Manuel Zeiler
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach, Kreis SiegenWittgenstein, und Arnsberg,
Hochsauerlandkreis
Inhalt
1 Einleitung
249
2 Stand der archäologischen Erforschung beider Weltkriege
in Südwestfalen 251
2.1 Quellenkritik: Auffindung und Deutung von Fundstellen oder Funden
2.2 Fundstellen beider Weltkriege in Südwestfalen
254
2.2.1 Erster Weltkrieg
255
2.2.2 Zweiter Weltkrieg
257
3 Ausgrabungen an einem Flugplatz und einer Feldbefestigung
des Zweiten Weltkrieges 265
3.1
Der Flugplatz Lippe bei Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein
(Lipper Höhe/Flughafen Siegerland)
265
3.1.1 Forschungsstand
265
3.1.2 Archäologische Maßnahmen
269
3.1.3 Befunde und Funde
274
3.1.3.1 Unterstandkomplex
274
3.1.3.2 Splitterschutzgräben
277
3.1.3.3 Treibstofflager und Unterstand
281
3.1.4 Zusammenfassende Bewertung
282
3.2 Die Feldbefestigung von Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis
283
3.2.1 Forschungsstand und Zielsetzung der Ausgrabungen
283
3.2.2 Topografie und Verkehrsgeografie
285
3.2.3 Archäologische Maßnahmen
285
3.2.4 Befunde und Funde
287
3.2.4.1 Feldbefestigung 1
287
3.2.4.2 Feldbefestigung 2
290
3.2.4.3 Feldbefestigung 3
291
3.2.5 Zusammenfassende Bewertung
292
4 Schlussbetrachtung
5 Literatur
297
294
251
6 Katalog
300
6.1 Abkürzungen
300
6.2 Flugplatz Lippe bei Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein
300
6.2.1 Befunde
300
6.2.1.1 Unterstandkomplex (AKZ 5214,199)
300
6.2.1.2 Grabensystem 1 (AKZ 5214,197)
301
6.2.1.3 Grabensystem 2 (AKZ 5214,198)
301
6.2.1.4 Treibstofflager und Unterstand (AKZ 5214,197)
302
6.2.2 Funde
303
6.3 Feldbefestigung von Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis
303
6.3.1 Befunde
303
6.3.1.1 Kampfgraben 1, Feldbefestigung 1 (AKZ 4514,59:01)
303
6.3.1.2 Archäologisch untersuchte Unterstände, Feldbefestigungen 1–3
(AKZ 4514,59:01–03)
303
6.3.2 Funde
306
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
249
1 Einleitung
1
Kennan 1979, 3.
land, Aufmarschgebiet und in einer späten Phase
auch Schauplatz für Kampfhandlungen (Abb. 1). 2
Im Gegensatz zu den »klassischen« Themenfeldern der Archäologischen Denkmalpflege steht
die Erforschung der Weltkriege in Südwestfalen
erst am Anfang. Bislang wurden fast nur historische Quellen 3 herangezogen, um die Vorgänge
und Ereignisse von 1914 bis 1918 und von 1939 bis
1945 zu rekonstruieren. Jedoch, und das belegen
die hier vorgestellten Fundstellen bei Arnsberg
und bei Burbach, sind diese Quellen lückenhaft,
weswegen archäologische Untersuchungen selbst
für so junge Zeitabschnitte aussagekräftige Ergänzungen liefern können. Fundstellen der beiden Weltkriege sind häufig Plätze, an denen für
die Gesellschaft die eigene Vergangenheit direkt
erfahrbar wird. Als Erinnerungsorte von Krieg,
Verbrechen oder Gewaltherrschaft besitzen diese
Relikte der jüngsten Geschichte eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.
2
Diese Skizze der Archäologie der Weltkriegsereignisse im
Regierungsbezirk Arnsberg ist Dank des Engagements und
der freundlichen Unterstützung zahlreicher Heimatforscher, der regional zu dieser Thematik arbeitenden Historiker sowie geschichtsinteressierter Initiativen, des Deutschen Bergbau-Museums Bochum und der Kollegen der
LWL-Archäologie für Westfalen möglich – ihnen allen sei
herzlich gedankt. Besonderer Dank für Anregungen und
Kritik während der Fertigstellung dieses Manuskriptes gilt
Michael Baales, Jennifer Garner, Johannes Müller-Kissing
und Melanie Röring.
3
Als historische Quellen werden Text- und Bildquellen verstanden.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Im April und Mai 2014 untersuchte die LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, ausschnitthaft Splitterschutzgräben, Unterstände und
ein Treibstofflager des ehemaligen Flugplatzes
Lippe der deutschen Luftwaffe bei Burbach, Kreis
Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197–199). Dies war
nicht die erste archäologische Erforschung einer
Feldbefestigung des Zweiten Weltkrieges in Südwestfalen (Regierungsbezirk Arnsberg). Denn
bereits 2011 ist die Untersuchung einer weiteren
Anlage bei Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ
4514,59), erfolgt. Außerdem wurden lange vorher
der Randbereich eines KZ-Außenlagers, mehrere
Bomberabsturzstellen und im Rahmen baubegleitender Maßnahmen andere Ereignisorte von
Kriegshandlungen dokumentiert. Ferner gesellen
sich, durch das Engagement von Heimatforschern
(besonders Sondengängern) oder durch zufällige
Entdeckungen, Fund- und Fundstellenmeldungen
hinzu, die den Krieg in vielen Facetten sprichwörtlich vor Augen führen.
Im Folgenden werden die beiden Ausgrabungen bei Burbach und Arnsberg behandelt. Zusätzlich wird der Stand der archäologischen Forschungen nicht nur zum Zweiten Weltkrieg, sondern
zu beiden Weltkriegen in Südwestfalen skizziert.
Denn Letzterer wird in den Geschichtswissenschaften häufig als Folgeerscheinung der »großen Urkatastrophe des Jahrhunderts« 1, des Ersten
Weltkrieges, gedeutet. Südwestfalen war Hinter-
250
Manuel Zeiler
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 1 Alliierte Operationen vom 29. März bis 4. April 1945 am westlichen Kriegsschauplatz mit Markierung der im Text
erwähnten Fundstellen. 1: Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59): Feldbefestigung; 2: Burbach, Kreis SiegenWittgenstein (AKZ 5214,197–199): Flugplatz Lippe; 3: Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,293): Bajonett; 4:
Brilon-Hoppecke, Hochsauerlandkreis (AKZ 4617,76): Munitionsdepot; 5: Hemer-Deilinghofen bzw. Menden, Märkischer Kreis (AKZ 4512,20:AD01 und 205 sowie AKZ 4613,198): Hydrierwerk »Schwalbe 1«; 6: Drolshagen, Kreis Olpe
(AKZ 4912,79): Karabiner; 7: Ennepetal-Rüggeberg, Ennepe-Ruhr-Kreis (AKZ 4710,106): Koppelschloss; 8: FinnentropHeggen, Kreis Olpe: Zusatztank (AKZ 4813,128); 9: Grafschaft-Schmallenberg, Wilzenberg, Hochsauerlandkreis (AKZ
4815,3): Gefechtsgebiet; 10: Hagen-Haspe (AKZ 4610,116 und 123): Lancaster-Absturzstellen; 11: Hagen-Hohenlimburg
(AKZ 4611,287): Lancaster-Absturzstelle; 12: Hagen, Stadtwald (AKZ 4612,112) Lancaster-Absturzstelle; 13: Hagen,
Stadtwald (AKZ 4610,112): Lancaster-Absturzstelle; 14: Kirchhundem-Welschen-Ennest, Kreis Olpe (AKZ 4913,111): Gefechtsgebiet; 15: Kirchhundem-Welschen-Ennest, Kreis Olpe (AKZ 4914,50): NSDAP-Schild; 16: Lennestadt-Elspe, Kreis
Olpe (AKZ 4814,82): Lancaster-Absturzstelle; 17: Rüthen, Kreis Soest (AKZ 4516,152): Luftschutzstollen; 18: Schwerte, Kreis Unna (AKZ 4511,91): Außenlager des KZ Buchenwald; 19: Siegen-Eiserfeld, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ
5113,168): Luftschutzstollen Reinhold-Forster-Erbstollen; 20: Siegen-Niederschelden, Felsenbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5113,7): Gefechtsgebiet; 21: Siegen-Niederschelden, Rothenberg, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5113,127):
Gefechtsgebiet; 22: Siegen-Niederschelden, Höllwald, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5113,150): Gefechtsgebiet; 23:
Winterberg-Altenfeld, Hochsauerlandkreis (AKZ 4716,138): Gefechtsgebiet; 24: Witten-Annen, Ennepe-Ruhr-Kreis (AKZ
4510,53): Außenlager des KZ Buchenwald (Kartengrundlage: Zimmermann 2009, 258; Grafik: LWL-Archäologie für
Westfalen/M. Zeiler).
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
251
2 Stand der archäologischen Erforschung
beider Weltkriege in Südwestfalen
2.1 Quellenkritik: Auffindung und Deutung von Fundstellen oder Funden
4
Zeiler 2012; Zeiler/Kapteiner 2012.
5
Zeiler 2014a.
6
Zeiler 2013, 57–58. 98–99.
7
Baales u. a. 2010a; Baales u. a. 2010b.
Abb. 2 Wallburg Wilzenberg bei Grafschaft-Schmallenberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4815,3). Systematische
Metallsondenprospektion von Angehörigen des Fundforums im Frühjahr 2013 (Foto: LWL-Archäologie für
Westfalen/M. Zeiler).
forscher mit Metallsuchgeräten, denen Fundstellenmeldungen und Funde aller Zeitstellungen in
Südwestfalen zu verdanken sind, die Dunkelziffer
an illegalen Sondengängern hoch ist (Abb. 3). Einschlägigen Internetforen ist zu entnehmen, dass
eine große Raubgräberszene auf Militaria spezialisiert ist und beispielsweise mit seltenen SS-Erkennungsmarken mehrere Hundert Euro zu verdienen sind. Auch wenn sich ein Umdenken auf
breiter Basis andeutet, 8 ist weiterhin Aufklärung
8
Z. B. Anleitung für den Umgang mit gefundenen Erkennungsmarken im Internetforum Schatzsucher.de: <http://
www.schatzsucher.de/index.php?option=com_content&tas
k=view&id=63&Itemid=127> (17.03.2016).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Bislang existiert kein archäologisches Forschungsprojekt in Südwestfalen, das einen der beiden Weltkriege zum Gegenstand hat. Stattdessen begegnete
die Archäologische Denkmalpflege dieser Thematik eher zufällig bei Ausgrabungen von Fundstellen (vermeintlich)4 anderer Zeitstellung, durch
Meldungen von Heimatforschern oder bei systematischen Großflächenprospektionen. Relikte beider Kriege wurden entdeckt bei Begehungen, die
durch Erschließungsverfahren für Wohn- und Gewerbegebiete oder Infrastruktur ausgelöst wurden,5
als Nebenprodukt eines Forschungsprojektes zur
frühen Montanwirtschaft im Siegerland,6 während
eines Schulprojektes über KZ-Außenlager und
noch zahlreicher durch ehrenamtliche Heimatforscher mit oder ohne Metallsuchgeräte (Abb. 2).7
Während systematische Prospektionen und daran anschließende Ausgrabungen die Abgrenzung
sowie die Dokumentation eines ganzen Fundstellenensembles erlauben, ist der Charakter eines
Platzes bei einzelnen Zufallsfunden und zumeist
auch bei Sondenbegehungen schwer einzuschätzen bzw. bleibt unbekannt. Außerdem sind diese
Funde selektiv, denn einerseits detektieren die
Sonden nur Metallobjekte und andererseits findet
zumeist nach der Bergung eine unsystematische
Auswahl statt. Zudem kommt erschwerend hinzu,
dass trotz der großen Zahl lizensierter Heimat-
252
Manuel Zeiler
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 3 Wallburg Wilzenberg bei Grafschaft-Schmallenberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4815,3). Typisches Raubgrabungsloch in Spatenbreite (Foto: LWL-Archäologie für
Westfalen/M. Zeiler).
notwendig. Der Verlust von Fundstellen und Funden durch illegale Aktivitäten ist nicht abschätzbar. Unlizensiertes Suchen mit der Metallsonde,
das anschließende Ausgraben und die damit verbundene Zerstörung wissenschaftlich wertvoller
Befunde sind ein Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen (DSchG
NRW) 9. Abhängig davon, was der Raubgräber mit
dem Raubgut macht, kann sein Verhalten sogar
ein Straftatbestand nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) darstellen. Die illegale Szene ist
häufig gut organisiert und sehr mobil, weswegen Anzeigen selten sind und die Archäologische
Denkmalpflege ihr oft sprichwörtlich hinterherlaufen muss. Trotzdem konnten zahlreiche Erfolge erzielt werden: Beispielsweise wurden 2006 mit
Unterstützung des Heimatforschers Horst Klötzer die Überreste eines abgeschossenen alliierten
9
Zum novellierten DSchG NRW allgemein: Davydov/Rind
2014.
Lancaster-Bombers im Hagener Stadtwald (AKZ
4612,112) gerettet, nachdem bereits Trümmerteile
beim Online-Auktionshaus eBay zum Verkauf angeboten worden waren. 10
Schließlich verschleiern häufig fehlerhafte
Aussagen – auch wenn sie in der Regel nicht beabsichtigt sind – zur Auffindung, zum Auffindungszeitpunkt, zum Fundkontext oder zur gemeldeten
Fundstelle wichtige Informationen hinsichtlich
der Zufallsfunde. Beispielsweise kommen gewisse Schilderungen in so unwahrscheinlicher Zahl
vor, dass sie mittlerweile an moderne Mythen
grenzen: Demnach sollen Güllegruben, Gewässer oder Gräben angefüllt mit Militaria der rückziehenden deutschen Truppen sein oder aber die
Objekte sollen aus Stollen stammen, in denen
man die Waffen der Besiegten gesprengt habe.
Unzweifelhaft ist, dass tatsächlich bei Kriegsende ungeheure Mengen an Waffen, Kampfmitteln
und Ausrüstung vornehmlich von deutschen Verbänden in der Region verblieben, die immer noch
Polizei und Kampfmittelräumdienst beschäftigen.
Jedoch sind die heutigen Berichte der Augenzeugen – die zu diesem Zeitpunkt als Kinder die Stücke entdeckten – meist nicht genau genug, um
tatsächlich zu rekonstruieren, was in welcher Zahl
und wo gefunden wurde. Damit bleibt zumeist unklar, ob die gemeldeten Objekte beispielsweise von
Fundstellen direkter Kampfhandlungen stammen,
beim deutschen Rückmarsch zurückblieben oder
von deutschen Soldaten, die versuchten sich abzusetzen, bewusst versteckt wurden.
Neben Bodendenkmälern und Funden stehen
der Archäologie ferner Karten und digitale Geländemodelle als Quellengattung zur Verfügung.
Hier macht sich der technische Fortschritt der Prospektionsmethoden für die Auffindung von Relikten der Weltkriege bemerkbar. Digitale Geländemodelle (DGM), bekannt auch als LIDAR-Karten,
erlauben es, Großstrukturen in bewaldeten oder
verbuschten Bereichen zu erkennen.
Bedauerlich ist hingegen, dass die Archäologische Denkmalpflege nicht auf unveröffentlichte alliierte Luftbildkarten des Kampfmittelräumdienstes zugreifen kann, die derzeit der Geheimhaltung
unterliegen. Mit diesen wäre eine effektivere Pro-
10
Baales u. a. 2010a, 308; Baales u. a. 2010b, 169–172.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
11
Baales 2011, 259; Arnsberger Heimatbund 2011, 91–92.
Diese Vermutung war nicht unbegründet, denn die »Pingen« lagen in der Nähe des als Erzabbaugebiet bekannten
Eisenbergs. Zudem erbrachte das intensive Studium von
schriftlichen Quellen und historischen Karten ab dem 17.
Jahrhundert seitens des Heimatbundes keinen Hinweis
auf eine andere Entstehung der Strukturen. Die Aufgabenstellung der archäologischen Untersuchungen war daher
die Bestimmung der genauen Abbauform, die Bewertung
der Lagerstättensituation sowie die Datierung der Geländestrukturen, weswegen das Deutsche Bergbau-Museum
Bochum mit der Durchführung der Arbeiten unter Leitung
des Verfassers im September 2011 betraut wurde.
12
Ihm sei für seine Informationen herzlich gedankt.
13
Es handelt sich um eine Tagebuchaufzeichnung von Herrmann Bietzker vom 29. März 1945 (Bühner 1995, 215)
unmittelbar vor der Einnahme Arnsbergs durch amerikanische Truppen: »Wir sind zu Fuß nach Herdringen. Unterwegs machen wir in Kapune halt, […]. Hinter Kapune,
aber noch vor Wicheln, beiderseits der Straße MG-Nester.
Tiefer im Wald Unterstände mit Soldaten.« An dieser Stelle
sei Werner Bühner herzlich für ergänzende oder klärende
Auskünfte zu den Kriegsereignissen in Arnsberg gedankt.
Abb. 4 Feldbefestigung Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59). Blick von Süden auf Unterstand 1, nachdem Laub und Lockermaterial entfernt wurden. Die rechteckige Eintiefung mit randlich gelagertem
Aushubwall öffnet sich rechts im Hintergrund in einer
grabenartigen Struktur – die ehemalige Gasschleuse (Foto:
Deutsches Bergbau-Museum Bochum/I. Luther).
wodurch allen bisherigen 14 und auch der vorliegenden Auswertung grundlegende Informationen
fehlen und die Deutungen somit sehr kritisch gesehen werden müssen.
Ähnlich ist die Situation bei der zweiten hier
vorgestellten Fundstelle, dem Flughafen Lippe
bei Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (s. u.), der
anlässlich der Erschließung eines Gewerbegebietes prospektiert, topografisch vermessen und
abschließend mit Sondagen untersucht wurde.
Erfreulicherweise konnte hier auf eine Publikation von Gückelhorn zurückgegriffen werden, die
viele aussagekräftige Luftbilder der Alliierten beinhaltet und dadurch die Deutung vieler Geländestrukturen vereinfacht und wesentlich für die
Gesamtbeurteilung der Fundstelle ist. 15 Weitere
Ergänzungen lieferten Beschreibungen des Flugplatzes von Greifendorf. 16 Dennoch wurden während der archäologischen Prospektionen vor und
während der Ausgrabung Unterstände und ein
Treibstoffdepot entdeckt, die in der Publikation
nicht genannt waren. Es ist zu vermuten, dass das
Studium aller Luftbilder der Alliierten im Vorfeld
14
Zeiler 2012; Zeiler/Kapteiner 2012.
15
Gückelhorn 2007, 76–79.
16
Greifendorf 2010, 42–44.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
spektion möglich. Durch das Fehlen der Karten
bleibt jedoch die Deutung der erkannten Strukturen beschränkt bzw. es besteht sogar die Gefahr,
dass Befunde grundsätzlich fehlinterpretiert werden. Das Beispiel der Feldbefestigung Arnsberg,
Hochsauerlandkreis (s. u.), macht dies besonders
deutlich: Der Arnsberger Heimatbund veranlasste während der Erstellung der Kulturhistorischen
Route im Kurfürstlichen Thiergarten in Kooperation mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW
sowie in Absprache mit der LWL-Archäologie
für Westfalen eine archäologische Untersuchung
rechteckiger Bodendeformationen. Diese Anomalien (Abb. 4) waren ungewöhnlich und wurden zunächst, da historischen Quellen keine Informationen zu diesem Areal zu entnehmen waren, als
Pingen eines obertägigen Bergbaus unbekannten Alters gedeutet. 11 Erst im Verlauf von archäologischen Ausgrabungen wurde der militärische
Ursprung der Anomalien durch die Aufdeckung
aussagekräftiger Befunde, die Information des
Zeitzeugen Josef Hausmann 12 sowie die Wiederentdeckung einer historischen Quelle 13 deutlich.
Lange nach Abschluss der Grabungen berichtete
ein Mitarbeiter der Bezirksregierung in Arnsberg,
dass umfangreiche Luftbilder der Alliierten von
dem Areal existieren und diese deutlich den Bau
der Feldbefestigung durch die Wehrmacht nachvollziehen lassen. Bis heute war es aber nicht möglich, jene Karten einzusehen und zu verwenden,
253
254
Manuel Zeiler
weitere wichtige Informationen zu diesen Strukturen erbracht hätte.
Gelegentlich können Funde oder Fundstellen
mit historischen Quellen in Verbindung gebracht
werden. Dies gelang etwa Ralf Blank für die Absturzstellen von Bombern der Alliierten bei Hagen, der durch die Auswertung zahlreicher noch
verfügbarer Schriftbelege detailliert die damaligen
Vorgänge rekonstruierte und sogar persönliche
Schicksale beleuchtete. 17 Wie im oben bereits erwähnten Beispiel der Feldbefestigung Arnsberg
beziehen sich diese Quellen jedoch nur selten
direkt auf einen Platz oder ein Objekt. Dies liegt
zum einen daran, dass die konkreten Ereignisse,
die mit einzelnen Fundstellen oder Funden in Bezug stehen, häufig zu unbedeutend schienen, um
überhaupt festgehalten zu werden; zum anderen
führten am Ende des Krieges die zunehmende
Zerstörung und Auflösung der Militärstruktur
zum Verlust der Dokumentation bzw. dazu, dass
diese gar nicht mehr erstellt wurde.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
2.2 Fundstellen beider Weltkriege in
Südwestfalen
Die bisher in Südwestfalen bekannt gewordenen
Funde und Fundstellen der beiden Weltkriege
spiegeln in erster Linie Kampfhandlungen oder
Handlungen von Kriegsteilnehmern wider. Dazu
zählen überwiegend Kampfmittel, militärische Infrastruktur oder Schutzeinrichtungen. Zusätzlich
zu diesen Kategorien sind Versteckfunde bekannt,
bei denen am Kriegsende z. B. Objekte mit NSSymbolen verborgen wurden. Darüber hinaus fanden Orte der NS-Gewaltherrschaft kaum archäologisch Beachtung. Somit erschließt die Archäologie
derzeit keinesfalls die Kultur des Krieges 18 in ihrer
Gesamtheit, zumal beide Ereignisse auch außerhalb der Kampfzonen deutliche Spuren hinterließen.
Grundlage der folgenden skizzenhaften Übersicht bilden archäologische Ausgrabungen, Fundmeldungen seit 2012 sowie Publikationen zu archäologischen Themenfeldern dieser Epoche im
17
Baales u. a. 2010a, 309–310; Baales u. a. 2010b.
18
Zum Begriff: Keegan 2003, 21–34.
Abb. 5 Reinhold-Forster-Erbstollen, Siegen-Eiserfeld, Kreis
Siegen-Wittgenstein (AKZ 5113,168). Portal (oben) sowie
heute nahezu abgebauter und umgestalteter Bereich der
Luftschutzeinrichtung (unten) (Fotos: LWL-Archäologie
für Westfalen/H. Menne, M. Zeiler).
Regierungsbezirk Arnsberg. Eine systematische
Erkundung aller der LWL-Archäologie für Westfalen bekannten Unterlagen bleibt ein Desiderat und
konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet
werden. Neben Fundstellen, die durch die Kriege
entstanden sind, müssen auch solche berücksichtigt werden, die aufgrund der damaligen Ereignisse kurzzeitig einem Funktionswandel unterlagen.
Beispielhaft hierfür ist der Reinhold-Forster-Erbstollen in Siegen-Eiserfeld, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5113,168), der 1805 aufgefahren wurde
255
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
0
2 cm
0
Abb. 6 Ennepetal-Rüggeberg, Ennepe-Ruhr-Kreis (AKZ
4710,106). Koppelschloss (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/H. Menne).
5 cm
Abb. 7 Brilon-Hoppecke, Hochsauerlandkreis (AKZ
4617,76). Handgranaten (Foto: LWL-Archäologie für
Westfalen/H. Menne).
und vor allem dank seines repräsentativen Portals
als Montandenkmal Ausstrahlung hatte und hat
(Abb. 5). 19 Weniger bekannt ist hingegen, dass er
als Luftschutzeinrichtung im Zweiten Weltkrieg
genutzt worden ist und dafür Einbauten nahe dem
Mundloch vorgenommen wurden, von denen aber
heute kaum mehr etwas erhalten ist.
2.2.1 Erster Weltkrieg
19
Dem Heimatverein Eiserfeld sowie den Barbara Rohstoffbetrieben GmbH, die dieses bedeutende Montandenkmal
unterhalten und sichern, sei für die Möglichkeit gedankt,
den Erbstollen befahren zu können.
0
2 cm
Abb. 8 Brilon-Hoppecke, Hochsauerlandkreis (AKZ
4617,76). Kopfzünder (Foto: LWL-Archäologie für
Westfalen/H. Menne).
reren Detonationen wurde die Einrichtung nach
dem Krieg aufgegeben. Zu den Funden zählen
deutsche Eier- und Kugelhandgranaten, teilweise
mit herausdrehbaren Messingzündern (Abb. 7),
das Bodenstück einer detonierten Artilleriegranate mit einem Durchmesser von 240 mm und
einem Führungsring aus Messing sowie ein deformierter Kopfzünder aus dem Jahr 1915 (Abb. 8).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Der Erste Weltkrieg ist durch den Einzelfund eines Koppelschlosses mit der Aufschrift »Gott mit
uns« aus Ennepetal-Rüggeberg, Ennepe-RuhrKreis (AKZ 4710,106), sowie durch Kampfmittel
belegt, die aus Brilon-Hoppecke, Hochsauerlandkreis (AKZ 4617,76), stammen. Beide Fundstellen
wurden durch den Sondengänger Klaus Grezebin
bekannt.
Bei dem Koppelschloss Typ Preußen (Abb. 6)
handelt es sich um einen Fund ohne Kontext, weswegen weder der Verlustgrund noch der genaue
Verlustzeitpunkt geklärt werden können – schließlich waren derlei Schließen noch bis weit nach
dem Zweiten Weltkrieg in Gebrauch oder in Verwahrung. Dagegen stammen die Kampfmittel aus
dem Umfeld des Munitionsdepots Hoppecke Berg,
in dem auch Munition zerlegt wurde. Nach meh-
256
Manuel Zeiler
A
B
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
C
Abb. 9 Finnentrop-Heggen, Kreis Olpe (AKZ 4813,128).
Zusatztank aus dem Ahauser Stausee. A: schräge Aufsicht; B: Seitenansicht; C: Tanköffnung und Halterungen auf der Oberseite (Fotos: LWL-Archäologie für Westfalen/H. Menne).
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
257
2.2.2 Zweiter Weltkrieg
20
Allen beteiligten Mitarbeitern der Bigge Energie in Attendorn sei an dieser Stelle gedankt. Siehe auch Zeiler 2014a.
21
Besser bekannt als Stuka.
22
<http://www.dtoday.de/regionen/lokal-panorama_artikel,Geschichtsverein-Westuffeln-Wanderung-rund-ums-Dorf-_
arid,37561.html> (13.09.2016).
Abb. 10 Viermotoriger Bomber Avro Lancaster der Royal
Air Force (Foto: Victoria Pedersen/Fotolia).
gefertigt worden, was nicht weit entfernt von der
Fundstelle liegt. Nach Kriegsende seien die Tanks
vereinzelt in den Attendorner Raum gelangt, wo
man sie als Boote für Kinder umfunktioniert habe,
um damit den Stausee zu befahren.
Verglichen mit dem singulären Zusatztank
kommen Fundstellen abgestürzter Flugzeuge
häufiger vor. Es handelt sich in erster Linie um abgeschossene Bomber der Alliierten, wie beispielsweise drei Maschinen der britischen Luftstreitkräfte: eine zweimotorige Wellington Mk III, die auf
der Philippshöhe bei Hagen abstürzte, oder zwei
viermotorige Avro Lancaster Mk III, die in HagenHaspe (AKZ 4610,116) und in Hagen-Hohenlimburg (AKZ 4611,287) aufschlugen. Die letztgenannte Fundstelle entdeckte glücklicherweise der
Heimatforscher Horst Klötzer. Anschließend grub
die LWL-Archäologie für Westfalen unter Leitung
von Michael Baales und Eva Cichy die Trümmer
aus, bevor der Bereich völlig durch Raubgräber
zerstört wurde (s. o.). Historische Recherchen
Ralf Blanks über die bereits oben beschriebene
Lancaster im Hagener Stadtwald (AKZ 4610,112)
erbrachten den Nachweis, dass diese Maschine zusammen mit 527 anderen alliierten Bombern desselben Typs (Abb. 10) am 20. bzw. 21. Februar 1945
beim Anflug auf Dortmund war und vermutlich
von einem deutschen Nachtjäger abgeschossen
wurde, wobei vier der sieben Besatzungsmitglieder ums Leben kamen.
Ein weiterer Lancaster-Bomber stürzte bei Hagen-Haspe (AKZ 4610,123) ab, dessen Absturzstelle ebenfalls von Horst Klötzer 2010 entdeckt wurde.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Ab 1944 gelangte Südwestfalen mit näher rückender Front verstärkt in den Fokus der militärischen
Auseinandersetzungen, weshalb die meisten archäologischen Fundstellen des Weltkrieges in
Südwestfalen in das Jahr 1945 zu datieren sind.
Dazu zählen Relikte der Luftkämpfe, wie ein
Zusatztank aus Finnentrop-Heggen, Kreis Olpe
(AKZ 4813,128) (Abb. 9). Das Objekt wurde bei
Wasserbauarbeiten von Mitarbeitern der Bigge
Energie im Ahauser Stausee 2014 entdeckt, zunächst als Bombe gedeutet und der LWL-Archäologie gemeldet und übergeben. 20 Der ca. 182 cm
lange Zusatztank aus Aluminium wurde ursprünglich an einem Flugzeug befestigt, um dessen Reichweite zu erhöhen, verschlechterte aber
die Flugeigenschaften. Deswegen wurde er häufig
(bei Gefahr) abgeworfen, um größere Wendigkeit
zu erlangen. Auch der Ahauser Zusatztank kann
im Flug ausgeklinkt worden sein, da dessen Oberseite, wo sich die Tanköffnung und Halterungen
befinden, beim Aufprall stark deformiert worden
ist. Dieser Tanktyp wurde von der deutschen Luftwaffe bei Jägern, wie der Messerschmidt Me 109
oder der Focke-Wulf Fw 190, eingesetzt; er fand
aber auch bei Schlachtflugzeugen, wie der Junkers
Ju 87 21, Verwendung. Das Objekt stammt also von
einem deutschen Flugzeug und wurde vielleicht
zur Steigerung der Flugeigenschaften über dem
See abgelöst. Das Stück ging im See verloren und
konnte nicht mehr geborgen werden. Ob der Tank
zur besseren Auffindung und Wiederverwendung
ehemals gekennzeichnet war, ist nicht mehr feststellbar. Möglicherweise trug er eine Beschriftung
»Keine Bombe«, wie der Zusatztank aus CaldenWestuffeln (Hessen). 22 Nicht verschwiegen werden
sollte noch ein weiterer Deutungsvorschlag zur
Nutzung und Fundstelle des Tankes, den Mitarbeiter des Südsauerlandmuseums Attendorn vorgebracht haben: Derartige Behältnisse seien demnach in Freudenberg, Kreis Siegen-Wittgenstein,
258
Manuel Zeiler
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 11 Hagen-Haspe (AKZ 4610,123). Trümmer eines abgestürzten Lancaster-Bombers (Foto: LWL-Archäologie für
Westfalen/H. Menne).
Er konnte für die Maschine die Kennung LM 726
identifizieren. 23 Dieses Flugzeug nahm ebenfalls
an der oben beschriebenen Bombardierung von
Dortmund teil. 24 Von ihm verblieben nur kleinteilige Trümmer. Hierzu zählen Hartgummifragmente, deformierte Aluminiumteile, die teilweise noch
einen grünen Tarnanstrich erkennen lassen, Hartkunststoffteile, isolierte Kabelbruchstücke, eine
Eisenblechschnalle für einen bis zu 85 mm breiten
Gurt und ein massives, ursprünglich rechteckiges
Aluminiumfragment mit gerundeten Ecken, geriffelter Oberseite und mittiger Lochung, das möglicherweise eine Fußrast darstellt (Abb. 11).
Ohne Fremdeinwirkung schmierte hingegen
der Wellington-Bomber über Hagen-Haspe ab
23
Horst Klötzer wird herzlich für seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Archäologischen Denkmalpflege
gedankt.
24
<http://www.backtonormandy.org/the-history/air-forceoperations/airplanes-allies-and-axis-lost/lancaster/
LM726%201945-02-21.html> (17.03.2016).
(AKZ 4610,123), der Mainz bombardieren sollte.
Der Pilot hatte sich verirrt. Die Maschine stürzte
bereits am 12. August 1942 wegen eines technischen Defekts ab und alle Besatzungsmitglieder
kamen ums Leben. 25
Eine weitere Lancaster-Absturzstelle wurde durch eine illegale Sondenbegehung 2011 in
Lennestadt-Elspe, Kreis Olpe (AKZ 4814,82), lokalisiert. Bereits am 22. März 1944 wurde diese
Maschine beim Anflug auf Frankfurt von einem
deutschen Nachtjäger abgeschossen, wobei kein
Besatzungsmitglied überlebte. 26 Das Fundspektrum ist gut vergleichbar mit den Objekten der vorhergehend beschriebenen Absturzstelle (Abb. 12–
13). Es besteht aus Gummiteilen und deformierten
Blechen, darunter solche mit dunkelgrünem Tarnanstrich und ein kreisförmiges Stück mit einem
Durchmesser von 50 mm und der Aufschrift »out«
25
Baales u. a. 2010a; Baales u. a. 2010b.
26
Zeitungsartikel im Sauerlandkurier vom 21.03.2013.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
259
Abb. 12 Lennestadt-Elspe, Kreis Olpe (AKZ 4814,82). Trümmer eines abgestürzten Lancaster-Bombers (Foto: LWLArchäologie für Westfalen/M. Zeiler).
27
Z. B. in Witten, Ennepe-Ruhr-Kreis (AKZ 4510,149).
28
Zeitungsartikel in Der Patriot vom 22.02.2014 und
12.03.2014.
Abb. 13 Lennestadt-Elspe, Kreis Olpe (AKZ 4814,82). Trümmer eines abgestürzten Lancaster-Bombers (Foto: LWLArchäologie für Westfalen/M. Zeiler).
senen (Sprengvortrieb) Stollens mit überwiegend
gerader Firste (Decke) und überwiegend geraden
Stößen (Wände). Eine ehemalige Sicherung durch
Rundhölzer war zumeist bereits zerstört, eine Verzimmerung der Stöße nur selten in Sohlennähe
noch feststellbar. Abflussrinnen in der Sohle (Boden) ließen sich kaum erkennen und eine Sohlenabdeckung mit Brettern war allenfalls noch zu
vermuten (Abb. 14).
Die Mehrheit der archäologischen Fundstellen
zum Zweiten Weltkrieg stellen Kampfschauplätze
und Hinterlassenschaften der Auflösung des NSSystems dar. Denn Südwestfalen wurde nach dem
Übergang der Alliierten über die Brücke von Remagen (Rheinland-Pfalz) am 7. März 1945 schnell
erreicht (Abb. 1). Die ersten Kampfhandlungen
fanden im Siegerland statt.
Bereits einleitend wurde erwähnt, dass als Nebenprodukt eines Forschungsprojektes zur latène-
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
(Abb. 12, links). Zusätzlich fanden sich drei Patronenhülsen Kaliber 12 mm mit fehlendem Zünder,
detoniertem Hülsenmund sowie den Kennungen
»1942 IM CP« und »IM RG« (Abb. 12, oben).
Andere Zeugen der Bomberoffensive sind Luftschutzeinrichtungen, die man zumeist nach dem
Krieg ungenutzt verfallen ließ oder abbaute bzw.
zerstörte. Nun treten diese Anlagen aber vielfach
bei Baumaßnahmen 27 oder durch gezielte Suche
wieder zutage. Ein als Bunker angelegter Stollen
am Rande der Stadt Rüthen, Kreis Soest (AKZ
4516,152), ist ein Beispiel für eine solche Anlage.
Seine Herrichtung belegt einerseits das allmählich gewandelte Verhältnis der Öffentlichkeit zu
Relikten des Zweiten Weltkrieges, aber auch andererseits die mangelnde Einsicht darüber, dass archäologische Methoden bei der Freilegung dieser
Befunde notwendig sind. Denn der Heimatverein
der Stadt stellte die archivalischen Quellen zu diesem Bodendenkmal zusammen und rückte den
Bunker lobenswerterweise als wichtigen Zeugen
der jüngeren Geschichte in das breite Bewusstsein der Stadtöffentlichkeit. 28 Allerdings wurde
das Bodendenkmal unsachgemäß freigelegt und
damit der dem Stollen vorgelagerte Bereich undokumentiert zerstört. Der LWL-Archäologie für
Westfalen verblieb nur noch die Dokumentation
des ca. 15 m langen und bis 2 m breiten, geschos-
260
Manuel Zeiler
A
B
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
C
Abb. 14 Rüthen, Kreis Soest (AKZ 4516,152). Luftschutzstollen. A: Mundloch; B: Verzimmerungsreste am Stoß; C:
Stollen (Fotos: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
zeitlichen Montanlandschaft im Siegerland einige
Fundstellen des Zweiten Weltkrieges untersucht
werden konnten. 29 Bemerkenswert ist, dass aus
einer über viele Jahre systematisch prospektierten
Region am östlichen Giebelwald sowie am Rothenberg nordwestlich von Siegen, Kreis Siegen-
29
Zeiler 2013, 57–58. 98–99. 107.
Wittgenstein, die der schriftlichen Überlieferung
zufolge von Ende März bis zum 4. April teilweise
heftig umkämpft war, kaum archäologische Belege dieser Ereignisse vorhanden sind. Zudem wurden selten Beeinträchtigungen von Fundstellen
anderer Kategorien, etwa der Montanwirtschaft
oder von Siedlungen, durch die Kampfhandlungen festgestellt. Lediglich Granatsplitter wurden
an der Felsenbach bei Siegen-Niederschelden
(AKZ 5113,7) dokumentiert. Ein Dipol im Magnetogramm der geophysikalischen Untersuchung
an gleicher Stelle wurde daraufhin als Einschlagpunkt des Geschosses gedeutet. 30
Die zweite Fundstelle des Forschungsprojektes, die im Zusammenhang mit dem Zweiten
Weltkrieg steht, befindet sich unweit nördlich
der Felsenbach auf der Kuppe des Rothenberges
bei Siegen-Niederschelden (AKZ 5113,127). 31 Sie
wurde ebenfalls geophysikalisch untersucht. Der
mündlich überlieferte Standort einer Flugabwehrkanone (FLAK) konnte hier nicht nachgewiesen
werden, denn weder Magnetogramm noch bodenkundliche Bohrungen lieferten eindeutige
Hinweise auf Eingrabungen für Soldaten, Waffen
oder Munition. Diese wären aber, betrachtet man
die Pioniervorschriften der Wehrmacht zur Anlage von FLAK-Stellungen, 32 trotz des ausgedehnten
ebenen Geländes zu erwarten gewesen.
Eine dritte Fundstelle im Höllwald bei Siegen-Niederschelden (AKZ 5113,150) befindet sich
ebenfalls auf dem Rothenberg unweit unterhalb
seiner östlichsten Kuppe. Hier lassen sich flache
und muldenförmige Geländedepressionen bis maximal 1,5 m x 1 m beobachten, die als Deckungslöcher gedeutet werden können und auf eine
südwestlich gelegene Wegekreuzung ausgerichtet sind. Ob sie allerdings während der Kämpfe
1945 entstanden oder später von belgischen Besatzungstruppen angelegt wurden, die den Berg für
Manöver nutzten, konnte nicht geklärt werden. 33
Es ist wahrscheinlicher, dass es sich hierbei um
Deckungslöcher aus der Zeit des Kalten Krieges
handelt, die aus den »foxholes« der US-amerikani-
30
Zeiler 2013, 57–58. 101.
31
Zeiler 2013, 98–99.
32
OKH 1944, Blatt 24.
33
Zeiler 2013, 107.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
261
Abb. 15 Winterberg-Altenfeld, Hochsauerlandkreis (AKZ
4716,138). Sprenggeschossbodenteil in situ (Foto: LWLArchäologie für Westfalen/M. Zeiler).
34
Freundlicher Hinweis Johannes Müller-Kissing.
35
Zimmermann 2009, 331.
Abb. 16 Kirchhundem-Welschen-Ennest, Kreis Olpe (AKZ
4913,111). Klappspaten eines amerikanischen Soldaten
(Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
Engagement von Mitgliedern des Fundforums realisiert werden konnte (Abb. 2), 36 weniger eisenzeitliche Artefakte, aber stattdessen vielfach Patronenhülsen des Weltkrieges zum Vorschein. 37
Weltkriegsmunition, die bei der Ausgrabung einer eisenzeitlichen Siedlung in Winterberg-Altenfeld, Hochsauerlandkreis (AKZ 4716,138), in einer
eisenzeitlichen Kulturschicht entdeckt worden ist,
bestimmten Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes als Bodenteile eines abgefeuerten Sprenggeschosses eines Mörsers Kaliber 106,7 mm der Alliierten (Abb. 15).38 Dieses war in die Kulturschicht
eingeschlagen und weist eventuell auf begrenzte
Kampfhandlungen an dieser Stelle hin.
Bei einer illegalen Sondenbegehung wurde
eine Fundstelle des Durchzugsgebiets amerikanischer Einheiten bei Kirchhundem-Welschen-En-
36
Tobias Goebel, Jens Görnig, Klaus Grezebin, Wolfgang
Poguntke, Ulrich Markmann, Christoph Schulz und Weinrich Wilczek sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
37
Zeiler 2014b.
38
Rainer Woitschek, Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung Arnsberg, sei für die Auskünfte gedankt.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
schen Streitkräfte des Zweiten Weltkrieges weiterentwickelt wurden. 34
Auch der Flugplatz Lippe bei Burbach, Kreis
Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197–199), gehört
zu den Fundstellen des Zweiten Weltkrieges. Er
wurde während der Bildung des alliierten Brückenkopfes in Remagen von Luftstreitkräften unter Beschuss genommen und beschädigt.
Nach der raschen Durchquerung des Siegerlands schlossen die Alliierten in einer Zangenbewegung das Ruhrgebiet sowie große Landstriche
südlich davon am 1. April 1945 ein (Abb. 1). Der
»Ruhrkessel« wurde zusammengedrängt und am
12. April durch von Hagen kommende Truppen
zweigeteilt. Nach vereinzelten schweren Gefechten in Hamm und Dortmund erfolgte das baldige
Ende des Widerstands am 21. April 1945. 35 Diesem
Zeitraum lassen sich sieben archäologische Fundstellen aus Südwestfalen zuordnen. Zum einen
gehört dazu die weiter unten näher behandelte
Feldbefestigung bei Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59). Ferner fanden teilweise
heftige Auseinandersetzungen im Raum Schmallenberg, Hochsauerlandkreis, statt, die auch auf
dem Wilzenberg bei Grafschaft-Schmallenberg
(AKZ 4815,3) ausgetragen wurden. Spuren der
Kämpfe finden sich in Form von Granatsplittern
in den Bäumen. Zudem brachte eine Sondenprospektion der auf dem Berg befindlichen eisenzeitlichen Wallburg im Frühjahr 2013, die durch das
262
Manuel Zeiler
Abb. 17 Kirchhundem-Welschen-Ennest, Kreis Olpe (AKZ
4913,111). Munition (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/
M. Zeiler).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 18 Drolshagen, Kreis Olpe (AKZ 4912,79). Karabinerfragment 98 Mauser Modell 98k (Foto: LWL-Archäologie
für Westfalen/H. Menne).
nest, Kreis Olpe (AKZ 4913,111), identifiziert. Hier
fanden sich ein Klappspaten sowie (Gurt)-Munition der Kennungen SL4, M43 und 4TW (Abb. 16–17).
Es verbleiben drei Fundstellen mit militärischem Charakter. Ein Fragment eines deutschen
Karabiners 98k mit auf mittlerer Entfernung eingerostetem Klappvisier, das Ludger Lütticke meldete, 39
stammt aus Drolshagen, Kreis Olpe (AKZ 4912,79).
Das Stück wird eventuell von deutschen Kampfteilnehmern an dieser Stelle entsorgt worden sein
(Abb. 18). Anders verhält es sich dagegen mit einem
Emailschild (Abb. 19) aus Kirchhundem-WelschenEnnest (AKZ 4914,50), das beim Ausschachten eines Gewächshauses zufällig zusammen mit anderen NS-Objekten angetroffen worden sein soll und
unvollständig der LWL-Archäologie für Westfalen
39
Ihm sei an dieser Stelle gedankt.
gemeldet wurde.40 Es trägt die Aufschrift »Hier
spricht die NSDAP« mit vorgegebenen Schriftfeldern. Diese Anschlagtafel der örtlichen Parteiorganisation war wohl angesichts der anrückenden
Alliierten durch Vergraben entsorgt oder versteckt
worden und bedeckte (schützte?) möglicherweise
brisantere Objekte, die an dieser Stelle eingegraben waren. Auch ein Bajonett der Wehrmacht, welches Gerhard Gläser bei Burbach (AKZ 5214,293)
entdeckte,41 kann aus Angst vor Repressalien im
Wald entsorgt worden sein.
Schließlich ist auf Fundstellen der NS-Gewaltherrschaft einzugehen. Obwohl zahlreiche Außenlager der Konzentrationslager oder Zwangsarbeiterlager aus Südwestfalen in historischen
Quellen bekannt sind, wurde bislang nur eines
archäologisch erforscht. Zudem kann lediglich ein
weiterer Ort genannt werden, der in Ansätzen dokumentiert worden ist und der das Ausmaß von
Zwangsarbeit bedrückend vor Augen führt.
Während das Außenlager des KZ Buchenwald
in Schwerte, Kreis Unna (AKZ 4511,91), als eingetragenes Bodendenkmal geschützt, aber nicht
archäologisch untersucht ist, fand bis 1992 im Außenlagerbereich derselben Anlage in Witten-Annen, Ennepe-Ruhr-Kreis (AKZ 4510,53), die erste
archäologische Grabung in einem Bodendenkmal
des Zweiten Weltkrieges in Südwestfalen statt. 42
Die Untersuchungen waren im Vorfeld von Baumaßnahmen zur Aufbereitung 43 der Gedenkstätte
von der Archäologischen Denkmalpflege veranlasst und unter der Leitung von Markus Sommer
und Martin Kroker durchgeführt worden. Grieger
wertete später die historischen Quellen aus und
legte 2005 eine detaillierte Beschreibung im Rahmen der Bewertung der Konzentrationslager im
Rheinland und Westfalen vor, bei der aber die Ausgrabungen nicht berücksichtigt wurden. 44
40
Dem Finder Claus Ullrich und dem Fundmelder Martin
Vormberg, Untere Denkmalbehörde Kirchhundem, sei
gedankt.
41
Dem Finder Gerhard Gläser sei an dieser Stelle gedankt.
42
Theune 2014, 39–40.
43
Ein Schulprojekt des Albert Martmöller-Gymnasiums
»entdeckte« das z. T. bereits überbaute Gelände als KZ,
bewirkte eine Initiative zur Realisierung einer Gedenkeinrichtung und verhinderte die Bebauung des Restgeländes.
44
Grieger 2005, 206–214. Alle nachfolgenden historischen
Ausführungen sind von dort entnommen.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
263
Abb. 20 Witten-Annen, Ennepe-Ruhr-Kreis (AKZ 4510,53).
Gedenkstätte im Außenlager Immermannstraße des KZ
Buchenwald (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen).
Dort waren vom September 1944 bis Ende März
1945 bis zu 700 Häftlinge vom KZ Buchenwald eingesperrt. Unter ihnen befanden sich mehrheitlich
Metallfacharbeiter, die Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion des Annener Gussstahlwerks der
besonders für die Jagdflugzeugfertigung bedeutenden Ruhrstahl AG leisten mussten. Nachdem der
Betrieb bereits seit 1942 tausende Kriegsgefangene
und internierte Zivilisten einsetzte, diese aber an
Unterernährung, Krankheiten und Unfällen litten
– Grieger schreibt von 600 Todesopfern 45 –, sodass
die gewollten Produktionsmengen nicht realisiert
werden konnten, versuchte er seit 1943 KZ-Häftlinge überstellt zu bekommen. Dies geschah im
Folgejahr. Die Gefangenen, 748 sind namentlich
bekannt, waren in einem eigenen Lager an der Immermannstraße untergebracht, das eine doppelte
Stacheldrahtsicherung mit Türmen besaß und aus
mehreren Baracken und einem Appellplatz bestand. Nur wenigen Häftlingen gelang die Flucht,
mehr als 30 verstarben. Grieger wertet das Lager
als »ein Spiegelbild der KZ-Verhältnisse«. 46
45
Grieger 2005, 207.
46
Grieger 2005, 210.
47
Die Grabungen sind lediglich in einem bisher unveröffentlichten Bericht innerhalb der Sonderakte AKZ 4510,53
dokumentiert, der sich in der Außenstelle Olpe der LWLArchäologie für Westfalen befindet.
48
Antonius Fricke hat sich sehr um die Sammlung und
Auswertung von Archivalien zu »Schwalbe 1« und zu den
Opfern der Zwangsarbeiten verdient gemacht. Die nachfolgenden historischen Ausführungen entstammen seinen
Recherchen, die er der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, freundlicherweise zur Verfügung gestellt
hat (Sonderakte AKZ 4512,205 mit mehrfachem Bezug auf
Birkenfeld 1964). Ihm und Horst Klötzer, der weitere Fakten lieferte und vor Ort Begehungen durchführte, sei für
ihre Auskünfte herzlich gedankt. Zusätzliche Informationen stammen aus: Arzinger 1998; Hassel/Klötzer 2011.
Die Anlage »Schwalbe 1« ist ein Relikt von überregionaler
historischer Bedeutung, siehe auch einen Artikel auf Spie-
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 19 Kirchhundem-Welschen-Ennest, Kreis Olpe (AKZ
4914,50). Anschlagtafel der NSDAP (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/H. Menne).
Zu Recht wertete Kroker die »Grabungen in
einem Konzentrationslager« als »etwas ganz
Neues«. 47 In verschiedenen Kampagnen bzw. baubegleitend erfolgte zwischen 1989 und 1991 die
Untersuchung des Feuerlöschteiches sowie des
ehemaligen Lagerbereiches. Dabei wurden Barackenfundamente, Sanitäranlagen, Bunker und
Zaunabschnitte dokumentiert und besonders aus
dem Feuerlöschteich zahlreiche Funde geborgen,
darunter Metallmarken mit eingravierten Häftlingsnummern. Heute befindet sich im Lagerbereich eine Gedenkstätte (Abb. 20).
Das Bodendenkmal »Schwalbe 1« in HemerDeilinghofen bzw. Menden, Märkischer Kreis (AKZ
4512,20:AD01 und 205 sowie 4613,198), besteht aus
weitverzweigten und ausgedehnten Stollen, Strecken und Hallen, die in die Felsen des Hönnetals
gesprengt und für ein Hydrierwerk zur Produktion
von Flugzeugbenzin angelegt wurden (Abb. 21). 48
264
Manuel Zeiler
A
B
C
D
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 21 Hemer-Deilinghofen bzw. Menden, Märkischer Kreis (AKZ 4512,20:AD01 und 205 sowie AKZ 4613,198). Untertägige Anlagen des Hydrierwerks »Schwalbe 1«. A: Mundloch; B: Strecke; C: Vortriebseinrichtung im Stoß; D: Strecke
mit Fördereinrichtungen (Fotos: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Baales).
Denn nachdem 1944 die Treibstoffversorgung für
die deutsche Armee durch die Bomberoffensive
der Westalliierten und den Verlust der rumänischen Gebiete durch die vorrückende Rote Armee
höchst problematisch wurde, konzipierte die Organisation Todt neue unterirdische Fabriken. Darunter war auch diejenige im Hönnetal mit der
Bezeichnung Schwalbe bzw. Schwalbe 1 (der ehemalige Steinbruch Emil 1 wurde für diese Zwecke
enteignet). Zwischen Sommer 1944 und März 1945
dauerten die Arbeiten an, die Fertigstellung war
für September geplant. Zu den Maßnahmen gehörte neben dem Bau von Kanälen, Fabrikhallen
und Verbindungen im bergmännischen Vortrieb
die Anlage von Gräben und Rohrleitungen, um
Kühlwasser der Ruhr zur Fabrik zu leiten. Unter
Einsatz von mehr als 5000 49 bzw. sogar ca. 10.000 50
Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern und Strafgefangenen, die in zahlreichen Lagern in der Region
inhaftiert waren, 51 wurde das technisch sehr aufwendige Projekt unter unmenschlichen Bedingungen mit einer unbekannten Opferzahl betrieben. Historische Quellen wurden von Antonius
Fricke und Horst Klötzer, der auch Begehungen
durchführte, ausgewertet. Dennoch liegen bisher
keine detaillierten Pläne der mehrere Kilometer
langen untertägigen Anlagen vor. Sie müssten mit
montanarchäologischen Methoden dokumentiert
werden. Bemerkenswert ist, dass die Baumaßnahmen offensichtlich plötzlich abgebrochen wurden,
da vor Ort nicht nur Förder-, sondern auch Vortriebseinrichtungen zurückblieben (Abb. 21). Die
Anlagen wurden nachfolgend vom wieder aufgenommenen Bergbau in der Nachkriegszeit gestört
und sind heute als Teil eines Sperrgebietes teilweise vor Vandalismus geschützt.
gel-online <http://www.spiegel.de/einestages/vergessenenazi-tunnelanlage-a-948524.html> (25.08.2014).
49
Nach Horst Klötzer.
50
Nach Antonius Fricke.
51
Horst Klötzer identifizierte auch einige dieser Zwangsarbeiterlager, darunter die Fundstelle AKZ 4613,249.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
265
3.1 Der Flugplatz Lippe bei Burbach,
Kreis Siegen-Wittgenstein (Lipper
Höhe/Flughafen Siegerland)
3.1.1 Forschungsstand
Im Süden des Gemeindegebietes Burbach befindet
sich der Flughafen Siegerland, der für die zivile
Luftfahrt genutzt wird und an den sich nordöstlich
ein Gewerbegebiet anschließt (Abb. 22, A). Er wurde als Flugplatz Lippe vor dem Zweiten Weltkrieg
für die Luftwaffe erbaut. Die Anlage ist besonders
am Kriegsende genutzt worden und war zu dieser
Zeit stark umkämpft.
Gückelhorn hat bereits 2007 grundlegende
Informationen zum Gelände des ehemaligen
Flugplatzes Lippe zusammengestellt und veröffentlicht, die an dieser Stelle zusammengefasst
wiederholt werden 52 (Abb. 23): Er sichtete Akten,
Fotos der US Air Force sowie Literatur 53 und beging das Gelände weiträumig. Gückelhorn bildete
neben Luftbildkarten der amerikanischen Streitkräfte und einer Übersichtskarte aller von ihm
erkannten Strukturen auf Grundlage der TK 25
zahlreiche Fotos der von ihm prospektierten Geländestrukturen oder Gebäudereste ab. Demnach
handelte es sich um einen Feldflugplatz, der bereits 1938 anfliegbar war. Er bestand aus der Startund Landepiste, einem nördlich davon gelegenen
Bereich der Flugplatzinfrastruktur, einem Munitionsdepot aus fünf Munitionshäusern sowie einem
südlich vom Flugfeld gelegenen Gleisanschluss,
der die Anlage mit Betzdorf über Emmerzhau-
52
Gückelhorn 2007, 76–97.
53
Wilhelm 2000. Zitiert aus: Gückelhorn 2007, 76.
sen und Daaden (alle Rheinland-Pfalz) verband.
Im März 1945 waren auf dem Flugplatz JunkersSturzkampfbomber Ju 87 des Nacht-Schlacht-Geschwaders 2 stationiert. Zusammen mit weiteren
Maschinen des Geschwaders, welche sich auf dem
Flugplatz Breitscheid (Hessen) 54 befanden, attackierten sie die Alliierten an der Ludendorff-Eisenbahnbrücke in Remagen (Rheinland-Pfalz), denen
es gelungen war, dort einen Brückenkopf zu bilden. Ziel der deutschen Angriffe war die Zerstörung des Rheinübergangs. Dies verhinderten die
Alliierten, indem sie nicht nur die gegnerischen
Luftstreitkräfte, sondern auch deren Infrastruktur trafen. Im Falle des Flughafens Lippe begannen die Kampfhandlungen nach Gückelhorn am
13. und 14. März 1945, als zunächst Bomber der 9.
US Air Force und dann Jagdbomber angriffen. Er
berichtet von großen Verlusten: 23 Ju 87 (Abb. 24),
1 Messerschmidt-Jagdflugzeug Me 109, 1 2-cmFLAK, 1 Lokomotive und 34 Waggons der Eisenbahn, 2 gepanzerte Fahrzeuge sowie ein Teil der
Gleisanlagen. Darüber hinaus wiesen 20 weitere
Flugzeuge nach diesem Angriff Beschädigungen
auf.
2010 veröffentlichte Greifendorf eine Übersicht
zu den Kriegsereignissen im Westerwald zum
Zeitpunkt des Einmarsches der Alliierten 1945
und steuerte neue Erkenntnisse und unbekannte USAF-Luftbilder zum Flugplatz Lippe bei. 55
Abweichend zu Gückelhorns Ausführungen beschreibt er den Flugplatz Lippe als Einsatzhafen
(E-Hafen). E-Häfen waren neben den voll ausge-
54
Auch diesen Flugplatz beschreibt Gückelhorn: Gückelhorn 2007, 80–83.
55
Greifendorf 2010, 40–44.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
3 Ausgrabungen an einem Flugplatz und einer
Feldbefestigung des Zweiten Weltkrieges
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
266
Manuel Zeiler
Abb. 22 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein. Digitales Geländemodell mit rezenten Strukturen (Stand 2013) vom Nordabschnitt des Siegerlandflughafens. Dicke weiße Linien: Straßen; dünne weiße Linien: Feldwege; A: Flughafengelände
(hellgrau hinterlegt); B: Bundesstraße 54; C: Landesstraße 723; D: Landesstraße 911 (Kartengrundlage: Geobasisdaten
der Kommunen und des Landes NRW © Geobasis NRW 2014; Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
bauten und leicht vom Gegner zu entdeckenden
Fliegerhorsten sowie den mobilen Feldflughäfen,
die der Truppe folgten, stationäre und gut getarnte
Anlagen. Sie waren kaum erkennbar, da ihr Rollfeld unbefestigt war und die anderen Bauwerke
beispielsweise den Eindruck landwirtschaftlicher
Einrichtungen erweckten. Trotzdem hatten die EHäfen eine gute Verkehrsanbindung (Straßen und
teilweise Bahnanschluss). 56 Der Flugplatz Lippe
war ein E-Hafen 1. Ordnung, der für den Blindflug immer anfliegbar und mit einem eher quadratisch angeordneten Rollfeld ausgestattet war.
Greifendorf erläutert, dass der Flugplatz dem Luftgaukommando XII angehörte, dessen Leithorst
56
Greifendorf 2010, 40.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
267
sich in Wiesbaden-Erbenheim (Rheinland-Pfalz)
befand. Erste Vermessungsarbeiten fanden 1934
statt und die Fertigstellung mit über 200 Arbeitern erfolgte in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre.
Der Bahnanschluss wurde bis 1943 realisiert. Seit
Herbst 1944 war am Flugplatz die III. Gruppe des
Jagdgeschwaders 1 »Oesau« stationiert. Ein erster
alliierter Luftangriff wurde nach Greifendorf am
9. Oktober 1944 durch eine geschlossene Wolkendecke über dem Ziel verhindert. Danach erfolgte eine
nächste Attacke in drei Wellen am 11. März 1945
und damit zwei Tage früher, als bei Gückelhorn
beschrieben. Nach Greifendorf verursachte dieses
massive Bombardement allerdings, aus nicht näher bezeichneten Gründen, kaum Schäden.
Greifendorf beschreibt weitere Luftangriffe
mit Sprengbomben und Bordwaffen am 16. März
1945, 57 wobei 22 Ju 87 zerstört, Personal getötet
57
Greifendorf betont, dass diese Ereignisse aus einem Nachtrag zur Abendmeldung des Luftgaukommandos XIV vom
16. März 1945 sowie aus den täglichen Meldungen des
Luftwaffen-Führungsstabes IC vom selben Tag stammen
(Greifendorf 2010, 43).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 23 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein. Luftbild der US Air Force (Sommer 1944) vom Feldflugplatz Lippe mit Erklärung einiger Einrichtungen. 1: Bereich der Flugplatzgebäude; 2: Munitionsdepot mit fünf Munitionshäusern (Pfeile);
3: Eisenbahnanbindung; A: Splitterschutzgräben; B: Sanitärgebäude; C: Gebäude mit Sickergrube; D: Waldwege mit
abgestellten Flugzeugen (Grundlage: Gückelhorn 2007, 76; Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
268
Manuel Zeiler
Abb. 24 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,
197–199). Luftbild der US Air Force nach dem Angriff
vom 14. März 1945 auf einen Waldweg des Feldflugplatzes
Lippe mit teilweise brennenden deutschen Flugzeugen
(Pfeile) (Foto: Gückelhorn 2007, 76).
und leichte Gebäudetreffer erzielt wurden sowie
zudem Treibstoff verloren ging. Danach war der
Flughafen zeitweise nicht anfliegbar. Die Beschreibung der Zerstörungen und der Vorgänge am
16. März sind nahezu identisch mit denen Gückelhorns zum 13. und 14. März 1945. Ein von Greifendorf abgebildetes Luftbild der Alliierten mit zahlreichen Bombentreffern auf dem Flugplatz datiert
zudem auf den 13. März. Er erklärt dieses Dilemma damit, dass die amerikanischen Einsatzberichte den 14. März angeben, wogegen das deutsche
Protokoll den 16. März als Angriffstag verzeichnet.
Dabei bleibe unklar, ob dasselbe Ereignis oder verschiedene gemeint seien. Abschließend erwähnt
er, dass der letzte Angriff auf den Flugplatz mit
insgesamt sechs Sprengbomben am 23. März
stattfand und den Flugbetrieb kurzzeitig stilllegte.
Älter als die Ausführungen Gückelhorns und
Greifendorfs ist eine 27-seitige Broschüre in
Schreibmaschinentext mit Handskizzen und Kopien ausgewählter Luftbildkarten der Alliierten,
die durch Abbildungen von alliierten Flugzeugen
ergänzt wurde. Weder der Urheber noch das Entstehungsjahr konnten ermittelt werden. Der Autor
ist aber im Umfeld der Bundeswehr zu vermuten. 58
Leider ist die Qualität der im Bericht abgebildeten
Karten vom 8. Oktober 1944 und vom 13. März 1945
für eine Auswertung zu schlecht. Glücklicherweise ist dem Luftbild vom 9. Mai 1944 eine handgezeichnete Karte mit beschrifteten Strukturen zur
Seite gestellt, die erkennen lässt, dass sich auch
südwestlich des Start- und Landebereiches und
nahe der Ortschaft Burbach-Lippe militärisch genutzte Zeltlager befanden.
Die Anlage wird in dieser Broschüre als Flugplatz Lipper Höhe bezeichnet. Die alliierten Angriffe wurden dem Text zufolge mit mittelschweren
Bombern durch die 9. US Bombardment Division
und mit Jagdbombern durch das IX. US Tactical
Air Command ausgeführt. In Übereinstimmung
mit den Schilderungen Greifendorfs war der erste
Angriff mit 41 Bombern Typ B-24 Liberator für den
58
Der Heimatforscher Gerhard Gläser reichte eine Kopie
dieser Broschüre an die LWL-Archäologie für Westfalen,
Außenstelle Olpe, weiter. Er bekam sie von Arthur Post,
der sie wiederum Anfang der 2000er-Jahre von einem in
Koblenz stationierten Oberstleutnant erhielt. Den Herren
Gläser und Post gilt für diese wichtigen Informationen ein
herzliches Dankeschön!
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
unbekannten Autors gibt folgende Eckdaten für
die archäologische Untersuchung: Der Flugplatz
wurde vor Kriegsausbruch fertiggestellt und war
bis zur Zerstörung durch die Alliierten Mitte
März 1945 nutzbar. Zudem lassen die Schriften
erkennen, dass das Areal weitläufig genutzt und
intensiv ausgebaut worden ist. Sowohl der in der
Broschüre zitierte Bericht des IX. US Tactical Air
Command als auch die von Gückelhorn ausgewerteten USAF-Luftbilder zeigen das Waldgebiet
nördlich des Flugfeldes als Bestandteil der Anlage
auf. Hier befanden sich Flugzeuge, die in Nischen
getarnt aufgestellt waren, und ferner Luftschutzeinrichtungen in Form von Splitterschutzgräben
(Abb. 23, A).
Gückelhorn dokumentierte mit wenigen Fotos
die Zerstörung der Militäranlagen nach dem Krieg.
Das Munitionsdepot wurde ebenso wie die meisten Betongebäude gesprengt und abgetragen. Die
gewonnene Fläche nutzte man danach teilweise
für einen Zivilflughafen und für ein Gewerbegebiet. Bemerkenswert ist, dass die militärische Vorgeschichte des Ortes bald allgemein in Vergessenheit geriet, denn als am 28. September 2000 eine
Zehnzentnerbombe unter der Rollbahn detonierte
und diese massiv beschädigte, war der Grund der
Detonation zunächst unbekannt. Es wurde sogar
ein Terroranschlag auf die niederländische Königin vermutet, die einen Tag später dort landen
sollte. 59
3.1.2 Archäologische Maßnahmen
Die Gemeinde Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein,
strebte die Erweiterung des Gewerbegebietes am
Siegerlandflughafen nach Norden in die damalig
bewaldete Fläche an (Interkommunales Gewerbegebiet Rübgarten II). Es handelt sich hierbei um
das Areal zwischen den Straßen B 54 und L 911
(Abb. 22, B. D). Die LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, wurde im Vorfeld an diesen
Planungen beteiligt und führte im Oktober 2012
eine Begehung des Plangebietes durch. Zu diesem Zeitpunkt waren dem Verfasser Gückelhorns
59
<http://www.thw-siegen.de/einsaetze/9-einsaetze-2000/
85-bombenexplosion-auf- dem-siegerlandf lughafen>
(18.03.2016).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
9. Oktober 1944 geplant. Dieser fand jedoch nicht
statt, da eine Attacke des Ziels nach Sicht wegen
der geschlossenen Wolkendecke nicht möglich
war. Weiterhin findet sich in der Broschüre ein
Einsatzbericht, der weitere von Greifendorfs Darstellungen bestätigt. Er fasst zusammen, dass am
11. März 1945 102 Flugzeuge Typ Douglas A-26 Invader, 8 Flugzeuge Typ Douglas A-20 Havoc und
ein Flugzeug Typ B-26 Marauder den Flugplatz
Lippe in drei Wellen angriffen, 216 Sprengbomben
abwarfen und keine eigenen Verluste erlitten. Die
Aktion schlug aber fehl, denn laut einer Handskizze soll ein Großteil der Bomben in einem Areal
mehr als 1 km nordwestlich des Feldflughafens
niedergegangen sein. Dies könnte auch der Grund
dafür sein, dass Greifendorf keine Verluste auflistet.
Folglich war ein weiterer Angriff nötig, der
aber nicht, wie bei Gückelhorn überliefert, am 13.
und 14. März bzw. gemäß Greifendorf am 16. März
stattgefunden haben soll, sondern lediglich am
14. März. Es wird von zwei Wellen berichtet. Laut
Broschüre griffen dabei 86 Flugzeuge Typ P-47
Thunderbolt mit Raketen und Sprengbomben
(114 Bomben Kaliber 500 lb bzw. 227 kg) an. Eine
Maschine ging aus unbekannten Gründen verloren. Die bei Gückelhorn aufgeführten Verluste
am 13. März stimmen in etwa mit denen im Einsatzbericht des IX. US Tactical Air Command zur
ersten Angriffswelle vom 14. März überein, das in
der Broschüre zitiert wird. Zusätzlich listet dieser
Einsatzbericht 2 Gebäude und 64 Militärfahrzeuge
als zerstört auf. Als beschädigte Objekte werden
1 Radarstation, 2 Gebäude, 4 gepanzerte Fahrzeuge sowie 18 weitere Militärfahrzeuge genannt. Die
Auflistung zerstörter Waffensysteme und Einrichtungen des Flugplatzes Lippe scheint auf relativ
große deutsche Luftstreitkräfte hinzuweisen, die
hier stationiert waren. Allerdings sind die Angaben der Alliierten zu Zerstörungen und Schäden
kritisch zu sehen. In der Broschüre wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Zahlen
zu hoch liegen dürften: »Wären diese Zahlen richtig, so hätten die Amerikaner das Kunststück fertig gebracht, mehr Flugzeuge auf der Lipper Höhe
zu zerstören oder zu beschädig- [sic] als überhaupt
dort vorhanden waren.«
Die Zusammenschau der Ausführungen Gückelhorns, Greifendorfs und der Broschüre des
269
270
Manuel Zeiler
Abb. 25 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197). Deutlich ausgeprägte Struktur des Grabensystems 1 (Zustand 2012) (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
Abb. 26 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,
199/4). Verschliffener und teilweise mit Steinen sekundär
verfüllter Unterstand (Zustand 2012) (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
sowie Greifendorfs Ausführungen bekannt, nicht
jedoch der Inhalt der oben wiedergegebenen Broschüre, die erst im Verlauf des Spätherbstes ausgehändigt wurde.
Die Begehungen zeigten, dass der größte Teil
der Gebäude im Wald bzw. an seinem Südrand,
die von Gückelhorn immerhin noch als Ruinen
beschrieben werden, bereits nicht mehr existierte
und dass die Flugzeugnischen neben dem Feldweg – wenn überhaupt – nur schemenhaft ausgemacht werden konnten. Zudem wurde klar, dass
die bereits von Gückelhorn in einem Foto dargestellten Splitterschutzgräben eine große Ausdehnung hatten und dass sich darüber hinaus unbekannte Feldbefestigungen im Wald befanden. Die
beiden Grabensysteme (Grabensystem 1 im Süden
[AKZ 5214,197] und Grabensystem 2 weiter nördlich [AKZ 5214,198]) waren gut im Fichtenhochwald zu erkennen (Abb. 25), nur teilweise von Büschen verborgen, jedoch vielfach mit Forstabfällen
verfüllt. Grabensystem 2 war durch eine Rückegasse zerschnitten. Bei der Begehung wurden keine
Schützennischen oder MG-Stellungen entdeckt,
weswegen Gückelhorns Deutung der Relikte als
Splitterschutzgräben bestätigt werden konnte.
Nordöstlich der Grabensysteme fanden sich drei
Bodendeformationen (AKZ 5214,199), die durch
rechteckigen Grundriss, teilweise gut erkennbare
und asymmetrisch zuführende Graben sowie eine
lediglich partiell umlaufende Halde des Aushubs
charakterisiert sind (Abb. 26). Diese Befunde wurden als Unterstände interpretiert, da sie sich anhand ihrer morphologischen Merkmale und ihrer
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
271
Größe gut mit den gleichartigen Strukturen von
Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis (s. u.), vergleichen ließen.
Das Planungsbüro bzw. die Gemeinde Burbach
wurde über die Entdeckung der Bodendenkmäler
informiert. Auf Anregung der LWL-Archäologie
für Westfalen beauftragten Bürgermeister Christoph Ewers und Andreas Reitz vom Fachbereich
Finanzen 60 eine topografische Aufmessung der
Grabensysteme sowie des Gebietes um die Unterstände. Die Arbeiten führten Norbert Buthmann
60
Der Stadt Burbach und besonders Bürgermeister Christoph Ewers sowie Andreas Reitz/Fachbereich Finanzen sei
an dieser Stelle für die unkomplizierte und konstruktive
Zusammenarbeit sowohl bei der Prospektion als auch bei
den nachfolgenden Sondagen gedankt.
und Sebastian Pfnorr von der Firma Posselt & Zickgraf Prospektionen durch. Die Vermessungen begannen im April 2013 und konnten durch die massive Verfüllung der Grabensysteme mit Schnee
erst im Mai abgeschlossen werden (Abb. 27). Dabei entdeckte die Firma neben den bereits zuvor
prospektierten Unterständen drei weitere Anlagen
(Abb. 28). 61
Da der Außenstelle Olpe die Information vorlag, dass der Kampfmittelräumdienst das Untersuchungsgebiet bereits sondiert und gesäubert
hätte, wurden Heimatforscher mit Erlaubnis der
Oberen Denkmalbehörde zu Metalldetektorbegehungen angeregt, um das Plangebiet weiträumig
61
Zickgraf/Buthmann/Pfnorr 2013.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 27 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197–199). Topografie der Splitterschutzgräben und Unterstände,
ihres Umfeldes sowie der Sondagen 3–5 (Grafik: Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR mit Ergänzungen).
272
Manuel Zeiler
Abb. 28 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,199). Topografie der Strukturen 199/1–6 (Grafik: Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR).
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
Abb. 29 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,
197–199). Leuchtspurgeschoss (Foto: U. Markmann).
273
Die Ausgrabungen wurden nach dem Fällen
des Waldes und vor dem Entfernen der Wurzelstöcke an drei Tagen zwischen dem 28. April und
dem 12. Mai 2014 mit Unterstützung des Bauherren sowie der Tiefbaufirma 63 durchgeführt. Bereits das Entfernen der Wurzelstöcke führte dann
zur Zerstörung aller betroffenen Bodendenkmäler
(Abb. 30). Die Sondagen sollten den Aufbau der
Grabensysteme archäologisch klären. Drei von ihnen (Schnitte 3–5) wurden in Baggerschaufelbreite exemplarisch durch Abschnitte von Grabensystem 2 gelegt (Abb. 27), die Funde geborgen und die
Profile dokumentiert. Das Grabensystem 1 wurde
nicht weiter mit Sondagen untersucht.
Die Entwaldung des Plangebietes hatte zur
Folge, dass ehemals dicht verbuschte und nicht
zugängliche Bereiche nahe der südlich gelegenen
zu sondieren. Die im August 2013 durch Ulrich
Markmann und Oliver Fechner begonnene ehrenamtliche Prospektion musste jedoch nach kürzester Zeit wieder abgebrochen werden, weil sie sofort auf große Mengen an Kampfmitteln stießen
(Abb. 29), 62 sodass der Kampfmittelräumdienst ein
weiteres Mal aktiv werden musste. Um eine Gefährdung grundsätzlich auszuschließen, wurden
nachfolgend keine weiteren Sondenbegehungen
des Areals durch Ehrenamtliche mehr initiiert.
Straße prospektierbar wurden. Dies führte zur
Entdeckung einer bislang unbekannten Bodendeformation. Vergleichbar mit den nordöstlich gelegenen Anomalien besitzt sie die Form einer rechteckigen Eintiefung mit asymmetrisch angesetztem
Graben (Abb. 31). Folglich wurde das Objekt vorläufig ebenfalls als Unterstand angesprochen und
der Fundstelle (AKZ 5214,197) zugeordnet. Da es
durch die weiteren Erschließungsarbeiten zerstört
63
62
Ulrich Markmann und Oliver Fechner sei an dieser Stelle
für ihre Hilfe und auch für ihr umsichtiges Handeln herzlich gedankt.
Auch der Bauleitung Klaus Reddig, G. Koch GmbH & CO.
KG/Westerburg bzw. der Bauleitung Oliver Schmidt, Reuscher Tiefbau GmbH/Rennerod, sei für die professionelle
Kooperation gedankt. Die Tiefbaufirmen stellten Bagger
zur Anlage der Schnitte und Bergung des Tanks sowie Generator und Pumpe zur Verfügung.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 30 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197–199). Bereits beim Entfernen der Wurzelstöcke im Plangebiet wurden sämtliche betroffene Bodendenkmäler zerstört (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
274
Manuel Zeiler
Abb. 31 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,
197). Topografie des Unterstandes östlich des Treibstofftanks sowie Sondagen 1–2 (Grafik: LWL-Archäologie für
Westfalen/D. Hammerschmidt, M. Zeiler).
Zuleitung vom eingetieften Gebäude noch obertägige Anomalien festgestellt worden, die auf eine
weitere unterirdische Struktur hingedeutet hätten.
Nach der Entdeckung wurde Schnitt 2 großflächig
erweitert, der Tank freigelegt und später, nach
dem Entfernen des umweltschädigenden Inhalts,
gehoben (Abb. 33). Dabei wurde das Behältnis aufgebrochen und nach seiner Bergung entsorgt.
Die Ausgrabungen wurden von Désirée Hammerschmidt und dem Verfasser durchgeführt,
während Michael Baales und Eva Cichy den geborgenen Tank dokumentierten. Fast alle Arbeiten
fanden baubegleitend und in einer Schlechtwetterphase statt. Deswegen waren kontinuierliche
Tätigkeiten nicht realisierbar. Der hohe Grundwasserstand stellte ein noch größeres Problem
dar, denn auch der Einsatz einer Pumpe (Abb. 34)
konnte den durch einströmendes Wasser konstant
hohen Pegel in den Grabungsschnitten zumeist
kaum senken. Folglich wurde Schnitt 2 nicht ausreichend tief angelegt. Zudem erforderte das stetig nachströmende Wasser in den Sondagen eine
beschleunigte Dokumentation, bei der größerer
Wert auf aussagekräftige Profilzeichnungen als
auf die fotografische Wiedergabe des Befundes
gelegt wurde.
Alle Sondageschnitte wurden nach Abschluss
der archäologischen Maßnahmen planiert, derweil
die anderen Relikte bereits durch das Ziehen der
Wurzeln zerstört worden waren. Lediglich die Unterstände im Nordosten blieben von den Erschließungsmaßnahmen verschont. 64
3.1.3 Befunde und Funde
Abb. 32 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,
197). Unterstand (Die Kollegin steht an der Stelle des Zugangsgrabens in Profil 1/Schnitt 1) und Treibstofftank (vor
Profil 2/Schnitt 2) während der Freilegung (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
werden würde, erfolgten archäologische Untersuchungen an fünf Tagen vom 28. April bis 27. Mai
2014 mit zwei Grabungsschnitten (Schnitte 1–2).
Bei einer Erweiterung von Schnitt 2 nach Westen, die das vermeintliche Ende des Unterstandes
freilegen sollte, wurde überraschend ein Tank angetroffen (Abb. 32). Weder waren bis dahin eine
3.1.3.1 Unterstandkomplex
Im nordöstlichen Bereich des Untersuchungsgebietes befinden sich sechs Deformationen mit
Halde (Abb. 28), die topografisch vermessen wurden. 65 Da dieser Bereich von den Erschließungsmaßnahmen nicht betroffen war, fand keine Ausgrabung statt.
64
Ein Vorbericht der Grabungen ist bereits veröffentlicht:
Zeiler/Buthmann/Pfnorr 2015.
65
Zickgraf/Buthmann/Pfnorr 2013.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
275
Abb. 34 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197). Ständig nachfließendes Grundwasser erschwerte die Ausgrabungen erheblich. Selbst der Einsatz einer Schmutzwasserpumpe (rechts) konnte den Wasserpegel kaum senken
(Fotos: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
Den USAF-Luftbildern66 ist zu entnehmen, dass
diese Strukturen zum Zeitpunkt der Bombardierung des Feldflughafens 1944 im Wald lagen und
sicherlich aus Tarnungsgründen dort angelegt wurden. Gleichzeitig achtete man bei ihrem Bau darauf,
dass das Umfeld weitmöglichst von dort einsehbar
war. Die Befunde reihen sich bogenförmig auf der
66
Gückelhorn 2007, 77.
Kulminationslinie (höchste Linie) der schwachen
Geländeerhebung auf. Zugleich stört keine der
Strukturen das Sichtfeld der anderen nach Norden
oder Süden. Bis auf die Entfernung von 8 m zwischen den Befunden 199/1 und 199/2 betragen die
Abstände der Bodendeformationen ca. 14–18 m.
Die Strukturen lassen sich in drei Typen unterteilen. Typ 1 umfasst zwei ovale bis langrechteckige Eintiefungen mit einem maximalen Durchmesser von 4 m bis 4,8 m und mit nördlich gelagertem
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 33 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197). Abpumpen von Treibstoffresten (links) sowie Bergung des
Tanks (rechts) (Fotos: Gemeinde Burbach/A. Reitz).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
276
Manuel Zeiler
Aushub (199/1 und 6). Bei Typ 2 handelt es sich um
drei ovale bis kreisrunde Eintiefungen mit einem
Durchmesser von 4 m bis 6 m und mit im Westen
geöffneter Ringhalde bzw. mit östlich am Eintiefungsrand gelagertem Aushub (199/2 und 4–5).
Schließlich beschreibt Typ 3 lediglich eine ovale
bis kreisrunde Eintiefung mit einem maximalen
Durchmesser von 2 m und mit am südlichen Eintiefungsrand gelagertem Abraum sowie SüdwestNordost-orientiertem Zugangsgraben (199/3).
Die Strukturen des Typs 1 stellen Anfang und
Ende der Strukturenkette dar, während die Struktur Typ 3 sich am höchsten Punkt in diesem Bereich befindet. Allen Strukturen ist gemeinsam,
dass sie sich nach Westen bzw. nach Südwesten
hin öffnen und sehr flache Abraumhalden besitzen. Allerdings kann ohne Ausgrabung nicht
festgestellt werden, ob sie durch spätere Erosion
bzw. durch forstwirtschaftliche Tätigkeiten geebnet wurden. Die Verfüllung von Struktur 199/4
mit Forstabfällen und Steinen (Abb. 26) spricht für
eine moderne Überformung.
Aufgrund fehlender Sondageschnitte, deren
Profile den Untersuchungen der Feldbefestigung
von Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis (s. u.),
zufolge die beste Grundlage für eine Interpretation
geboten hätten, ist keine eindeutige funktionale
Ansprache der Strukturen möglich. Der folgende Deutungsversuch basiert daher nur auf einem
Vergleich der Befunde mit Bauwerken des Militärs, die von dem Oberkommando des Heeres am
1. Juni 1944 im Bildheft neuzeitlicher Stellungsbau
publiziert worden sind, das den damaligen Stand
des Stellungsbaus im deutschen Heer darstellt. 67
Leider geht aber aus dieser Zusammenstellung
nicht hervor, inwieweit sich der Stellungsbau 1944
von den vorigen Jahren unterschied.
Zu den Strukturen des Typs 2 (199/2 und 4–5)
lassen sich im Bildheft von 1944 die meisten Parallelen finden. Sie ähneln Unterschlupfen einfacher
Bauart 68 bzw. holzausgebauten Unterschlupfen 69.
Diese Stellungen sind dadurch gekennzeichnet,
dass eine rechteckige bzw. langrechteckige Eintiefung angelegt und der Abraum an drei Seiten
67
OKH 1944.
68
OKH 1944, Blatt 44.
69
OKH 1944, Blatt 45. 50. 52.
feindwärts aufgeschüttet wurde. Allerdings sind
die im Bildheft von 1944 aufgeführten Unterschlupfe um mehrere Meter kürzer und schmaler. Deswegen ist die Deutung der Strukturen des
Typs 2 als größere Halbgruppen- bzw. Gruppenunterstände ohne Eingangsflur wahrscheinlicher, die
teilweise oder ganz im Gelände versenkt waren
(Abb. 35, links). 70 Angesichts ihrer Lage im Wald
und des allgemeinen Grundwasserproblems im
Untersuchungsgebiet ist zudem vorstellbar, dass
die Strukturen Typ 2 in ihrer Ausführung teilweise versenkten Unterschlupfen nahestehen, die für
Sumpf- und Waldgebiete konzipiert worden sind
(Abb. 35, rechts). 71 Unterstände waren Dauerunterkünfte der Stellungstruppe und zumeist mit sechs
Mann oder weniger, teilweise aber bis zu zehn Soldaten belegt. 72 Sie beinhalteten Pritschen, einen
Ofen sowie Tisch und Bänke. Sie konnten darüber
hinaus mit einer Feldküche, einem Magazin oder
einem Beobachtungsstand ausgestattet sein. 73
Für die Strukturen des Typs 1 (199/1 und 6)
lassen sich keine guten Parallelen im Bildheft von
1944 beobachten. Lediglich Geschützeinschnitte
weisen langrechteckige bzw. ovale Eintiefungen
mit manchmal einseitig abgelegtem Abraum an
der Kante der Eintiefung auf. Bei ihnen liegt der
Abraum feindwärts. Allerdings weisen die Anlagen eine zumindest teilweise deutlich flachere
Böschungskante gegenüber der Aufschüttung auf,
über welche die Geschütze in die Stellung gefahren wurden. Dieses Merkmal ist in Burbach nicht
festzustellen. Zudem fehlen hier von den Strukturen abgehende gewinkelte Gräben, die als Panzerdeckungsgräben bzw. Mannschaftsdeckung
zu den charakteristischen Elementen von eingetieften Geschützstellungen gehören. 74 Diese Deutung ist für die Strukturen des Typs 1 daher eher
unwahrscheinlich, wenngleich sich anhand des
Bildheftes von 1944 keine bessere Interpretation
anbietet. In Anbetracht der Größe der Eintiefung
199/6, die gut vergleichbar mit den Ausmaßen der
70
OKH 1944, Blatt 55–56. 62–63.
71
OKH 1944, Blatt 58. 64.
72
OKH 1944, Teil A, Vorbemerkungen III.
73
Z. B. OKH 1944, Blatt 67.
74
OKH 1944, Blatt 30. – Bei Geschütz- oder Feuerstellungen
allgemein: OKH 1944, Blatt 27–29.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
277
Strukturen des Typs 2 ist, dürfte eine Ansprache
als Gruppenunterstand bzw. als Halbgruppenunterstand für den kleineren Befund 199/1 wahrscheinlich sein.
Die Struktur des Typs 3 (199/3) ähnelt durch
den asymmetrisch angesetzten Zugangsgraben
den Halbgruppenunterständen mit Eingangsflur
der Feldbefestigung von Arnsberg-Kapune (s. u.).
Allerdings weicht der Burbacher Befund durch
seine geringe Größe sowie den nur einseitig deponierten Abraum stark ab. Da auch das Bildheft von
1944 keine geeigneten Parallelen zum Befund liefert, ist auch er kaum rekonstruierbar. Da sich die
Struktur an hochgelegener Stelle befindet, könnte
sie zum besseren Schutz oder zur besseren Tarnung tiefer angelegt worden sein als die anderen
Befunde. Dies könnte auch die Anlage des Zugangsgrabens erklären, der aufgrund der größeren Tiefe des Gebäudes zwangsläufig ausgehoben
werden musste und als Eingangsflur gesichert gewesen sein könnte.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass
drei der sechs Strukturen (199/2 und 4–5) wahr-
scheinlich als teilweise eingetiefte Halbgruppenbzw. Gruppenunterstände nach den Vorgaben
der Wehrmacht für Wald- und Sumpfgelände zu
deuten sind. Sie könnten Unterkünfte für 12 bis
36 Personen dargestellt haben, sofern sie nicht
andere äußerlich nicht nachweisbare Funktionen (Küche, Magazin etc.) erfüllten. Die übrigen
Strukturen beziehen sich zwar eindeutig auf diese
Unterstände, da sie die gleichen Standortkriterien aufweisen, sind aber mangels Parallelen nicht
näher zu interpretieren. Zumindest eine Funktion als Geschützstellung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Detailliertere Aussagen können nur durch Ausgrabungen
erbracht werden.
3.1.3.2 Splitterschutzgräben
Südwestlich des Unterstandkomplexes befinden
sich zwei Grabenkomplexe: Grabensystem 1 und
2, die aufgrund ihrer Lage zueinander, ihrer Form
und des Fehlens von Gefechtseinrichtungen, wie
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 35 Halbgruppenunterstand ohne Eingangsflur (links) und versenkter Halbgruppenunterstand ohne Eingangsflur
im Sumpfgelände (rechts) (Zeichnungen: OKH 1944, Blatt 55. 58).
278
Manuel Zeiler
Abb. 36 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197–198). Topografie der Splitterschutzgräben, ihres Umfeldes sowie der Sondagen 3–5 (Grafik: Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR mit Ergänzungen).
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
279
Schnitt 3
Schnitt 4
Schnitt 5
z. B. MG-Nester, als Splitterschutzgräben zu deuten sind (Abb. 27. 36).
Beide Grabensysteme sind West-Ost-orientiert
und in durchschnittlich 10 m lange geradlinige Abschnitte gegliedert, die zumeist im stumpfen sowie
abgerundeten Winkel aufeinander treffen (Schläge). Grabensystem 2 ist mit 196 m Ausdehnung
mehr als doppelt so lang wie Grabensystem 1. Bei
beiden Splitterschutzgräben wurde der Aushub
beidseitig aufgeworfen, die Sohle mit Gefälle zum
Ableiten von Oberflächenwasser angelegt sowie
die meisten Zugänge durch gewinkelten Grabenlauf vor Splittereinwirkung geschützt (Abb. 36, Grabensystem 1: B; Grabensystem 2: A–B. E. J).
Grabensystem 1 weist neben Zugängen im
Westen und Osten eventuell zusätzlich mittig an
der Südseite eine weitere Einstiegsmöglichkeit auf
(Abb. 36, Grabensystem 1: C). Dort öffnet sich der
Aushub zur Grabenkante hin und flankiert diesen
Bereich im Südwesten auf ca. 6 m.
Grabensystem 2 besitzt hingegen Abzweigungen (Abb. 36, Grabensystem 2: D. F. H), die nach
Norden führen. Das Gefälle der Grubensohle ist
so angelegt, dass das Oberflächenwasser in diese Richtung abgeleitet wird. Wahrscheinlich ist
hierin der Hauptgrund für die Anlage der Abzweigungen zu sehen. Denn eine etwas unterhalb im Nordwesten gelegene Quelle und auch
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 37 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197–198). Profile der Sondagen 3–5 durch die Splitterschutzgräben (Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/D. Hammerschmidt, M. Zeiler).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
280
Manuel Zeiler
Abb. 38 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein. Digitales Geländemodell mit Strukturen des Flughafens Lippe (Stand
1945). Dicke weiße Linien: Straßen; dünne weiße Linien: Feldwege und Pisten; A–F: Gebäude; G: Munitionsdepot (Gebäude orange); H: Zelte (März 1945); J: Unterstände (AKZ 5214,199); K: Splitterschutzgräben (AKZ 5214,197–198); L:
Gleisanschluss; M: Flugfeld (hellgrau hinterlegt); N. P: Waldwege (Kartengrundlage: Geobasisdaten der Kommunen
und des Landes NRW © Geobasis NRW 2014; Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler nach Vorlage von Greifendorf 2010, 43; Gückelhorn 2007, 76; Ortsakten der LWL-Archäologie für Westfalen).
ein Drainagerohr aus Schnitt 4 bestätigen, dass
Entwässerungsmaßnahmen zum Erhalt bzw. zur
Nutzung des Grabens nötig waren. Das tönerne
Rohr (Fund-Nr. 3) befand sich in situ im Profil des
Schnittes (Abb. 37) in der sandigen Sohlenverfüllung (Bef. 20). Es konnte nicht eindeutig ausgemacht werden, ob die Leitung geschützt in einer
Füllschicht oder frei im Graben verlegt war. Eine
ursprüngliche Bedeckung mit sandigem Material
dürfte am wahrscheinlichsten sein. Das Bildheft
zum neuzeitlichen Stellungsbau von 1944 unterstützt diese Vermutung, da dort alle Drainageinstallationen in Laufgräben gedeckt konzipiert
sind. 75 Analog zur Befundsituation in Schnitt 4 ist
dort ein Grabenquerschnitt mit vergleichbarem
Böschungswinkel und einer Rohrleitung gleichen
Durchmessers dargestellt, die in eine knapp 20 cm
mächtige Kiesschicht eingebettet ist. Mit einer
solchen Kiesschicht läge das relative Fußbodenniveau dieses Grabenabschnittes annähernd auf der
gleichen Höhe wie bei den benachbarten Bereichen, die durch die Schnitte 3 und 5 dokumentiert
sind. Hier wurde die Sohle nur in den Unterboden
(Bef. 2) bzw. bis zum oberen Rand des verwitterten
Anstehenden (Bef. 1), das partiell vergleyt ist und
aufgrund von Eisenlinsen deutlichen Wassereinfluss zeigt, eingetieft. Der Eingriff in den grundund stauwasserführenden Horizont, der eine
Drainage erfordert hätte, ist in diesen Abschnitten
offensichtlich vermieden worden.
Die Splitterschutzgräben beziehen sich auf einen ehemals östlich gelegenen Gebäudekomplex
aus vier Häusern, von denen drei u-förmig angelegt worden sind (Abb. 38, A). Demnach stellten
die Gräben wohl die Luftschutzeinrichtung des
Personals dieser Gebäude dar. Betrachtet man
das bei Gückelhorn veröffentlichte USAF-Luftbild
(Abb. 23), 76 so fällt auf, dass sich das nicht abgedeckte Grabensystem 1 (Abb. 23, A) in einem aus
der Luft gut einsehbaren Gelände befand. Grabensystem 2 lag dagegen auf dem Foto unerkannt im
Hochwald.
3.1.3.3 Treibstofflager und Unterstand
Ca. 40 m südlich von Grabensystem 1 befand sich
ein eingetieftes Gebäude, das erst nach dem Fällen
der Bäume und der dichten Büsche entdeckt wurde und außerhalb des topografisch vermessenen
Areals lag. Es wurde mit zwei Sondagen (Schnitte 1–2) archäologisch untersucht. Bei der Erweiterung von Schnitt 2 nach Westen fand sich überraschend der bereits angesprochene Tank. Die
Grundwasserverhältnisse erschwerten Freilegung
und Dokumentation, sodass der genaue Grundriss der Strukturen nicht geklärt werden konnte.
75
OKH 1944, Blatt 314–315.
76
Gückelhorn 2007, 76.
Die im Gelände sichtbare Struktur, an die im
Nordosten ein gut 4 m langer Graben anschloss,
maß ca. 4 m x 3 m und besaß eine annähernd langrechteckige Form (Abb. 31). Ausgehend von den
Befunden der Feldbefestigung Arnsberg-Kapune,
Hochsauerlandkreis (s. u.), wurde vermutet, dass
es sich hier um einen verstürzten Unterstand mit
Eingangsflur handelt. Allerdings lag neben der
Eintiefung kaum Aushubmaterial. Mit Schnitt 1
sollten der vermeintliche Zugangsbereich und
mit Schnitt 2 der westliche Abschluss des Befundes untersucht werden (Abb. 39). Hierbei kam der
Tank zum Vorschein, von dem oberirdisch nichts
sichtbar war.
Profil 2 lässt eine ca. 4 m breite Eintiefung mit
senkrechten Wänden erkennen, die bis in den anstehenden Unterboden reicht (Bef. 2) und nicht
von Staunässeerscheinungen betroffen war. Die
Sohle wurde im Norden mit einem Betonfundament gesichert (Bef. 25), im Süden fanden sich
Ziegelfundamente (Bef. 24), die aber bereits nicht
mehr in situ lagen. Es ist zu vermuten, dass diese Fundamente lediglich die Wandkonstruktion
unbekannter Bauart trugen, da bei der Erweiterung des Schnittes 2 nach Osten keine weiteren
Bauteile mehr auftraten. Der Hohlraum zwischen
Gebäude- und Grubenwand wurde anschließend
mit Aushub verfüllt. Dies dürfte die Position des
humosen Materials erklären (Bef. 10–11). Das Fundament in Profil 2 ist an jener Stelle unterbrochen,
wo sich weiter westlich der Tank befindet (Bef. 23).
Vermutlich ist er über Leitungen, von denen sich
aber keine Spuren in der Sondage fanden, durch
die Fundamentlücke mit dem Gebäude verbunden
gewesen. Profil 1 legt nahe, dass es sich bei dem
im Gelände erkannten Graben um einen Zugang
zum Gebäude handelt (Bef. 5). Er entspricht in
Sohlenbreite und Böschungsgefälle den Vorgaben
des bereits vielfach zitierten Bildheftes aus dem
Jahr 1944. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Sohle, vermutlich weil sie bis in den vernässten anstehenden Verwitterungshorizont (Bef. 1) reichte, mit
Ziegelsteinen ausgelegt war. Südlich vom Graben
weist das Profil eine weitere, 1,5 m breite Eintiefung auf (Bef. 4). Da sie mit Steinen des Anstehenden verfüllt worden ist, war sie im Gelände nicht
mehr sichtbar. Vielleicht handelt es sich hierbei
um den Ausschnitt eines Ost-West-verlaufenden
Grabens, der zur Beförderung des entnommenen
281
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
282
Manuel Zeiler
Schnitt 1
Schnitt 2
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 39 Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein (AKZ 5214,197). Profile der Sondagen 1–2 durch den Unterstand (Grafik:
LWL-Archäologie für Westfalen/D. Hammerschmidt, M. Zeiler).
Materials diente und nach der Fertigstellung der
Einrichtung wieder zugeschüttet worden ist.
Der über 2,5 m breite und mehr als 5 m lange
Tank bestand aus Kunststoff mit blauem Überzug, der aus Stabilitätsgründen mit Eisenbändern
umfasst war. Untersuchungen des Inhaltes im
Auftrag der Gemeinde Burbach erbrachten den
Nachweis von Treibstoffresten. Am Tank waren
Anschlussvorrichtungen erkennbar, die mit dem
Unterstand in Verbindung gestanden haben dürften. Gleichzeitig ist auch wahrscheinlich, dass dezentrale Tankstellen auf bzw. nahe dem Rollfeld
mit dem Behältnis verbunden waren. Nachweise
hierfür erbrachte die Sondage allerdings nicht.
Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle
ein eingetieftes Gebäude mit Eingangsflur erkennen, welches durch seine massiven Fundamente,
die ziegelverkleidete Flursohle und besonders den
Tank mit einem Volumen von rund 24 m3 nicht nur
relativ massiv ausgebaut war, sondern auch große
Bedeutung für den Flugplatz gehabt haben muss.
An der Stelle des Gebäudes findet sich im USAF-
Bild, welches Gückelhorn abbildete, ein kleines
annähernd quadratisches Gebäude (Abb. 38, B).
3.1.4 Zusammenfassende Bewertung
Die an dieser Stelle vorgelegten Ergebnisse der
archäologischen Untersuchungen und die Neubetrachtung des Flughafens Lippe der deutschen
Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg erbrachten zahlreiche neue Erkenntnisse. Es ist festzustellen,
dass allein aufgrund der historischen Quellen, die
teilweise in der Sekundärliteratur aufbereitetet
wurden, keine Aussagen zur genauen Ausdehnung oder den Details zu Einzelelementen der
umfangreichen Anlage getroffen werden können.
Vielmehr besteht sogar Unklarheit über die Ereignisgeschichte vor Ort während der Angriffe der
Alliierten 1945. Zukünftig sind eine Neuedition
aller verfügbaren historischen Quellen und deren
Auswertung zum grundsätzlichen Verständnis der
Geschichte des Flughafens unerlässlich. Hierbei
sollte auch auf Baudetails und die Überprüfung
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
3.2 Die Feldbefestigung von ArnsbergKapune, Hochsauerlandkreis
3.2.1 Forschungsstand und Zielsetzung
der Ausgrabungen
Ab 1940 fanden gelegentlich Luftangriffe der Alliierten auf Arnsberg statt, die massiver seit 1944
fortgeführt wurden: Nach der Invasion der Alliierten in der Normandie wurde das Sauerland
zum Nachschubgebiet der Wehrmacht, wobei
folglich die regionale Infrastruktur größere militärische Bedeutung bekam. Besonders während
der »Verkehrsoffensive« 77 waren der Bahnhof, die
Gleisanlagen und der Viadukt über die Ruhr in
Arnsberg Kernziele der Luftangriffe. Allerdings
stand die strategische Bedeutung dieser Verkehrs-
77
Zum Begriff und zur Luftoffensive 1944–1945 der Alliierten
allgemein: Friedrich 2004, 148–149.
einrichtungen hinter derjenigen der Viadukte
von Altenbeken, Kreis Paderborn, sowie BielefeldSchildesche zurück, weswegen erst ab 1945 regelmäßig Angriffe auf diese Ziele im Sauerland
geflogen wurden. 78 Nach mehreren erfolglosen
Versuchen gelang erst durch den Einsatz einer
Grand-Slam-Fliegerbombe – mit über 10 t Gewicht
zählt sie bis heute zu den schwersten, in einem
Krieg eingesetzten Fliegerbombentypen – die Zerstörung des Arnsberger Viadukts am 19. März 1945.
In der Garnisonsstadt Arnsberg war seit dem
8. August 1940 das Bau-Ersatz-Bataillon 6 stationiert, welches am 19. August 1943 als BaupionierErsatz- und Ausbildungsbataillon 6 neu gruppiert
wurde. Neben dem Ausbildungsauftrag wurden
im Kriegsverlauf zunehmend die Luftabwehr sowie Sanitäts- und Bergeaufgaben von dieser Einheit übernommen. 79 In der Endphase der Ruhrschlacht 80, kurz vor der abschließenden Besetzung
Arnsbergs durch amerikanische Einheiten am
12. April 1945, wurden westlich der Stadt bei Kapune Feldbefestigungen vor Ende März angelegt
(Abb. 40), wie ein Augenzeugenbericht schließen
lässt. 81 Diese Feldbefestigungen waren demnach
nicht mehr Teil von Kampfhandlungen gegen die
aus Osten und Nordosten vorrückenden Alliierten. Die letzten Gefechte wurden weiter östlich im
Stadtgebiet selbst (Eichholz) ausgetragen. 82
Im Rahmen der Erschließung der Kulturhistorischen Route im Kurfürstlichen Thiergarten
Arnsberg 83 durch den Arnsberger Heimatbund
wurden 2011 archäologische Untersuchungen
rechteckiger Geländeeintiefungen nahe Kapune
durch das Deutsche Bergbau-Museum Bochum
78
Bühner 1995, 33–38. 110–133. – Die strategische Bedeutung der Angriffe für den deutschen Nachschub spiegelt
sich auch in den Einträgen des Kriegstagebuchs des Oberkommandos der Wehrmacht, zu denen für den 20. sowie
21. März 1945 unter den wenigen notierten Luftangriffen
der Alliierten überhaupt, diejenigen auf den Arnsberger
Viadukt zählen (Schramm 1961, 1185. 1188).
79
Ersichtlich aus der zunehmenden Nennung von Soldaten
im Berge- und Sanitätsdienst in der zeitlich geordneten
Quellenedition Bühners (Bühner 1995).
80
Zum Begriff und den allgemeinen Ereignissen: Zimmermann 2009, 248–267.
81
Siehe Anm. 13.
82
Tagebuch Heribert Löbbert (aus Bühner 1995, 244).
83
Allgemein zur Kulturhistorischen Route: Arnsberger Heimatbund 2011.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
der hier formulierten archäologischen Interpretation geachtet werden.
Die archäologischen Untersuchungen liefern
sicherlich keine Hinweise für die Rekonstruktion
der Ereignisgeschichte, aber grundlegende Informationen zur tatsächlichen Ausdehnung, dem
Bauaufwand und der Funktion bislang kaum bekannter und in der Mehrheit unbekannter Bereiche. Die knappen Sondagen lassen zum Teil aufwendige und gut getarnte Anlagen erkennen, die
den naturräumlichen Gegebenheiten angepasst
worden sind (Relief, Grundwasserstand) und für
eine langfristige Nutzung konzipiert waren. Denn
Grabensohlen wurden mit Ziegeln ausgelegt und
mittels Drainagen entwässert. Den Unterstand neben dem Tank hatte man zudem mit einem massiven Fundament gesichert. Ob alle Grabensysteme und die nordöstlich gelegenen Unterstände
zur gleichen Zeit oder sogar gleichzeitig mit der
Erbauung der massiven anderen Bauten des Flugplatzes angelegt wurden, bleibt unbekannt. Bis auf
Grabensystem 1 waren ursprünglich alle Anlagen,
die während der Grabung 2014 untersucht wurden,
getarnt und erfüllten wahrscheinlich primär eine
Schutzfunktion für Personal und Ausstattung vor
Luftangriffen.
283
284
Manuel Zeiler
Abb. 40 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59). Übersicht der prospektierten Strukturen der Feldbefestigung Tempelberg und Wicheler Höhe (Kartengrundlage: Geobasisdaten der Kommunen und des Landes NRW © Geobasis NRW 2014; Grafik: Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler).
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
3.2.2 Topografie und Verkehrsgeografie
Das Arbeitsgebiet befindet sich westlich der Stadt
Arnsberg auf der Nordabdachung (Feldbefestigung 1, AKZ 4514,59:01) bzw. Südabdachung (Feldbefestigung 2, AKZ 4514,59:02) des Tempelberges
sowie auf der nördlichen Kuppe der Wicheler
Höhe (Feldbefestigung 3, AKZ 4514,59:03). Diese
Bereiche liegen auf einer Höhe zwischen 315 m
und 340 m ü. NN (Abb. 40).
Der Gebäudekomplex Kapune befindet sich
zwischen den drei Feldbefestigungen. Die Kreisstraße 2 führt von Westen kommend am Nordfuß
der Wicheler Höhe vorbei, um nahe Kapune südlich abzubiegen und in die Landesstraße 735 zu
münden. Diese stellt die wichtigste südwestliche
Verkehrsanbindung Arnsbergs dar und verläuft direkt bis zum Rand des Stadtkerns. Die Abkürzung
der Kreisstraße 2 bei Kapune Richtung Arnsberg
ist ein Feldweg, der den Fuß des Tempelberges
südlich sowie den Markusberg nördlich umgeht
und im Seufzertal an die Landesstraße 725 anschließt.
Das Areal von Feldbefestigung 1 ist nordwestbis südwestlich exponiert, der Hang ist schwach
bis mittel geneigt und weist im Norden eine markante Geländekante auf. Das Relief von Feldbefestigung 2 ist durchschnittlich steiler (mittel bis stark
geneigt), durch zwei großflächige Geländestufen
gegliedert und südlich bis südöstlich exponiert.
Dagegen weist das Gelände von Feldbefestigung 3
84
Zeiler 2012; Zeiler/Kapteiner 2012.
eine größtenteils nördliche bis nordöstliche Exposition auf. Trotz steiler Hanglagen an den Ausläufern der Wicheler Höhe befinden sich die meisten
Befunde auf schwach bis mittel geneigtem Relief.
Alle Areale der Feldbefestigungen sind mit
Hochwald, zumeist Buchen, bestockt. Zwischen
Feldbefestigung 1 und 2 befindet sich das einzige
offene Areal nördlich des Anwesens Kapune, welches derzeit als Weide/Wiese genutzt wird.
3.2.3 Archäologische Maßnahmen
Bei überwiegend trockener Witterung wurden
vom 7. bis 28. September 2011 Geländearbeiten
von Daniel Hartmann, Babeethan Ketheeswaran,
Ingmar Luther und dem Verfasser durchgeführt. 85
Den Auftakt bildete die Untersuchung der ersten deutlichen rechteckigen Geländeeintiefung
in Feldbefestigung 1 nahe der Kulturhistorischen
Route – Unterstand 1. Nach dem Entfernen von
Lockermaterial sowie dem bodennahen Bewuchs
(Schnitt 1) erfolgte die Anlage eines Schnittes
durch die Halde (Schnitt 2) zur Klärung ihres
Schichtaufbaus nahe dem in die Vertiefung führenden Graben (Abb. 41). Um den Zugangsgraben
bei den anschließenden Arbeiten während der
Abraumförderung nicht zu zerstören, wurde eine
Bühne eingezogen (Abb. 42). Der Gesamtbefund
musste zum Schutz gegen Oberflächenwasser bei
Regen mit Planen überdacht werden.
Bei der Anlage von Schnitt 3, mit dem die Tiefe
der Sohle festgestellt werden sollte, und der Schnitte 4 und 5 wurden verstreute flächige Partien einer
verbrannten Dielenkonstruktion (Bef. 1013) freigelegt. Funde von Drahtstiften, Glasflaschen und die
Verwendung von Nadelholz für die Bretter belegten, dass es sich entgegen vorheriger Annahmen
um eine Anlage des 20. Jahrhunderts handeln
musste. Unter der Dielenkonstruktion schloss
85
Für großartige Unterstützung und vielfache Hilfestellungen sei dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum
(besonders Thomas Stöllner und Gabriele Körlin), dem
Institut für Archäologische Wissenschaften der Ruhr-Universität Bochum (besonders Ines Handke), dem Arnsberger Heimatbund (besonders Antonius Kettrup und Torsten
Kapteiner), dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW (besonders Wolfram Blanke), Reinhard Köhne sowie schließlich der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe
(besonders Michael Baales und Eva Cichy), gedankt.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
auf Kosten des Heimatbundes durchgeführt. Die
Anomalien wurden zu diesem Zeitpunkt aufgrund
der Lage und mangels (zeit-)geschichtlicher Informationen als Pingen angesprochen. Erst im Verlauf der Grabungen und durch die Information
des Zeitzeugen wurde der militärische Ursprung
der Strukturen deutlich (s. o.). Die Zielsetzung der
Maßnahmen bestand neben der archäologischen
Untersuchung eines Unterstandes bzw. eines
Kampfgrabenausschnittes in der Grunderfassung
aller erkennbaren militärischen Strukturen im Arbeitsgebiet. In zwei Vorberichten wurden einige
der Ausgrabungsergebnisse bereits vorgestellt. 84
285
286
Manuel Zeiler
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 41 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01).
Unterstand 1 (Halden und Böschungen grau), Schnitt und
Profilübersicht mit rekonstruiertem Unterstandgrundriss (Vermessung: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/
D. Hartmann, B. Ketheeswaran, I. Luther; Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler; Grafik: Ruhr-Universität Bochum/
M. Zeiler).
sich direkt der anstehende und partiell abgearbeitete Fels an.
Zur Klärung der vorliegenden Schichtverhältnisse wurden die rechteckigen Geländevertiefungen der Feldbefestigungen 1–3 mit einem
Pürckhauer-Bohrstock beprobt (Abb. 43). Zugleich
erfolgte die tachymetrische Detailvermessung der
Unterstände und des später als Kampfgraben angesprochenen Befundes, der anschließend mit
den Schnitten 6 und 8 archäologisch untersucht
wurde. Noch während der Ausgrabungen gelangte
die Information des Zeitzeugen Josef Hausmann 86,
vermittelt durch einen Mitarbeiter der Arnsber-
86
An dieser Stelle sei Josef Hausmann, Arnsberg, für seine
freundlichen Auskünfte herzlich gedankt.
Abb. 42 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01).
Blick von Süden auf Unterstand 1 mit Bühnenkonstruktion und Schnitt 3 im Vordergrund (Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/I. Luther).
ger Rundschau, an den Verfasser. Er berichtete,
es handele sich bei den Geländeeintiefungen um
Stellungen der Wehrmacht. Da sich seine Ausführung mit den archäologischen Erkenntnissen
deckten, wurden die Grabungen abgeschlossen
und mit einer Prospektion des Bereiches anhand
von DGM1-Karten 87, teilweise unterstützt durch
den Einsatz von Metallsuchgeräten, 88 begonnen.
87
Einführend zur Prospektion von Feldbefestigungen des
Zweiten Weltkrieges auf Grundlage von LIDAR-Karten:
Gechter u. a. 2010, 306–307.
88
Der Kommission für Archäologische Landesforschung in
Hessen (Claus Dobiat) und besonders Katja Bieber sei an
dieser Stelle herzlich gedankt.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
287
Abb. 43 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01).
Geländemodell von Feldbefestigung 1 mit Feldwegen (weiße Linien), Unterständen, Grabungsschnitten und Position der Pürckhauer-Bohrungen (Vermessung: Deutsches
Bergbau-Museum Bochum/D. Hartmann, B. Ketheeswaran, I. Luther; Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler; Grafik: Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler).
3.2.4 Befunde und Funde
Die Feldbefestigung 1 dehnt sich auf einer Fläche
von 100 m x 70 m aus (Abb. 40. 43). Sie wird durch
im Gelände teilweise nur schwach erkennbare
schmale Pfade im Süden (P5), Osten (P4 bzw. P3)
und Norden (P2) sowie die Kulturhistorische Route (P1) im Norden und Westen begrenzt. Den westlichen Rand bildet ein 142 m langes und Nord-Südorientiertes Grabensystem aus einem gewinkelten
Kampfgraben mit westlich angesetzten Schützennischen bzw. Maschinengewehr-Feuerstellungen
(Abb. 44). Zwischen den Schützennischen befinden sich muldenförmige Eintiefungen mit 1–2 m
Abb. 44 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01).
Geländemodell vom Kampfgrabensystem in Feldbefestigung 1 mit Lage der Sondageschnitte (Vermessung: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/D. Hartmann, I. Luther,
B. Ketheeswaran; Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler;
Grafik: Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
3.2.4.1 Feldbefestigung 1
288
Manuel Zeiler
Abb. 45 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01). Kampfgraben 1, Schützennischen bzw. MG-Feuerstellungen
mit Schussfeldorientierung auf die Kreisstraße 2 im Hintergrund am Waldrand (Foto: Deutsches Bergbau-Museum
Bochum/I. Luther).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 46 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01). West-, Nord-, Ost- und Südprofil (von links nach rechts) von
Schnitt 6 im Kampfgraben von Feldbefestigung 1 (Zeichnung: Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler).
Durchmesser, die rezent noch bis in 25 cm Tiefe
im Relief erkennbar und eventuell als Schützenlöcher anzusprechen sind (L2–3). Der Kampfgraben
ist nach Westen auf die Kreisstraße ausgerichtet
(Abb. 45) und endet jeweils dort, wo die Fahrbahn
das Schussfeld verlässt.
Funde tordierter Drahtfragmente lassen Stacheldraht als Annäherungshindernis im Vorfeld
des gut im Waldrand versteckten Grabensystems
vermuten, welches ansonsten wenig massiv ausgebaut worden ist: Die Sohlenbreite und die
Böschungswinkel des Kampfgrabens (Abb. 46)
entsprechen nahezu mustergültig den Pioniervorschriften eines Verbindungsgrabens. 89 Durch
Kriechgräben wurden die ebenso flachen Schützennischen erreicht, aus denen nur im Liegen
gefeuert werden konnte. Die Profile der Sondage
im Kampfgraben lassen erkennen, dass der zuerst
ausgehobene Graben wieder verfüllt wurde, um
danach erneut an gleicher Stelle ausgehoben zu
werden. Diese zweite Phase ist durch eine deut-
89
OKH 1944, Blatt 2, Nr. 2.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
289
lich flachere Struktur mit muldenförmiger Sohle
charakterisiert, die nicht den Pioniervorschriften
entsprach.
Die elf Unterstände (Abb. 43) öffnen sich nach
Nordwesten (U2, U4, U6–7, U9 und U11–12), Nordosten (U10), Norden (U1), Südwesten (U19) und
Südosten (U8). Die Maße dieser langrechteckigen
Befunde, an die der Zugangsgraben stets asymmetrisch angesetzt ist, betragen vom Haldenscheitelpunkt aus gesehen recht einheitlich zwischen
4–5 m in Längs- und 3–4 m in Querrichtung.
Anhand der Grabung von Unterstand 1 lassen sich nähere Details zum Aufbau erkennen
(Abb. 47): Beim Bau der Anlage wurde eine Grube stufig in das anstehende Verwitterungsgestein
hinein abgetieft, nicht jedoch in das anstehende
Festgestein. Dies wird vermutlich mit dem damit
verbundenen höheren Arbeitsaufwand zu begründen sein. Die Bohrungen in den anderen Unterständen von Feldbefestigung 1 bestätigten diese
maximale relative Tiefe. Die Grubensohle wurde
teilweise begradigt. Anschließend errichtete man
den hölzernen Unterstand, der mit gewissen Abweichungen dem in den Pionierrichtlinien vorgeschriebenen Maßen eines Halbgruppenunterstandes mit 3 m x 3 m entspricht. 90 Er wurde in einer
Mischkonstruktion aus Rund- und Kanthölzern
ausgeführt. Der Boden wurde mit Kanthölzern
90
Halbgruppenunterstand gemäß OKH 1944, Blatt 55 (II).
in Querrichtung bedeckt und mit stumpf aneinanderstoßenden Dielen in Längsrichtung belegt,
die man vernagelte (Abb. 48). Im Versturzmaterial, das die heutige Grube ausfüllte, befanden sich
Rundhölzer von einer Stärke bis zu 10 cm, die Bestandteil der verbrochenen Abdeckung (Unterzug)
des Unterstandes waren. Dieser Unterzug wurde
in Längsrichtung ausgelegt. Bei den Stärken aller
Elemente lässt sich ein Abweichen von den Pioniervorschriften erkennen. 91 Besonders die Rundhölzer scheinen einen Hinweis darauf zu geben,
dass Baumaterial knapp war. Die vorgeschriebene
Holzstärke betrug mindestens 20 cm. 92 Geringeren Werten wurde in den Deckungsstärkenlisten
der Pioniere kein Verteidigungswert zugerechnet. 93
Bei dem zum Unterstand hin abfallenden Zugangsbereich handelte es sich um einen 80–90 cm
breiten Graben, der vermutlich an den Seiten von
einer hölzernen Bewehrung gesichert wurde. Von
dieser war aber zum Zeitpunkt der Grabung nichts
mehr erhalten. Analog zu den Pioniervorschriften
zum Bau von Unterständen ist die Rekonstruktion
einer siebenstufigen Treppe mit Sammelschacht
direkt vor dem Zugang möglich. Die Tür des Baus
91
OKH 1944, Blatt 309, Nr. 7.
92
OKH 1944, Blatt 55 (II).
93
OKH 1944, Blatt 401 (IV).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 47 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01). Profile 2–3, 5 und 10 durch Unterstand 1 in Feldbefestigung
1. Rote Linien: rekonstruierte Unterstandkonstruktion mit Abdeckung; blaue Linien: rekonstruierte Schichtverläufe vor
Anlage des Unterstandes (Vermessung: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/D. Hartmann, B. Ketheeswaran, I. Luther; Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler; Grafik: Ruhr-Universität Bochum/M. Zeiler).
290
Manuel Zeiler
3.2.4.2 Feldbefestigung 2
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Abb. 48 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01).
Dielenkonstruktion auf der Sohle von Unterstand 1 in
Feldbefestigung 1 (Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/I. Luther).
wird sich nach außen geöffnet haben. 94 Der geschwungene Verlauf des Zugangsgrabens deutet
darauf hin, dass dieser zum Splitterschutz abgewinkelt geführt wurde, wie es auch für Kampfgräben üblich war.
Die Unterstände umgeben eine befundfreie
Fläche von maximal 25 m x 30 m, die im Westen
vom Grabensystem abgeschlossen wird (Abb. 43).
Die Zugangsbereiche der meisten Unterstände
öffnen sich nicht direkt auf diese Fläche und damit »feindwärts«, 95 sondern verlaufen annähernd
parallel zum Grabensystem, wie in den Pioniervorschriften aus Deckungsgründen gefordert wird.
Auffällig ist aber die große Nähe der Befestigungen zur Frontlinie, was im Gefechtsfall eine höhere Gefährdung der untergebrachten Truppenteile
bedeutet hätte und auch nicht den Vorschriften
entsprach.
Eventuell wurde eine Sicherung von Feldbefestigung 1 nach Nordwesten und Nordosten angestrebt: Das Areal endet im Nordwesten an einer
natürlichen Geländekante, während im Nordosten
eine muldenförmige Eintiefung analog zu Befunden außerhalb von Kampfgraben 1 als Schützenloch gedeutet werden kann (Abb. 40, L4).
94
OKH 1944, Teil A, Vorbemerkungen III, Nr. 2i.
95
OKH 1944, Blatt 1.
Feldbefestigung 2 dehnt sich über eine Fläche von
170 m x 130 m am Südhang des Tempelberges aus.
Sie ist damit deutlich größer als Feldbefestigung 1
und befindet sich ebenso an keiner exponierten
Position (Abb. 40). Beide Bereiche sind durch einen
schmalen Pfad (P3) verbunden, der den Tempelberg östlich umgeht. Östlich ist Feldbefestigung 2
durch einen weiteren Pfad (P6) und südlich vom
heutigen Feldweg begrenzt. Im Westen befinden
sich keine Anlagen mehr in Sichtweite des Gehöftes Kapune. Nördlich von Feldbefestigung 2 liegt
auf der Kuppe des Tempelbergs die deutlich in der
LIDAR-Karte erkennbare Anomalie eines »Rondells«, welches ursprünglich von Kurfürst Maximilian Heinrich angelegt wurde (AKZ 4514,28) 96
und keinen Bestandteil der militärischen Bauten
aus der NS-Zeit darstellt.
Die größte Feldbefestigung im Arbeitsgebiet
weist 16 Unterstände gleicher Form und Größe
wie in Feldbefestigung 1 auf. Sie wurden überwiegend hangparallel angelegt, wobei sich die
asymmetrisch angesetzten Zugangsbereiche zur
Bergseite öffnen. Dabei wurden südöstliche (U21,
25–28, 30–33) und südliche (U18, 20, 22–23) Expositionen bevorzugt. Die Abstände zwischen den
Unterständen sind unregelmäßig, es lassen sich
keine klaren Reihungen ausmachen.
Zur Untersuchung der Bodenschichtungen
wurden auch in Feldbefestigung eine Bohrung
unternommen. Hinweise auf ein Brandereignis
ließen sich nicht erkennen.
Neben den gut erkennbaren Befunden der Unterstände, die als Halbgruppenunterstände gedeutet werden, befinden sich in Feldbefestigung zwei
Bombentrichter und andere Geländedepressionen: Zwei Einschläge (B1–B2) mit einem Durchmesser von 12 m und einer Tiefe von bis zu 2,6 m
unter der Geländeoberkante bilden eine Linie, die
zu einer nierenförmigen Anomalie (D) nahe Unterstand U17 führt. Die Untersuchung des Areals
mit der Sonde erbrachte jedoch keine Nachweise
eines Bombentreffers an dieser Stelle.
Weitere langoval-muldenförmige (D–E) oder
L-förmige (F) Anomalien nahe den Unterständen
96
Arnsberger Heimatbund 2011, 96.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
lassen sich ohne weiterführende Untersuchungen nicht näher bestimmen. Zwei kreisrunde Bodendeformationen (W) mit einem Durchmesser
zwischen 2 m und 3 m und einer Tiefe von 0,8 m
bis 1,2 m südlich von Unterstand U28 können eindeutig als Baumwürfe angesprochen werden. Dagegen ist die V- bzw. wellenförmige Anomalie G
mit einer Gesamtausdehnung von ca. 4 m am
Südostrand von Feldbefestigung 2 (Abb. 49), deren
hangabwärts entsorgter Aushub eine Brustwehr
bildete, als Schützenloch für zwei Gewehrschützen 97 bzw. ein MG deutbar (Abb. 50). 98 Abschließend sind vier ovale Eintiefungen am Südostrand
von Feldbefestigung 2 zu nennen, die bis 1 m unter die Geländeoberkante reichen und bis zu 3 m
Länge aufweisen (H1–H4). Anhand von Größe,
Form und Lage am Grenzbereich der Gesamtanlage könnte es sich um Schützenlöcher für Gewehrschützen handeln. 99 Jedoch ist eine detailliertere
Aussage ohne weiterführende Geländeuntersuchungen auch hier nicht möglich.
291
Abb. 49 Arnsberg, Hochsauerlandkreis (AKZ 4514,59:01).
Westansicht von Anomalie G in Feldbefestigung 2 (Foto:
LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
3.2.4.3 Feldbefestigung 3
97
Interpretation nach OKH 1944, Blatt 7.
98
Funktionale Zuweisung anhand OKH 1944, Blatt 5.
99
Funktionale Zuweisung anhand OKH 1944, Blatt 5.
Abb. 50 Ausgebaute MG-Stellung (Foto: Gückelhorn
2007, 29).
können als Zugang und als Lichtschachtnischen
genutzt worden sein. Dies erschwert die Deutung
als einfache Unterstände, ermöglicht aber eine
Ansprache als Beobachtungsstände. 100 Allerdings
erscheint es wenig sinnvoll, mehrere dieser Anlagen nebeneinander zu errichten.
Östlich schließt eine lineare und ausgedehnte
(bis 7 m Breite) grabenförmige Anomalie an Unterstand U16 an, die sich stufenartig in größeren,
aber flachen Mulden bis zum Bergfuß fortsetzt
(M1–M3). Aufgrund ihrer Anbindung ist ein Zusammenhang mit dem Unterstand zu vermuten,
aber nicht eindeutig.
Zu den anderen Geländedepressionen, die weder funktional noch zeitlich näher angesprochen
100
Deutung nach OKH 1944, Blatt 35 (II).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Feldbefestigung 3 dehnt sich mindestens über
eine Fläche von 90 m x 30 m am Südhang der Wicheler Höhe aus (Abb. 40). Sollten die nahe gelegenen Geländedepressionen (H5–H7, J1–J4, K1–K4,
L, M1–M3 und N1–N5 oder S) ebenfalls diesem
militärischen Kontext zuzurechnen sein, besitzt
das Areal sogar eine Größe von 260 m x 100 m. Es
ist der Bereich bei Kapune, welcher am schwierigsten in seiner Gesamtheit zu deuten ist, da die
meisten Anomalien anhand ihrer Größe, Form
oder Lage nicht eindeutig mit dem Zweiten Weltkrieg in Zusammenhang gebracht werden können.
Bei den vier rechteckigen Anomalien U13–U16
dürfte es sich analog zu den Anlagen in Feldbefestigung 1 um Halbgruppenunterstände handeln. Jedoch weisen die Exemplare auf der Wicheler Höhe
teilweise mehrere abgehende Gräben (U13–U14)
und größere durchschnittliche Tiefen von bis zu
2,5 m unter der Geländeoberkante auf. Die Gräben
292
Manuel Zeiler
werden können, zählen ovale Eintiefungen, die
sich trichterförmig nach Norden öffnen (J1–J4)
und in einem Fall (J4) von Unterstand U16 überlagert zu sein scheinen. Ferner befinden sich am
Südhang des Berges langovale, ca. 7 m x 12 m große und flache Mulden nahe dem Feldweg (K1–K4),
die ebenso wie die breiten Mulden auf der Kuppe
(H5–H7) derzeit nicht gedeutet werden können.
Von Interesse sind zudem lange lineare und
grabenförmige Anomalien von bis zu 1,2 m Breite,
die sich in Sequenzen über den Bergrücken ziehen (N1, N4–5) bzw. am Nordhang befinden (N3).
Vorstellbar ist ihre ehemalige Nutzung als Stellungen, allerdings kann auch eine Interpretation dieser Strukturen als Mutungsgräben eines Bergbaus
unbekannten Alters nicht ausgeschlossen werden.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
3.2.5 Zusammenfassende Bewertung
Unterstände stellten im Zweiten Weltkrieg »Dauerunterkünfte der Stellungstruppen« 101 dar, die mit
bis zu zehn Mann belegt wurden. Im Falle von Halbgruppenunterständen, die im Bereich von Arnsberg-Kapune nachgewiesen wurden, überstieg die
Regelbelegung demnach nicht sechs Mann. Trotz
offensichtlich hoher Anzahl benötigter Unterkünfte wurden keine Bauten angelegt, die mehr
Soldaten hätten fassen können. Da sich die Feldbefestigungen sowohl nahe den vielfach bombardierten Arnsberger Infrastruktureinrichtungen als
auch nahe der potenziellen Aufmarschstraße, der
heutigen Kreisstraße 2, der Alliierten befanden,
war ihre Hauptfunktion sicherlich der Luftschutz.
Der Grund für die Bevorzugung kleinerer Schutzbauten könnte im Materialmangel liegen, der sich
auch bei der Bauausführung der Abdeckung von
Unterstand 1 andeutet.
Da die rechteckigen Geländedepressionen
nicht nur von Mannschaftsunterkünften – wie bei
Unterstand 1 nachgewiesen –, sondern auch von
Feldküchen, Magazinen oder Beobachtungsständen stammen können, 102 ist die Abschätzung der
ehemaligen Truppenstärke und damit die Zahl der
Einheiten vor Ort schwierig. Bei einer Deutung al-
ler rechteckigen Befunde als Halbgruppenunterstände hätten die Feldbefestigungen 15–16 Gruppen und damit maximal 186 Mann Platz geboten.
Dies deutet auf eine Kompanie in Sollstärke hin.
Das zum Bauzeitpunkt der Feldbefestigungen von
Kapune in Arnsberg stationierte Baupionier-Ersatz- und Ausbildungsbataillon 6 gliederte sich in
den Stab und vier Kompanien. Allerdings ist wie
bei den meisten deutschen Einheiten zu Kriegsende 103 wahrscheinlich, dass die Sollstärke nicht
mehr erreicht wurde.
Basierend auf der Zahl der mutmaßlich als
Halbgruppenunterstände ansprechbaren Befunde und auf der Auflistung des Merkblattes Stellungsbau 104 können der Baustoffbedarf und die
Arbeitsleistung für die Unterkünfte bei Kapune
abgeschätzt werden. Angesichts weiterer nachgewiesener (Kampfgraben) bzw. vermuteter Militäranlagen (z. B. MG-Feuerstellungen) sind die im
Folgenden genannten Aufwendungen als Minimum zu verstehen: Nach den Vorschriften – die,
soweit die Erhaltungsbedingungen es beurteilen
lassen, nachweislich zumeist eingehalten wurden – wurden in den Unterständen 403 Festmeter
Rundholz, 775 m2 Bretter, ca. 124 kg Nägel, mehr als
370 Bauklammern, 1085 m2 Dachpappe, 31 Türbeschläge, Öfen und Ofenrohre verbaut. Auch wenn
unklar bleibt, wie viele Personen genau in welcher
Zeit mit welchen Ausstattungsmöglichkeiten arbeiteten, so ist der bei Kapune betriebene große
Aufwand beim Stellungsbau trotzdem evident.
Eindeutige Nachweise von Kampfhandlungen
ließen sich im Arbeitsgebiet nicht erkennen: Es
finden sich lediglich mindestens zwei Bombentreffer in Feldbefestigung 2 (Abb. 40, B1–B3), eventuell wurde sogar ein Unterstand (D) dabei getroffen. Die Bombardierung muss jedoch nicht den
Stellungen gegolten haben. Beispielsweise könnte
das Areal von Kapune in einem schon fortgeschrittenen Luftangriff größerer Flugstaffeln durch das
zu frühe Ausklinken von Fliegerbomben (Bomberrückstau: »creep-back-Effekt« 105) getroffen worden sein. Auch die Metallsondenprospektion lie-
103
Zimmermann 2009, 176–188.
101
OKH 1944, Teil A, Vorbemerkungen III, Nr. 1.
104
OKH 1944, Blatt 55 (II).
102
OKH 1944, Blatt 35 (II). Blatt 67 (II).
105
Friedrich 2004, 34.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
106
Z. B.: OKH 1944, Blatt 20. Blatt 24 (I).
107
Analog z. B. zur archäologisch untersuchten FLAK-MGStellung in Niederzier-Lich-Steinstraß, Kreis Düren: Gechter u. a. 2010, 304–305.
108
Zur Problematik der Verwendung von Luftbildern der
Alliierten s. o.
gebuch von Herrmann Bietzker am 29. März
1945 109 und den Abzug deutscher Truppen aus
Arnsberg am 12. April 1945 eingrenzen. Leider gibt es keine Augenzeugenberichte von den
vor Ort stationierten Truppenteilen über diesen
Zeitraum. Nur in Feldbefestigung 1 ließen sich
bei den meisten Unterständen Brände nachweisen. Vorstellbar ist, dass die abrückende Wehrmacht versuchte, die Anlagen unbrauchbar zu
machen, oder die Zerstörung durch anrückende amerikanische Einheiten verursacht wurde.
Den Schilderungen des Augenzeugen Josef
Hausmann aus Arnsberg ist zu verdanken, dass
der nachfolgende Umgang mit den Anlagen rekonstruiert und mit den Grabungsergebnissen
korreliert werden kann. In Unterstand 1 wurden
in situ-Störungen des Dielenbodens beobachtet
(sofern dieser überhaupt erhalten war), gleichzeitig wirkte die Versturzschicht der ehemaligen
Abdeckung durchwühlt. Hausmann beschrieb,
dass das Areal im Winter 1946/1947 aufgesucht
und Bauelemente als Brennmaterial während der
Brennstoffknappheit im »Hungerwinter« 110 entfernt wurden. Tatsächlich wären im Versturzmaterial der Abdeckung von Unterstand 1 mehrere
Rundholzlagen und Dachpappe zu erwarten gewesen. Bei der Ausgrabung wurden hingegen nur
wenige verkohlte Holzfragmente angetroffen.
109
Bühner 1995, 215.
110
Zum Begriff und zur Brennstoffknappheit: Häusser/
Maugg 2011, 145–163.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
ferte keine Hinweise auf Kampfspuren, da weder
Geschosshülsen noch -splitter entdeckt wurden.
Als Funktion der Feldbefestigungen von Kapune lässt sich anhand der Anlage außerhalb der
exponierten Höhenbereiche primär der Schutz
von Militäreinheiten vor Luftangriffen annehmen.
Dem steht auch die Ausrichtung von Kampfgraben 1 auf die heutige Kreisstraße 2, die einen
strategisch bedeutenden nordwestlichen Zugang
zur Ruhr bei Arnsberg darstellt, nicht entgegen.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Anlagen erheblich massiver ausgeführt worden wären,
falls man alliierte Streitkräfte hätte aufhalten oder
binden wollen. In diesem Fall wären beispielsweise Geschützeinschnitte und Feuerstellungen für
Granatwerfer, Flugabwehr- (FLAK) bzw. Panzerabwehrkanonen (PAK) zu erwarten, die sich im
Gelände gut erkennen ließen. 106 Dagegen können
leichte FLAK-Stellungen durchaus in den ovalen
und bislang nicht gedeuteten Geländedepressionen auf der Wicheler Höhe bestanden haben. 107
Darüber hinaus wäre ein größerer Abstand zwischen Unterkünften und Kampfständen notwendig gewesen.
Unklar bleibt die Nutzungsdauer der Feldbefestigungen, vor allem deren genaues Ende:
Ohne Verwendung der alliierten Luftbilder 108 lässt
sich der Zeitraum auf die Ersterwähnung im Ta-
293
294
Manuel Zeiler
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
4 Schlussbetrachtung
Die archäologischen Untersuchungen der LWLArchäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, bei
Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein, fanden in
einem Jubiläumsjahr zweier wichtiger Ereignisse der jüngsten Geschichte statt: 2014 jährte sich
zum 70. Mal die Landung der Alliierten in der
Normandie, die langfristig die Entscheidung im
Zweiten Weltkrieg brachte. Dieser wird häufig als
Folgeerscheinung der »großen Urkatastrophe des
Jahrhunderts« 111, des Ersten Weltkrieges, gedeutet, der vor 100 Jahren begann – das zweite Jubiläum. Vor allem das letztgenannte Ereignis wurde
in diesem Jahr mit einer Flut von Darstellungen
in allen Mediensparten gewürdigt. Besonders bemerkenswert ist der breit gefächerte Forschungsansatz, welcher der Präsentation und der Bewertung des weltumspannenden Konfliktes zugrunde
lag. Neben dem Verlauf der Kämpfe wurden auch
ökonomische und soziale Aspekte in den Fokus
gerückt, wobei zunehmend archäologische Relikte Beachtung fanden. 112 Diese Herangehensweise folgt der Einschätzung der Historiker, dass
sich bereits der Erste Weltkrieg »an der Schwelle
zum totalen Krieg« 113 befand, der auch fernab der
Frontlinien Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend bestimmte. Folgerichtig werden dadurch
auch im Hinterland gelegene Objekte der militärischen Infrastruktur, etwa Gefangenenlager,
Friedhöfe, Garnisonen und Truppenübungsplätze,
aber auch Stätten der Rüstungsindustrie oder Psy-
111
Kennan 1979, 3.
112
Sie wurden beispielsweise vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege prospektiert, katalogisiert, untersucht und der
Öffentlichkeit präsentiert (Hoppe/Wegener 2014a; Hoppe/Wegener 2014b).
113
Mommsen 2004, 81.
chiatrien, zu lohnenswerten Untersuchungsobjekten interdisziplinärer Forschungen. Viele dieser
»indirekten« 114 Zeugnisse abseits der Schlachtfelder beider Weltkriege haben heute noch vorhandene Spuren im Boden hinterlassen. Ihre archäologische Erforschung kann wichtige Hinweise zu
historischen Ereignissen liefern und somit zum
besseren Verständnis der gesamten Epoche beitragen. 115
Selbst in Fachkreisen ist die Beschäftigung der
Archäologie mit dem Krieg in Deutschland umstritten, da ja diese Epoche hervorragend durch
historische Quellen dokumentiert und damit verstanden sei. Zudem raube eine Untersuchung
dieses so jungen Zeitabschnittes der Menschheitsgeschichte den eigentlichen archäologischen Kernepochen Forschungskapazitäten. Freilich ist die
Bedeutung der Archäologie für die Rekonstruktion komplexer Zusammenhänge und historischer
Ereignisse während beider Weltkriege nicht so
elementar wie für die vorhistorischen Epochen.
Diese ablehnende Sichtweise lässt jedoch außer
Acht, dass auch die reichen Text- und Bildquellen in Anzahl und Aussagekraft limitiert sind. So
sind beispielsweise viele militärische Unterlagen
aus dem Ersten Weltkrieg im Zweiten Weltkrieg
vernichtet oder entsprechende Informationen aus
Gründen der Geheimhaltung gar nicht erst aufgezeichnet worden. 116 Andere wichtige Quellen, wie
114
Hoppe/Wegener 2014a, 8.
115
Leider fand dieser neue Ansatz keinen Eingang in die erste populärwissenschaftliche Monografie zur Archäologie
des 20. Jahrhunderts in Deutschland (Theune 2014), die
allerdings einen deutlich weiter gefassten Zeitrahmen bei
zugleich limitiertem Druckumfang behandelt.
116
Hoppe/Wegener 2014a, 8.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
117
Dies ist etwa bei den bereits erwähnten Untersuchungen
von Flugzeugabsturzstellen der Fall (siehe Baales/Blank/
Klötzer 2015).
Abb. 51 Soest, Kreis Soest. Wiesenkirche. Mauerfragment
mit nachträglich angebrachter Inschrift als Teil der Ausstellung in der Frauenkirche in Dresden (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Zeiler).
Im Gegensatz zu anderen archäologischen Fundplätzen sind die Stätten beider Weltkriege jedoch
eindeutig mit negativen Konnotationen versehen,
denn sie stehen für Krieg, Gewaltherrschaft, Verbrechen und Niedergang. Huse, der den Denkmalbegriff für eine moderne Denkmalpflege 1997 neu
definierte, pointierte: »[…] die Erblasten des Dritten Reiches […] sind unbequeme Denkmale, die an
Tatsachen erinnern, die es besser nicht gäbe, Teile
eines Erbes, das niemand haben will […]«. 118 Als
Mahnmäler stehen sie damit in einem krassen Gegensatz zu den vielzähligen Heldenmonumenten,
die überall in Deutschland an die deutschen Gefallenen vor allem des Ersten Weltkrieges erinnern.
Neben den Stätten der Weltkriege können
auch einzelne Objekte, die nicht selten bei archäologischen Ausgrabungen entdeckt wurden, eine
wichtige, ja geradezu reliquienhafte Rolle in der
Erinnerungskultur übernehmen. In diesem Zusammenhang ist etwa ein Grünsandsteinfragment
der Wiesenkirche in Soest, Kreis Soest, zu nennen.
Als nachträglich mit einer Danksagung an Gott beschrifteter Trümmer des zerbombten Kriegsschuttes der Stadt (Abb. 51) ist es Teil der Ausstellung
in der Dresdener Frauenkirche, dem wichtigsten
Mahnmal zur alliierten Bomberoffensive 119, die
118
Huse 1997, 7.
119
Spätestens seit der Monografie von Jörg Friedrich rückte
die Komplexität der Bomberoffensive in Deutschland in
die breite Öffentlichkeit: Friedrich 2004.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
etwa die Luftbilder der Alliierten, bleiben oftmals
noch immer unzugänglich. Darüber hinaus wurde die offizielle Dokumentation der Ereignisse
auf Seiten der Achsenmächte insbesondere am
Ende des Zweiten Weltkrieges, als Deutschland
selbst zum Schlachtfeld wurde, zunehmend lückenhaft. Andere Quellen, etwa Fotografien oder
schriftliche Aufzeichnungen von Privatpersonen
sowie Berichte noch lebender Zeitzeugen, lassen
sich kaum systematisch sichten. Die Archäologie
stellt damit einen möglichen und teilweise sehr
unmittelbaren Zugang zu den vielzähligen Stätten
der beiden Weltkriege und den mit diesen in Zusammenhang stehenden historischen Ereignissen
dar. Dies wird auch an den hier behandelten Fundplätzen von Burbach, Kreis Siegen-Wittgenstein,
und Arnsberg-Kapune, Hochsauerlandkreis, deutlich. Erst durch die archäologischen Forschungen
konnten bisher unbekannte Strukturen erfasst
und dokumentiert sowie in ihrer Funktion und
Verwendung genauer bewertet werden. Auf Basis
der Befunde lassen sich Größen, wie die tatsächliche Anzahl der stationierten Soldaten oder der Bedarf an Baumaterial, genauer abschätzen. Brandhorizonte und andere Spuren geben Hinweise auf
undokumentierte Kampfhandlungen. Die Art des
Baumaterials und die Ausführung der Bauten können einen indirekten Einblick in die herrschenden Verhältnisse zu Kriegszeiten geben. Darüber
hinaus können archäologische Untersuchungen
sogar Aufschluss über konkrete historische Ereignisse und individuelle Schicksale liefern. 117 Die
Informationen bedürfen allerdings stets einer Einbettung in die Ergebnisse historischer und weiterer Forschungen zu den untersuchten Stätten und
Vorgängen.
Die archäologische Erforschung von Weltkriegsstätten erfüllt zudem eine weitere wichtige
Funktion. Durch sie können konkrete Orte wiederentdeckt, untersucht und schließlich erneut
zugänglich gemacht werden, die direkt mit den
jüngsten Abschnitten der Geschichte in Verbindung stehen und einen wichtigen Zugang zu dieser Epoche bieten können. Entsprechend groß ist
das öffentliche Interesse an derartigen Lokalitäten.
295
296
Manuel Zeiler
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
bis heute ein traumatisches Ereignis darstellt. Die
starke Wirkmächtigkeit materieller Zeugen der
Weltkriege bietet aber auch eine große Gefahr der
Instrumentalisierung, die sich vielfach in Ausstellungen, Büchern oder etwa filmischen Dokumentationen wahrnehmen lässt. Wie gegensätzlich die
zugrunde liegende Intention hinter dem Einsatz
unter anderem archäologischer Funde sein kann,
mögen zwei Extrembeispiele verdeutlichen: Jüngst
führte ein Beitrag einer aus dem Französischen in
das Deutsche übersetzten Anthologie des Ersten
Weltkrieges zum Nachhall der Grausamkeiten der
Nahkämpfe in den Werken beteiligter Schriftsteller eindrücklich die Brutalität des Geschehens
mittels Darstellung von Hieb- und Stichwaffen vor
Augen. 120 Die Abbildung nietenbeschlagener Keulen und benutzter Messer mit Scharten konfrontieren den Leser, in Verbindung mit einer zur Seite
gestellten Feldzeichnung eines Messernahkampfs
von Otto Dix, mit allgegenwärtigen Grausamkeiten als »persönliche Dimension kriegsbedingter
Gewalt« 121 an der Front. Demgegenüber finden
sich im National War Museum Edinburgh in der
Abteilung zum Ersten Weltkrieg sauber aufgereihte, polierte und neuwertig wirkende Schuss-/Nahkampfwaffen sowie Schutzausrüstung im Kontext
heroischer Schlachtengemälde und Tatenberichte
triumphierender schottischer Militärverbände. Bei
beiden Beispielen ist eine bewusste Auswahl und
120
Cabanes 2013, 227.
121
Cabanes 2013, 227.
vor allem auch eine bewusste Weglassung an dargestellten Artefakten getroffen worden – sie dienen jeweils nur zur Illustrierung sowie Betonung
einer übergeordneten Aussage. Diese ist jedoch
in beiden Fällen unzweifelhaft gegensätzlich und
ihre Aussagekraft jeweils enorm. Denn während
der französische Artikel pazifistische Grundtendenzen in der Literatur von französischen, englischen und deutschen Kriegsteilnehmern verständlich macht, erweckt die Ausstellung in Edinburgh
lediglich ein militaristisches Bild, das mit großem
Pathos die Leistungen schottischer Soldaten unter Weglassung ihres erlebten oder verursachten
Grauens präsentiert. Angesichts einer derartigen
Verwendung zeitgenössischer Objekte ist ein reflektierter Umgang des Dargestellten durch den
Leser, Besucher oder Betrachter unerlässlich.
Abgesehen vom wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn hat die Archäologie die Aufgabe, die direkten und noch zahlreicheren indirekten Stätten
des Ersten und Zweiten Weltkrieges zu erforschen
und als Orte der Erinnerung mit vorwiegend lokaler, teilweise aber auch weit darüber hinausgehender Bedeutung für die Gesellschaft zu erschließen.
Gleichzeitig sollte sie dabei einen weitestgehend
wertneutralen Zugang zu Funden und Befunden
ermöglichen, der bisher durch andere Fachdisziplinen kaum gegeben ist.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
297
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Bühner 1995
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21 (Arnsberg 1995).
Arzinger 1998
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der Weltkriege 4 (Paderborn 2009).
Dr. Manuel Zeiler
LWL-Archäologie für Westfalen
Außenstelle Olpe
In der Wüste 4
57462 Olpe
manuel.zeiler@lwl.org
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
vermessung vom 08. bis 10.04. und 06. bis 08.05.2013 (unpublizierter Abschlussbericht Marburg 2013).
299
300
Manuel Zeiler
6 Katalog
6.1 Abkürzungen
AKZ
B
Bef.
Dm
erh.
L
max.
ü. NN
N
O
S
T
u. GOK
ü. GOK
W
Kennziffer der Ausgrabungen im
Regierungsbezirk Arnsberg
Breite
Befund
Durchmesser
erhalten
Länge
maximal
über Seespiegelhöhe
Norden
Osten
Süden
Tiefe
unter Geländeoberkante
über Geländeoberkante
Westen
6.2 Flugplatz Lippe bei Burbach, Kreis
Siegen-Wittgenstein
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
6.2.1 Befunde
199/2
Teilversenkter Unterstand mit westlichem Zugangsbereich (Abb. 28).
Die SW-NO-orientierte runde Eintiefung besitzt
einen Dm von 400 cm und eine max. T von 27 cm.
Der Aushub verteilt sich bis 17 cm ü. GOK in einer Halde um die Eintiefung bis auf die W-Seite,
die freigehalten wurde. Hier ist der originäre Zugangsbereich zu vermuten. Die max. B der Halde
beträgt im S 360 cm, die durchschnittliche B der
Halde liegt bei 250 cm.
199/3
Eventuell teilversenkter Unterstand mit westlich
angesetzter Eingangsflur (Abb. 28).
Die ovale Eintiefung besitzt einen Dm von 180 cm
x 200 cm. Der Dm an der Sohle beträgt 80 cm x
100 cm bei einer max. T von 44 cm. Im SW befindet sich ein angesetzter, grabenartiger Zugangsbereich (vermutliche Eingangsflur) mit einer L von
300 cm und einer max. B von 120 cm. Der Aushub
liegt bis 21 cm ü. GOK als flache und langgestreckte Halde mit einem äußeren Dm von 700 cm x
700 cm am S-Rand der Eintiefung.
6.2.1.1 Unterstandkomplex (AKZ 5214,199)
199/1
199/4
Eventuell teilversenkter Unterstand (Abb. 28).
Die W-O-orientierte langovale Eintiefung besitzt
einen Dm von 380 cm x 300 cm und eine max. T
von 75 cm. Der Aushub verteilt sich in einer linsenförmigen Halde am Rand des nördlichen Viertels der Eintiefung bis 44 cm ü. GOK. Die max. B
der Halde beträgt mittig 300 cm.
Teilversenkter Unterstand mit westlichem Zugangsbereich (Abb. 26. 28).
Die SW-NO-orientierte ovale Eintiefung besitzt einen Dm von 600 cm x 580 cm mit einer max. T von
T 55 cm. Sie ist sekundär mit Steinen und Forstabfällen verfüllt (siehe Abb. 26). Der originäre Zugang ist im W zu vermuten, denn der Aushub der
Eintiefung liegt bis 69 cm ü. GOK als ausgedehnte
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
Halde mit einem Dm von 100 cm x 130 cm entlang
ihrer O-Hälfte.
301
chen und westlich der Unterbrechung auf 6 m L
nach SSO linear ausgebreitet. Eventuell handelt es
sich hier um einen dritten Zugang (C).
199/5
199/6
Eventuell teilversenkter Unterstand (Abb. 28).
Die WNW-OSO-orientierte langrechteckige Eintiefung besitzt eine L von 480 cm, eine B von 400 cm
und eine max. T von 90 cm. Der originäre Zugang
ist im S zu vermuten, da der Aushub der Eintiefung mit einer L von 1000 cm bis zu 13 cm ü. GOK
entlang ihrer N-Hälfte liegt. Die max. B der Halde
beträgt mittig 380 cm.
6.2.1.2 Grabensystem 1 (AKZ 5214,197)
Splitterschutzgraben mit winklig geführter Grabenstrecke, zwei gegenüberliegenden Zugängen
(A und B) und eventuell einem dritten Zugang im
S des Mittelabschnitts (C) (Abb. 25. 27. 36).
Der W-O-orientierte Graben besitzt eine L von
103 m (W-O-Ausdehnung 92 m). Die Grabensohle liegt zwischen 10 cm und 50 cm u. GOK. Sie
verläuft im O-Teil in etwa auf gleichbleibendem
Niveau und fällt im W zum Zugang hin ab. Die
Grabenstrecke ist in 13 geradlinige Schläge untergliedert, deren L 5–10 m, zumeist jedoch 10 m beträgt. Sie stoßen selten spitzwinklig (bei Zugang
B im O), manchmal annähernd rechtwinklig, aber
zumeist im stumpfen Winkel mit 20–35° aufeinander. Die recht- und spitzwinkligen Knickpunkte
sind abgerundet. Die Grabenenden sind gleichzeitig Zugänge (A und B). Der Abraum liegt beidseitig der Grabeneintiefung auf einer B von 2 m bis
4 m und zwischen 35 cm und 86 cm ü. GOK. Mittig
im Graben ist der Abraum auf 1,5 m L unterbro-
6.2.1.3 Grabensystem 2 (AKZ 5214,198)
Splitterschutzgraben mit winklig geführter Grabenstrecke, drei winklig geführten Abgängen (D,
F und H), fünf Grabenzugängen (A–B, E, G und J)
und eventuell einem Bombentreffer (C); Schnitte
3–5 (Abb. 27. 36–37).
Das W-O-orientierte Grabensystem besitzt eine L
von 380 m (W-O-Ausdehnung 196 m). Seine Sohle liegt zwischen 10 cm und 75 cm u. GOK. Die
Grabenstrecke ist in mindestens 37 annähernd
geradlinige Schläge mit je 5–11 m L gegliedert, die
überwiegend im stumpfen Winkel aufeinandertreffen. Die Grabenenden und -abgänge knicken
in rechtem und spitzem Winkel ab, wobei die
Verbindungspunkte abgerundet sind. Die Grabenöffnungen sind Zugänge (A–B). Der Abraum
liegt zumeist beidseitig des Grabens auf einer B
von 2 m bis 5 m zwischen 11 cm und 49 cm ü. GOK.
Lediglich das östliche Ende (B) läuft ohne seitlich
gelagerten Abraum aus. Zwei Abgänge schließen
im N an den Hauptgraben an jeweils 35 m von
den seitlichen Zugängen entfernt an. Sie besitzen
eine NNW-SSO-Ausdehnung von 33 m (D) bzw.
25 m (H). Etwa mittig des Hauptgrabens schließt
ein weiterer Abgang (F) mit einer NNW-SSO-Ausdehnung von 62 m an. Auch hier fehlt bei dem
geradlinigen Ende der begleitende Aushub. Die
nördlichen Grabteile bestehen aus 6 (D), 4 (H) und
vermutlich 6 (F) Schlägen, die eine durchschnittliche L von 8 m (D und H) bzw. 10 m (F) besitzen.
Die Sohle dieser Abschnitte fällt nach N hin ab.
Die Sohle des Hauptgrabens fällt jeweils zu den
nördlichen Zugängen hin ab. Die höchsten Punkte befinden sich im Bereich der Rückegasse und
etwa 25 m östlich des westlichsten Abschnittes (D).
Nahe seinem östlichen Ende wird der Hauptgraben durch eine rund-ovale Eintiefung ohne Halde
(C) mit einem Dm von 8 m und einer max. T von
59 cm u. GOK unterbrochen. Es handelt sich um
einen Bombentrichter.
Der anstehende Boden besteht im Profil (siehe
Abb. 37) von unten nach oben aus einem steinigen,
schluffig-tonigen und vergleyten Verwitterungs-
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
Teilversenkter Unterstand mit westlichem Zugangsbereich (Abb. 28).
Die NW-SO-orientierte langovale Eintiefung besitzt einen Dm von 300 cm x 400 cm und eine max.
T von 80 cm. Der originäre Zugang ist im NW zu
vermuten, denn der Aushub der Eintiefung bis
23 cm ü. GOK umschließt als Ringhalde die Eintiefung bis auf den NW. Die max. B der Halde befindet sich im S und beträgt 380 cm.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
302
Manuel Zeiler
horizont mit Fe-Linsen (Cv, Bef. 1), einem steinigen, bis zu 65 cm mächtigen schluffig-tonigen Verwitterungshorizont ohne Nässemerkmale (Cv, Bef.
2), einem bis 30 cm mächtigen schluffigen Unterboden (B, Bef. 10) und einem bis 12 cm mächtigen
Oberboden (Ah, Bef. 11). Letztere Schicht ist durch
die Auflage des Aushubs teilweise komprimiert
und dürfte zum Zeitpunkt der Anlage massiver
gewesen sein. Der Hauptgraben (Bef. 15 und 21)
wurde bis zum Beginn des Verwitterungshorizontes (Schnitt 3) bzw. deutlich in diesen eingetieft
(Schnitt 4). Den dabei entstandenen Abraum (Bef.
12–13 und 19) schichtete man beidseitig auf. Die
tiefer liegende Sohle (Schnitt 4) lag bereits in einem Grundwasser führenden Bereich und wurde
durch ein Rohr (Bef. 20) drainiert. Verbrochenes
Material (Bef. 18) sowie humoses Erdreich (Bef. 14)
bedeckte die Struktur nach Aufgabe des Grabens.
Der Graben (Bef. 17) des nördlichen Zugangs
(Schnitt 5) wurde nur in den nicht grundwasserbeeinflussten Horizont des Anstehenden (Bef. 2)
eingetieft. Sein ursprüngliches Profil ist nur noch
im Sohlenbereich vorhanden. Die Grabenwände sind verbrochen, wie der konkav-gestufte Böschungsverlauf aufzeigt. Die Sohle ist ca. 70 cm
breit und leicht wannenförmig mit tiefster Stelle
im westlichen Drittel. Die im W vorgelagerte tonig-schluffige Schicht mit wenigen Steinen und
einer Mächtigkeit von bis zu 30 cm (Bef. 16) belegt,
dass dort zunächst das Material der obersten Bodenhorizonte (Bef. 10–11) abgelegt wurde. Auf der
anderen Seite befindet sich abgegrabenes Erdreich
(Bef. 15) des steinigen Verwitterungshorizontes
(Bef. 2). Darüber liegt auf beiden Seiten steiniges,
bis zu 40 cm mächtiges Material (Bef. 12) der tieferen Bereiche (Bef. 2 und 10). Sohle und Abraum
wurden nach Aufgabe des Grabens mit einer humosen Schicht (Bef. 14) bedeckt.
Funde: Keramikrohr (Fund-Nr. 3).
6.2.1.4 Treibstofflager und Unterstand
(AKZ 5214,197)
Teilversenkter Unterstand mit östlich angesetzter
Eingangsflur sowie westlich vorgelagertem und
eingegrabenem Tank; Schnitte 1–2 (Abb. 31–33. 39).
Die NNW-SSO-orientierte rechteckige Eintiefung
ohne deutlichen Aushub am Rand besitzt eine L
von 450 cm, eine B von 280 cm und eine max. T
von 80 cm. Im NO schließt ein gestreckter Graben
an (Eingangsflur) mit einer L von 500 cm, einer
max. B von 80 cm und einer max. T von 50 cm.
Die Eingangsflur ist im Profil (Schnitt 1) als verfüllte Grabenstruktur (Bef. 5) mit ziegelausgekleideter
Sohle (Bef. 8) zu erkennen (siehe Abb. 39). Sie war
bis in den anstehenden Verwitterungshorizont
mit Gleymerkmalen und Fe-Linsen eingetieft (Cv,
Bef. 1), dem der anstehende Unterboden (B, Bef.
2) und ein reliktischer Oberboden (Ah, Bef. 3) aufliegen. Im S der Eingangsflur befindet sich eine
weitere kastenförmige Eintiefung, die bis in den
Unterboden eingebracht wurde und mit lockerem
Gestein des Anstehenden verfüllt ist (Bef. 4). An
beide Eintiefungen schließt einseitig wenig steinig-lockeres Aushubmaterial an (Bef. 6). Den Abschluss bildet der rezente Oberboden (Ah, Bef. 7).
Der obertägig unsichtbare Treibstofftank besitzt
eine B von mehr als 2,5 m sowie eine L von mehr
als 5 m. Er befindet sich an der W-Grenze des Unterstandes (Schnitt 2). Im Profil ist eine kastenförmige Eintiefung mit steilen Wänden zu erkennen,
die bis in den Unterboden (Bef. 2) eingebracht
wurde (siehe Abb. 39). In diese wurden Betonschwellen (Bef. 25) bzw. Ziegelmauerwerk (Bef.
24) als Gebäudefundamente eingebracht. Letzteres wurde allerdings beim Anlegen des Profils mit
dem Bagger disloziert, weswegen die ehemalige
Position von Bef. 24 nur noch grob auf den Bereich des südlichen Tankrandes bestimmt werden
kann. Abgegrabenes und steinig-lockeres Material
des Anstehenden grenzt die Eintiefung im N ab
bzw. verfüllt diese im O-Teil (Bef. 4). Der W-Teil
ist mit ebenfalls lockerem, aber lehmigerem und
weniger steinigerem Material verfüllt (Bef. 6). Der
rezente Oberboden bildet den Abschluss (Ah, Bef.
7). Zwischen dem Beton- (Bef. 25) und dem Ziegelfundament (Bef. 24) befindet sich eine Lücke
in dem der Treibstofftank (Bef. 23) in den anstehenden Verwitterungshorizont (Cv, Bef. 1) sowie in
das anstehende Gestein versenkt ist.
Funde: Glasfragmente (Fund-Nr. 1, 4); Teer (FundNr. 1); Maschinenbauteile (Fund-Nr. 2).
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
1
Stücke von Glasfluss und Teer.
Lage: Treibstofflager und Unterstand, Schnitt 2,
Bef. 7.
2
Stark korrodierte Maschinenbauteile, durchbohrt
mit festkorrodierten Schrauben, Eisen.
Lage: Treibstofflager und Unterstand, Schnitt 2,
Bef. 7.
3
Drainagerohr, Keramik (oxidierend und hart gebrannt); Dm 7,3 cm, erh. L 28 cm, St Wand 1,1 cm.
Lage: Grabensystem 2, Bef. 20.
4
Flaschenfragment, Glas (grün).
Lage: Treibstofflager und Unterstand, Lesefund
im Abraum.
6.3 Feldbefestigung von ArnsbergKapune, Hochsauerlandkreis
6.3.1 Befunde
6.3.1.1 Kampfgraben 1, Feldbefestigung 1
(AKZ 4514,59:01)
Kampfgraben mit Stichgräben/Schützenlöchern
bzw. MG-Stellungen (SG 1–7) und eventuell einer
Munitions- oder Schützennische; Schnitte 6 und 8
(Abb. 40. 43–46).
Der N-S-orientierte Kampfgraben mit mehrfach
gewinkelter Grabenführung und westlich angesetzten Stichgräben/Schützenlöchern bzw. MGStellungen (SG 1–7) besitzt eine L von 142 m. Die
erh. T beträgt 40–100 cm. Der Aushub befindet sich
größtenteils auf der W-Seite. Der Graben beginnt
im S auf Höhe von Unterstand 1 und endet im
N an einer natürlichen Geländekante, die steiler
nach N abfällt. Die Stichgräben/Schützenlöcher
bzw. MG-Stellungen sind W-O- bzw. SW-NO-aus-
gerichtet und reichen nach W 10–15 m über den
Kampfgraben hinaus. In zwei Fällen (SG 4 und SG
5) verzweigen die Stichgräben am W-Ende.
Die erh. T des Kampfgrabens beträgt max. 65 cm
bzw. 30 cm an den Enden der Abzweigungen für
einen Stichgraben (Schnitt 8).
Im Bereich des Ansatzpunktes von Stichgraben/
Schützenloch SG 4 (Schnitt 6) wurde der Kampfgraben bis in den anstehenden Verwitterungshorizont (Cv, Bef. 1018) bzw. bis in das Ausgangsgestein (C, Bef. 1012) steil mit teils flacher und teils
spitzer Sohle eingetieft (siehe Abb. 46). Die später
eingebrachte Verfüllung besteht aus schluffigsandigem Material des zuvor abgegrabenen Oberund Unterbodens sowie der Verwitterungsschicht
(Bef. 1026). Der Kampfgraben schneidet im W
eine muldenförmige Eintiefung, die von schluffigsandigem Material des Verwitterungshorizontes
(Cv, Bef. 1025) verfüllt ist. Diese wird von einem
Oberboden ohne fließenden Übergang zur Verfüllung bedeckt (Ah, Bef. 1001). Die Mulde stellt den
verfüllten Zugang zu Schützenloch SG 4 dar. Das
in den Kampfgraben verstürzte Material mehrerer
Haldenschichten des Grabenaushubs (Bef. 1028–
1030) wurde später während eines erneuten Aushebens des Grabens gekappt. Die zweite Grabenphase markiert die Untergrenze von Bef. 1027, der
einen deutlich flacheren Graben mit unregelmäßig muldenförmiger Sohle rekonstruieren lässt.
Dessen Verfüllung mit kompaktem und schluffigtonigem Erdreich (Bef. 1027) ist von einer dünnen
Humusschicht (Ah, Bef. 1001) bedeckt.
Funde: Knopf (Fund-Nr. 40); Bürstenfragment
(Fund-Nr. 41).
6.3.1.2 Archäologisch untersuchte Unterstände, Feldbefestigungen 1–3 (AKZ
4514,59:01–03)
Unterstand 1 (U1), Feldbefestigung 1
Versenkter Halbgruppenunterstand, eventuell mit
Eingangsflur (Gasschleuse); Schnitte 1–5 (Abb. 4.
40–43. 47–48).
Der SSW-NNO-orientierte Halbgruppenunterstand
besaß einen asymmetrisch im NO angesetzten
und NNW-SSO-orientierten Zugangsbereich, der
eventuell als Eingangsflur (Gasschleuse) ausgeführt war. Der Aushub der Eintiefung verteilt sich
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
6.2.2 Funde
303
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
304
Manuel Zeiler
in einer ungleichmäßigen Halde um die Geländedepression und überragt das Relief um 20–120 cm.
Die max. H der Halde befindet sich im S. Die B
der Halde ist im W mit 100 cm am geringsten und
im N sowie S mit max. 340 cm am größten. Der
Zugangsbereich wurde von der Halde im N ausgespart, wodurch der Befund ein schlüssellochförmiges Aussehen aufweist. Die max. erh. T des
Unterstandes beträgt 160 cm u. GOK 170 cm unter
Haldenunterkante.
Zum Bau des Unterstandes (Schnitte 2–5) wurde
eine gestufte Mulde von 3,7 m L unten und 5,4 m
oben angelegt (siehe Abb. 47). Dabei wurde der
ehemalige Oberboden (durch die Haldenauflage
im Profil als fAh erhalten, Bef. 1004) durchstoßen,
der fließend in den lockeren und schluffig-sandigen Unterboden (B, Bef. 1003 und 1016) übergeht.
Die Eintiefung reicht weiterhin durch den bis zu
1,2 m mächtigen, tonig-schluffigen Verwitterungshorizont des Anstehenden (Cv, Bef. 1002) bis auf
das anstehende Gestein (C, Bef. 1012). Dieses wurde annähernd leicht nach W ansteigend auf ein
Niveau von 320,82 m ü. NN bis 320,93 m ü. NN begradigt. Dadurch entstanden 5–22 cm breite lineare Anomalien (Bef. 1034–1035), die bogenförmig
in WSW-ONO-Richtung verlaufen und vermutlich
Abbruchkanten entfernter Gesteine darstellen.
Die Oberfläche des Anstehenden durchläuft weiterhin eine lineare, max. 3 cm mächtige, manganhaltige Struktur mit W-O-Ausrichtung, die sich im
O verzweigt (Bef. 1032).
Direkt auf dem Anstehenden liegen verkohlte Reste eines Dielenbodens (Bef. 1013), der im Profil
eine Ausdehnung von 3,4 m aufweist. Die Rückstände waren teilweise bereits verlagert bzw. entnommen. Die unverlagerten Fragmente lassen
eine Konstruktion aus stumpf aneinander gestoßenen Brettern rekonstruieren, die auf Kanthölzer genagelt wurden. Soweit feststellbar, handelt
es sich um Nadelholz. Die Stärke der Kanthölzer
beträgt 8–10 cm. Die Dielen besitzen eine B von
22–45 cm, zumeist aber 30 cm. Ihre Stärke beträgt
2,6–4,0 cm. In ungestörten Bereichen des Dielenbodens lässt sich rekonstruieren, dass die unterliegenden Kanthölzer parallel zur Schmalseite
und die Dielen darauf parallel zur Längsseite des
Unterstandes angeordnet waren. Insgesamt stammen 27 Funde aus diesem Bef., darunter zahlreiche Nägel, die teilweise noch in situ als Verbin-
dungselement angetroffen wurden (Fund-Nr. 8, 12,
17–18 und 26).
Der kanalartige Zugangsbereich (Schnitt 2) wurde mindestens bis zur Oberkante der anstehenden Verwitterungsschicht (Cv) abgetieft und weist
im W ein muldenförmiges Profil auf, während
die O-Wand steil ist. Dies lässt vermuten, dass
an dieser Stelle ein Holzausbau bestand, um die
steile Böschung zu stabilisieren. Er war aber zum
Grabungszeitpunkt nicht mehr erhalten. Der Zugangsbereich verfüllte sich nach dem Auflassen
mit Haldenmaterial.
Die unterste Verfüllschicht in der Mulde des
ehemaligen Unterstandes besteht aus schluffigtonigem Material (Bef. 1014) mit Korngrößen bis
8 cm Dm. Es dürfte sich wahrscheinlich um das
zuvor abgegrabene Material aus der anstehenden
Verwitterungsschicht handeln (Bef. 1002). Darin
eingebettet finden sich wenige W-O-orientierte
verkohlte Rundhölzer mit Dm zwischen 9 cm und
12 cm (Bef. 1036). Der darüberliegende Bereich
von Verfüllschichten besteht aus humoserem und
schluffig-tonigem Material kleinerer Korngrößen
(Bef. 1007 und 1011), welches ebenfalls noch auf
dem fossilen Oberboden (Bef. 1004) aufliegt. Es ist
damit als Haldenmaterial anzusprechen ist, das
nachträglich in den Hohlraum des ehemaligen
Unterstandes floss. Das lockere Material ist stark
durchwurzelt und weist zahlreiche Tiergänge auf.
Der dünne Oberboden (Ah, Bef. 1001) bedeckt den
gesamten Bereich als oberste Schicht.
Funde: Flachfeile (Fund-Nr. 1); Keramikscherben
(Fund-Nr. 2 und 33); Gesteinsproben (Fund-Nr.
3 und 30); Glasscherben (Fund-Nr. 4, 6, 9, 12, 31
und 37–38); Holzkohlestücke (Fund-Nr. 5 und 10);
Drahtstifte (Fund-Nr. 6, 8, 11–12, 19–21, 26 und
35); Dielen (Fund-Nr. 7, 14–18, 32 und 36); Nagel
(Fund-Nr. 12); Kantholz (Fund-Nr. 13); Splinte
(Fund-Nr. 22); Glasflasche (Fund-Nr. 27); EisenLeder-Fragment (Fund-Nr. 39).
Unterstand 2 (U2), Feldbefestigung 1
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 1 (Abb. 43).
Der Unterstand besitzt eine L von 9 m und eine B
von 7,5 m. Die Bohrung reichte bis 55 cm u. GOK
und erfasste vier Verwitterungshorizonte des
Anstehenden ab 43 cm u. GOK (CvI–IV), die sich
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
Unterstand 4 (U4), Feldbefestigung 1
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 4 (Abb. 43).
Der Unterstand besitzt eine L von 11 m und eine B
von 10 m. Die Bohrung reichte bis 68 cm u. GOK
und erfasste einen Verwitterungshorizont des Anstehenden ab 56 cm u. GOK (CvIV). Eine schmale
Holzkohleschicht von 1 cm Stärke des mutmaßlichen Dielenbodens liegt bei 55–56 cm u. GOK
direkt auf dem Anstehenden (MIII, Fund-Nr. 29),
worüber sich drei Schichten schluffig-sandiges
bzw. schluffig-toniges und verlagertes Material
des ehemaligen Unterbodens und Verwitterungshorizontes (Cv und B) bis in eine T von 26 cm bis
55 cm u. GOK anschließt (M und V–VI). Bei 37 cm
u. GOK wurde erneut Holzkohle angetroffen, die
aufgrund ihrer Erhaltung nicht verprobt wurde.
Über den M-Schichten befindet sich der aufliegende Wald-/Oberboden (Ol/Ah).
Funde: Glasflasche (Fund-Nr. 28).
Unterstand 6 (U6), Feldbefestigung 1
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 2 (Abb. 43).
Der Unterstand besitzt eine L von 10,5 m und eine
B von 9,5 m. Die Bohrung reichte bis 69 cm u. GOK
und erfasste einen Verwitterungshorizont des Anstehenden ab 52 cm u. GOK (CvIV). Eine schmale
Holzkohleschicht des mutmaßlichen Dielenbodens dieses Unterstandes liegt bei 52 cm u. GOK
direkt auf dem Anstehenden (MIII, Fund-Nr. 24),
worüber verlagertes Material des ehemaligen Verwitterungshorizontes (Cv) bis in eine T von 38 cm
u. GOK anschließt (MII). Darüber befindet sich
der aufliegende Wald-/Oberboden (Ol/Ah).
Unterstand 8 (U8), Feldbefestigung 1
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 5 (Abb. 43).
Der Unterstand besitzt eine L von 9 m und eine
B von 7 m. Die Bohrung reichte bis 34 cm u. GOK
und erfasste zwei Verwitterungshorizonte des
Anstehenden ab 24 cm u. GOK (CvIII–IV). Eine
schmale Holzkohleschicht des mutmaßlichen
Dielenbodens dieses Unterstandes liegt bei 24 cm
u. GOK direkt auf dem Anstehenden (MIII), worüber verlagertes Material des ehemaligen Verwitterungshorizontes (Cv) bis in eine T von 19 cm
u. GOK anschließt (MII). Darüber befindet sich
der aufliegende Wald-/Oberboden (Ol/Ah).
Unterstand 9 (U9), Feldbefestigung 1
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 3 (Abb. 43).
Der Unterstand besitzt eine L von 11 m und eine
B 9,5 m. Die Bohrung reichte bis 72 cm u. GOK
und erfasste zwei Verwitterungshorizonte des
Anstehenden ab 60 cm u. GOK (CvIII–IV), die sich
in Trocknungsgrad und Kompaktheit unterscheiden (beides nach unten hin zunehmend). Im Gegensatz zu den anderen Unterständen findet sich
oberhalb des Anstehenden nicht direkt die schmale Holzkohleschicht des mutmaßlichen Dielenbodens. Diese befindet sich vielmehr auf einer
sandig-schluffigen Schicht verlagerten Materials
des Verwitterungshorizontes (Cv gleichzusetzen
mit MIV), die bei 50 cm u. GOK angetroffen wurde.
Der verbrannte Dielenboden dieses Unterstandes
liegt somit bei 50 cm u. GOK (MIII, Fund-Nr. 25),
worüber verlagertes Material des ehemaligen Verwitterungshorizontes (Cv) bis in eine T von 39 cm
u. GOK anschließt (MI). Darüber befindet sich der
aufliegende Wald-/Oberboden (Ol/Ah).
Unterstand 13 (U13), Feldbefestigung 3
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 7 (Abb. 40).
Der Unterstand besitzt eine L von 15 m und eine B
von 8,7 m. Die Bohrung reichte bis 19 cm u. GOK
und erfasste zwei Verwitterungshorizonte des Anstehenden ab 11 cm u. GOK (CvIII–IV). Auf dem
Anstehenden befindet sich direkt der aufliegende
Wald-/Oberboden (Ol/Ah).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
lediglich durch Tongehalt und Lockerheit unterscheiden. Eine schmale Holzkohleschicht des mutmaßlichen Dielenbodens liegt bei 43 cm u. GOK
direkt auf dem Anstehenden (MIII, Fund-Nr. 23),
worüber schluffig-sandiges und verlagertes Material des ehemaligen Verwitterungshorizontes
bis in eine T von 40 cm u. GOK anschließt (M II).
Darüber befindet sich bis 36 cm u. GOK schluffigtoniges Material mit Steinen der Korngrößen bis
2 cm Dm (MI). Die oberste Schicht bildet der aufliegende Wald-/Oberboden (Ol/Ah).
305
306
Manuel Zeiler
Unterstand 18 (U18), Feldbefestigung 2
6
Versenkter Halbgruppenunterstand mit Eingangsflur (Gasschleuse); Bohrung-Nr. 6 (Abb. 40).
Der Unterstand besitzt eine L von 10 m und eine
B von 15 m. Die Bohrung reichte bis 89 cm u. GOK
und erfasste drei Verwitterungshorizonte des Anstehenden ab 71 cm u. GOK (CvI und III–IV). Auf
dem Anstehenden befindet sich eine Bodenschicht
bis in 53 cm u. GOK, die gemeinsame Merkmale
der Kulturschichten MI und MII zeigt. In diesem Tiefenbereich wurde die Holzkohleschicht
des mutmaßlichen Dielenbodens erwartet, aber
nicht angetroffen. Über der Mischschicht liegt
wieder verlagertes Material des ehemaligen Verwitterungshorizontes (Cv) bis in eine T von 48 cm
u. GOK (MI), worüber der aufliegende Wald-/
Oberboden (Ol/Ah) anschließt.
Funde: 2 Porzellanscherben (Fund-Nr. 34).
Scherbe, Glas; Drahtstifte, Eisen.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011.
7
2 Dielenfragmente, Holz (teilverkohlt).
Lage: Unterstand 1 auf Bef. 1012.
8
Drahtstift, Eisen.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (senkrecht im Holz
steckend).
9
3 Scherben, Glas (klar).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1014 (flach im Bef. liegend).
6.3.2 Funde
1
10
Flachfeile, Eisen (ankorrodierte Holzfragmente
des Dielenbodens).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011 (flach im Bef. liegend).
3 Holzkohleproben (teilverkohlt).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (entnommen aus
Fund-Nr. 5).
11
2
3 Scherben, Keramik (Steinzeugbecherfragmente).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011 (schräg im Bef. liegend).
Drahtstift, Eisen.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011 (flach im Bef. liegend).
12
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
3
Gesteinsprobe, Limonit.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011 (auf Bef. 1002).
Scherbe, Glas; Nagel, Eisen; Drahtstift, Eisen.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011 (auf dem Dielenboden liegend).
4
13
3 Scherben, Glas (klar, grün).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011.
Kantholz.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend).
5
3 Stück Holzkohle.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013.
Fundplätze des Zweiten Weltkrieges in Burbach und Arnsberg
14
22
Diele, Holz (teilverkohlt, Kantholz).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend,
N-S-Ausrichtung).
3 Splinte, Kunststoff?
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend).
15
26
Dielenbrett, Holz (teilverkohlt, St ca. 3 cm).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend,
N-S-Ausrichtung).
Drahtstift, Eisen (Holzfragmente an Nagel korrodiert).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (senkrecht im Holz
steckend).
307
16
Dielenbrett, Holz (teilverkohlt, St ca. 3 cm).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend,
N-S-Ausrichtung).
27
Flasche, Glas (klar).
Lage: Unterstand 1, Sammelfund Oberfläche.
17
28
Dielenbrett, Holz (teilverkohlt, St ca. 3 cm).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend,
O-W-Ausrichtung).
Flasche, Glas (grün).
Lage: Unterstand 4, Sammelfund Oberfläche.
30
18
Dielenbrett, Holz (teilverkohlt, St ca. 3 cm).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend,
O-W-Ausrichtung).
Gesteinsprobe (manganhaltig?).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1012.
31
19
3 Drahtstifte, Eisen (fragmentiert).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend).
Scherbe, Glas (grün).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1011/1001 (flach im Bef.
liegend).
20
2 Drahtstifte, Eisen (fragmentiert).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend).
Diele, Holz (teilverkohlt, Rundholz).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend,
N-S-Ausrichtung).
33
21
Drahtstift, Eisen.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (senkrecht im Holz
steckend).
Scherbe, Keramik (Steinzeug, eventuell zu FundNr. 2 gehörend).
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach im Bef. liegend).
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
32
308
Manuel Zeiler
34
2 Scherben, Porzellan (Fragmente einer Tasse).
Lage: Unterstand 18, Sammelfund Oberfläche.
35
Drahtstift, Eisen.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach liegend).
36
Dielenfragment, Holz.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach liegend).
37
Scherbe, Glas.
Lage: Unterstand 1, Bef. 1013 (flach liegend).
38
Flaschenhals, Glas (geschmolzen).
Lage: Unterstand 1, Sammelfund Abraum.
39
Eisen-Leder-Fragment.
Lage: Unterstand 1, Sammelfund Abraum.
40
Knopf, Metall (Uniformknopf?).
Lage: Kampfgraben 1, Sondenfund.
Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 13
41
Bürstenfragment, Metall.
Lage: Kampfgraben 1, Sondenfund.