Mittelalterliche Schwerter und Sabel in Siebenburgen und im Banat. (9.-14. Jh). Der Mensch war zur Zeit des Mittelalters in größerem Maße an seine Waffen gebunden als dieses heute der Fall ist, sein Verhältnis zu diesen Gegenständen...
moreMittelalterliche Schwerter und Sabel in Siebenburgen und im Banat. (9.-14. Jh).
Der Mensch war zur Zeit des Mittelalters in größerem Maße an seine Waffen gebunden als dieses heute der Fall ist, sein Verhältnis zu diesen Gegenständen war ein betont persönliches und subjektives. Dieser Stand der Dinge läßt sich jedoch anhand der damals herrschenden geschichtlichen Gegebenheiten sowie durch das aus früheren Zeiten stammende geistige Erbe erklären.
Im christlichen Mittelalter wurden mehrere Bräuche, die mit dem Waffenkultus zusammenhingen, in leicht abgewandelter Form beibehalten, wobei man einige davon in ein "christliches Gewand gehüllt" hatte. Die sporadische Beigabe von Waffen mit offensichtlich ritueller Absicht ist archäologisch bewiesen worden; die runischen Inschriften magischen Charakters wurden in christlicher Zeit durch Inschriften ersetzt, die zwar einen christlichen Gehalt aufwiesen, aber die gleiche Bedeutung wie die Runen innehatten: Sie sollten die Gottheit zum Schutz der Waffe aufrufen. Mehr noch, durch die Kreuzform des mittelalterlichen Schwertes wurde letzteres zu einem Gegenstand, den man beim Schwurablegen heranzog; auch der Schlag mit dem Schwert zum Zeichen der Aufnahme in den Ritterstand, das Küssen des Stichblattes, das Berühren der Schultern mit der Klinge - dies alles trug dazu bei, daß diese Waffe zum Symbol der genannten privilegierten Gesellschaftsschicht wurde. Durch das Zusammenführen des Schwertsymbols mit dem des Ritterranges und des Kreuzes, wurde eine weitere privilegierte Gesellschaftsschicht des Mittelalters - jene der Kreuzritter - gekennzeichnet; daraus entwickelte sich der Gedanke eines Heeres Christi und der geistlichen Ritterorden. Im Mittelalter wurde das Schwert, neben der Krone, zu einem bedeutenden Symbol mehrerer europäischer Königshäuser; ein Beweis dafür sind die in den Krönungsschätzen verwahrten Zeremonieschwerter, die einen hohen symbolischen und geistigen Gehalt verkörpern, sowie die Darstellungen derartiger Stücke in der bildenden Kunst. Das Schwertsymbol trat jedoch auf allen Ebenen des mittelalterlichen Alltags in Erscheinung: als Zeichen der politischen oder juristischen Macht, bis hin zu den Schwerttänzen, die ein Teil des Brauchtums der Zünfte und der Bauerngemeinschaften waren.
Die mittelalterlichen, in das 9. bis 14. Jahrhundert datierten Schwerter, die im Raum Siebenbürgen entdeckt wurden und hier erhalten geblieben sind, können in großen Zügen in die Entwicklung dieser Waffenkategorie in Europa eingegliedert werden.
Die bereits für den Großteil Europas erarbeiteten Sachkriterien wurden an dem siebenbürgischen Material angewandt, um eine möglichst vollständige und genaue typologische und chronologische Einordnung durchführen zu können. Um diesem Zweck gerecht zu werden, haben wir die Schwerter anhand ihrer Einzelteile untersucht, wobei das Hauptkriterium jenes der Funktionalität ist, die sich aus der Kombination dieser Einzelteile ergibt.
Eine erste Einteilung der Schwerter nach funktionellen Kriterien kann nach den Eigenschaften der Klinge, dem Hauptelement dieser Waffen, vorgenommen werden; je nach ihrer Klinge unterscheidet man zwischen Schwertern, die als "Hiebwaffe", "Stichwaffe" oder als "Hieb- und Stichwaffe" dienen sollten.
Aufgrund der Griffe (Gefäße), die aus demselben Metallstück wie die Klinge geschmiedet sind, können die Schwerter, je nach ihrer Länge und implizite der Funktionalität ihrer Einzelteile, in solche eingeteilt werden, deren Griffe "für eine Hand (od. einhändige Betätigung)", "für eineinhalb Hände (od. eineinhalbhändige Betätigung)" und für "zwei Hände (od. zweihändige Betätigung)" vorgesehen sind.
Aus der Funktionalität des Knaufs, der Art und Weise wie die Faust den Griff anpackt, um den Schwerpunkt der Waffe in bezug auf das Klingengewicht wirksam zu verlagern, erfolgt die Einteilung in "leichte" und "massive" Knäufe.
Die Parierstangen können desgleichen nach ihrer Funktionalität eingeteilt werden, u.zw. in: "kurze" Parierstangen, die das Abgleiten der Faust in Richtung der Schneiden verhindern, sowie in "lange" Parierstangen, die die Faust zusätzlich vor den gegnerischen Angriffen schützen sollten.
Nachdem die genannten Elemente und ihre Kombinationsweise an dem siebenbürgischen Material des 9. bis 11. Jahrhunderts untersucht wurden, konnten zwei große Gruppen von Schwertern festgelegt werden: Gruppe A: frühmittelalterliche Schwerter (Ende des 8. Jhs. bis Mitte des 11. Jhs.) sowie Gruppe B: Schwerter des Hochmittelalters (Mitte des 11. Jhs. bis Ende des 14. Jhs.).
Aufgrund dieser ersten, an die Funktionalität gebundenen Einteilungen wird im folgenden die Entwicklung (Form und Chronologie) der einzelnen Teile des Schwertes aufgezeigt.
Die Klingen sind in 9 "Kategorien", die Griffe (Gefäße) in 3 "Dimensionen", die Parierstangen in 8 "Varianten" und die Knäufe in 12 "Formen" eingeteilt worden.
Was die Kampfausrüstungen anbelangt, waren in Siebenbürgen zur Zeit des Frühmittelalters die gleichen Formen wie im restlichen Europa vertreten, die beständig, gemäß den auf diesem Kontinent bestehenden mittelalterlichen militärischen Strukturen, angepaßt werden mußten.
Die mittelalterlichen Schwerter des 9.-14. Jahrhunderts bildeten dabei keine Ausnahme, sie lassen sich in den allgemeinen Strom der europäischen Entwicklung eingliedern, wobei die zonalen Eigenheiten minimal sind. Wie oben bereits erwähnt, waren die morphologischen Merkmale der Schwerter sowohl von der Entwicklung der Schutzausrüstung des potentiellen Feindes als auch von der Anpassungsfähigkeit an die Kampfweise desselben abhängig. Diesbezüglich machten sich im 9. bis 14. Jahrhundert in Siebenbürgen gewaltige Einflüsse aus Mittel- und Westeuropa und in geringerem Maße aus Osteuropa und dem Balkan bemerkbar - ein Umstand, der durch die in jener Zeit herrschenden geschichtlichen und militärischen Ereignisse zu erklären ist.
Im Falle der Schwerter ist im Raum des Karpatenbeckens die gesamte europäische typologische Vielfalt vertreten, es treten allerdings in verschiedenen Zeitabschnitten einige Unterschiede auf. Die ins 8. bis 9. Jahrhundert datierten Stücke sind selten, während jene Exemplare, die den späteren Zeitabschnitten, dem 12.-14. Jahrhundert zuzuordnen sind, zahlreicher auftreten. Außerdem muß hinzugefügt werden, daß die Schwerter des abendländischen Typus im Vergleich zu jenen byzantinischer Art (die übrigens im gesamten mittel- und südosteuropäischen Raum selten sind) überwiegen.
Im 13. Jahrhundert kam es zur ersten "militärischen Niederlage" großen Ausmaßes, den die schwere Reiterei im Kampf gegen die einfallenden Mongolenhorden erlitt; da letztere, die sich der äußerst leicht zu manövrierenden, leichten Reiterei bedienten, nur über eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne hinweg Mitteleuropa beherrschten, führte dieses Ereignis zu keinen Veränderungen in der Konfiguration der in Siebenbürgen benutzten Kampfausstattung, so wie dies in Rußland (durch Anpassen an die leichte Reiterei des Feindes) geschehen war. Weder das 14. Jahrhundert noch die Türkengefahr oder die vernichtende Niederlage der schweren Reiterei in Nikopole hatte eine radikale Veränderung in der Beschaffenheit der Bewaffnung in Siebenbürgen zur Folge; die Schwerter entwickelten sich zu immer größeren und schwereren Formen, die den Plattenrüstungen, die auch im darauffolgenden Jahrhundert vorherrschten, angepaßt waren.
Dem Säbel, als Waffe der leichten Reiterei, war im Siebenbürgen des Mittelalters keine "militärische Laufbahn" beschieden. Er wurde nur für kurze Zeit, während jener der ersten landnehmenden Madjaren benutzt und wird zeitlich in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts angesiedelt. Aus diesem Grund sind die wenigen Stücke dieser Art in den Gräbern der genannten Bevölkerung zu finden, genauer gesagt in jenen aus der Zeit ihrer ersten Wanderwelle, die archäologisch - nach den frühesten, in der Stadt am Someş (in der Zápolya / Dostoievski Straße) zutage getretenen Funden (aus den Jahren 1911 und später 1941-1942) - als "Cluj / Klausenburger Gruppe" bezeichnet wurden. Dieser Horizont weist noch starke Einflüsse der Steppenkulturen auf, u.zw. durch Beigabe von Waffen und Teilen von Pferdekörpern in Gräbern. Die wenigen Schwerter, die in Anlagen wie Gâmbaş, Arad-Ceala oder dem bereits erwähnten Gräberfeld in Cluj / Klausenburg entdeckt wurden, zu denen einige Stücke unbestimmter Herkunft hinzugezählt werden müssen, erlauben das Aufstellen einer eigenen Typologie nicht, sondern lassen eventuelle Vergleiche mit den in West-, Mittel- und Osteuropa erarbeiteten, bereits allgemein anerkannten Typologien zu.