Gut vernetzt bei Veranstaltungen:
Technik und Lösungen
Konferenzen, Kongresse und Tagungen ermöglichen
Menschen, auch außerhalb ihres eigenen Arbeitsfelds
neue Kontakte für innovative Kooperationen zu knüpfen.
Durch empirische Netzwerkanalysen konnte jedoch gezeigt werden, dass sich Teilnehmer von Veranstaltungen
nicht so vernetzen, wie sie das gerne hätten.
In diesem Beitrag erfahren Sie:
warum Veranstaltungen auch im digitalen Zeitalter
wichtige Katalysatoren von Innovationen sind,
wie sich Teilnehmer bei Veranstaltungen (versuchen zu) vernetzen,
wie man Teilnehmer und Veranstalter dabei
unterstützen kann.
LUKAS ZENK, FLORIAN WINDHAGER UND MICHAEL SMUC
Veranstaltungen
4353.01.01 – © Symposion Publishing
Eine typische Situation bei Veranstaltungen
Viele Menschen nehmen an Veranstaltungen teil, um neue Personen
kennenzulernen und sich mit anderen zu vernetzen. Ausgestattet mit
einem Namensschild und einer Mappe voller Informationsblätter
beginnt die Reise in eine Konferenz. Wenn man noch niemanden
kennt, ist der Weg zum Kaffee bereits vorprogrammiert und mit der
Tasse in der Hand beginnt die Suche nach interessanten Kontakten.
Doch wen spricht man an? Die anderen Teilnehmer sind ebenfalls nur
mit Namensschildern ausgestattet, die man aus der Ferne nicht lesen
kann. Und das Äußere alleine verrät noch nicht, wer ein interessanter
Gesprächspartner werden könnte. Um anderen Personen nicht zu zei-
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
gen, dass man keine Gesprächspartner findet, beginnen oftmals sozial
akzeptierte Ersatzhandlungen: Man liest die Informationsblätter, trinkt
Kaffee und auch die Beschäftigung mit dem Handy erweckt den Anschein produktiver Zeitnutzung. Währenddessen blickt man durch den
Raum, um mögliche Vernetzungsoptionen rechtzeitig identifizieren zu
können. Leider stehen bereits einige Gesprächsgruppen zusammen, zu
denen man sich meist nicht so einfach dazugesellen kann, ohne einen
spezifischen Grund anzugeben. Die Freude ist groß, wenn man nach
einer gefühlten Ewigkeit ein bekanntes Gesicht entdeckt und sich endlich unterhalten kann. Mit etwas Glück lernt man etwas später auch
einen Bekannten des Bekannten kennen. Somit entsteht eine weitere
kleine Gesprächsgruppe von bekannten und sich ähnlichen Personen,
die in weiterer Folge nur in Ausnahmefällen von Unbekannten angesprochen werden. Und am Ende der Konferenz bemerkt man, dass
man die meisten Gesprächspartner eigentlich bereits gekannt und nur
wenige neue Kontakte erschlossen hat. Vor diesem Hintergrund stellen
sich die Fragen: Warum werden überhaupt Veranstaltungen organisiert? Und warum werden diese trotz der erwähnten Schwierigkeiten
auch im digitalen Zeitalter weiterhin besucht?
Das Forschungsprojekt »Event Network Advancement«
Das Ziel des angewandten dreijährigen Forschungsprojekts »Event Network
Advancement« ist, Teilnehmer von Veranstaltungen bei ihrer Vernetzung zu
unterstützen. Damit werden nicht nur grundlegende wissenschaftliche Fragestellungen im Bereich der Sozialen Netzwerkanalyse untersucht, sondern es werden
vor allem auch neue kommunikative und technische Anwendungen zusammen
mit Unternehmenspartnern entwickelt. Im Zentrum des Forschungsprojektes
stehen zwei Bereiche: Innovative Technologien, um kommunikative Prozesse zu
unterstützen, sowie integrative Veranstaltungsdesigns, um Teilnehmer zu ermöglichen, ihr Wissen effizienter auszutauschen.
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
Der Nutzen von Veranstaltungen
Der zeitliche und finanzielle Aufwand von Veranstaltungen wie Konferenzen, Kongressen und Tagungen ist, vor allem im internationalen
Kontext, sowohl für Veranstalter als auch Teilnehmer hoch. Prinzipiell
könnten Vorträge über elektronische Wege angeboten werden und
über Social Media-Plattformen könnten sich Menschen ebenfalls vernetzen. Dennoch steigt die Zahl der Veranstaltungen, bei denen sich
Menschen vor Ort begegnen können, weiterhin an und die ICCA
(International Congress and Convention Association) schätzt, dass
weltweit regelmäßig etwa 21.000 Veranstaltungen außerhalb von
Unternehmen durchgeführt werden [1]. Der höchste Anteil der Meetings nach Ländern findet in den USA, Deutschland und Spanien statt,
die meistbesuchte Konferenzstadt der Welt ist seit 2005 Wien, gefolgt
von Paris und Barcelona.
Alleine im Jahr 2011 nahmen mehr als fünf Millionen Menschen an
Konferenzen teil, die durchschnittlich vier Tage dauerten und 460
USD pro TeilnehmerIn kosteten. Laut ICCA werden Veranstaltungen
vor allem aus drei Gründen organisiert [2]:
1. Die meisten internationalen Vereinigungen unterliegen einer gesetzlichen Pflicht, sich regelmäßig zu treffen, und veranstalten daher
für ihre Mitglieder Kongresse.
2. Die zunehmende wirtschaftliche Stärke von bestimmten Regionen
(vor allem Asien und Lateinamerika, aber auch Afrika und dem
Mittleren Osten) fördert auch abseits der bereits etablierten Kongressländer die Durchführung von zusätzlichen Veranstaltungen.
3. Die immer schneller werdende Ausweitung von Innovationen erfordert mehr Veranstaltungen, um wissenschaftliches, medizinisches
und technologisches Wissen weiterzugeben und zu entwickeln.
Die Anzahl von realen Veranstaltungen steigt also auch im digitalen
Zeitalter weiterhin an. Als Treiber für Kommunikation, Weiterbildung
und Innovation fördern und ermöglichen sie die Anbahnung inter-
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
nationaler Kooperationen sowie das Wirtschaftswachstum und den
Innovationsgrad von ganzen Regionen. Dennoch fällt es vielen von
uns schwer, Menschen, die wir nicht kennen, anzusprechen, um die
Potenziale neuer innovativer Kooperationen zu realisieren. Warum sind
viele Teilnehmer von Konferenzen es nicht gewohnt, sich mit anderen
zu vernetzen?
Das Verhalten in Organisationen und während Veranstaltungen
Das Leben in modernen Gesellschaften ist durch Organisationen geprägt. »Die meisten Menschen werden in Organisationen geboren und
in Organisationen ausgebildet, sie arbeiten in Organisationen, verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit in Organisationen, und schließlich
sterben sie in Organisationen und werden von Organisationen zu Grabe getragen« [3]. Innerhalb dieser organisationalen Grenzen befinden
sich Mitarbeiter meist an einem bestimmten Arbeitsplatz, arbeiten
längerfristig mit ihnen bekannten Kollegen zusammen und sind in
eine hierarchische Struktur eingegliedert. Abgesehen von bestimmten
Berufssparten, wie beispielsweise im Verkauf oder in der Beratung,
werden nur selten gänzlich neue Kontakte geknüpft und wir bewegen
uns in bekannten Kreisen.
Bei Veranstaltungen werden nun völlig andere Kompetenzen und
Verhaltensweisen als in Organisationen benötigt, da Veranstaltungen
ganz anders strukturiert sind als der typische Arbeitsalltag: Die Teilnehmer haben keinen fixen Arbeitsplatz, die meisten anderen Personen
sind ihnen unbekannt und sie befinden sich in einer heterarchischen,
also einer gleichberechtigten, Struktur, in der prinzipiell jeder mit jedem Kontakt aufnehmen kann. In dieser Situation, die noch dazu nur
einige Tage dauert, sollen die Teilnehmer ihre gewohnten Verhaltensweisen plötzlich verändern und ihnen unbekannte Menschen ansprechen. Zumindest erheben Veranstalter und Teilnehmer implizit diesen
Anspruch, wenn beim Buffet das »Netzwerken« beginnen soll. Aber
was passiert tatsächlich, wenn sich Menschen vernetzen wollen?
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
Die soziale Netzwerkanalyse der Vernetzung
Netzwerke von Veranstaltungen
Es werden weltweit unzählige Veranstaltungen organisiert, die unterschiedlichste Ziele verfolgen. Von wissenschaftlichen Konferenzen, bei
denen zumeist Vorträge abgehalten werden, bis hin zu Messen und
Ausstellungen, bei denen Produkte gezeigt werden, kommen Menschen aus unterschiedlichen Gründen an einem gemeinsamen Ort zusammen. In den letzten Jahren wurden auch diverse Formen der sogenannten »Unkonferenzen« populär (z.B. Open Space, World Cafe oder
Barcamp), bei denen das Programm nicht von einem Veranstaltungsteam geplant, sondern von den Teilnehmern selbst organisiert wird.
Diese Veranstaltungen folgen einer gewissen Struktur (z.B. wechselt
man bei World Cafes zu bestimmten Zeitpunkten den Tisch, um mit
unterschiedlichen Personen über ausgewählte Themen zu diskutieren).
Aber auch während klassischen Veranstaltungen mit Vorträgen
plant man gerne längere Pausen ein, damit sich die Teilnehmer selbst
vernetzen können. Oder es werden sogar eigene Veranstaltungen organisiert, in denen, außer einem Buffet und einem zeitlichen Rahmen,
kein Ablauf vorgegeben wird. Um dabei auftretende Verhaltensmuster
besser zu verstehen, wurde an der Columbia University in New York
ein Networking-Event veranstaltet. Von den etwa 100 eingeladenen
Geschäftsleuten gaben 95% an, dass der Grund ihrer Teilnahme ist,
ihnen unbekannte Personen kennenzulernen [4].
An einem Freitagabend kamen die geladenen Gäste für eineinhalb
Stunden in einem Saal zusammen, in dem ein Buffet und eine Bar
bereitgestellt waren. Um zu untersuchen, wer mit wem spricht, wurde
jeder Person ein elektronisches Gerät angesteckt, um die tatsächliche
Kommunikation über die Zeit zu erfassen. Die Teilnehmer bekamen
die Anweisung: «Act normally. Talk to whomever you want to, while
enjoying food and drinks.«
Während dieser Zeit wurden etwa 5000 Interaktionen zwischen
Gesprächspartner aufgezeichnet, die zeigten, wie sich Menschen tat-
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
sächlich über die Zeit vernetzten (siehe Abb. 1). In dieser Abbildung
sind die teilnehmenden Frauen durch Vierecke und die Männer durch
Kreise dargestellt. Eine dicke Linie visualisiert ein aktuelles Gespräch
zwischen den Personen, eine dünne Linie zeigt, dass sie bereits an diesem Abend miteinander gesprochen haben.
Abb. 1:
Visualisierung des dynamischen Netzwerks, wer mit wem kommuniziert
(http://www.columbia.edu/~pi17/party.html)
Soziale Mechanismen bei Veranstaltungen
Auf Grundlage der angegebenen Ziele der Gäste nahm man an, dass
sich eine große Zahl von Teilnehmern mit vielen neuen Kontakten
vernetzen würde, um Geschäftsideen zu diskutieren oder langfristig
zu kooperieren. Entgegen dieser Annahme und der Erwartung der
Gäste sprachen die Teilnehmer jedoch nicht hauptsächlich mit ihnen
unbekannten Personen: Von den durchschnittlich 14 Gesprächspartnern waren die Hälfte Personen, die sie bereits vor der Veranstaltung
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
kannten. Es konnte gezeigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit etwa
100% höher ist, mit jemanden zu sprechen, den man bereits vor der
Veranstaltung kannte und angab ihn zu mögen. Wenn man diese Person kannte und vor dem Event angab sie »sehr zu mögen« erhöhte sich
die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion sogar um 200%. Obwohl,
oder gerade weil, die Teilnehmer frei waren zu entscheiden, mit wem
sie kommunizierten, tendierten sie dazu, bereits bekannte Gesprächspartner aufzusuchen.
Um die soziale Distanz zu fremden Menschen zu überbrücken,
interagieren oft Personen, die sich einander ähnlich sind. Auf Basis
einer Vielzahl anderer Netzwerkstudien wurde daher angenommen,
dass Teilnehmer mit z.B. gleicher Ausbildung oder Beruf eher miteinander kommunizierten als Teilnehmer mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen. Da die Teilnehmer jedoch in diesem Kontext
nicht erkennen konnten, wer welchem Beruf nachgeht, war das kein
Grund einer Kontaktaufnahme. Die Forscher erhoben jedoch auch
sichtbare Ähnlichkeiten wie Geschlecht, Ethnie und Attraktivität –
und diese Attribute zeigten tatsächlich einen Effekt bei der Vernetzung.
Bei sozialen Netzwerkanalysen [5] untersucht man aber nicht
nur direkte Beziehungen zwischen zwei, sondern auch zwischen drei
Menschen. Und so ging man der Frage nach, ob zwei Teilnehmer eher
miteinander kommunizierten, wenn sie einen gemeinsamen Bekannten hatten. Es wurde gemessen, ob zwei Personen, die bereits vor der
Veranstaltung einen gemeinsamen Bekannten hatten, eher miteinander sprachen als zwei Personen, die keinen gemeinsamen Bekannten
hatten. Interessanterweise war das nicht der Fall: Ein gemeinsamer
Bekannter vor der Veranstaltung hatte keinen signifikanten Einfluss
darauf, dass zwei Menschen miteinander kommunizierten. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Teilnehmer einfach nicht erkennen
konnten, wer gemeinsame Bekannte hatte. Wenn zwei Personen jedoch
während der Konferenz mit einer gemeinsamen Person kommunizierten, änderte sich ihr Kommunikationsverhalten signifikant. So
kommunizierte beispielsweise Person A mit Person B und zu einem
späteren Zeitpunkt kommunizierte Person C mit Person B. Durch den
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
gemeinsamen Kommunikationspartner (Person B), erhöhte sich die
Wahrscheinlichkeit um 400%, dass Person A und C anschließend miteinander sprachen.
Zusammengefasst konnte also gezeigt werden, dass die Vernetzung
selbst bei Networking-Events nicht in der erwarteten Form stattfindet.
Tendenziell sprechen Personen eher mit Personen, die sie bereits kennen und auch mögen. Unbekannte Personen verbinden sich eher mit
Personen, die sichtbare Ähnlichkeiten aufweisen oder bereits mit einer
bekannten Person gesprochen haben. Wie kann man nun Veranstaltungen organisieren und Technologien entwickeln, um Teilnehmer bei
der anspruchsvollen Aufgabe der Vernetzung gezielt zu unterstützen?
Unterstützungen bei Veranstaltungen
Ein integratives Konzept
Um Teilnehmer dabei zu unterstützen, in diesem interaktiven sozialen
Ozean einer Veranstaltung die passenden Inseln anzusteuern, ist ein
integrativer Ansatz notwendig, der architektonische, technologische
und soziale Aspekte für Events sinnvoll kombiniert. In diesem Kontext
entwickelt das interdiszipinäre Team des Forschungsprojekts »Event
Network Advancement« [6] unterstützende Lösungen auf mehreren
Ebenen: Zunächst erhebt man mit Blick auf die Art des Events, was
Teilnehmer erwarten und was Veranstalter erreichen wollen. Auf dieser
Basis können passende Technologien ausgewählt, sowie soziale Formate
und Räume gestaltet werden, welche die Durchführung einer Veranstaltung bereichern und die individuelle Zielerreichung unterstützen
(siehe Abb. 2).
Um Events im gesamten zeitlichen Kontext zu verstehen, erfolgt
eine Unterteilung in drei Phasen: die Vor-Event-Phase, die operative
Haupt-Event-Phase und die Nach-Event-Phase. Da Veranstaltungen
in der Hauptphase zur sozialen Überforderung der Teilnehmer neigen,
berücksichtigt man auch die Phasen vor und nach dem Event. Um die
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
verschiedenen Aspekte zu integrieren, werden der virtuelle und der reale Raum für Events auf neue Art gestaltet.
Ö Webtool: Der »Virtual Event Explorer« ist ein Webtool, das Teilnehmern in allen Event-Phasen mit personalisierter Information
über mögliche Kontakte, zeitliche Abläufe und räumliche Konstellationen versorgt.
Ö Raumgestaltung: Der »Enabling Event Space« [7] integriert während der Hauptphase architektonische, technologische und soziale
Gestaltungsoptionen.
Abb. 2:
Unterstützung von Events in drei Phasen
Durch das Webtool werden bereits vor der Veranstaltung die fachlichen
Interessen der Teilnehmer erhoben. Ähnlich wie bei Empfehlungen
in Online-Shops wird anschließend visualisiert, welche Teilnehmer an
ähnlichen Themen interessiert sind. So können sich die Teilnehmer
bereits vor der Veranstaltung kontaktieren. Auch während des Events
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
empfiehlt das Webtool interessante Kontakte sowie zu den angegebenen Interessen passende Vorträge und Vortragsräume. Nach dem Event
können relevante Dokumentationen wie beispielsweise die Vortragsfolien bereitgestellt werden. Das Webtool ermöglicht also eine individuelle Erkundung von potenziellen Gesprächspartner und Vorträgen.
Dadurch soll den Teilnehmern unter anderem gezeigt werden, wer
ähnliches oder komplementäres Wissen hat, um dadurch das vorhandene Kommunikationspotenzial realisieren zu können.
Die Raumgestaltung soll nun den Teilnehmern die tatsächliche
Interaktion ermöglichen. Abhängig von der Art des Events werden
durch architektonische, technologische und soziale Maßnahmen die
vor Ort passenden Rahmenbedingungen geboten. Auf Basis einer Vielzahl von Interviews untersuchte das Forschungsteam, aus welchem
Grund Personen an einer bestimmten Veranstaltung teilnehmen. Es
wurden essenzielle Faktoren identifiziert (u.a. »sich informieren», »sich
inspirieren lassen», »sich vernetzen»), um ein spezifisches Profil der Veranstaltung zu erhalten. Diesem Profil entsprechend können nun passende soziale Formate (z.B. World Cafe für Vernetzungen) und räumliche Gegebenheiten (z.B. runde Stehtische mit Flipcharts bei World
Cafes) empfohlen werden.
Dieses integrative Konzept soll sowohl unerfahrenen, wie auch arrivierten Teilnehmern eine aktivere Teilnahme ermöglichen. Im Rahmen
des Projekts entwickelt das Forschungsteam für diesen Zweck Konzepte und Technologien, um sie bei unterschiedlichen Veranstaltungen
anzuwenden und zu untersuchen.
Erste Anwendungen
Um die Konzepte in der Praxis anzuwenden, wurde im Oktober 2012
eine Konferenz im Wiener Rathaus mit dem ersten Prototypen des
Webtools durchgeführt. Im Rahmen der Anmeldung wurden die fachlichen Interessen von rund 200 Teilnehmern des Events erhoben, um
vor Ort das Netzwerk von Personen mit den ähnlichsten Interessen
darzustellen und interaktiv zu erkunden. Dadurch konnten die Teil-
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
nehmer bereits im Eingangsbereich einen Überblick von interessanten
Gesprächspartner erhalten.
Im April 2013 kam die nächste Version des Webtools bei den praxisnahen Wissensmanagement-Tagen an der Universität Krems zum
Einsatz [8]. Die rund 150 Teilnehmer konnten diesmal bereits eine
Woche vor der Veranstaltung sehen, welche Personen für sie interessant sein könnten und diese über elektronische Wege anschreiben.
Während der Veranstaltung gab es zudem einen großen interaktiven
Monitor, der das Webtool auf einer Diagonale von fast zwei Metern
darstellte. Durch kleine NFC-Chips auf den Namensschildern konnten sich die Teilnehmer vor diesem Monitor mit einer einfachen Handbewegung einloggen. Das Webtool integrierte vier verschiedene Perspektiven, um sich bei der Veranstaltung besser orientieren zu können.
In der Netzwerk-Übersicht (siehe Abb. 3) sind die Teilnehmer als
Kreise dargestellt, die durch eine Linie verbunden sind, wenn sie ähnliche Interessen haben. Somit kann man nicht nur die empfohlenen
Personen identifizieren, sondern es werden auch die potenziellen Vernetzungen angezeigt. Mit einem Klick auf die Person kann man dessen
Abb. 3:
Netzwerkübersicht. Das Interessensnetzwerk der Teilnehmer (die Namen sind aus
Datenschutzgründen anonymisiert).
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
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Abb. 4:
Wissenslandkarte. Die Größe der Rechtecke zeigt an, wie viele Personen an diesem Thema interessiert sind.
Durch farbliche Markierungen werden Vorträge empfohlen und Details angezeigt.
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
Abb. 5:
Die Vernetzung bei Veranstaltungen
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Abb. 6:
Raumplan. Je dunkler ein Raum angezeigt wird, desto besser passen die Vorträge zum Interessensprofil der registrierten Person.
Die Vernetzung bei Veranstaltungen
Interessen in der Info-Box auf der rechten Seite aufrufen und die Personen mittels Kontaktformular anschreiben.
Die Wissenslandkarte (siehe Abb. 4) zeigt an, wie viele Teilnehmer
die jeweiligen Interessen angegeben haben. Je größer ein Rechteck
dargestellt ist, desto mehr Personen haben dieses Interesse angegeben. Dadurch kann man mit einem Blick sehen, an welchen Themen
die meisten Teilnehmer interessiert sind. Diese Information kommt
auch den Vortragenden zugute, um bei ihren Präsentationen ihr Zielpublikum direkt ansprechen zu können, sowie den Veranstaltern, die
bereits vorweg die voraussichtlichen Raumbelegungen planen können.
Mit einem Klick kann man sich desweiteren anzeigen lassen, welche
Personen dieses Interesse angegeben haben bzw. welche Vorträge diese
Themen behandeln.
Der Zeitplan (siehe Abb. 5) stellt die Vorträge der Konferenz im
Zeitverlauf dar. Eine personalisierte Ansicht zeigt über eine Farbcodierung an (hier in Graustufen), welche Vorträge besonders gut zum
Interessensprofil einer Person passen. Durch die Auswahl einzelner
Vorträge können Detail-Informationen in der Info-Box abgerufen werden und über die Suchleiste können Vorträge zu bestimmten Themen
gefunden werden.
Der Raumplan (siehe Abb. 6) zeigt die Landkarte mit den wichtigsten Vortragsräumlichkeiten an. So wie bei den anderen Perspektiven
werden auch hier Empfehlungen farblich markiert. Mit einem Klick
wird in der Info-Box angezeigt, welche Vorträge in diesem Raum stattfinden.
Eine Evaluation des Webtools durch Teilnehmer ergab einen überwiegend zufriedenen bzw. eher zufriedenen Eindruck und es wurde in
mündlichen Feedbacks viel Potenzial für die weitere Anwendung attestiert. Insgesamt konnten 23 Personen detailliert zur Nutzung des Webtools befragt werden. Die Hälfte der Befragten nutzten das Webtool
bereits vor der Konferenz. Während des Events nutzten die Teilnehmer am häufigsten die Netzwerkübersicht (Abb. 3) und den Zeitplan
(Abb. 5). Auch nach der Konferenz nutzten die Teilnehmer weiterhin
das Webtool, um andere Teilnehmer zu kontaktieren. Die Evaluation
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
ermöglichte die Dokumentation umfangreicher Verbesserungsvorschläge, die in der nächsten Version implementiert werden, u.a. die Optimierung der visuellen Gestaltung und die Frage, wie die identifizierten
Personen im realen Raum leichter aufgefunden werden können.
Literatur
[1]
International Congress and Convention Association. Statistics Report 2002-2011. Abstract for
international associations, press, universities, students and consultants.
URL: http://www.iccaworld.com/npps/story.cfm?nppage=3195, aufgerufen am 28.8.2013
[2]
URL: http://www.iccaworld.com/npps/story.cfm?nppage=3541, aufgerufen am 28.8.2013
[3]
KIESER, A. & WALGENBACH, P.: Organisation. Stuttgart: Schäffer-Poeschl Verlag, 2007
[4]
INGRAM, P. & MORRIS, M.W.: Do people mix at mixers? Structure, homophily, and the «Life
of the Party”. Administrative Science Quarterly, 52(4), 558-585, 2007
[5]
ZENK, L., & BEHREND, F. D.: Soziale Netzwerkanalyse in Organisationen. Versteckte
Risiken und Potentiale erkennen. In R. Pircher (Ed.), Wissensmanagement, Wissenstransfer,
Wissensnetzwerke: Konzepte, Methoden, Erfahrungen: Konzepte, Methoden und Erfahrungen
(S. 211-232). Erlangen, Germany: Publicis Corporate Publishing, 2010
[6]
URL: http://www.donau-uni.ac.at/ena, Informationen zum angewandten Forschungsprojekt
«Event Network Advancement«, aufgerufen am 11.6.2013
[7]
PESCHL, M.F. & FUNDNEIDER, T.: Innovationen durch Enabling Spaces. Wie das Neue durch
passende Rahmenbedingungen zur Entfaltung gebracht werden kann. In T. Aigner, R. AltonScheidl, und G. Trautenberg (Hrsg.), net culture lab, S. 15–27. Wien: Verlag Neue Arbeit,
2010
[8]
URL: http://www.wima-krems.at, aufgerufen am 14.6.2013
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Die Vernetzung bei Veranstaltungen
Zusammenfassung
Obwohl wir in einem digitalen Zeitalter leben, in dem
die Vernetzung von Personen über soziale Plattformen zum Alltag gehört, bleiben die realen Begegnungen zwischen Menschen für innovative Kooperationen essenziell. Weltweit werden aus diesem Grund
unterschiedlichste Veranstaltungen durchgeführt, um
Menschen einen Raum zu bieten, in dem sie auch
außerhalb ihrer organisationalen Grenzen interagieren können. Doch bei genauerer Betrachtung muss
man erkennen, dass ein Veranstaltungsraum alleine
noch nicht ausreicht, um Teilnehmern eine effiziente
Vernetzung zu bieten.
Aus diesem Grund wird im Forschungsprojekt
»Event Network Advancement« die Integration aus
virtuellem und realem Raum von Veranstaltungen
untersucht. Ein Webtool unterstützt Teilnehmer,
interessante Kontakte und Themenfelder bereits
vor der Veranstaltung virtuell zu identifizieren. Entsprechend gestaltete Rahmenbedingungen ermöglichen den Teilnehmern während der Veranstaltung
Kommunikationspotenziale effizient zu realisieren.
Durch diese Interventionen soll die Vernetzung von
Teilnehmern gefördert werden, um einen Nährboden
für notwendige Kooperationen und Innovationen in
unserer Gesellschaft zu bieten.
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