpft, sie reichen von „rein genetischer Identifikation organischer Funde jeglicher Art (Pflanzen, Tiere, Menschen etc.) über Verwandtschaftsanalysen (wie im Falle von Eulau) bis hin zu wesentlichen Beiträgen zu übergreifenden oder überregionalen Fragestellungen wie z.B. der Domestikation von Pflanzen und Tieren sowie zu Fragen der Faunen- und Florengeschichte.“28 Da hier noch nicht allzu viel Datenmaterial für Vergleichszwecke zur Verfügung steht, sind diese Potentiale noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden konnten aber im Falle des „Tatorts Eulau“ noch weitere wertvolle Erkenntnisse erzielt werden, etwa mit der 14C-Datierung organischen Materials, aus welcher sich ein Alter von ca. 4500 Jahren und damit eine chronologische Einordnung auf ca. 2500 v.Chr. ergab. Weiters zu nennen ist die Analyse der Strontium-Isotopen in den Zähnen der Bestatteten: Solange die Zähne eines Menschen wachsen, werden in ihnen aus der Nahrung aufgenommene Strontium-Isotopen eingelagert. Ein Vergleich der Strontium-Isotopen im Zahnschmelz mit den Strontium-Isotopen im lokalen Boden ergab, dass die in Eulau bestatteten 27 28 Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 39. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 39. 294 Empirie und Hermeneutik Männer und Kinder auch in dieser Region aufgewachsen waren. Die drei Frauen aber waren in einer anderen Gegend aufgewachsen, stammten also aus entfernteren Regionen – woher genau, lässt sich nicht sagen, denn „leider liegt noch keine lückenlose Kartierung zur Strontium-Isotopie für Mitteldeutschland vor, sodass über die Herkunft der Frauen keine letztgültige Gewissheit besteht.“29 Die Frauen könnten etwa aus dem Harz stammen, oder aber auch aus einer noch weiter entfernten Region. Jedenfalls stammten die Frauen in den Eulauer Gräbern von woanders her, es ist also wohl das Vorliegen von Exogamie zu konstatieren. Die Naturwissenschaft hat also Erkenntnisse zum „Tatort Eulau“ ermöglicht, die mit den traditionellen archäologischen Methoden allein nicht erzielt hätten werden können. Freilich hätte auch die Naturwissenschaft allein, ohne eine akribische Freilegung, Bergung und Analyse der Funde mit Hilfe archäologischer Methoden, nicht allzu viele für den konkreten Fall bedeutsame Erkenntnisse gezeitigt – als archäologische Methoden seien hier nur die exakte Aufnahme des Befundes, des Fundzusammenhanges genannt, die Anwendung breit gefächerten und vergleichenden Hintergrundwissens betreffend die verschiedenen prähistorischen Kulturen (wodurch die Zuordnung der Bestatteten zur Schnurkeramik-Kultur möglich wurde) und die aus der Geologie in die Archäologie übernommene Stratigraphie.30 Vor allem aber kann bei vorliegender Befundsituation mittels naturwissenschaftlicher Methoden eines nicht geklärt werden: Wer nämlich diejenigen Menschen waren, die die Eulauer Toten gewaltsam ins Jenseits befördert haben. Nur die Tatsache, dass die Frauen nicht aus der Eulauer Gegend stammten, könnte hier, wie wir sehen werden, einen leichten Hinweis geben. Doch bei der Identifizierung der Täter kann die Archäologie weiterhelfen. Von Tätern kann man wohl berechtigterweise sprechen. Dass Gewalteinwirkung vorliegt, ist klar. Ob es sich um kriegerisch oder verbrecherisch freigesetzte Gewalt handelt, ist wohl kaum mehr festzustellen, aber diese einer doch schon recht differenzierten Kultur entstammende Unterscheidung auch auf die Prähistorie anwenden zu wollen, mag als anachronistisch erscheinen; wir wollen also den Autoren des „Tatorts Eulau“ folgen und hier von einem Tatort, von Opfern und von Tätern sprechen. Wer aber waren 29 30 Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 63f. Zur archäologischen Methodik vgl. Eggert, Archäologie; Eggert, Prähistorische Archäologie. Zur Stratigraphie vgl. Steven M. Stanley, Historische Geologie (Heidelberg/ Berlin ²2001), S. 141 – 167. Zur theoretischen Grundlegung archäologischer Methodik vgl. Reinhard Bernbeck, Theorien in der Archäologie (Tübingen, Basel 1997). Christian Bachhiesl 295 also die Täter? Aus archäologischer Sicht kommen da zunächst einmal Angehörige der eigenen Kultur, also der Schnurkeramik-Kultur in Frage, oder aber Angehörige einer nahebei nachgewiesenen Kultur, nämlich der Glockenbecher-Kultur.31 Beides aber konnte aufgrund des archäologischen Befundes ausgeschlossen werden. Denn die für die genannten Kulturen charakteristischen Äxte sind zu schmal, um die oben erwähnten Hiebverletzungen im Schädeldach einer der Eulauer Frauen verursachen zu können, und die Pfeilspitzen, die im 4. Lendenwirbel und in der Herzgegend der anderen Frau steckten, können auch keiner der beiden genannten Kulturen zugeordnet werden. Die Hiebverletzungen aber deuten auf ein breitschneidiges Beil hin, wie es für eine andere zur selben Zeit im näheren regionalen Umfeld nachgewiesenen Kultur typisch ist, ebenso wie die Pfeilspitzen, die eine schlanke, querschneidige Form aufweisen: Solche Artefakte sind charakteristisch für eine im nördlichen Sachsen-Anhalt nachgewiesene Kultur, die sogenannte Schönfelder Kultur.32 Dank dieser „Indizien“, wie die Autoren des „Tatorts Eulau“ sagen, sind Angehörige der Schönfelder Kultur als „die Mörder“ identifiziert (womit natürlich keinesfalls gemeint sein kann, dass die Schönfelder Kultur mörderischer als andere prähistorische Kulturen gewesen sein muss). Aber was ist mit dieser Erkenntnis wirklich gewonnen, wenn da tatsächlich ein Kriminalfall vorliegen sollte, den man aufklären will? Man kann sich mit der dazu befragten Norma Literski in archäologischer Skepsis üben und sagen: „Ob es sich tatsächlich um Pfeilschüsse und damit um einen Überfall von Angehörigen der Schönfelder Kultur handelte, wird nie mit Sicherheit gesagt werden können.“33 Nun, wohl wahr, aber eine querschneidige Pfeilspitze in der Wirbelsäule deutet doch recht überzeugend darauf hin. Der präsumtive Überfall muss jedoch wie gesagt nicht unbedingt als Mordanschlag im modernen strafrechtlichen Sinne gedeutet werden, es könnte auch eine eskalierende kriegerische Auseinandersetzung vermutet werden. Hier geht es um die im theoretischen Teil genannten Qualia, um Emotionen, Intentionen und Motive, die das Handeln der Täter geleitet haben. Es ist nachvollziehbar, dass Angehörige der Schönfelder Kultur als Täter identifiziert werden. Aber die Motive der die Eulauer tötenden Menschen aus den in Eulau gefundenen materiellen Beweise und Indizien abzuleiten, das 31 32 33 Vgl. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 108 – 119. Vgl. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 120 – 139. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 136. 296 Empirie und Hermeneutik ist bei allen Leistungen, die Archäologie und Naturwissenschaft in diesem Fall erbracht haben, nicht möglich. Man will es nun aber doch genau wissen, was da warum passiert ist. Und in einem solchen Falle konsultiert man einen zuständigen Experten, und das muss dann wohl ein ausgewiesener Vertreter der Kriminalwissenschaft sein, und zwar am besten ein Psychologe, denn Psychologen kennen sich im Profiling aus. Der hier zugezogene Experte ist Michael C. Baurmann, Leitender Wissenschaftlicher Direktor der Kriminalistisch-kriminologischen Forschungsgruppe (KKF) des deutschen BKA. Baurmann war zwar zunächst skeptisch, in einem so weit zurückliegenden cold case noch etwas weiterbringen zu können, aber er empfand es als „reizvoll, aktuelle kriminologische Gesetzmäßigkeiten auf ihre historische Allgemeingültigkeit hin abzuklopfen und gegebenenfalls in die Analyse des Massakers in Eulau einzubringen.“34 Eine der aktuellen kriminologischen Gesetzmäßigkeiten (ob damit naturgesetzliche Kausalitäten oder statistische Korrelationen gemeint sind, wird nicht näher ausgeführt35), die Baurmann hier zur Anwendung bringt, ist der Umstand, dass die Täter am ehesten in der sozialen und geographischen Nähe der Opfer zu suchen sind: „In 80 bis 90 % der heutigen Fälle kommt der Täter aber aus der Nähe. Warum soll das vor 4500 Jahren so ganz anders gewesen sein?“36 Ja, warum eigentlich. Und eine zweite relevante „Grundhypothese“ bestehe darin, dass „Opfer- und Täterrollen sich vermischen und verändern können. Aktuelle Opfer waren früher vielleicht auch mal Täter und aktuelle Täter können auch später wieder zu Opfern werden.“37 Und mit Hilfe dieser natur- und geisteswissenschaftliche Methoden vereinenden kriminalpsychologischen Expertise können Archäologie und Naturwissenschaft nun doch noch zu einer Bestimmung des Motives der Täter voranschreiten, denn, so Baurmann, aus den in Eulau gefundenen materiellen Gegenständen und Überresten lassen sich wenigstens teilweise doch die mentalen Zustände der beteiligten Personen ablesen (wir wollen hier einmal davon absehen, dass es für die Klärung eines Verbrechens nicht ausreicht, bloß ein Kollektiv von Menschen, aber nicht konkrete Individuen als „Täter“ ausfindig zu machen): 34 35 36 37 Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 148. Zur Bedeutung der verschiedenen Kausalitätsbegriffe für die Kriminalwissenschaft vgl. Bachhiesl, Naturgesetz und Menschenwerk. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 149. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 149. Christian Bachhiesl 297 „Noch heute merkt man der 4500 Jahre alten Grabstätte an, dass es vermutlich schon lange vor, während und wahrscheinlich auch im Anschluss an das Massaker zwischen Opfer- und Tätergruppe zu erheblichen emotionalen Konflikten gekommen war. Das Erstaunliche für mich war, dass die ‚Eulauer‘ den vermutlichen damaligen Ablauf äußerst kompetent dokumentierten: Sie drückten ihre Gefühle so gut aus, dass ich glaube, dass wir dies 4500 Jahre später zum Teil noch nachvollziehen können.“38 Eulauer Schnurkeramiker als besonders kompetente Emotionskonservatoren, das ist in der Tat ein unerwartetes Ergebnis dieser interdisziplinären Kooperation. Aber welche Gefühle wurden nun konkret so kompetent dokumentiert? Hier spielt die oben erwähnte, durch die Untersuchung der Strontium-Isotopen belegte Exogamie der Eulauer Frauen die entscheidende Rolle: Sie kamen von wo anders her; eine der Frauen wohl als Ersatz für eine frühere, zur Zeit der Tat bereits verstorbene Frau, denn sie lag im Grab nicht nur neben dem (vermutlich) eigenen Kind, sondern auch noch neben zwei Stiefkindern. Da liegt dann offensichtlich der Schluss nahe, dass diese Frauen nicht ganz freiwillig zu den Männern von Eulau kamen, um hier als Ehefrauen und Mütter zu fungieren: Sie müssen wohl geraubt worden sein. Oder vielleicht brannten sie auch aus überschäumender Liebe zu den Eulauern mit denselben durch: „Doch womöglich verließen sie nicht mit Einverständnis der Angehörigen ihre Heimat. Auffällig ist nämlich, dass die Frauen ausgerechnet von Leuten aus dem Territorium ihres ehemaligen Stammes getötet wurden.“39 Ausgerechnet von Leuten aus ihrem ehemaligen Stamm also – aber war dem so? Erinnern wir uns, dass die Analyse der Strontium-Isotopen eben nicht die eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Region erlaubte. Und von den Tätern haben wir nur steinerne Pfeilspitzen, aber keine Zähne, und somit keine Strontium-Isotopen, die mit denen der Frauen verglichen werden könnten. Wir befinden uns hier im Bereich weitestgehender Spekulation, die aber als naturwissenschaftlich fundiertes Wissen ausgegeben wird. Da ist er also greifbar geworden, der Nachteil der interdisziplinären Kooperation. Aber dieses wahrlich erstaunliche Wissen über mentale Zustände von Tätern und Opfern, die schon seit tausenden von Jahren tot sind, umfasst noch weit mehr: 38 39 Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 150. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 147. 298 Empirie und Hermeneutik „Vermutlich beteiligten sich sogar vornehmlich die eigenen Blutsverwandten an der Unternehmung. Denn der absolute Vernichtungswille, der sich in diesem nachgerade hysterischen Gewaltexzess manifestiert, lässt sich am ehesten als Reaktion auf eine zutiefst verletzte Gefühlswelt begreifen. Mit dem gezielten Racheakt erreichten die Mörder zwei Dinge: 1. Die Abtrünnigen erhielten ihre ‚gerechte‘ Strafe, die womöglich als Nebeneffekt zugleich auch potentielle Nachahmerinnen abschreckte. Vielleicht sollten die ehemaligen Töchter auf diese Weise auch aus dem kollektiven Familiengedächtnis getilgt werden. Die gleichzeitige Tötung ihrer unerwünschten Kinder könnte den Vorsatz zur maximalen Vernichtung der Frauen widerspiegeln. Nichts sollte mehr von ihnen übrig bleiben. Man hätte die Kinder nämlich auch als wertvolle Arbeitskräfte versklaven können. Aber vielleicht wollte man sich nur potentieller Rächer entledigen. 2. Dieses Attentat sollte in seiner Grausamkeit wohl zugleich die Hinterbliebenen treffen. Sie waren schließlich der Grund, weshalb die Frauen ihre Heimat verlassen hatten. Somit verschaffte man sich also auch Genugtuung.“40 Geraubte oder durchgebrannte ehemalige Töchter, die aus gekränkter Familienehre von Familien- oder doch zumindest Stammesangehörigen mitsamt ihrer Nachkommenschaft maximal vernichtet werden – das alles lässt sich vielleicht und vermutlich, scheinbar aber doch mit wissenschaftlicher Plausibilität aus ein paar von den Opfern hinterlassenen Strontium-Isotopen und aus zwei von den Tätern verschossenen, querschneidigen Pfeilspitzen einwandfrei ableiten. Ein gnädiges Schicksal möge es den Lesern ersparen, von solchen interdisziplinär gewappneten Experten vor Gericht abhängig zu sein. Aber das ist, recht besehen, doch nicht mehr naturwissenschaftliche Methode und damit gewonnene Erkenntnis – es ist eine metaphysisch aufgeladene, alles Faktische transzendierende, hoch spekulative Erzählung. Es ist eine Narration, und zwar eine Narration, die schon per se eine gewisse Geschlossenheit aufweist (nicht zuletzt aufgrund des Weglassens alternativer, ähnlich kohärenter Ereignisabläufe), die aber ihre Überzeugungskraft nicht zuletzt dem immer wieder über die vielen Vielleichts und Vermutlichs gegossenen, strahlenden Licht der naturwissenschaftlichen Autorität verdankt. Die vie40 Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 147. Christian Bachhiesl 299 len mit naturwissenschaftlicher und archäologischer Methode gewonnenen Bruchstücke von Erkenntnis werden mit Hilfe der kriminalwissenschaftlichen Synthese aller beteiligten Methoden zu einer Erzählung zusammengeschustert, die eine mögliche, aber nicht wirklich wahrscheinliche Ereignisabfolge präsentiert. Hier ist man weit ins Reich der Spekulation eingetaucht, was an sich nichts Verwerfliches ist, weil Spekulation, wenn sie als solche erkannt und deklariert wird, ein legitimes Instrument der geisteswissenschaftlichen Methodik darstellt.41 Erkenntnisverschleiernd aber wirkt sich Spekulation dann aus, wenn sie im Gewissheit heischenden Gewand exakter, naturwissenschaftlicher Methodik verkleidet auftritt; dann führt sie, bei entgegenstehender Intention, eher zu fiktionalen denn zu faktualen Narrativen. Und genau auf das Generieren einer spannenden Fiktion läuft, so scheint mir, das von den Autoren des „Tatorts Eulau“ so akribisch ins Werk gesetzte Zusammenfügen der verschiedenen archäologischen, naturwissenschaftlichen und kriminalwissenschaftlichen Beweise, Indizien und Spekulationen hinaus. Von einer Wirklichkeitserzählung kann hier wohl nicht mehr gesprochen werden. Das war den Autoren des „Tatorts Eulau“ vielleicht auch bewusst, denn in dem Buch wird, verstreut zwischen den archäologisch, naturwissenschaftlich und kriminalpsychologisch argumentierenden Kapiteln und ohne explizite Bezugnahme auf diese, in fiktiver Weise der Ablauf der Ereignisse entfaltet. Diese im Inhaltsverzeichnis als „Story“ bezeichnete Fiktion ist durch den farbigen Seitenhintergrund und durch kolorierte, das im Text aus der Sicht der Opfer wie der Täter miterlebte Geschehen ins Bild setzende Illustrationen schon optisch aus dem (populär-)wissenschaftlichen Rest des Buches herausgehoben.42 Gleich nach der Einleitung hebt diese Geschichte durchaus dramatisch an: „In der Sekunde ihres Todes erkannte sie ihre Brüder. Wie hätte sie sie je vergessen können. Sie waren es, die die beiden Pfeile schnellen ließen, deren sirrendes Geräusch das Ende ankündigte.“43 Ist das methodisch begründete Ableitung mentaler Zustände aus materiellen Relikten? Oder nicht doch eher reine Fiktion, die die Phantasie anregt und ein zwar denkbares, aber nicht nachweisbares Geschehen vor Augen führt? Wirklichkeitserzählung, oder bloße Imagination, angeregt durch 41 42 43 Zur Spekulation vgl. Dieter Henrich, Werke im Werden. Über die Genesis philosophischer Einsichten (München 2011), S. 165; vgl. weiters Ulrich Kühne, Die Methode des Gedankenexperiments (Frankfurt am Main 2005). Außerdem wurde der „Tatort Eulau“ zu einem „Terra X“-Film veredelt; vgl. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 153 – 157. Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 12. 300 Empirie und Hermeneutik Fakten, die letztlich doch nichts Konkretes aussagen über das, was sich da im Einzelnen wirklich ereignet hat? Gerade um das, was wirklich geschehen ist, sollte es jedem Wissenschafter – egal, ob Geistes-, Natur oder Kriminalwissenschafter – gehen, wenn er Realitäten rekonstruieren will. Und die Wahrheitsfindung vor Gericht sollte sich erst recht am real Geschehenen orientieren, und sich nicht mit bloßen Kohärenzen bescheiden. Können die am „Tatort Eulau“ zu Tage geförderten Fakten nicht auch andere, ebenso plausible Erzählungen zulassen als diese: „Sie dachte: ‚In Kriegsbemalung sahen sie schon immer gut aus und gefährlich, und sie treffen immer.‘ Meister mit dem todbringenden Bogen der schwarzen Pfeile.“44 4. Schluss: Nutzen und Nachteil interdisziplinärer Kooperation Die kurze Betrachtung der interdisziplinären Erforschung dessen, was am „Tatort Eulau“ geschehen ist, hat sowohl den Nutzen als auch den Nachteil interdisziplinärer Kooperation zwischen Archäologie und Kriminalwissenschaft aufgezeigt, wobei naturwissenschaftliche Methoden einen entscheidenden Faktor für die Feststellung der Fakten und für die von diesen Fakten ausgehende hermeneutische Erschließung des vergangenen Geschehens darstellen. Die hier angewandten – und zumindest teilweise auch in der Kriminalwissenschaft herangezogenen – naturwissenschaftlichen Methoden bestanden z.B. im Erstellen von LIDAR-Laser-Scans des Geländes, in dem sich die Gräber befanden, in der Anwendung von anthropologischen Knochenuntersuchungen, von 14C-Datierung, vergleichender Analyse der Strontium-Isotopen und DNA-Analysen. Die Archäologie brachte in diese interdisziplinäre Kooperation die ihr vertrauten Methoden ein, z.B. Stratigraphie, genaue Befundaufnahme, archäologische Anthropologie und Realienkunde und kulturelle Zuschreibungen und Vergleiche ermöglichendes prähistorisches und altertumswissenschaftliches Hintergrundwissen. Mit Hilfe der Kombination von natur- und geisteswissenschaftlichen Methoden konnten zahlreiche Fakten ans Tageslicht gebracht werden. Aus diesem Grunde ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Archäologie und Kriminalwissenschaft auch so wichtig, was sich auch in zunehmender Zahl und Qualität solcher Kooperationen niederschlägt.45 44 45 Muhl, Meller, Heckenhahn, Tatort Eulau, S. 12. Vgl. z.B. die von der Archäologischen Sammlung des Universalmuseums Joanneum Christian Bachhiesl 301 Diese Fakten bedeuten eine doch recht breite Basis für die weiterführende Interpretation, aber für sich genommen erzählen sie noch nicht, was war. Dazu bedarf es der auf diesen Fakten beruhenden hermeneutischen Erschließung des Geschehens in Eulau. Aber diese Erschließung kann mit den genannten Methoden nicht geleistet werden, zumindest nicht so, dass wiederum Faktenwissen dabei produziert werden kann. Denn diese Methoden erbringen Aussagen im Hinblick auf materielle Gegenstände; die Rekonstruktion vergangener Ereignisse hat natürlich auch mit diesen Gegenständen zu tun, und im günstigsten Falle kann auf dieser Basis auch der Hergang der Geschehnisse weitestgehend, wenn auch nie gänzlich erschöpfend, nachvollzogen werden. Darüber hinaus ist für die Rekonstruktion menschlichen Verhaltens nämlich auch die sogenannte psychische Seite von entscheidender Bedeutung – man muss, will man verstehen, wie und warum jemand gehandelt hat, auch mentale Zustände, Emotionen und Intentionen mit in Betracht ziehen. Und dabei handelt es sich nicht um ohne weiteres quantifizierbare und vermessbare Fakten; recht betrachtet ist die Möglichkeit einer Quantifizierung von Qualia ähnlich zu beurteilen wie die Möglichkeit einer Quadratur des Kreises. Wir bewegen uns hier im weiten Feld des sogenannten weichen Wissens, der – wie ich das nennen möchte – transzendenten Wahrheit. Auch wenn hier Spekulationen und Gedankenexperimente durchgeführt werden, handelt es sich aber immer noch um Wissen, denn es wird versucht, möglichst schlüssig zu argumentieren und die Argumente sorgfältig gegeneinander abzuwägen, denn, anders als beim bloßen Meinen oder auch beim Glauben bedarf es hier der intersubjektiven, rationalen Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit. Und so kann man in Bezug auf den „Tatort Eulau“ zwar sagen, dass zur Schnurkeramik-Kultur gehörige Menschen von anderen Menschen, und zwar wahrscheinlich von Angehörigen der Schönfelder Kultur, in einer überfallsartigen Aktion getötet worden sind. Über die individuelle Identität der Täter und über ihre Motive, Emotionen und Intentionen kann man nichts Verlässliches aussagen. Hier müssen natur- und geisteswissenschaftliche Argumentationsstränge in Narrative einmünden – wohlgemerkt in Narrative, und nicht in bloß ein Narrativ, denn viele Szenarien sind hier mit gleicher Plausibilität vorstellbar. (Graz) in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Klinisch-Forensische Bildgebung (Graz) besorgte Ausstellung „Knochencode“: www.museum-joanneum. at/archaeologiemuseum-schloss-eggenberg/ausstellungen/ausstellungen/events/ event/16.05.2014 – 30.06.2015/knochencode. Vgl. auch die Aktivitäten des Arbeitskreises Forensische Archäologie (Wien): www.akforensik.at/. 302 Empirie und Hermeneutik Wer glaubt, hier dank sogenannter kriminalpsychologischer Gesetzmäßigkeiten („Gewalt kommt sehr oft aus räumlicher und sozialer Nähe“; „Opfer- und Täterrollen wechseln“) mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen zu können, dass es sich um einen Rachezug, der durch Flucht oder Raub von heiratsfähigen Frauen motiviert wurde, handelt, demonstriert sehr schön, dass es Nachteile interdisziplinärer Kooperation geben kann. Wer quasi-gesetzmäßige Kausalitäten auf Bereiche anwendet, in denen solche Kausalitäten nicht nachgewiesen werden können, sondern bestenfalls vage Korrelationen, die aber von Mensch zu Mensch und von Fall zu Fall variieren können, operiert schlicht mit untauglicher Methodik und Epistemologie. (An dieser Stelle sei angemerkt, dass es spannend wäre, die Eulauer Funde einer eingehenden kriminalistischen Fallanalyse zu unterziehen und die daraus resultierenden Ergebnisse mit den Ergebnissen des „Tatorts Eulau“ zu vergleichen.)46 Interdisziplinarität sollte nicht als Vorwand dafür dienen, die Grenzen und Schwächen der jeweils eigenen Methodik und Epistemologie zu verschleiern. Ohne die Erschließung weiterer Fakten kann im Falle des „Tatorts Eulau“ nichts bewiesen werden. Und so bleibt es bei mehreren gleichermaßen plausiblen Narrationen, in welchen faktuale und fiktionale Elemente ineinanderfließen: Es könnte sich um einen Raubzug einer verhungernden Kriegerschar gehandelt haben, die auf die Erbeutung von Nahrungsmitteln aus war; das Eulauer Geschehen könnte in umfassendere kriegerische Auseinandersetzungen eingebettet gewesen sein; aus verschiedenen Kulturen stammende Parias – prähistorische Outlaws sozusagen – könnten sich zusammengetan und die Rechnung für ihre Exklusion präsentiert haben; oder es könnte sich auch um den erwähnten Rachezug aus Anlass eines Frauenraubes gehandelt haben, auch das ist gleichermaßen plausibel. Wie gesagt – wissen können wir es nicht, was genau in Eulau an Handlungen und Empfindungen stattgefunden hat. Das lässt sich aus Sachbeweisen allein nicht ableiten. Denn materielle Überreste und Spuren können, wie der Archäologe Cornelius Holtorf festhält, „sobald sie als solche gesichert sind, keineswegs die Vergangenheit quasi von selbst zum Sprechen bringen, indem sie als historische Indizien Zugang zum ‚Kern der Dinge‘ erlauben. Stattdessen bedarf eines kreativen Interpretierens, um Spuren erst bedeutungsvoll werden zu lassen.“47 46 47 Vgl. Rolf Ackermann, Kriminalistische Fallanalyse (=Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik/Kriminologie, Bd. 13) (Hilden 2010). Cornelius Holtorf, Vom Kern der Dinge keine Spur. Spurenlesen aus archäologischer Sicht, in: Sybille Krämer, Werner Kogge, Gernot Grube (Hrsg.), Spur. Spurenlesen als Christian Bachhiesl 303 Anders als Kausalitäten im unbelebten Bereich lassen sich Emotionen und Intentionen von Menschen, und damit auch die Schuld im strafrechtlichen Sinne, nicht mit reinen Sachbeweisen belegen. Doch lässt die Autorität naturwissenschaftlich-exakter Argumentation und der ihr nicht selten entgegengebrachte Vertrauensvorschuss dies bisweilen vergessen. Archäologie und Kriminalwissenschaft jedoch täten gut daran, die manchmal hilfreiche, manchmal auch subversive Kraft von kohärent strukturierten Narrativen zu bedenken, und zwar gerade auch dann, wenn sie interdisziplinär zusammenarbeiten. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Archäologie und Kriminalwissenschaft findet häufig einen Mittelpunkt in den in beiden Wissensfeldern angewandten naturwissenschaftlichen Methoden. In Kombination mit den in der Archäologie gängigen geisteswissenschaftlichen Methoden kann so die Faktenkenntnis enorm erweitert werden, was die weiterführende hermeneutische Erschließung vergangenen menschlichen Verhaltens auf eine besser fundierte Basis stellt. Gelingt dies, so kann die interdisziplinäre Kooperation von unmittelbarem und mittelbarem Nutzen sein. Ein Nachteil kann sich aus dieser Kooperation aber insofern ergeben, als die Schwächen und Grenzen der jeweils eigenen Methoden durch die nicht ausreichend reflektierte Anwendung von im jeweils anderen Wissensfeld gängigen Methoden korrigiert werden sollen. Dabei kann es zur Anwendung von für die konkreten Fragestellungen untauglichen Methoden kommen, sodass gewissermaßen die methodologischen und epistemologischen Schwächen zweier Fächer summiert werden. Deutlich wird dies beim Versuch der eindeutigen Ableitung mentaler Zustände aus materiellen Überresten vergangenen menschlichen Handelns, bei der Quantifizierung von Qualia. Wenn die materiellen Beweise nicht mehr hergeben, und wenn auch keine Möglichkeit besteht, andere Erkenntnisquellen ergänzend zur Beantwortung einer metaphysisch beladenen Fragestellung heranzuziehen, ist es keine Schande, auf den bloßen Hypothesencharakter einer wissenschaftlichen Aussage hinzuweisen. Dem Wissenschafter steht ein leises non liquet allemal besser an als eine apodiktisch behauptete, aber irreführende Gewissheit. Orientierungstechnik und Wissenskunst (Frankfurt am Main 2007), S. 333 – 352, 333. 304 Empirie und Hermeneutik Literatur Rolf Ackermann, Kriminalistische Fallanalyse (=Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik/Kriminologie, Bd. 13) (Hilden 2010). Christian Bachhiesl, Aberglaube und Kriminalwissenschaft um 1900. Der Positivismus der Kriminologen und ihre Rationalisierung des Irrationalen, in: Eva Kreissl (Hrsg.), Kulturtechnik Aberglaube. Zwischen Aufklärung und Spiritualität. Strategien zur Rationalisierung des Zufalls (Bielefeld 2013), S. 145 – 167. Christian Bachhiesl, Naturgesetz und Menschenwerk. Epistemologische Überlegungen, ausgehend vom Geschichts- und Kausalitätsverständnis des Kriminologen Hans Gross, in: Christian Bachhiesl, Sonja Maria Bachhiesl, Johann Leitner, (Hrsg.), Kriminologische Entwicklungslinien. 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