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Weltkulturerbe, Weltnaturerbe
Wendland, Ulrike
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Sammelwerksbeitrag / collection article
Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit / provided in cooperation with:
Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL)
Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:
Wendland, U. (2018). Weltkulturerbe, Weltnaturerbe. In Handwörterbuch der Stadt- und Raumentwicklung (S.
2883-2887). Hannover: Verlag der ARL. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0156-55992725
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Ulrike Wendland
Weltkulturerbe, Weltnaturerbe
S. 2883 bis 2887
URN: urn:nbn:de:0156‐55992725
CC‐Lizenz: BY‐ND 3.0 Deutschland
In:
ARL – Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.):
Handwörterbuch der Stadt‐ und Raumentwicklung
Hannover 2018
ISBN 978‐3‐88838‐559‐9 (PDF‐Version)
Die ARL ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft
Ulrike Wendland
Weltkulturerbe,
Weltnaturerbe
Gliederung
1
Die Welterbekonvention
2
Aufnahme in die Liste des Welterbes
3
Deutsche Welterbestätten
4
Positive Entwicklungen durch Welterbestatus
5
Welterbemanagement vor Ort
6
Partizipation (community involvement)
Literatur
Welterbe ist ein die Völker verbindendes Bildungsprogramm
der UNESCO mit unmittelbarer Auswirkung auf kommunale
und regionale Planung. Nachdem eine Stätte neu in die
Welterbeliste aufgenommen wurde, beginnt als zweite
Stufe das immerwährende Welterbemanagement. Gutes
Welterbemanagement gelingt nur im Schulterschluss zwischen
Behörden, Politik und Bevölkerung.
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Die Welterbekonvention
Grundgedanke der Welterbekonvention von 1972 (Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und
Naturerbes der Welt; UNESCO 1972) ist, dass die bedeutendsten Stätten der Natur und Kultur
dieser Erde nicht allein dem jeweiligen Staat, sondern der ganzen Menschheit gehören. 191 von
194 Staaten (Stand 2015) haben zugestimmt, ihre Güter von außergewöhnlichem universellen
Wert als Menschheitserbe (world heritage property) anerkennen zu lassen.
Das Welterbeprogramm genießt weltweit hohes Ansehen und ist eines der wenigen interkulturellen Kooperationsprojekte, das wirklich funktioniert. Staaten sind bereit, das eigene mit dem
fremden Gut in eine Reihe zu stellen und die Anerkennung mit anderen Staaten zu teilen. Der
Welterbestatus eines Gutes bedeutet eine Selbstverpflichtung vor der Völkergemeinschaft und
stellt einen Souveränitätsverzicht dar. Nach erfolgreicher Aufnahme in die Liste ist ein Rücktritt
nicht möglich.
Die Welterbekonvention sieht vor, dass der Vertragsstaat sich intensiv für seine Welterbegüter
einsetzt, was durch internationale Expertenorganisationen geprüft wird. Für das Antragsverfahren und das Welterbemanagement sind die Richtlinien bindend (UNESCO 2013). Weitere Dokumente wurden seit 1972 verabschiedet, um den Umgang mit dem Welterbe auf nationaler wie
internationaler Ebene zu regeln. Zwar gibt es keine echten Sanktionen bei Verstößen gegen die
Erhaltungsverpflichtung – außer dem Instrument der „Roten Liste“ und ggf. der Streichung eines
Gutes aus der Welterbeliste –, doch übt das Plenum der 191 Staaten einen erheblichen moralischen Druck aus, den Verpflichtungen nachzukommen.
Das Welterbeprogramm ist eines der UNESCO-Bildungsprogramme. Im Netzwerk der Welterbestätten sollen interkulturelle Begegnungen und Wissenstransfer im Bemühen um Erhaltung,
Schutz, Präsentation und Vermittlung der Güter stattfinden. Mit der Ratifizierung der Welterbekonvention verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, die Wertschätzung des Erbes aktiv zu
stärken. Anhand ihres Welterbes soll Kindern und Erwachsenen zum einen der Zugang zu ihrer
nationalen Kultur bzw. Natur ermöglicht werden, zum anderen soll Welterbebildung das Bewusstsein für Werte, Identität, gegenseitigen Respekt, Solidarität und den Dialog zwischen Kulturen
fördern. Der Welterbestatus eines Gutes ist also weitaus mehr als ein Tourismuslabel oder ein
spezifisches Denkmalschutzprogramm.
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Aufnahme in die Liste des Welterbes
Die Vertragsstaaten identifizieren ihre Güter von außergewöhnlichem universellen Wert und führen sie in Tentativlisten. Seit 2017 darf jeder Vertragsstaat im Jahr höchstens ein Kultur- oder
ein Naturerbe nominieren. Die Zahl der in einer Komitee-Sitzung behandelten Nominierungen ist
limitiert. Das UNESCO-Welterbekomitee entscheidet, welche nominierten Güter in die Welterbeliste aufgenommen werden.
Zuvor haben beratende Fachgremien die Anträge geprüft und einen Entscheidungsvorschlag
unterbreitet: der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) und die Weltnaturschutzunion
(IUCN).
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Insbesondere die in der Konvention festgelegten Kriterien werden geprüft: Hat das Gut einen außergewöhnlichen universellen Wert? Sind seine Authentizität (historische Echtheit) und
die Integrität (Unversehrtheit) gegeben? Versprechen die angegebenen Instrumente einen umfänglichen und dauerhaften Schutz? Wurde die Bevölkerung am Nominierungsprozess beteiligt
(community involvement)? Füllt das nominierte Gut eine Leerstelle in der Welterbeliste und trägt
somit dazu bei, die Liste ausgeglichener zu machen?
Bei der Fortschreibung der Welterbeliste verfolgt die UNESCO das Ziel, die Repräsentativität,
Ausgewogenheit und Glaubwürdigkeit der Liste sicherzustellen.
Die Liste des Welterbes umfasst 1.031 Stätten in 163 Ländern (vgl. UNESCO 2015a).
3
Deutsche Welterbestätten
Deutschland hat 40 Welterbestätten (vgl. UNESCO 2015b) – drei Natur- und 37 Kulturstätten.
Darunter sind einzelne Gebäude wie der Kölner Dom oder die Würzburger Residenz, historische
Stadtkerne wie diejenigen von Stralsund, Bamberg, Quedlinburg, Wismar und Regensburg oder
serielle Güter wie die Lutherstätten oder die prähistorischen Pfahlbauten. Als Kulturlandschaften (▷ Kulturlandschaft) sind das Obere Mittelrheintal, das Gartenreich Dessau-Wörlitz oder das
Oberharzer Wasserregal gelistet, als Weltnaturerbe das Wattenmeer, die Grube Messel und die
Buchenwälder als eine der grenzüberschreitenden Welterbestätten.
4
Positive Entwicklungen durch Welterbestatus
An den meisten deutschen Welterbestätten zeigt sich, dass schon die Nominierungsphase und
vornehmlich die Nominierung Entwicklung generiert: mehr lokale Wertschätzung für das eigene
Erbe, mehr touristische Aufmerksamkeit (▷ Tourismus), Bevorzugung bei der Fördermittelvergabe. An manchen Stätten ist auch eine größere Achtsamkeit der Akteure bei der Umsetzung von
Planungen festzustellen (▷ Planung). Insbesondere für die ostdeutschen Stätten (Wittenberg,
Eisleben, Gartenreich Dessau-Wörlitz, Quedlinburg, Wartburg, Stralsund, Wismar, Muskauer Park,
Schlösser und Parks in Berlin und Potsdam, Weimar, Dessau) hatte die Aufnahme Katalysatorwirkung bei der denkmalgerechten Stadtsanierung und bei der Denkmalinstandsetzung. Dies
sind allerdings langsame und zuweilen auch mühsame Prozesse, bei denen Ernüchterung nicht
ausbleibt. Dem Anspruch zu genügen, Welterbe zu sein, bedeutet eine permanente Anstrengung.
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Welterbemanagement vor Ort
Denkmalschutz für Welterbestätten unterscheidet sich zunächst nicht von dem anderer Denkmale (▷ Denkmalschutz/Denkmalpflege). Die Richtlinien der UNESCO sehen vor, dass jeder Vertragsstaat mit seinen Instrumenten des Denkmalschutzes arbeitet.
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Doch wird erwartet, dass der Schutz des Welterbes mit allen möglichen Instrumenten angestrebt wird. Als Verantwortliche sind vor allem Gebietskörperschaften (▷ Gebietskörperschaft)
herausgefordert, deren regionale und kommunale Planungen aktiv auf die Belange der Güter
Rücksicht zu nehmen haben. So müssen zum Beispiel Planungen von Strom-, Bahn- und Straßentrassen, Windparks oder anderen Anlagen immer auf die mögliche erhebliche Beeinträchtigung
der Sichtachsen zu und von Welterbestätten geprüft werden. In der ▷ Stadtplanung müssen Bebauungshöhen kontrolliert, gegebenenfalls Parzellenstrukturen und konstituierende Freiflächen
geschützt werden. Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen müssen den Denkmalschutz unterstützen. Abwägungsentscheidungen (▷ Abwägung) bei Planungen und Genehmigungsverfahren gegen
die Belange des Denkmalschutzes sind problematisch. Diese Übernahme von Verantwortung und
die Einschränkung der kommunalen Planungshoheit ernüchtern manche Gebietskörperschaft
und deren Akteure.
Zielkonflikte gab und gibt es um alle deutschen Welterbestätten – kleinere Konflikte und große
Konflikte wie den Brückenbau im Dresdener Elbtal, Hochhausplanungen im Sichtfeld des Kölner
Doms, Windkraftanlagen um die Wartburg oder die Planung eines Einkaufszentrums in Bamberg.
Die UNESCO geht davon aus, dass in und um eine Welterbestätte Entwicklung weiterhin stattfindet. Um Zielkonflikte zu verringern, wird die Erstellung von Managementplänen dringend empfohlen (vgl. beispielsweise Ringbeck 2009). Sie sollen auch eine eventuell vorhandene Bedrohung
durch touristische Übernutzung kanalisieren. Managementpläne, die mit Zielen der integrierten
▷ Stadtentwicklung abgestimmt und partizipativ erarbeitet wurden, existieren unter anderem für
Stralsund, Wismar, Quedlinburg, Regensburg und Lübeck.
Körperschaften oder Organisationen, die für eine Welterbestätte zu sorgen haben, sind gut
beraten, Welterbemanager einzustellen und diesen im Geschäft des Planens und Bauens auch
Gehör und Einfluss zu sichern.
Ein weitere Prävention zum Schutz ist das regelmäßige ▷ Monitoring der Güter durch das
Deutsche Nationalkomitee von ICOMOS. Regelmäßige Besuche und fallweise Beratung bei Konflikten sind wichtige Korrektive.
Für unvermeidliche Veränderungen, die den außergewöhnlichen universellen Wert des Gutes
betreffen, sehen die Richtlinien in Artikel 172 eine Meldung an das Welterbezentrum vor.
In regelmäßigen Abständen sind die Welterbestätten verpflichtet, dem Welterbezentrum einen Zustandsbericht über das Gut abzugeben (Periodic Reporting).
Bei Bund und Ländern gibt es Überlegungen, das übergreifende Welterbemanagement zu verbessern. War bisher die Kultusministerkonferenz für Fragen zum UNESCO-Welterbe im nationalen
Maßstab zuständig, so hat seit 2010 auch das Auswärtige Amt schrittweise Verantwortung für die
bestehenden und die nominierten Welterbestätten übernommen.
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Partizipation (community involvement)
Waren die ersten Nominierungen für die Welterbeliste eine Angelegenheit von Politik und Verwaltungen, so sind die heutigen, langen Nominierungsverfahren Bewährungsproben für die Partizipation, aber auch eine Chance, in der Bevölkerung vorab Unterstützung für die Inhalte und Ziele
des Welterbes zu erzeugen (▷ Öffentlichkeitsbeteiligung).
Einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Wertschätzung und Bewahrung können Welterbezentren leisten, die sich an Einheimische und Fremde gleichermaßen wenden.
Gutes Welterbemanagement gelingt somit nur im Schulterschluss zwischen Behörden, Politik
und Bevölkerung.
Literatur
Ringbeck, B. (2009): Managementpläne für Welterbestätten. Ein Leitfaden für die Praxis. Bonn.
UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (ed.) (1972): The
World Heritage Convention. http://whc.unesco.org/en/convention (06.10.2015).
UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (ed.) (2013): Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes
der Welt. http://www.unesco.de/fileadmin/medien/Bilder/Welterbe/Welterbe-Richtlinien/
Richtlinien_f%C3%BCr_die_Durchf%C3%BChrung_des_%C3%9Cbereinkommens_zum_
Schutz_des_Kultur-_und_Naturerbes_der_Welt.pdf (06.10.2015).
UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (ed.) (2015a): World
Heritage List. http://whc.unesco.org/en/list (06.10.2015).
UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (ed.) (2015b): Germany:
Properties inscribed on the World Heritage List. http://whc.unesco.org/en/statesparties/de
(06.10.2015).
Weiterführende Literatur
Albert, M.-T.; Ringbeck, B. (2015): 40 Jahre Welterbekonvention. Zur Popularisierung eines Schutzkonzeptes für Kultur- und Naturgüter. Berlin / München.
Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.) (2009): Welterbe-Manual. Handbuch zur Umsetzung der
Welterbekonvention in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz. Bonn.
Hönes, E.-R. (2009): Internationaler Denkmal-, Kulturgüter- und Welterbeschutz. Bonn. = Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 74.
Bearbeitungsstand: 09/2018
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