Fritz Jürgens und Ulrich Müller (Hrsg.)
Historische
S TA N D P U N K T E U N D P E R S P E K T I V E N
Archäologie
A R C H ÄO LO G I E D E R M O D E R N E
Historische
Sonderband 2020
Archäologie
herausgegeben von:
Prof. Dr. Ulrich Müller
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Dr. Thomas Kersting
Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
Prof. Dr. Claudia Theune
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien
Prof. Dr. Natascha Mehler
Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
der Eberhard Karls Universität Tübingen
Archäologie der Moderne
Standpunkte und Perspektiven
Herausgegeben von
Fritz Jürgens und Ulrich Müller
In Kommission bei Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn
2020
Redaktion: Nils Müller-Scheeßel, Fritz Jürgens, Ulrich Müller, Nicole Bürkle,
Mara Lea Randt, Sebastian Wilhelm, Kiel
Englisches Lektorat: Eileen Kücükkaraca
Satz & Layout: Janine Cordts, Kiel
Bildbearbeitung: Janine Cordts, Kiel
Titelgestaltung: Janine Cordts, Kiel
Collagen: Titel und Collagen (S. 17, S. 99, S. 159, S. 219, S. 371) unter
Verwendung der Beitrags-Abbildungen: Janine Cordts, Kiel
Druck: BELTZ, Bad Langensalza
2020 in Kommission bei Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn
ISBN 978-3-7749-4282-0
Titel auch als eBook (PDF) erhältlich unter www.histarch.uni-kiel.de
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie. Detailliertere Informationen sind im
Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
© 2020 bei den Herausgeber*innen und Autor*innen
7
Archäologie der Moderne zwischen
Denkmalpflege, Forschung und
musealer Präsentation
Claudia Theune | Archäologie des 19. und 21. Jahrhunderts im
Spannungsfeld von Denkmalpflege, Gedenken und Ethik
19
Ulf Ickerodt | Realarchäologische Denkmalpflege der Moderne
– Ein neu entstehender Fachbereich zwischen inhaltlicher Etablierung
und organisatorischem Zusammenhang
31
Natascha Mehler | Archäologie der Moderne an Universitäten
und Forschungseinrichtungen
59
Matthias Wemhoff | Präsentationsformen für eine Archäologie der
Moderne in Museen und archäologischen Fenstern
71
Helmuth Albrecht | Industriearchäologie – Konkurrent oder Teil der
Archäologie der Moderne?
81
Archäologie der Moderne
als Industriearchäologie
Olaf Schmidt-Rutsch und Wolfram Essling-Wintzer | Vergessene Stahlzeit
– Die Steinhauser Hütte in Witten. Ein Beispiel für die Herausforderungen
und das Erkenntnispotential der Industriearchäologie
101
Detlef Hopp | Über Stahl und Bergbau in Essen
– Ungeliebte archäologische Relikte der Schwerindustrie. Ein Überblick
109
Fritz Jürgens und Nils Wolpert | Frühe Industrialisierung in
ländlichen Räumen am Beispiel Ostwestfalens
125
Fritz Jürgens | Der ehemalige Güterbahnhof Kiel-West oder:
„Eisenbahnarchäologie“ – ein weiteres Tätigkeitsfeld
der Neuzeitarchäologie!
137
Frigga Kruse | At the end of the world: industrial archaeology
on Spitsbergen in Svalbard
147
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S
Fritz Jürgens und Ulrich Müller | Einleitung
– Gliederungsmöglichkeiten einer Archäologie der Moderne
Archäologie des Ersten und Zweiten Weltkrieges
Florian Huber | UC 71 – Archäologie und Geschichte eines
deutschen U-Boots
161
Johannes Müller-Kissing | Kampfgräben und Streufunde zwischen
Teutoburger Wald und Weser – fachliche Grenzen und Möglichkeiten
auf einem vorbereiteten Gefechtsfeld des Zweiten Weltkrieges
179
Harald Stadler und Philipp Lehar | Archäologische Aspekte zur
Erforschung einer Zwangsdeportation im 20. Jahrhundert am Fall der
sogenannten Kosakentragödie in Lienz, Osttirol
195
Dark Heritage
Thomas Kersting | Archäologische Denkmalpflege an Objekten
des 20. Jahrhunderts in Brandenburg
221
Reinhard Bernbeck | Zwangsarbeit und ihr archäologischer Beleg:
Von dinglicher Affordanz zu einer Hermeneutik des Verdachts
251
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
271
Constanze Röhl and Peter I. Schneider | The Material Remains of the
Former Heeresversuchsanstalt Peenemünde between Mythicisation,
Uncomfortable Heritage and Reclamation
289
Barbara Hausmair | „Vernichtungslandschaft Wüste“. Zur Materialität
des NS-Terrors außerhalb des Lagerzauns
333
Archäologie des modernen Alltags
Regina und Andreas Ströbl | Vom Dorftischler zur Sargfabrik
– Bestattungskultur an der Schwelle zur Moderne
373
Felix Rösch, Hannes Buchmann, Timo Feike,
Katharina Hindelang und Katja Liebing | Bauhaus Ausgraben:
Archäologische Untersuchungen an einem unter Hannes Meyer
errichteten Laubenganghaus in Dessau-Törten
387
Fritz Jürgens | Ein Schein-Riese in Kiel – das Radioteleskop der
Christian-Albrechts-Universität Kiel
451
Ulrich Müller | Zwischen den Stühlen, zwischen der Zeit:
Graffiti im Johanna-Mestorf-Hörsaal der CAU Kiel
459
Fritz Jürgens und Ulrich Müller
Einleitung – Gliederungsmöglichkeiten einer
Archäologie der Moderne
Der zweite Sonderband der Historischen Archäologie versammelt Beiträge der Kieler Tagung „Archäologie der Moderne. Standpunkte und
Perspektiven“, die vom 3. bis 5. Dezember 2018 im Institut für Ur- und
Frühgeschichte der Christian-Albrechts-Universität stattfand. Der vorliegende Band enthält nicht nur einen Großteil der Vorträge dieser Tagung, sondern konnte durch weitere Beiträge von Barbara Hausmair,
Florian Huber, Fritz Jürgens und Claudia Theune ergänzt werden.
Diese Tagung und ihre Publikation fügen sich in eine Reihe von Projekten im deutschsprachigen Raum ein, welche die materiellen Hinterlassenschaften der Moderne, d. h. den Zeitraum des 19. bis 21. Jahrhunderts, in den Blick genommen haben. Nach einer Tagung in Österreich
2012 (Hebert u. a. 2013) veranstaltete die Deutsche Gesellschaft für
Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (DGAMN) 2014 eine Sitzung zur „Archäologie des 19. und 20. Jahrhundert“ (Arndt/Müller 2015;
DGAMN 2015). 2016/2017 entwickelte eine Fachgruppe im Deutschen
Verband für Archäologie (DVA) unter der Leitung von Matthias Wemhoff „Leitlinien für eine Archäologie der Moderne“. Diese wurden in der
Verbandszeitschrift Blickpunkt Archäologie 2017 publiziert (Arndt u. a.
2017) und stießen auf eine große Resonanz. In einem Fachgespräch der
Leopoldina zu „Kulturerbeschutz in Forschung und Lehre“ 2018 standen
auch die archäologischen Zeugnisse der Moderne in der Diskussion,
und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) organisierte 2019 ein
Treffen, um „Forschungsperspektiven zur Archäologie der Neuzeit und
Moderne“ interdisziplinär zu diskutieren und Förderungsperspektiven
zu eröffnen. Nicht zuletzt griff die Deutsche Gesellschaft für Ur- und
Frühgeschichte (DGUF) das Thema 2020 auf und fragte „Wollen und
brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?“ (Müller 2020). Diese
und weiteren Tagungen können eine Vielzahl von Publikationen an die
Seite gestellt werden, in denen Themenfelder des 19. bis 21. Jahrhunderts anhand von Einzelbefunden, aber auch vergleichend untersucht
werden. Stellvertretend für die zunehmende Beachtung dieser jüngsten Epoche unserer Zeit sind die Beiträge zur Archäologie des 16. bis
20. Jahrhunderts zu nennen, die in dem Band „Spuren des Menschen.
800 000 Jahre Geschichte in Europa“ einem breiten Publikum Funde,
Befunde und Fragestellungen einer Archäologie der Moderne anschaulich vor Augen führen (Mehler u. a. 2019; Theune u. a. 2019). Nicht zuletzt
wurde im ZDF Terra X-Format „Deutschlands Supergrabungen“ über
die archäologische Erforschung der Berliner Mauer berichtet, was zeigt,
dass die Archäologie der Moderne längst auch schon in der populärwissenschaftlichen Vermarktung angelangt ist (Wemhoff 2012).
Die Beschäftigung mit Funden und Befunden des 19. und 20. Jahrhunderts reicht indes noch vor die 1990er Jahre zurück, denn sowohl in der
Denkmalpflege des Landes Nordrhein-Westfalen als auch des Landes
Berlin wurden Untersuchungen zu Relikten insbesondere des Zweiten
Weltkrieges seit den späten 1970er wiederholt durchgeführt und über
den Denkmalwert dieser „unbequemen“ Zeugnisse gestritten. Und auch
die archäologische Hausforschung sowie die Keramikforschung widmete sich verschiedentlich der Moderne. Wenn Anstöße zur Weiterentwicklung einer Archäologie der Moderne insbesondere aus dem anglophonen Raum kamen, so ist auch in Deutschland seit den späten 1970er
Jahren eine zunächst zögerliche, dann schrittweise und schließlich breite
Hinwendung zu Themen des 19. und 20. Jahrhunderts zu konstatieren.
Dass der Zeitraum des 19. bis 20. Jahrhunderts im Blick der Forschung
und Öffentlichkeit steht, ist vielen Akteuren und Umständen geschuldet.
Neben fachinternen Entwicklungen sollten dabei gesamtgesellschaftliche Faktoren nicht unterschätzt werden. Hierzu gehört die Debatte
um Erinnerungsorte und den nationalsozialistischen Terror ebenso wie
die Faszination an der Gegenständlichkeit und der verschwindenden
Authentizität einer (Schwer)-Industrie sowie die Transformationen im
Zuge der Digitalisierung der Industrie. Man kann durchaus sagen, dass
Beschäftigung mit der Moderne seitens der archäologischen Denkmalpflege entscheidende Anstöße aus der Öffentlichkeit erhalten hat.
Dies schlägt sich auch in den veränderten Denkmalschutzgesetzen nieder, in denen kaum mehr von ur- und frühgeschichtlicher Epoche als
Zeitrahmen archäologischer Denkmalpflege gesprochen wird, sondern
von Erkenntnissen, die mithilfe „archäologischer Methoden […] von der
Vergangenheit“ gewonnen werden (DSchG SH 2015, §2,2.2). Die Frage
muss nicht lauten „Wollen und brauchen wir mehr Archäologie der Moderne?“ Die Frage muss vielmehr sein, wie eine Archäologie der Moderne in der archäologischen Denkmalpflege, der universitären Ausbildung und durch Forschungsprojekte profiliert und weiter entwickelt
werden kann. Unseres Erachtens ist es wenig hilfreich, spezialisierte
Lehrstühle für eine Archäologie des 19. bis 20. Jahrhunderts einzurichten. Zum einen sind Schwerpunktbildungen an Universitäten, hier speziell nominierte Lehrstühle, immer Teil der universitären strategischen
Ausrichtung, so dass eine etwaige Schwerpunktbildung nur im Verbund
mit entsprechenden anderen Fachdisziplinen durchgesetzt werden
kann. Aber auch aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege bleibt
eine derartige Spezialisierung fraglich. Die Arbeitsbereiche in der archäologischen Denkmalpflege und auch in Grabungsfirmen sind in der
Regel zeitlich und thematisch weit gespannt. Und auch dort, wo Referate für Mittelalter und Neuzeit, Stadtarchäologien und vergleichbare
Schwerpunkte vorhanden sind, ist eine breit gefächerte Kompetenz
gefragt. Weitaus sinnvoller erscheint es uns, die Curricula der Ur- und
Frühgeschichtlichen Archäologie sowie der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit zu erweitern, so dass Absolvent*innen über ein
solides archäologisches Portfolio verfügen. In Bezug auf Verbundforschungen sollte die gute Tradition gemeinsamer Forschungsprojekte
zwischen der archäologischen Bodendenkmalpflege und den archäologischen Fächern an den Universitäten fortgesetzt werden. Eine Zusammenarbeit auch auf dem Feld der Archäologie der Moderne erfolgt
schon seit einigen Jahren an verschiedenen Universitäten.
Kurzum: Weitaus wichtiger als eine nominelle universitäre Verankerung ist es, Themenfelder für archäologische Forschungen zu identifizieren und interdisziplinär tätig zu werden.
„Standpunkte und Perspektiven“ – vor diesen Hintergründen war es nicht
nur das Ziel der Tagung, die Archäologie der Moderne als einen Teilbereich archäologischer Forschung zu Wort kommen zu lassen, sondern
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Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
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Helmuth Albrecht / Reinhard Bernbeck / Attila Dézsi / Wolfram Essling-Wintzer,
Olaf
AGUNG
0 3.–05.12.20 18
03.–05.12.2018
03.–05.12.20
TAGUNGSORT: INSTITUT FÜR UR- UND FRÜHGESCHICHTE, (IUFG) JOHANNA-MESTÓRF-STR. 2−6, UNIVERSITÄT
IVERS
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Schmidt-Rutsch / Silke Göttsch / Detlef Hopp, Martin Vollmer-König / Ulf Ickerodt /
Fritz Jürgens, Nils Wolpert / Thomas Kersting / Johannes Müller-Kissing / Ulrich Müller /
Susan Pollock / Constanze Röhl, Peter I. Schneider / Felix Rösch / Jörg Skriebeleit /
Harald Stadler / Andreas Ströbl, Regina Ströbl / Claudia Theune / Matthias Wemhoff
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Abb. 1. Plakat zur Kieler Tagung „Archäologie der Moderne. Standpunkte und Perspektiven“ (Grafik: J. Cordts).
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10° 8' 5 E
Fritz Jürgens & Ulrich Müller | Einleitung – Gliederungsmöglichkeiten einer Archäologie der Moderne
KIEL
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auch selbstkritisch nach ihren Begrenzungen zu fragen und sie als Teil
eines gesellschaftlichen Diskurses sichtbar werden zu lassen (Abb. 1).
Diese und weitere Diskurse sind aber nicht losgelöst von den Funden
und Befunden zu führen, sondern müssen aus der alltäglichen Praxis
der archäologischen Bodendenkmalpflege entwickelt werden, für die
die Ausweitung ihres Aufgabenbereiches und den damit verbundenen
Quellen eine enorme Herausforderung darstellt.
Die thematische Gliederung des Bandes folgt im Wesentlichen derjenigen des Kolloquiums, wobei uns gelegen war, die beiden „Schwergewichte“ Industrialisierung sowie Kriege und Konflikte aufzubrechen
und auf deren Bedeutung als Kulturerbe hinzuweisen. Somit soll der
Blick zunächst auf das sehr weite Feld formal-institutioneller Perspektivierungen seitens der Denkmalpflege über die Forschung und Lehre
bis hin zur musealen Vermittlung gelenkt werden. Die „Archäologie der
Moderne als Industriearchäologie“ war und ist ein Feld, auf dem sich
die Archäologie der Moderne entwickelt hat und der gerade angesichts
der Transformation klassischer Industriearbeit hin zu einer Industrie 2.0,
3.0 oder sogar 4.0 eine große Bedeutung zukommen wird. Der folgende Abschnitt gilt der „Archäologie des Ersten und Zweiten Weltkrieges“,
die national wie international nicht nur in der wissenschaftlichen, sondern vor allem der außerwissenschaftlichen Wahrnehmung einer Archäologie der Moderne eine gewichtige Rolle spielt. Die damit verbundenen materiellen Zeugnisse werden vielfach als „unerwünscht“ oder
„schwierig“ charakterisiert und in der aktuellen Diskussion als „dark“
oder „difficult heritage“ bezeichnet. Diesem Feld widmet sich der vierte Block dieses Buches, während der letzte Abschnitt die „Archäologie
des modernen Alltags“ in den Blick nimmt und dabei den Bogen vom
Beginn der Industrialisierung bis in das 21. Jahrhundert spannt.
Archäologie der Moderne zwischen Denkmalpflege, Forschung und
musealer Präsentation
Eine Archäologie der Moderne konstituiert sich nicht nur durch Grabungen, sondern etabliert sich zunehmend an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder wird durch Ausstellungen und
Museen einer breiten Bevölkerung vermittelt. Claudia Theune bietet
in ihrem Beitrag einen Überblick über die historische Entwicklung und
aktuelle Fragestellungen der Archäologie der Moderne. Die Frage nach
der Relevanz einer Archäologie der Moderne ergibt sich nicht nur im internationalen Vergleich, sondern ist auch eine folgerichtige Weiterentwicklung der Archäologie der Neuzeit.
Ulf Ickerodt wagt aus Sicht der schleswig-holsteinischen Landesarchäologie einen kritischen Blick. Sein Beitrag „Realarchäologische
Denkmalpflege der Moderne – Ein neu entstehender Fachbereich zwischen inhaltlicher Etablierung und organisatorischem Zusammenhang“
wirft Fragen nach den Gründen und der Relevanz der derzeitigen Themenschwerpunkte einer Archäologie der Moderne auf. Damit berührt
Ickerodt grundsätzliche Aspekte der strategischen Planung der archäologischen Denkmalpflege vor dem Hintergrund divergierender oder sogar
partikularer Interessen. Sein Beitrag behandelt aber auch Fragen nach
dem Quellenwert weiterer historischer Materialien sowie dem „institutionellen Wechselspiel“ beispielsweise von Denkmalpflege oder Archiven.
Als ein sich zunehmend etablierendes Forschungsfeld sollte eine Archäologie der Moderne auch in der universitären Forschung und Lehre
präsent sein. Auf diese geht Natascha Mehler in ihrem Beitrag „Archäologie der Moderne an Universitäten und Forschungseinrichtungen“ ein.
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Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
Hierbei versteht die Autorin die Archäologie der Moderne als einen Teil
der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. Auch wenn die Anzahl
an Lehrstühlen mit einer eindeutigen Denomination auf das Mittelalter
und die Neuzeit im deutschsprachigen Raum überschaubar ist, so sind
diese Epochen weitaus häufiger in Forschung und Lehre vertreten als
angenommen. Die Autorin plädiert daher für einen „kreativen Umgang“,
was eben auch einen erweiterten Blick auf die Moderne beinhaltet.
Mit einem konkreten Werkstattbericht zu „Präsentationsformen für
eine Archäologie der Moderne in Zeitfenstern und Museen“ sowohl im
Rahmen der Dauerausstellung als auch der Sonderausstellung „Bewegte
Zeiten“ (Berlin) diskutiert Matthias Wemhoff Biografien von und Narrative zu Exponaten. Diese können über ihre konkrete Historizität hinaus
eine wichtige Brücke bilden, um den Besuchern die Ferne und Fremdheit von Relikten aus prähistorischen Epochen ebenso nahe zu bringen
wie strukturelle Vergleiche zu fördern.
„Industriearchäologie. Konkurrent oder Teil der Archäologie der Moderne?“ fragt Helmuth Albrecht in seinem Beitrag und erläutert am
Beispiel des Freiberger Studienganges „Industriearchäologie“ sowie
ausgewählter Beispiele die Notwendigkeit eines multimethodischen
Zugriffs. Hierbei geht es nicht allein um die multidisziplinäre Analyse
der verschiedenen historischen Materialien, sondern auch um die Berücksichtigung von Themenfeldern wie „Kulturerbe“ oder „touristische
Inwertsetzung“.
Archäologie der Moderne als Industriearchäologie
Industriearchäologie ist als ein weitgefasstes Konzept zu verstehen, das
entscheidend zum Verständnis des Wechselspiels von Industrie und Gesellschaft beiträgt. Wolfram Essling-Wintzer und Olaf Schmidt-Rutsch
thematisieren die „Vergessene Stahlzeit – Die Steinhauser Hütte in Witten. Ein Beispiel für die Herausforderungen und Chancen einer Industriearchäologie der Moderne“. An diesem Komplex kann exemplarisch
die schrittweise Entwicklung und Modernisierung der Stahlverarbeitung vom Puddelofen über ein Bessemer- bis hin zu einem Martin-Siemens-Stahlwerk nachvollzogen werden. Dies wiederum führt auch zu
grundsätzlichen Fragen der Dokumentations- und Erhaltungsstrategien.
Detlef Hopp blickt in seinem Beitrag „Über Stahl und Bergbau in Essen
– Ungeliebte archäologische Relikte der Schwerindustrie. Ein Überblick“
über die „Die Krupps“ und das Weltkulturerbe „Zollverein“ hinaus und
stellt kaum dokumentierte Zeugnisse aus der Frühzeit des Steinkohlebergbaus bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vor.
In „Frühe Industrialisierung in ländlichen Räumen am Beispiel Ostwestfalens“ stellen Fritz Jürgens und Nils Wolpert die Untersuchungen
zu einem Tunnelbauprojekt im Eggegebirge vor. Das 1846 mit modernsten technischen Errungenschaften begonnene Projekt wurde nach zwei
Jahren eingestellt. Diese Zeitkapsel birgt nicht nur die Relikte des unmittelbaren Tunnelbaues, sondern auch die Infrastruktur einer geplanten
Industrie im ländlichen Raum des 19. Jahrhunderts.
Aus einer zeitlich und räumlich anderen Perspektive bietet Fritz Jürgens
im Beitrag „Der ehemalige Güterbahnhof Kiel-West oder: ‚Eisenbahnarchäologie‘ – ein weiteres Tätigkeitsfeld der Neuzeitarchäologie!“ nicht
nur Einblicke in die Industriegeschichte der Stadt Kiel, sondern versteht die
„Eisenbahnarchäologie“ als einen grundsätzlichen Ansatz für eine Industriegeschichte mit materiellen Quellen und archäologischen Methoden.
In ihrem Beitrag „At the end of the world: industrial archaeology on
Spitsbergen in Svalbard“ stellt Frigga Kruse Probleme und Potentiale
Fritz Jürgens & Ulrich Müller | Einleitung – Gliederungsmöglichkeiten einer Archäologie der Moderne
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der Industriearchäologie in einem (für den Menschen) marginalen Siedlungsraum auf. Die Bergbaurelikte auf Spitzbergen/Svalbard manifestieren sich insbesondere in einer „exploration landscape“, in der sich nicht
nur technische Verfahren, sondern auch die hegemonialen Wünsche der
verschiedenen Bergbaukompanien und Nationalstaaten widerspiegeln.
Archäologie des Ersten und Zweiten Weltkrieges
Archäologische Untersuchungen zu Objekten und Plätzen des Ersten
Weltkrieges sind im deutschsprachigen Raum vergleichsweise selten.
Florian Huber stellt in seinem Beitrag das Unterseeboot UC 71 in den
Mittelpunkt. Das 1919 gesunkene Boot vor Helgoland ist eines der wenigen Zeugnisse dieser Zeit und somit auch von hohem Denkmalwert.
Auf eine vergleichsweise wenig präsente Quellengattung weist Johannes Müller-Kissing in seinem Beitrag „Kampfgräben und Streufunde zwischen Teutoburger Wald und Weser – fachliche Grenzen und Möglichkeiten auf einem vorbereiteten Gefechtsfeld des Zweiten Weltkrieges“
hin. Die Kleinststellungen aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges lassen sich nur aufgrund intensiver Begehungen und Befragungen
von Zeitzeugen entdecken, hatten diese Stellungen doch mitunter nur
wenige Tage Bestand. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie Einblicke in
konkrete Militäraktionen bieten, die oftmals nur unzureichend oder gar
nicht in den historischen Materialien dokumentiert sind.
Weitaus besser dokumentiert scheint dagegen die Lienzer Kosakentragödie dokumentiert. Harald Stadler blickt in seinem Beitrag „Archäologische Aspekte zur Erforschung einer Zwangsdeportation im
20. Jahrhundert am Fall der sogenannten Kosakentragödie in Lienz,
Osttirol“ auf die materiellen Aspekte und methodischen Herausforderungen, die sich bei der archäologischen Erforschung der Vorgänge
im Frühling und Sommer 1945 stellen. Die Kosakenverbände und deren Familienmitglieder, die nach ihrer Kapitulation vor der britischen
Armee in Osttirol lagerten und denen die Zwangsrepatriierung in die
Sowjetunion drohte, haben vielfältige, aber eben schwer nachweisbare
Spuren hinterlassen.
Dark Heritage
Einen weiten Bogen spannt Thomas Kersting, der mit „Archäologische
Denkmalpflege an Objekten des 20. Jahrhunderts in Brandenburg“
Zeugnisse von Kriegen, Konflikten und Diktaturen nicht nur des Nationalsozialismus, sondern auch der DDR und der Sowjetunion in den
Mittelpunkt rückt. Dabei wird auch deutlich, wie sich in den Forschungen der letzten Jahrzehnte der Blick von einzelnen Relikten hin zu Ensembles und Landschaften verschoben hat. Darüber hinaus diskutiert
er in seinem Beitrag die Notwendigkeit der Auseinandersetzung und
Vermittlungsarbeit als eine notwendige Aufgabe der zeitgeschichtlichen Archäologie.
Reinhard Bernbeck widmet sich aus einer ebenso theoretischen
wie fallbezogenen Perspektive der „Zwangsarbeit und ihr archäologischer Beleg: Von dinglicher Affordanz zu einer Hermeneutik des Verdachts“. Ausgangspunkt für seine Überlegungen bilden die Untersuchungen des Zwangsarbeiter*innenlagers auf dem Tempelhofer Feld
in Berlin. Ausgehend von dem Konzept der Affordanz zeigt der Autor
anhand von Funden auf, wie an Orten der Repression und Restriktion
Gegenstände des Alltagslebens völlig neue Zuschreibungen und Kon-
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Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
texte erhalten. Daraus folgt auch, dass bei der Analyse solcher Objekte
Archäolog*innen nicht nur alle Möglichkeiten einer Nutzung in Betracht ziehen, sondern sich auch mit politisch oder wissenschaftlich unerwünschten Interpretationen auseinandersetzen müssen.
In diese Richtung zielt auch der Beitrag von Susan Pollock. In „Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensis" diskutiert die Verfasserin den
Umgang mit menschlichen Knochenresten aus einer Baumaßnahme
nahe dem ehemaligen Gelände des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik. Der Ansatz einer „new forensis“ bietet laut Pollock dabei die Möglichkeit, unabhängig von staatlichen
und/oder institutionellen Akteuren zu eigenständigen Analysenwegen
und Interpretationen zu gelangen. Zugleich thematisiert Pollock, inwieweit ein „Recht auf Intransparenz“ besteht, wenn beispielsweise invasive
Untersuchungen an Skelettmaterial erfolgen sollen.
Nicht nur die baulichen Relikte, sondern die gesamte Landschaft
auf und um das Areal der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde auf
der Insel Usedom stehen für „dark“ und „difficult heritage“. So gehen
Constanze Röhl und Peter Schneider in dem Beitrag „The Material Remains of the Former Heeresversuchsanstalt Peenemünde between
Mythicisation, Uncomfortable Heritage and Reclamation“ auf die Rezeptionsgeschichte und die aktuelle Diskussion dieses Platzes als militärisch-industrieller Komplex der NS-Diktatur und als Zwangsarbeiter*innenlager ein. Darüber hinaus diskutieren sie die Schwierigkeiten
einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme und Analyse einer vielschichtigen Denkmallandschaft.
Einer solchen „dark heritagescape“ ist auch Barbara Hausmair verhaftet, wenn sie auf „‘Vernichtungslandschaft Wüste‘. Zur Materialität des
NS-Terrors außerhalb des Lagerzauns“ blickt. Das „Unternehmen Wüste“, ein spätes Projekt des Nazi-Regimes im heutigen Baden-Württemberg, zielte auf die Gewinnung von Öl aus Schiefer. Die Autorin zeigt
nicht nur die untrennbare Verstrickung von Ausbeutung und Kriegswirtschaft, sondern legt dar, wie Prozesse des Verdrängens bis heute eine
„beschwiegene Landschaft“ generierten.
Archäologie des modernen Alltags
Einen Blick jenseits der großen Themen von Industrie und Kriegen sowie
Diktaturen präsentieren vier Beiträge. Wenn Andreas und Regina Ströbl
in ihrem Beitrag auf die Entwicklungen „vom Dorftischler zur Sargfabrik“
blicken und damit die Bestattungskultur an der Schwelle zur Moderne
untersuchen, so wird in aller Deutlichkeit sichtbar, wie die Industrialisierung zu einer Skalierbarkeit auch in der Sepulkralkultur führte. Hierzu
gehört die zunehmende Mechanisierung beispielsweise bei der normierten und standardisierten Sargherstellung. Zudem wurden Sargapplikationen nunmehr verstärkt als Massenware produziert; neue Materialien ermöglichten die Teilhabe weiterer Gesellschaftsschichten an
einer Grabmalkultur, die davor nur Wenigen vorbehalten war.
„Bauhaus Ausgraben: Archäologische Untersuchungen an einem unter
Hannes Meyer errichteten Laubenganghaus in Dessau-Törten“ war ein
Seitenprojekt im Zuge der bau- und kunstdenkmalpflegerischen Analysen am Weltkulturerbe Dessau-Törten. Felix Rösch, Hannes Buchmann,
Timo Feike, Katharina Hindelang und Katja Liebing ergänzen in ihrem
Beitrag diese Arbeiten. Mit archäologischen Methoden wurden die Außenanlagen im Hintergarten untersucht, deren genaue Struktur zur Bebauungszeit und nachfolgende Umgestaltungen nur ansatzweise in Bildund Schriftquellen überliefert ist.
Fritz Jürgens & Ulrich Müller | Einleitung – Gliederungsmöglichkeiten einer Archäologie der Moderne
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Ein auf den ersten Blick zwar nicht „unerwünschtes“ oder „schwieriges“, wohl aber in seinem Wert bislang vernachlässigtes Denkmal stellt
das in der unmittelbaren Nachkriegszeit errichtete Radioteleskop der
Christian-Albrechts-Universität dar, dessen Geschichte Fritz Jürgens
nachverfolgt.
Ein Themenfeld der Archäologie der Moderne, das erst in den letzten
Jahren auf breiteres Interesse gestoßen ist, sind Graffiti. Ulrich Müller
untersucht in seinem Beitrag einen Quellenbestand aus einem Hörsaal
der Christian-Albrechts-Universität Kiel, die als direkte und in gewissem
Sinne auch ungefilterte Ausdrücke alltäglicher Praxen einen Teil studentischer Lebenskultur wiedergeben. Neben grundsätzlichen Problemen
der Bestandsaufnahme werden unterschiedliche Kategorien insbesondere von Schriftgraffiti vorgestellt, nach den Produzenten und Datierungen gefragt sowie eine Raumanalyse vorgenommen, mittels derer Interaktionen auf einzelnen Sitzplätzen, aber auch sitzplatzübergreifend
nachvollzogen werden können.
Auch wenn über die „Schwergewichte“ Industrie, Weltkriege und Nationalsozialismus hinaus in diesem Band weitere Aspekte behandelt werden, so fällt deren Dominanz doch auf. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
Kriege, Terror und Repressionen in globalem Maßstab kennzeichneten
vor allem das 20. Jahrhundert, und die Industrie dieser Epoche ist im
Sinne militärisch-industrieller Komplexe ebenso Motor wie Ergebnis
dieser Strukturen. Die Schwerpunktbildung zeigt aber auch – dies mag
man selbstkritisch anmerken –, dass die Akzeptanz für eine Archäologie der Moderne bei gesellschaftlich gut vermittelbaren und emotionsgeladenen Themen höher ist. Hinzu kommt, das trotz einer Kohärenz
einzelner Forschungsthemen eine übergreifende Konzeptionalisierung
für eine Archäologie der Moderne fehlt. Um zukünftig die Archäologie
der Moderne auf eine breitere Grundlage zu stellen, sollten die archäologischen Fragestellungen mit denjenigen anderer Disziplinen enger
vernetzt und zugleich in gesellschaftliche Diskurse beispielsweise über
das Kulturerbe eingebunden werden. Daher sollte sich die Archäologie
der Moderne zukünftig thematisch weiter öffnen. Dies sind im übrigen
Herausforderungen, die auch in anderen Epochen der Archäologie auftraten. Erinnert sei nur an die starke Fixierung der Mittelalterarchäologie
auf Themen der Stadtentstehung und Urbanisierung, die nicht zuletzt
aus den bodendenkmalpflegerischen Zwängen heraus entstand. Auch
die ältereisenzeitliche Forschung richtete in den frühen Jahren ihren
Blick gebannt auf die „Fürstensitze“ und „Fürstengräber“ und weitete
ihren Fokus erst später beispielsweise durch eine landschaftsarchäologische Perspektive.
Im deutschen Sprachraum bislang wenig thematisiert sind die Fragen
nach den Anfängen der Industrialisierung bzw. der Schwerindustrie.
Diese betreffen allerdings nicht nur die technischen bzw. technologischen Aspekte oder die Veränderungen in der Landwirtschaft, sondern generell das Konzept der Schwellenzeit und den Übergang von
der Vormoderne zur Moderne. So wie die Archäologie der Moderne
zukünftig stärker auf das 19. Jahrhundert blicken sollte, gilt es aber auch,
die Zeit vor, zwischen und nach den Weltkriegen in den Blick zu nehmen. Dazu gehört auch und gerade das koloniale „Erbe“. Weitere Themen wie die Transformation des ländlichen Raumes oder die Veränderungen der Umwelt durch die Industrialisierung und der Diskussion um
das „Anthropozän“ sollten ebenfalls in das Portfolio einer Archäologie
der Moderne gehören. Daran knüpft sich auch die Forderung nach einer theoriegeleiteten Auseinandersetzung mit Konzepten wie „Materialität“, „Moderne“ oder „Globalisierung“ an. Zahlreiche weitere Themen
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Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
lassen sich formulieren, die im Grunde zeigen, dass eine Archäologie der
Moderne als Historische Archäologie mit ihren spezifischen Methoden
und in einer transdisziplinärer Ausrichtung unser Bild von der „vergangenen Gegenwart“ (contemporary past) nicht nur konturieren, sondern auch
in vielen Bereichen entscheidend ergänzen kann. Dies wiederum kann
nur in einer transdisziplinären Zusammenarbeit mit den Forschungsinteressen und Forschungsfeldern anderer Disziplinen geschehen. Das in diesem Band Vertreter*innen anderer Fächer kaum zu Wort kommen, liegt
am Konzept der Tagung. Sie war als eine Bestandsaufnahme gedacht, die
aber Perspektiven für weitere Dialoge eröffnet.
Die redaktionelle Betreuung dieses Bandes lag in den Händen von Nils
Müller-Scheeßel, Nicole Bürkle, Mara Lea Randt und Sebastian Wilhelm,
das englische Lektorat übernahm Eileen Kücükkaraca und die grafische
Gestaltung besorgte Janine Cordts. Allen möchten wir für ihre Arbeit
herzlichst danken. Dank geht auch an Susanne Biegert und den Habelt
Verlag für die bewährte und sehr gute Zusammenarbeit.
Literaturverzeichnis
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19. bis 21. Jahrhunderts. Blickpunkt Archäologie 3, 2015, 177–183.
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DGAMN 2015: Archäologie im 19. und 20. Jahrhundert. Mitteilungen der Deutschen
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Wemhoff 2012: M. Wemhoff, Flucht durch den Tunnel – Archäologie der deutschen Teilung. In: A. Hesse (Hrsg.), Deutschlands Supergrabungen (Darmstadt 2012) 156–163.
Fritz Jürgens und Ulrich Müller
Institut für Ur- und Frühgeschichte
Christian-Albrechts-Universität
Johanna-Mestorf-Str. 2–6
D-24118 Kiel
f.juergens@ufg.uni-kiel.de
umueller@ufg.uni-kiel.de
Fritz Jürgens & Ulrich Müller | Einleitung – Gliederungsmöglichkeiten einer Archäologie der Moderne
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DARK HERITAGE
Susan Pollock
Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
Abstract
In this contribution I consider archaeological remains as a source of witnessing to suffering, violence, and injustice. To serve as such means that
material things must be called upon as witnesses, in a process similar to
that used by “counter-forensics”. I discuss epistemological issues raised
by a counter-forensic approach and the challenges they raise in an age
that has been dubbed by some as the “post-truth” era. I then turn to
a specific case in which I draw on the potentials of a counter-forensic
approach: the archaeological excavations conducted in 2015 and 2016
on the former grounds of the Kaiser Wilhelm Institute for Anthropology,
Human Heredity, and Eugenics in Berlin-Dahlem.
Zusammenfassung
In diesem Beitrag setze ich mich mit archäologischen Überresten als einer Quelle des Bezeugens von Leid, Gewalt und Unrecht auseinander.
Um auf diese Weise eingesetzt werden zu können, müssen die materiellen Dinge als Zeugen aufgerufen werden, in einem Prozess, der demjenigen der Counter-Forensics ähnelt. Ich erörtere Fragen der Epistemologie,
die mit einem solchen Ansatz verbunden sind, und die Herausforderungen, die diese in einer Epoche aufwerfen, die oft als postfaktisches
Zeitalter bezeichnet wird. Ich wende mich dann einem spezifischen Fall
zu, für den ich das Potential des Counter-Forensics-Ansatzes darlege: die
archäologischen Ausgrabungen, die 2015 und 2016 auf dem ehemaligen
Gelände des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche
Erblehre und Eugenik in Berlin-Dahlem durchgeführt wurden.
Einleitung
Gegen Ende seines jüngsten Buches über eine zeitgeschichtliche Archäologie unterstreicht Alfredo González-Ruibal (2019) die zentrale Bedeutung von Leiden und Gewalt im Rahmen einer Archäologie der „supermodernity“. Er gehört zu einer Reihe von Autor*innen (z. B. De León
2015; Pollock 2016; Hauser u. a. 2018), aus deren Sicht die Archäologie
als eine Form des Bezeugens von Leid, Gewalt und Unrecht dienen kann
und sollte. Diese Perspektive schließt ein, Dinge potentiell als Zeugen
anzusehen, oder vielleicht genauer, dass sie herangezogen werden können in einem Prozess des Zeugnisablegens.
Das Potential von Dingen als Zeugen kann auf die Archäologie insgesamt bezogen werden, besitzt jedoch besondere Relevanz für eine
Archäologie der rezenten Vergangenheit und hier insbesondere der
NS-Zeit. Denn wie allgemein hervorgehoben wird, geht die Ära der unmittelbaren Zeitzeug*innen für die Zeit des Nationalsozialismus rasch
ihrem Ende zu. Wer oder was wird ihren Platz einnehmen?
In diesem Artikel beschäftige ich mich mit dem Potential archäologischer Überreste, Zeugnis abzulegen; ich stütze mich hierbei auf Arbeiten aus dem Bereich der New Forensis oder Counter-Forensics. Ich untersuche Fragen der Epistemologie im Rahmen dessen, was weithin zu
einem „post-truth“- oder postfaktischen Zeitalter erklärt worden ist (Ho
u. a. 2019; Rotermund u. a. 2019). Schließlich wende ich mich dem spezifischen Fall einer Ausgrabung auf dem Campus der Freien Universität
Berlin in den Jahren 2015 und 2016 zu. Dabei verfolge ich einen Ansatz,
der von der New Forensis geprägt ist und die Aufgabe übernimmt, Archäologie in den Dienst des Zeugnisablegens zu stellen.
Materielle Zeugen
Was genau bedeutet es, sich auf Dinge, die materiellen Überreste, die
wir ausgraben, als Zeugen zu berufen, anstatt diesen Begriff auf Menschen und insbesondere Augenzeug*innen zu begrenzen, wie wir dies
normalerweise tun? Die Stellung der Augenzeug*innen in der Historiographie des Holocaust ist jüngst von Bernbeck (2017, 111–121) diskutiert
worden. Er weist darauf hin, dass Augenzeug*innenberichten in der Zeit
vor dem Eichmann-Prozess im Jahr 1961 starkes Misstrauen entgegengebracht wurde. Erst im Zusammenhang mit dem Prozess verkehrte sich
diese Auffassung in ihr Gegenteil. Heute überwiegt in den Geschichtswissenschaften und in Studien zum sozialen Gedächtnis eine Haltung,
die Augenzeug*innen oftmals als privilegierte Quelle betrachtet.
In der Archäologie haben die Überlegungen eine andere Richtung genommen. Spätestens seit den Publikationen des Garbage Project (Rathje
1974; Rathje/Murphy 1992) sind Archäolog*innen mit der Erkenntnis konfrontiert, dass Behauptungen, dass direkte mündliche Zeugnisse weitaus besser oder zuverlässiger als stumme materielle Überreste seien, einer soliden Grundlage entbehren. Menschen verschweigen womöglich
bewusst Teile ihres Handelns, um das eigene Verhalten in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Augenzeug*innenschaft, so wertvoll und
einzigartig sie auch ist, ist weder unfehlbar noch deckt sie alle Aspekte
der Vergangenheit ab. Diese Problematik wird allgemein der zeitlichen
Differenz zwischen Ereignis und dem entsprechenden Zeugnis darüber
zugeschrieben, wobei auch die Unterschiede zwischen den Aussagen
mehrerer Zeug*innen nicht zu vernachlässigen sind. Aus diesen und anderen Gründen spielen materielle Überreste eine entscheidende und
in vielerlei Hinsicht komplementäre Rolle zur Augenzeug*innenschaft.
Materielle Spuren als (potentielle) Zeugen weisen eine Reihe von spezifischen Merkmalen im Vergleich zu Augenzeug*innen auf. Sie können
ein Menschenleben ebenso wie spezifische Ereignisse oder ganze Unrechtssysteme zeitlich weit überdauern. Im Gegensatz zu einer traditionell verstandenen individuellen und personalisierten Zeugenschaft
bleibt das von Dingen abgelegte Zeugnis meist anonym und kollektiv.
Zwar lassen archäologische Hinterlassenschaften in manchen Fällen auf
einzelne Individuen schließen, diese bilden jedoch die Ausnahme.
In seiner Beschäftigung mit einer Archäologie der Nazi-Zeit hat Bernbeck (2017, 109–174) für eine Unterscheidung von ‘bezeugen’ einerseits
und ‘bürgen’ andererseits plädiert. Die Bürgschaft bietet eine Garantie
für die Zukunft, ein Potential, ein Dagewesenes, das existiert, unabhängig davon, ob darauf zurückgegriffen wird oder nicht. In dieser Hinsicht
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Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
kann es zu einem gewissen Grad als passiv betrachtet werden. Es ist ein
Abdruck, eine Spur von etwas, das war, jedoch nicht mehr ist, etwas, das
mit einer anderen Substanz oder einem Anderen in Berührung gekommen ist, welches auf diese Weise seine Spuren hinterlassen hat (DidiHuberman 1999). Etwas bezeugen ist dagegen eine aktive Handlung, die
bewusst auf das Potential zurückgreift, Zeugnis abzulegen. Der Abdruck
und die Spur können zwar potentiell für etwas bürgen, aus sich selbst heraus – ohne menschliche Vermittlung – treten sie jedoch nicht als Zeugen
in Erscheinung.
Im Nachdenken über materielle Überreste und ihre Kapazität, Zeugnis
abzulegen, tritt ein scheinbarer Widerspruch zutage. Es handelt sich um
ein Merkmal der Archäologie, mit dem wir alle vertraut sind: Materielle
Reste sprechen nicht, sie flüstern nicht einmal leise. Zeugnis abzulegen
impliziert jedoch eine diskursive Praxis. Es verweist, zumindest indirekt,
auf die Situation vor Gericht, wo ein*e Ankläger*in eine*n Angeklagte*n konfrontiert; wo Fürsprecher*innen für beide Seiten eintreten und
Zeug*innen aufrufen können und wo ein*e Richter*in ein Urteil fällt.
Materielle Spuren besitzen keine solche diskursive Qualität. Sie müssen
interpretiert, oder wie andere formuliert haben, übersetzt werden (z. B.
Bachmann-Medick 2012). Interpretationen lassen sich zuallererst aus
den materiellen Hinterlassenschaften selbst ableiten, aus den Kontexten ihrer Ablagerung und Auffindung sowie ihrer Vergesellschaftung
mit anderen Dingen. Zu diesen rein archäologischen Aspekten treten
das Vorwissen und die Sichtweisen hinzu, die sich aus der Positionalität,
der Situiertheit der Beobachter*innen ergeben (Chapman/Wylie 2016,
203). Mit Interpretationen setzt man sich in der Archäologie regelmäßig
auseinander: Wir suchen nach Mustern und Verbindungen, denen wir
Bedeutung zuschreiben, auch wenn diese Bedeutung in manchen Fällen
nur darin besteht, dass wir für uns in Anspruch nehmen, Artefakttypen
unterscheiden zu können.
Ich komme auf die Problematik von Interpretation und Situiertheit zurück, möchte an dieser Stelle aber zunächst konstatieren, dass Archäolog*innen und andere Wissenschaftler*innen mittels Interpretation
Dinge „zum Sprechen bringen“ können und sie auf diese Weise zu Zeugen werden lassen (Pollock 2016). Anders ausgedrückt können die von
uns ausgegrabenen materiellen Überreste erst durch archäologische
Auswertung und Interpretation zu Zeugen werden. Dies ist keinesfalls
als ein arbiträrer Prozess zu verstehen, bei dem Dingen und Kontexten
Bedeutungen zugeschrieben werden können, wie wir es gerne hätten.
Als Philosophin der Archäologie argumentiert Alison Wylie bereits seit
Langem, dass die materiellen Zeugnisse, die die Grundlage aller Archäologien bilden, einen Rahmen für die möglichen Interpretationen abgeben und letztere begrenzen, obwohl sie diese selten auf eine einzelne
Möglichkeit festlegen (Wylie 1992; 2002a; 2002b). Interpretationen sind
immer Gegenstand von Diskussionen, teils auch Gegenstand von Kontroversen. Materielle Spuren beantworten unsere Fragen nicht auf eindeutige Weise.
Counter-Forensics
Nicht nur Archäolog*innen haben sich der Frage nach der Stellung materieller Überreste innerhalb Kulturen des Zeugnisablegens gewidmet;
Wissenschaftler*innen anderer Disziplinen haben ebenfalls die entsprechenden Möglichkeiten des Materiellen untersucht. Ich möchte mich
nun der sogenannten Forensis zuwenden, mit den Pionierarbeiten Eyal
Weizmans und der Gruppe der Forensic Architecture, um Möglichkeiten
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
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aufzuzeigen, wie materielle Überreste dazu gebracht werden können,
Zeugnis abzulegen (Keenan/Weizman 2012; Weizman 2014).
Forensis oder Counter-Forensics, wie Weizman und Kolleg*innen diese neuerdings bevorzugt nennen (Keenan 2014; Weizman 2019), ist inzwischen gut bekannt, da sie sich mit gegenwärtig verübtem Unrecht
auseinandersetzt. Dies reicht von der israelischen Siedlungspolitik über
den Tod von Flüchtlingen im Mittelmeer, die Europa zu erreichen versuchen, bis zu einem Gegengutachten zu der hochverdächtigen Aussage
des Agenten Andreas Temme im Falle des NSU-Mordes („Nationalsozialistischer Untergrund“) an Halit Yozgat in Kassel. Counter-Forensics
beruht auf einer „forensischen Sensibilität“, wie Keenan es bezeichnet,
verbunden mit einem „persistent commitment to evidence, testimony,
and the document – and to the necessity of making arguments, in courts
and elsewhere“. Es geht um „objects as they become evidence“ (Keenan
2014, 67–68).
Der Begriff Counter-Forensics, welcher auf den Fotografen Allan Sekula
zurückgeht, bezieht sich explizit auf den Einsatz von Instrumenten der
herkömmlichen Forensik für eine oppositionelle und kritische Politik.
Anstatt für einen repressiven Staat zu arbeiten, untersucht die Counter-Forensics Verbrechen und Unrechtmäßigkeiten, die durch den Staat
und in dessen Namen begangen werden, ebenso wie durch Institutionen, die die staatliche Agenda unterstützen. Insofern ist die Counter-Forensics tatsächlich ausdrücklich politisch. Dies meint jedoch entschieden nicht unwissenschaftlich; vielmehr handelt es sich zuallererst um
eine Anerkennung der Situiertheit jeglicher Wissensansprüche.
Counter-Forensics arbeitet mit materiellen Überresten, Spuren und
Kontexten – ganz ähnlich also wie die Archäologie. Ebenfalls ähnlich einer archäologischen Perspektive erkennen die Anwender*innen dieses
Ansatzes an, dass materielle Zeugnisse niemals eindeutig bestimmt sind.
Vielmehr müssen deren Sichtbarkeit, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft erst hergestellt werden. Dies geschieht, wiederum parallel
zum Vorgehen in der Archäologie, indem ein Objekt nicht isoliert untersucht wird, sondern im Rahmen seiner Kontexte. Bei letzteren handelt es sich um „chains of association that emanate from it [the object]
and connect it to people, technologies, methods, and ideas“ (Keenan/
Weizman 2012, 65). Für die Beweisführung werden mehrere Beweisstränge zusammengeführt. Die Überzeugungs- und Durchsetzungskraft
eines Argumentes beruht aus dieser Sicht auf dem „degree to which
it is composed and its different elements support each other“ (Weizman 2019). Integraler Bestandteil des Ansatzes der Counter-Forensics ist
dabei eine Offenheit gegenüber Ambivalenz und interpretativem Disput (Keenan 2014, 68).
Ein zentrales Element des Konzeptes der Counter-Forensics ist das „Forum“, ein öffentlicher Raum, innerhalb dessen Ergebnisse und Schlussfolgerungen vorgestellt und für eine kritische Diskussion offengelegt
werden. Diese Foren werden als Orte der Wahrheitskonstruktion verstanden, konstituiert durch Objekte und Räume, durch jemanden, der
oder die diese materiellen Spuren und ihre Assoziationen interpretiert
oder übersetzt, sowie durch eine Öffentlichkeit, erreicht zum Beispiel
durch eine Ausstellung. Die im Rahmen dieses Forums Interpretierenden bzw. Übersetzenden müssen darauf vorbereitet sein, die eigene Argumentation zu verteidigen und für diese zu kämpfen; in anderen Worten: Sie müssen eine Beweisführung aufgebaut haben, die sowohl durch
Beweismittel gestützt wird als auch in logischer Hinsicht überzeugt.
Weizman (2019) vergleicht die Präsentation im Rahmen eines öffentlichen Forums mit einem Peer-Review-Verfahren in akademischen Kontexten: Es werden sowohl die verwendeten Daten überprüft als auch
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Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
die Prozesse, anhand derer die Daten analysiert und interpretiert sowie
Schlussfolgerungen gezogen werden.
Ein Forum impliziert eine interessierte Öffentlichkeit, die bereit ist,
sich mit den Beweismitteln und der vorgebrachten Interpretation auseinanderzusetzen. Eine entscheidende Frage dabei ist, in welchem Maße
solche Foren in einer mit elektronischen Medien gesättigten Welt existieren und welche Formen sie in der Zukunft annehmen werden. Vor uns
liegt die Aufgabe, solche Foren ebenso wie die Öffentlichkeiten, die diese ausfüllen können, zu schaffen.
Wissensansprüche im postfaktischen Zeitalter
Den Überlegungen der Counter-Forensics zufolge können (materielle)
Spuren nicht als eindeutig betrachtet werden; an dieser Stelle ist es richtig zu sagen, dass Wahrheiten konstruiert werden müssen. Wie werden
dann aber Fragen der Epistemologie behandelt? Wie können konkurrierende Wissensansprüche methodisch überprüft und bewertet werden?
Fragen der Epistemologie sind für die Archäologie nicht neu, auch
wenn diese in den letzten Jahren von jenen Wissenschaftler*innen, die
auf Ontologien fokussieren, vernachlässigt worden sind. Für Archäolog*innen, die eine empirisch basierte Argumentation und ein Streben
nach größtmöglicher Objektivität gewohnt sind, hat schon die postprozessuale Archäologie der 1980er und 1990er Jahre das Schreckgespenst
des zügellosen Relativismus hervorgebracht, begleitet von der Angst,
dass Interpretationen einem „Anything goes“-Prinzip folgen (Chapman/
Wylie 2016, 28–31). Diese Problematik hat außerhalb der Archäologie
heutzutage stark an Dringlichkeit gewonnen, in einem Zeitalter, das als
„postfaktisch“ (im Englischen auch als „post-truth“) bezeichnet wird.
Der Begriff „post-truth“ selbst stellt ein signifikantes Problem dar. Das
Präfix „post-“ impliziert, dass wir das, worauf wir uns damit beziehen,
bereits hinter uns gelassen haben. „Post-truth“ würde demnach bedeuten, dass die Wahrheit nicht länger notwendig ist, „post-factual“ dasselbe in Bezug auf Fakten. Sind Wahrheit und Fakten tatsächlich überflüssig geworden, zumindest als Ideale, die unsere Arbeit anleiten? Die
Gefahren einer Haltung, die Faktizität gar nicht anstrebt, nicht zu reden
von einem Anspruch auf Wahrheit, sind in öffentlichen Kontexten sehr
deutlich geworden. Dies zeigt beispielsweise die Art und Weise, wie Klimapolitik in US-amerikanischen Medien dargestellt wird. Im Bereich der
Öffentlichkeit wird der Anspruch auf die Gültigkeit von Wissen zunehmend allein an der Identität der Person festgemacht, die dieses äußert,
statt an Kriterien wie Evidenz, Logik und einer Prüfung der Gegenargumente (González-Ruibal u. a. 2018, 509; Dick 2019, 182) – der Bote ist
wichtiger geworden als die Botschaft selbst. Die entscheidende Frage
ist, wie wir am besten durch die tückischen Gewässer navigieren zwischen einerseits der Erkenntnis, dass Wahrheiten konstruiert und Interpretationen situiert, pluralistisch und kritisch zu diskutieren sind, und
andererseits den Behauptungen beispielsweise von Klimawandel-Leugnern, die geltend machen, dass ihre Annahmen ebenso legitim wie die
von mehr als 95 % der Klimaforscher*innen seien. Auseinandersetzungen um Wahrheit und Fakten werden immer durch Macht und Politik
geformt (Foucault 1980, 131–133; Ho/Cavanaugh 2019, 161), jedoch sind
klare erkenntnistheoretische Grundlagen für die Beurteilung von Wissensansprüchen deshalb nicht weniger notwendig.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich, wie andere es jüngst getan haben (Ho u. a. 2019), dem 1967 publizierten Essay „Truth and Politics“ („Wahrheit und Politik“) von Hannah Arendt zuwenden. Arendt
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
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In der Begrifflichkeit der CounterForensics heißt es bei Weizman (2019):
„For us, situatedness is the defining
feature of the very notion of evidence“, statt Objektivität und ihr „view
from nowhere“.
Für eine historische Auseinandersetzung mit Objektivität siehe Daston/
Galison 2007.
unterscheidet zwei Arten von Wahrheiten, solche, die sie als Vernunftwahrheiten (in der englischen Version „rational truths“) bezeichnet, und
solche, die sie Tatsachenwahrheiten („factual truths“) nennt. Vernunftwahrheiten sind mathematisch, wissenschaftlich, philosophisch, in der
Sphäre der Logik und nicht der Hermeneutik angesiedelt, sie sind „axioms, discoveries, theories […] produced by the human mind“ (Arendt
1977, 231). Solche Wahrheiten sind absolut. Sie stehen nicht zur Diskussion und erlauben keine Pluralität der Meinungen. In diesem Sinne sind
sie apolitisch und mit einem gewissen Zwang verbunden.
Tatsachenwahrheiten, auf der anderen Seite, sind mit der menschlichen Fähigkeit verbunden, dialogisch zu denken. Arendt verbindet die
Bedeutsamkeit des Dialogs mit der Kantischen Argumentation, dass
Menschen ihre Freiheit zu denken nur ausüben können, wenn ihnen die
Möglichkeit gegeben ist, ihre Gedanken auch öffentlich zu äußern (1977,
234). Tatsachenwahrheiten sind dadurch charakterisiert, dass sie erstens
in der Verbindung zu anderen Menschen konstituiert werden, d. h. nur
existieren, wenn man sie mitteilt und über sie spricht, zweitens durch
Zeug*innen und Beweismittel etabliert werden, durch Dokumente
ebenso wie durch Monumente, und dass sie drittens ausnahmslos politischer Natur sind. In vielerlei Hinsicht erinnern diese Charakteristiken
an den Umgang der Counter-Forensics mit Wissensansprüchen.
Arendt macht sich Sorgen um das Schicksal von Tatsachenwahrheiten,
wenn diese mit dem „onslaught of power“ innerhalb der politischen
Sphäre konfrontiert sind, eben weil diese Art von Wahrheiten abhängig von der Diskussion im Rahmen von öffentlichen Foren ist (Arendt
1977, 231). Tatsachenwahrheiten, die den Mächtigen unwillkommen
sind, werden von diesen zu Meinungsfragen erklärt. Meinungen sind
für Arendt nicht an und für sich problematisch: Fakten und Meinungen
seien verschieden, jedoch nicht antagonistisch. „Facts inform opinions, and opinions […] can differ widely and still be legitimate as long
as they respect factual truth“ (Arendt 1977, 238). Dies setzt voraus, dass
Meinungen auf korrekter Information basieren (Arendt 1977, 241), was
wiederum darauf beruht, dass freier Zugang zu allen relevanten Fakten
garantiert ist – Arendt geht es darum, „the value and importance of political discourse, of deliberation and persuasion, and thus of a politics
that acknowledges difference and the plurality of opinions“ geltend zu
machen (Passerin d’Entreves 2019), anstatt auf unverrückbaren Forderungen nach absoluten Wahrheiten zu beharren, die nicht diskutiert
werden können und müssen.
In einer Reihe von Untersuchungen, die sich der Bewertung von Wissensansprüchen in der Archäologie widmet, hat Alison Wylie den Standpunkt und die Situiertheit der Forscher*innen in den Fokus genommen.
Die Standpunkttheorie, auf die sie sich in ihrer Arbeit stützt, beruht zuallererst auf der Auffassung, alles Wissen sei situiert und „irreducibly social“ (Wylie/Sismondo 2015, 324), weil Beobachter*innen die Welt durch
die Linse ihrer eigenen Positionalität sehen1. Standpunkt-Theoretiker*innen sehen einen epistemischen Vorteil bei jenen, die am Rand stehen:
Die Marginalisierten und Unterdrückten befinden sich demnach in einer besseren Position, ein umfassendes Verständnis der sie umgebenden Welt zu erlangen, als jene, die eine zentralere (gesellschaftliche)
Position innehaben (Lukács 1968; Harding 1986, 2004; Wylie/Sismondo
2015; Chapman/Wylie 2016).
Solche Annahmen scheinen im Widerspruch zu traditionellen Idealen der Objektivität zu stehen, die in vielen Forschungsfeldern wie der
Archäologie verbreitet sind. Chapman und Wylie (2016) weisen darauf
hin, dass das konventionelle Verständnis von Objektivität als wertneutral und unvoreingenommen2 auf produktive Weise rekonzeptionalisiert
Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
werden kann, indem man sich auf „epistemic virtues“ konzentriert – die
Kohärenz von Argumenten und ihre empirische Zulänglichkeit. Dies hat
zum Ziel, robuste Wissensansprüche zu entwickeln, die aus einem dicht
gewobenen Gebilde bestehen, innerhalb dessen unterschiedliche Teile
der Argumentation einander stützen und/oder einschränken, was auch
als Multi-Proxy-Ansatz bezeichnet wird. Materielle Hinterlassenschaften bilden eine dieser Beschränkungen. Sie geben den interpretativen
Möglichkeiten einen Rahmen und begrenzen diese, liefern jedoch keine
eindeutigen Antworten. Sie üben aus, was Reinhard Koselleck (2006, 71)
als das „Vetorecht der Quellen“ bezeichnet hat.
Es stehen nicht nur einzelne Beweisstränge in Frage, wenn Wissensansprüche überprüft werden, sondern auch der Rahmen oder das Gebilde, innerhalb dessen sie eingebunden sind (Narotzky 2019). Die Art
und Weise der Rahmung von Wissen muss genau untersucht werden.
Dies hat Judith Butler (2010, 70) ausführlich anhand der Instrumentalisierung von Fotografien diskutiert: „Noch die transparentesten dokumentarischen Bilder sind gerahmt, und zwar gerahmt zu einem bestimmten
Zweck“. Dasselbe gilt für schriftlich formulierte Argumente. Arendt (1977,
238–239) hat darauf hingewiesen, dass das Recht jeder Generation, die
Geschichte neu zu schreiben, nicht gleichbedeutend ist mit dem Recht,
Fakten neu zu erfinden, sondern diese entsprechend ihrer eigenen Perspektive umzuordnen. Die Bewertung von Wissensansprüchen beinhaltet demnach eine Beurteilung der Quellen, der Logik der Argumentation,
eine Berücksichtigung des Standpunktes und eine Untersuchung der Art
des framings, des Rahmens dieser Ansprüche.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es möglich und notwendig
ist, archäologische Überreste als Ausgangspunkt für die Formulierung
von Wissensansprüchen zu verwenden, ohne die Erkenntnis abzulehnen, dass das, was als Beweis gilt, ebenso wie die darauf basierenden Interpretationen immer situiert und gerahmt sind – und daher anfechtbar.
Wissensansprüche müssen in öffentlichen Foren diskutiert und verteidigt werden, und in derartigen Kontexten können archäologische Überreste in Zeugen transformiert werden. Dieser Prozess bedeutet keinen
Mangel an wissenschaftlichem Denken, vielmehr sollte er eine Schärfung der Argumente bewirken.
Berlin-Dahlem, Harnackstraße
Ich wende mich nun einem Fall zu, für den Zeugenschaft und Counter-Forensics sowie die Thematiken der „Tatsachenwahrheit“ und Epistemologie gleichermaßen relevant sind. Der Fall war ursprünglich ein
Zufallsfund, bei dem die Archäologie gewissermaßen durch die Hintertür hereinkam.
Am 1. Juli 2014 wurden Reparaturarbeiten an Leitungen entlang einer
Außenmauer der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin in
der Harnackstraße in Dahlem vorgenommen. Ein Löffelbagger hob an
jenem Morgen einen langen Graben aus, der dazu dienen sollte, Abwasserrohre zu ersetzen, als er eine mit menschlichen Knochen gefüllte
Grube anschnitt. Die Arbeiten wurden kurzzeitig unterbrochen und die
Polizei gerufen; es waren weder Archäolog*innen anwesend noch wurden diese hinzugerufen. Die Polizei und der städtische Gerichtsmediziner sammelten sieben Säcke Knochen, einige kleine runde Marken und
Stücke von Gipsabformungen ein, die alle zum Institut für Rechtsmedizin der Charité Berlin gebracht wurden. Auf der Basis einer oberflächlichen Untersuchung – ein Vertreter des Instituts für Rechtsmedizin konstatierte, dass menschliche Knochen routinemäßig bei Baumaßnahmen
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
277
in der Stadt gefunden würden – wurde festgestellt, dass es sich um die
menschlichen Überreste von mindestens 15 Individuen unterschiedlichen Alters handelte. Anhand des Aussehens der Knochen schätzte
man, dass diese mindestens mehrere Jahrzehnten im Boden gewesen
waren. Eine kleine Ampulle mit Flüssigkeitsresten wurde zusammen mit
den Knochen gefunden und ebenfalls zur Analyse geschickt. Der Inhalt
ließ sich als Procain identifizieren, ein Mittel zur Lokalanästhesie, das
erstmals 1904 entwickelt wurde und bis heute in Gebrauch ist. Mehrere
Monate nach ihrer Entdeckung wurden die gefundenen Überreste dem
städtischen Krematorium in Ruhleben übergeben, wo sie eingeäschert
und anonym beigesetzt wurden (Kühne 2015a; Schmelcher 2015).
Im Anschluss an seine Entdeckung berichteten lokale Zeitungen über
den Fund und in der Folge auch nationale und sogar einige internationale
Nachrichtenagenturen. Der Grund dafür war nicht nur, dass menschliche
Überreste gefunden worden waren, die anschließend ohne eine weitere
Untersuchung oder Diskussion vernichtet wurden, sondern ihr konkreter Fundkontext. Von 1927 bis 1945 befand sich auf dem Grundstück, auf
dem Bauarbeiter auf die Grube mit den Knochen gestoßen waren, und
auf dem sich heute die Universitätsbibliothek, das Otto-Suhr-Institut für
Politikwissenschaften und das Center for Digital Systems (CeDiS) der
Freien Universität Berlin befinden, das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWIA). Unter seinen zwei
Direktoren Eugen Fischer (1927–1942) und Otmar von Verschuer (1942–
1945) forschte das KWIA zu den mutmaßlichen genetischen Ursachen
einer großen Bandbreite von menschlichen Merkmalen, insbesondere
Krankheiten oder anderen vermeintlichen Pathologien; es unterstützte
darin direkt und indirekt das nationalsozialistische Programm der „Rassenhygiene“, Diskriminierung, Unterdrückung und des Genozids (Massin 2003; von Schwerin 2004; Schmuhl 2005; Heim u. a. 2009). In den
Worten von Sheila Weiss (2004, 31): „Die gesamte Forschung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, die den Vorrang von Erbanlagen gegenüber Umwelteinflüssen betonte, [diente] dazu, die Politik des
nationalsozialistischen Rassenstaats sowohl auf internationaler wie auch
auf nationaler Ebene zu legitimieren.“ Die Mitglieder des Institutes führten Forschungen an tierischen „Stellvertretern“ durch – „denn da man
’menschliches embryonales Material mit sicheren krankhaft bestimmten
Anlagen nur ganz beschränkt erhalten‘ könne, sei man auf ’Modellversuche‘ am Tier angewiesen“ (E. Fischer, zit. in Schmuhl 2005, 336; Hervorhebung im Original). Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung
geschah dies aber auch in zunehmendem Ausmaß an Menschen, und
zwar sowohl an lebenden als auch verstorbenen (Lösch 1997; von Schwerin 2004, 281–328). Zu den schrecklichsten Verbindungen zwischen dem
KWIA und anderen Institutionen zählt jene zwischen von Verschuer und
seinem früheren Assistenten Josef Mengele während dessen Zeit als
„Arzt“ in Auschwitz, wo sich letzterer aufgrund seiner infamen Rolle bei
der Selektion ankommender Gefangener einen mörderischen Ruf verschaffte – Ankommende wurden entweder unmittelbar vergast oder für
seine brutalen und oftmals todbringenden medizinischen Experimente
missbraucht (Nyiszli 2011; Schmuhl 2005, 470–510; Weiss 2010, 112–115).
Vor diesem Hintergrund war die Empörung groß, als die Behandlung
der 2014 gefundenen menschlichen Überreste und der mit ihnen assoziierten Objekte – vor allem ihre Beseitigung – bekannt wurde. Das Präsidium der Freien Universität und die Rechts- und Gerichtsmediziner
bezichtigten sich gegenseitig der Nachlässigkeit und Fehlkommunikation (Kühne 2015b). Anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 2015 wurde eine Gedenkveranstaltung am Eingang
Ihnestraße 22 abgehalten, dem früheren Hauptgebäude des KWIA.
278
Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
Im Nachgang dieser Ereignisse wurde die Notwendigkeit einer archäologischen Baubegleitung für alle zukünftigen Reparatur- oder Baumaßnahmen auf dem Gelände des früheren KWIA mit dem Präsidium
der Freien Universität diskutiert. Über einen Zeitraum von 15 Monaten,
von Juni 2015 bis August 2016, kam es zu vier archäologischen Baubegleitungen, außerdem zu zwei Maßnahmen, die rein archäologischer Natur
waren. Die zwei letztgenannten zielten darauf ab, alle übersehenen Knochen und Objekte an der Stelle zu bergen, wo sich die Grube ursprünglich befunden hatte, und die Ablagerungen über die gesamte Länge des
vom Bagger ausgehobenen Grabens ein weiteres Mal auszugraben und
zu untersuchen (Bernbeck/Greif 2015; Pollock/Cyrus 2016; 2017; 2018).
Im Folgenden gebe ich einen kurzen Überblick über das Gefundene.
Drei der Baubegleitungen wurden innerhalb oder unmittelbar angrenzend an den Garten der Villa des ehemaligen KWIA-Direktors
durchgeführt, in dem heute das Center für Digitale Systeme (CeDiS) der
Freien Universität Berlin residiert. Die vierte Untersuchung ebenso wie
die zwei rein archäologischen Explorationen fanden außerhalb des Gartenbereiches statt, wo sich zur Zeit des KWIA Brachflächen oder Felder
befanden, auf denen eine Reihe von Ställen für dessen Versuchstiere gebaut worden war (Abb. 1).
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Tierstall
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Abb. 1. Grundriss des Geländes des
ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts
für Anthropologie, menschliche
Erblehre und Eugenik, heute Teil
der Freien Universität Berlin. Die
Bezeichnungen der Gebäude in
Kursivschrift geben ihre Nutzung
von 1927–1945, in Normalschrift ihre
heutige Nutzung wieder. Die gestrichelte Linie zeigt den ungefähren
Umriss der Tierställe, die für die
Unterbringung von Ratten und
Kaninchen gebaut worden waren
(Karte: S. Pollock).
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Grube 1
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2014 Grube;
Grube 11
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50 m
Innerhalb des Gartens der früheren Direktoren-Villa stießen die Ausgrabungen auf zwei flache, in einiger Entfernung voneinander liegende Gruben. Beide enthielten dicht gepackte und stark selektierte Tierknochen.
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
279
Grube 1 war durch Baugerät stark gestört worden; sie enthielt Schaf- und
Rinderknochen von den Vorderbeinen der Tiere. In der anderen Grube,
Grube 3, die sich zwischen den Wurzeln eines Apfelbaumes befand, der
auf einem Plan des Gartens von 1927 verzeichnet ist, fanden sich mehrere Schichten von im Verband befindlichen Knochen, die alle von Vorderbeinen von Ferkeln stammen. Sie zeigen Anzeichen einer Schlachtung (Bernbeck/Greif 2015).
Außerhalb des Gartens waren die Funde anders geartet. Die Ausgrabung und Untersuchung der Sedimente der Stelle der ursprünglichen
Grube wie auch des Füllmaterials des durch den Bagger ausgehobenen
Grabens erbrachten große Mengen stark fragmentierter menschlicher
Knochen. Darüber hinaus wurden zwei in Teilen ungestörte Gruben mit
einer ebenfalls beträchtlichen Anzahl menschlicher Knochenbruchstücke ausgegraben (Gruben 32 und 33), von denen eine zusätzlich Tierknochen, kleine runde Etiketten und große Teile einer Gipsabformung
eines Menschen enthielt. Eine weitere Grube (Grube 11), in diesem Fall
recht klein und flach, beinhaltete ausschließlich Kaninchenknochen, ein
bevorzugtes Versuchstier des KWIA-Forschers Hans Nachtsheim (von
Schwerin 2004).
Ein counter-forensischer Ansatz
3
4
280
Zwar befindet sich die Adresse offiziell in der Ihnestraße, die auf der anderen Seite des Geländes verläuft, jedoch fanden alle archäologischen
Untersuchungen in Arealen statt, die
an die Harnackstraße grenzen.
Das offensichtliche Paradox – dass keine genetische oder andere naturwissenschaftliche Analyse die Religion,
den Glauben oder eine andere Art der
kulturellen Zugehörigkeit einer Person
spezifizieren kann – sollte evident sein,
doch verfolge ich diese Problematik in
diesem Artikel nicht weiter.
Für jede Auseinandersetzung mit den Funden der Harnackstraße3 drängen sich unmittelbar die Fragen auf, wer die Menschen waren, deren Knochen aus den verschiedenen Gruben auf dem früheren KWIA-Gelände
geborgen wurden, und woher sie kamen. Allerdings gehen diese Fragen
nicht weit genug. Wann, warum, von wem und unter welchen Umständen wurden ihre sterblichen Überreste in Gruben auf dem Grundstück
des KWIA entsorgt? Warum waren bestimmte Gruben mit Tierknochen
gefüllt, die stark selektiert waren hinsichtlich Tierart, Körperteil und Alter? Wieso befanden sich die Tierknochen sowohl im Garten der Villa als
auch außerhalb in unmittelbarer Nähe zu den Gruben mit menschlichen
Überresten? Diese Fragen wiederum ziehen eine ganze Reihe anderer
Fragen nach sich: Wie weit können und sollten die Untersuchungen gehen, um die Herkunft der Menschen festzustellen, deren Knochen wir
sichergestellt hatten? Was sollte nach dem Ende der Untersuchungen mit
den Knochen geschehen? Wer entscheidet diese Fragen?
Jeder Versuch einer Antwort dieser Fragen sieht sich einer Vielzahl
von Problemen gegenüber. Welche Art von Antwort erwarten wir auf
die Frage des „Wer“ dieser Menschen, deren Knochen auf dem Institutsgrundstück vergraben waren? Geht es um die geographische Herkunft
– woher kamen sie – oder um die Identität einer Person oder Gruppe? Inwieweit kann die Analyse fragmentarischer Überreste darauf überhaupt
eine Antwort geben? Wie weit sollten solche Analysen gehen? Es besteht
die Möglichkeit, dass einige der Knochen von Menschengruppen stammen, deren Religion oder Glaubenssystem destruktive Analysen von
Skelettresten verbietet. Darunter fallen beispielsweise Menschen jüdischen Glaubens, die sich an die Halacha halten, die jüdisch-religiösen
Gesetze, welche Vorschriften zum Begräbnis beinhalten und verlangen,
dass das Begräbnis unmittelbar und mit intaktem Körper erfolgen muss.
In Bezug auf die vermischten körperlichen Überreste des früheren
KWIA-Grundstückes stellt sich mithin die Frage, ob es angemessen ist,
Analysen durchzuführen, um festzustellen, ob sterbliche Überreste jüdischer Personen unter den ergrabenen Funden vorhanden sein könnten4.
Angesichts solcher Fragen entschieden wir uns, die Untersuchung
schrittweise anzugehen. In einem ersten Schritt, der sich zum Zeitpunkt
Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
der Niederschrift dieses Artikels seinem Abschluss nähert, ist jedes
menschliche Knochenfragment osteologisch untersucht worden, um,
wo dies möglich ist, das Knochenelement im Körper, Alter, Geschlecht,
pathologische Merkmale und taphonomische Veränderungen zu identifizieren. Unser Ziel ist es, ein demographisches Profil und die Mindestanzahl von Individuen für jeden ausgegrabenen Kontext zu bestimmen. Es
muss betont werden, dass nahezu alle Knochen fragmentiert und die
Fragmente meist recht klein sind, so dass Alter, Geschlecht und Pathologie oftmals nicht festgestellt werden können. Wir hoffen, dass die osteologische Analyse dazu beitragen wird, die Knochen nach ihrem möglichen Ursprung in drei weit definierte Kategorien zu unterscheiden: 1. Die
Überreste könnten Opfern des von den Nationalsozialist*innen in Auschwitz und andernorts verübten Genozids zuzuordnen sein. 2. Sie könnten
aus biologisch-anthropologischen oder archäologischen Sammlungen
stammen, darunter solchen, die in der Kolonialzeit von Anthropologen
und Reisenden zu Studien-, Lehr- oder Ausstellungszwecken angelegt
wurden. Gut dokumentiert ist Eugen Fischers, des ersten Direktors des
KWIA, Zustimmung, Sammlungen menschlicher Skelette zu kuratieren,
einschließlich der zeitweiligen Unterbringung der großen Skelett- und vor
allem Schädelkollektionen, die Felix von Luschan erworben hatte (Lösch
1997, 195–196; Kunst/Creutz 2013). 3. Die ausgegrabenen Knochen könnten eine Mischung einiger oder aller der genannten Möglichkeiten sein.
Wenn dies so wäre, dominiert eines der Elemente?
Erst wenn die Ergebnisse der derzeit laufenden zerstörungsfreien
Analyse vollständig vorliegen, können wir im Dialog mit den Gruppen
potentieller Nachkommen überlegen, ob es angemessen ist, genetische
oder andere Formen destruktiver Analysen anzuwenden und welches
zusätzliche Wissen mithilfe dieser Maßnahmen zu generieren wäre.
Ungeachtet dieser Entscheidung ist es nahezu ausgeschlossen, dass irgendeine Form der Analyse eine eindeutige Antwort auf die Frage geben
kann, „wer“ diese Menschen waren. Selbst wenn genetische Analysen
durchgeführt würden, wäre es unmöglich, DNA von jedem der Tausende von Knochenfragmenten zu gewinnen. Da es sich nicht um Begräbnisse, sondern um gemischte Überreste handelt, gibt es wenig Grund
zur Annahme, dass eine genetische Analyse einer kleinen Stichprobe
der Knochen stellvertretend für die übrigen stehen kann. Darüber hinaus muss man sich auch über den Genauigkeitsgrad an Identifikation im
Klaren sein, der erwartet und erwünscht ist. Würde beispielsweise eine
Ähnlichkeit zwischen einem Teil der Knochen und dem Erbgut moderner osteuropäischer Bevölkerungsgruppen, d. h. potentieller Opfer des
Holocaust, ausreichen? Und ausreichen für wen? Die Identifikation einzelner Individuen ist sehr unwahrscheinlich, und auch die Identität einer
Gruppe oder eine Herkunftsregion mögen im besten Fall nur partiell zu
bestimmen sein.
Wir stoßen jedoch auch auf eine weitere Problematik, wenn wir nach
der Identität der Menschen fragen, deren Knochen wir gefunden haben. In welchem Maß schulden wir ihnen das Recht, unseren neugierigen Fragen zu entgehen, das Recht auf Intransparenz (Hoffmann 2011,
132)? Wenn diese Menschen bereits mindestens einmal Objekt „wissenschaftlicher“ Forschungen gewesen sind – ob im Rahmen des verdrehten
Forschungsverständnisses der Nazis oder als Gegenstand der Habgier
von biologischen Anthropolog*innen, Archäolog*innen und ähnlichen
Forscher*innen – , und dann entsorgt worden sind, als man ihrer nicht
länger bedurfte, ist es dann hinnehmbar, sie erneut als wissenschaftliche Objekte zu behandeln und/oder sich ihrer in der Zukunft nochmals
auf „wissenschaftliche“ Weise zu entledigen? Natürlich ist mit der Entscheidung, irgendeine Form der Analyse durchzuführen (dies schließt
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
281
auch eine zerstörungsfreie osteologische Untersuchung ein), bereits
eine solche Grenze überschritten. Wie weit geht andererseits unsere
Verantwortung, diese Knochen dazu zu „ermutigen“, Zeugnis von den
Praktiken abzulegen, die mit der Sammlung menschlicher Überreste
verbunden waren? Während unsere Fragen tatsächlich offenlegen und
von invasiver Natur sein können, ist es González-Ruibal (2019, 74) zufolge Teil der Verpflichtung, die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen, um Zeugnis abzulegen. In anderen Worten: Schulden
wir nicht den Menschen vergangener Epochen, die Unrecht erdulden
mussten, zumindest die Möglichkeit, Zeugnis von ihrem Leid abzulegen (Bernbeck 2015)?
Während die menschlichen Überreste, die bei den Ausgrabungen in
der Harnackstraße gefunden wurden, im Zentrum des Interesses aller
beteiligten Parteien – der „Stakeholder“ – stehen, sind sie doch nicht die
einzige Form von Zeugnissen oder Beweismitteln. Es gibt darüber hinaus
andere Fundkategorien sowie den Fundkontext, die als Beweisquellen
fungieren und zu Interpretationen dieser Zeugnisse beitragen können.
Hier erörtere ich zwei Beispiele: die Deponierungskontexte und die gefundenen Tierknochen.
Archäologische Überreste sind zumindest Belege für Prozesse von
Deponierung und Entsorgung, oftmals auch von Zerstörung. Dies ist
bisweilen zum Nachteil der Archäologie ausgelegt worden, wenn „nur“
Weggeworfenes und wenig oder nichts in situ innerhalb von Gebrauchskontexten gefunden wird. In anderer Hinsicht handelt es sich jedoch um
eine nicht zu vernachlässigende disziplinäre Stärke, da die Archäologie
hier Aspekte des „Gebrauchslebens“ von Dingen und Strukturen in den
Blick nimmt, die selten Untersuchungsgegenstand anderer Disziplinen
sind. Die Archäologie ist oftmals eine der wenigen Zeugen der Entsorgung von Überresten und in einigen Fällen – wie eben derjenigen der
Knochen in der Harnackstraße – wird sie sogar zur einzigen Zeugin ihrer
Existenz. Unabhängig davon, wo diese Menschen herkamen, bedarf die
Frage einer Untersuchung, wie, warum und unter welchen Umständen
ihre Knochen in Gruben auf dem Grundstück der KWIA entsorgt wurden.
Dass die gefundenen Überreste auf das KWIA zurückgehen, kann
nicht mit hundertprozentiger Sicherheit belegt werden, doch die Indizien – die Nutzungsgeschichte dieses Grundstücks, die stratigraphische Situation und die verschiedenen chronologischen Belege, die sich
aus den mit den Knochen vergesellschafteten Funden herleiten lassen – deuten alle mit einem an Sicherheit grenzenden Grad an Wahrscheinlichkeit in diese Richtung. Die erwähnte Gipsabformung eines
Menschen ist nicht früher als 1917 hergestellt worden, wie die Spuren
eines bei seiner Herstellung genutzten Papiers zeigen, das die Russische
Revolution erwähnt. Ungeachtet ihrer ursprünglichen Provenienz(en)
kann der Kontext ihrer Deponierung von den Praktiken der Forscher
des KWIA zeugen. Die Art und Weise sowie der Kontext der Entsorgung
der Knochen deuten im Mindesten auf ein hohes Maß an Respektlosigkeit vonseiten der KWIA-Angehörigen hin. Die Gruben, in denen die
menschlichen Reste verscharrt wurden, wurden bis in eine beachtliche
Tiefe gegraben – anders als die, in denen sich Tierknochen befanden –
und suggerieren daher die Absicht, ihren Inhalt und womöglich sogar
den Fakt ihrer Existenz zu verbergen. In Anbetracht der ausführlich archivalisch dokumentierten Geschichte des KWIA sowie der dort durchgeführten Forschungen (von Schwerin 2004; Schmuhl 2005) kann die
Deponierung dieser Knochen und der mit diesen assoziierten Objekte
niemals als „unschuldig“ erachtet werden.
Nicht nur die Forscher*innen des KWIA empfanden es als unnötig (spezifischen) menschlichen Überresten mit Respekt zu begegnen.
282
Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
Die Inhalte einer der Gruben, die menschliche Knochen enthielten und
im Sommer 2016 ausgegraben wurden, waren offenbar in den späten
1960er oder 1970er Jahren umgebettet worden. Vermutlich waren es
Bauarbeiter oder ihre Vorgesetzten, die den Fund menschlicher Knochen missachteten und sie einfach wieder vergruben, ein Akt des „Vergessenmachens“ („unremembering”) (Starzmann 2016, 13)5.
Die zweite Form von Belegen, die ich hier kurz streifen möchte, bilden die Tierknochen. Ich erwähnte bereits eine Grube, die Kaninchenknochen enthielt – diese befand sich unweit der früheren Tierställe auf
dem südwestlich des Instituts gelegenen Land –, ebenso wie die zwei
Gruben im Garten der Direktoren-Villa, in denen wir Knochen von Ferkeln, Schafen und Rindern antrafen. Die Knochen in den letztgenannten
zwei Gruben zeigen typische Merkmale einer modernen Schlachtweise.
Vielleicht waren es Überreste üppiger Mahlzeiten, doch warum wurden
diese dann im Garten vergraben? Vorschriften zu Schlachtung und Konsum von Tieren existierten während der Jahre des Zweiten Weltkriegs;
“Schwarzschlachten” war strafbar (Rath 2018). Dies könnte ein Grund für
das Verbergen der Überreste sein. Auf der anderen Seite werfen die Kaninchenknochen in der dritten Grube zusammengenommen mit der gut
dokumentierten Nutzung von Versuchstieren im KWIA die Frage auf, ob
die Ferkel- und Schafknochen nicht ebenfalls Reste oder Nebenprodukte von Tierversuchen sein könnten. Unterstützt wird diese letztgenannte
Möglichkeit durch die Tierknochen, die sich in einer der großen Gruben
außerhalb des Gartenbereichs, Grube 32, vermischt mit menschlichen
Überresten fanden6. Dort wurde neben den Überresten von Ratten, Kaninchen und einigen größeren Säugetieren eine große Zahl an Knochen
ungeborener Schweine gefunden (Eger 2019). Zwar sind mir keine Belege für den Einsatz von Schweinen im Rahmen der Experimente von
KWIA-Forschern bekannt, jedoch war der erste Direktor, Eugen Fischer,
an der ontogenetischen Entwicklung von Tieren interessiert (Lösch 1997,
365–377). Ob die Tierfragmente im Garten der Villa und jene in den
Gruben außerhalb des Gartenbereiches in unmittelbarer Verbindung
zueinander standen, bleibt eine unbeantwortete Frage. Nichtsdestotrotz kann zumindest ein Teil der ausgegrabenen Tierknochen am besten als Überbleibsel der Experimente und/oder Sammlungen des KWIA
erklärt werden.
Zusammengenommen weist eine Vielzahl von Beweislinien auf das
KWIA als Quelle der Knochen und der anderen Überreste, die im Rahmen der Ausgrabungen und Reparaturarbeiten in der Harnackstraße in
Berlin-Dahlem gefunden wurden7. Demnach muss deren Entsorgung in
Gruben auf dem Institutsgelände mit Handlungen von Forschern des
KWIA verbunden werden, unabhängig von ihrer ursprünglichen Provenienz. Dies allein macht sie bereits zum Zeugnis – oder mindestens zur
Bürgschaft – der suspekten bis menschenverachtenden Praktiken der
KWIA-Angehörigen.
5
6
Zusammenfassung
Ich habe hier begründet, warum die Auseinandersetzung mit materiellen Überresten und ihren Kontexten, die die Grundlage der Archäologie
bilden, auch das Potential hat, die materiellen Spuren der Vergangenheit
als Zeugen verübten Unrechts anzurufen. Counter-Forensics, wie sie von
Weizman und Kolleg*innen praktiziert wird, bildet ein gutes Modell für
ein solches Vorgehen, insbesondere weil sie Zusammenführung von
Belegen aus unterschiedlichen Quellen betont, um eine überzeugende Argumentation zu konstruieren, die wiederum öffentlich verteidigt
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
7
Unter den Knochen in dieser Grube
war eine erhebliche Anzahl von Schädelteilen, die auch von ungeschulten Betrachter*innen als mit großer
Wahrscheinlichkeit menschlich zu
identifizieren sind.
Der Bericht des Rechtsmediziners
über die Knochen, die im Juli 2014 gefunden wurden, erwähnt ebenfalls
die Präsenz von Tierknochen kleiner
Nutztiere, unglücklicherweise ohne
weitere Hinweise darauf, welchen
Taxa sie angehörten.
Es sind zudem ausgegrabene Kontexte, Tierknochen und Artefakte vorhanden, die nicht dem KWIA zuzurechnen sind, sondern der Nutzung
des Grundstückes, seit dieses zur
Freien Universität Berlin gehört. Dies
wird hier nicht weiter betrachtet.
283
werden muss. Debatten in der Wissenschaftsphilosophie über die Untermauerung von Wissensansprüchen bieten eine solide Grundlage, um
„post-truths“ und einer relativierenden „Anything goes“-Haltung entgegenzutreten. Dafür muss allerdings gleichzeitig anerkannt werden, dass
diese Wissensansprüche nicht die Form hundertprozentig empirisch erwiesener Fakten annehmen und annehmen können.
Im spezifischen Falle des ehemaligen KWIA, den ich hier diskutiert
habe, erlauben uns die geborgenen Knochen und Artefakte sowie die
Fundkontexte, die Spuren der Sammlungspraktiken des Institutes nachzuverfolgen und insbesondere die Art und Weise zu untersuchen, wie
diese Sammlungen entsorgt wurden. Wichtig ist zudem, dass die Grabungen Praktiken des KWIA zutage gefördert haben, die durch schriftliche Zeugnisse gar nicht belegt sind, wie etwa das Abformen ganzer
menschlicher Körper in Gips oder das wahrscheinliche Experimentieren mit größeren Säugetieren. Selbst wenn die Analyseergebnisse zeigen, dass die menschlichen Knochen wenig oder vielleicht sogar nichts
unmittelbar mit dem Holocaust zu tun haben – dass diese beispielsweise
nicht auf Verbindungen des KWIA zu Mengele und Auschwitz zurückgehen –, wären wir trotzdem weit davon entfernt, von einem unproblematischen Umgang mit menschlichen Überresten sprechen zu können.
Vielmehr ist das Forschen und Schreiben über die Art und Weise, wie
man sich Sammlungen angeeignet hat – und, wie ich hinzufügen würde,
auch aufgelöst hat –, eine wichtige Form des Bezeugens des Umgangs
mit Sammlungen menschlicher Überreste im Namen der Forschung
oder aus einer sonderbaren Sammelleidenschaft. Hierauf wies die Archäologin Sonya Atalay im Kontext der Repatriierung der Überreste
von amerikanischen Ureinwohner*innen hin (Atalay 2018). Zu welchen
endgültigen Schlüssen die Untersuchung der menschlichen Überreste aus der Harnackstraße auch führen wird, diese werden ein Licht auf
die Aktivitäten des notorischen Institutes werfen, das sich ehemals auf
diesem Gelände befand. Die Überreste selbst werden sich der Tendenz
widersetzen, das Kapitel des Kaiser-Wilhelm-Institutes zu schließen, als
ob seine Geschichte als vollständig dokumentiert gelten könnte, oder
als ob seine Geschichte aus den vorhandenen Schriftarchiven allein rekonstruiert werden könnte. Es bleibt eine offene Frage, wie viele weitere
Gruben noch auf dem ehemaligen KWIA-Grundstück aufzufinden sind
oder zerstört wurden, als die Universitätsbibliothek in den 1950er Jahren gebaut und in den 1970er Jahren erweitert wurde.
Die Notwendigkeit, sich mit den Dingen und ihrem Potential, Zeugnis
abzulegen, auseinanderzusetzen, wird von Bernbeck (2017, 133) als Teil
einer Verantwortung diskutiert, die wir für vergangene Subjekte und ihr
Leiden tragen (sollten) (s. a. Bernbeck/Pollock 2018). Es ist in dieser Hinsicht ein zentrales Element einer Archäologie der Moderne. Wie Gabriella Soto (2018, 462) treffend in einer rezenten Auseinandersetzung
mit materiellen Spuren undokumentierter Migration über die mexikanisch–US-amerikanische Grenze feststellt: “It is troubling that the site [a
migrant campsite in the Arizona desert] existed at all, but it is equally
troubling that such a place may be erased without commemoration”.
Danksagung
Ich danke Ulrich Müller für die Einladung zu der Konferenz, die dieser Veröffentlichung zugrunde liegt, sowie Reinhard Bernbeck und Stefan Burmeister für hilfreiche Kommentare zu einer früheren Version dieses Artikels. Für die Übersetzung
der schriftlichen Version ins Deutsche bedanke ich mich ganz herzlich bei Lisa
Wolff-Heger.
284
Historische Archäologie 2020 | Archäologie der Moderne
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Susan Pollock
Institut für Vorderasiatische Archäologie
Freie Universität Berlin
Fabeckstraße 23–25
D-14195 Berlin
spollock@zedat.fu-berlin.de
Susan Pollock | Archäologie, Zeugenschaft und Counter-Forensics
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Archäologie
Historische
„Das ist doch alles schon bekannt – was wollen die Archäologen*innen denn zum 19. oder 20. Jahrhundert noch
herausfinden?“ Auf diese Frage geben 29 Wissenschaftler*innen umfassend Antwort. In dem Band zeigen viele
Beispiele, dass die Materialitäten einer so nah geglaubten Zeit vielfach weniger bekannt sind, als wir annehmen.
Die 23 Beiträge zu einer Archäologie der Moderne nehmen die Leser*innen mit auf eine beeindruckende Reise
in die jüngste Vergangenheit. Sie behandeln nicht nur gegenwärtige Schwerpunktthemen wie Industrialisierung,
die Weltkriege oder den NS-Terror, sondern öffnen auch den Blick auf ungewöhnliche Themen wie Bestattungspraktiken oder Graffiti. Die Autoren*innen bieten zudem Einblicke in den Aufgabenbereich der archäologischen
Bodendenkmalpflege, der universitären Ausbildung und musealen Vermittlung.