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Ismaels Erwachen: Frankfurt-Krimi
Ismaels Erwachen: Frankfurt-Krimi
Ismaels Erwachen: Frankfurt-Krimi
eBook336 Seiten4 Stunden

Ismaels Erwachen: Frankfurt-Krimi

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Über dieses E-Book

Ein verschwundener Ehemann.
Drei zerstückelte Leichen.
Die Jagd auf einen Serienkiller.

Doch diesmal ist alles anders.

Ein zweiter Gegner, der über weitreichende Verbindungen verfügt, betritt den Spielplan. Der Frankfurter Privatdetektiv Martini und seine Freunde stoßen auf eine Gefahr, die globale Ausmaße annehmen könnte. Ihr Widersacher bedroht die gesamte Welt. Ein Wettlauf gegen eine übermächtige, antagonistische Macht beginnt.

Alexander Schaub greift in seinem neuen Krimi ein aktuelles Thema auf und entwickelt aus Realität und Fiktion eine fesselnde Geschichte, die Leserinnen und Leser in ihren Bann zieht.

Weitere Krimis von Alexander Schaub bei mainbook: "Der Engelmacher von Frankfurt", "Der Schatten des Engelmachers", "Die Rache des Engelmachers" und "Kill Run Die" (als Autorenduo gemeinsam mit Martin Olden).
SpracheDeutsch
Herausgebermainbook Verlag
Erscheinungsdatum20. Juli 2022
ISBN9783948987527
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    Buchvorschau

    Ismaels Erwachen - Alexander Schaub

    Alexander Schaub

    Ismaels Erwachen

    Krimi

    eISBN 978-3-948987-52-7

    Copyright © 2022 mainbook Verlag

    Alle Rechte vorbehalten

    Covergestaltung: Olaf Tischer

    Auf der Verlagshomepage finden Sie weitere spannende Bücher: www.mainbook.de

    Das Buch

    Ein harmloser Fall. Thomas Martini soll einen verschwundenen Ehemann ausfindig machen.

    Noch bevor der Frankfurter Detektiv mit den Ermittlungen beginnt, legt er den Fall zu den Akten und stellt die Nachforschungen ein, denn der Auftrag ist ihm zu gefährlich. Das erste Mal in seiner Laufbahn als Detektiv.

    Er übernimmt einen anderen Fall: Ehemann betrügt anscheinend seine Ehefrau.

    Als er den vermeintlich untreuen Mann beschattet, stößt er auf eine Verschwörung, deren Ausmaße er sich nie hätte träumen lassen und bringt sich dabei in Lebensgefahr.

    Im Hintergrund ziehen mächtige Männer die Fäden. Die Kugeln, die Martini und seinen Freunden um die Ohren fliegen, sind nichts im Vergleich zu dem, was ihre Widersacher noch in petto haben: eine globale Bedrohung von ungeahntem Ausmaß, die mit nichts zu vergleichen ist, was Martini bisher begegnet ist.

    Alte, fast vergessene Freunde, müssen dem Detektiv zur Seite stehen und, gegen all seine Überzeugung, muss Martini einem Fremden vertrauen …

    Der Autor

    Der gebürtige Frankfurter Alexander Schaub erblickte 1969 das Licht der Welt. Bis 2014 lebte er in der Mainmetropole. Im April 2014 zog er mit seiner Traumfrau Corinna nach Hattersheim.

    Über sein Schreiben sagt er: „Ich liebe Serien mit einem roten Faden und so soll es auch mit meinen Büchern werden. Die Charakterentwicklung meiner Protagonisten ist mir enorm wichtig."

    Nach der „Engelmacher-Trilogie „Der Engelmacher von Frankfurt, „Der Schatten des Engelmachers und „Die Rache des Engelmachers (erschienen bei mainbook) und dem Frankfurt-Krimi „Kill Run Die (im Duo mit Martin Olden) erscheint nun sein neuer Krimi „Ismaels Erwachen.

    Mehr Informationen über den Autor sowie anstehende Lesungen finden Sie unter: www.alexander-schaub.de

    Für alle, die noch da sind.

    Für alle, die mit ihnen ausgeharrt haben.

    Für alle, die schon gehen mussten.

    Inhalt

    Einleitung

    Teil 1 Ismael

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Teil 2 Zumtobel

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Teil 3 Cowidas

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Zwischenspiel

    Teil 4 Erwachen

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Nachwort

    Einleitung

    Nennt mich Ismael. Nein, ihr habt nicht Moby Dick aus dem Bücherregal gezogen. Ich teile mir nur zufällig denselben Namen mit Hermann Melvilles Hauptprotagonisten. Euch wird schnell auffallen, dass meine Geschichte sich von der des anderen Ismaels unterscheidet. Ich lebe in der Gegenwart, eurer Gegenwart.

    Bleiben wir kurz bei Moby Dick. Müsste ich eine Person wählen, der ich nacheifere, wäre dies Ahab. Ich jage ebenfalls einen weißen Wal: das Ewige Leben.

    Was ist das denn für ein Verrückter, werdet ihr jetzt denken. Aber bevor ihr ein Urteil über mich fällt, hört euch erst an, was ich zu erzählen habe.

    Ich bin nicht der Erste, der nach Unsterblichkeit strebt. Nehmen wir Dorian Gray. Er wollte die ewige Jugend. Aber im Prinzip dreht sich seine ganze Geschichte und sein Leben um Neid, Eifersucht, Rache, Eitelkeit, schlicht das, was man das Böse nennt. Ein guter Christ würde es mit einem Wort auf den Punkt bringen: Todsünden. Er verkaufte seine Seele, damit sein Bildnis für ihn alterte und hässlich wurde. Dafür blieb er jung. Dieser Pakt währte so lange, bis er seinen eigenen Anblick, das, was aus ihm geworden wäre, nicht mehr ertragen konnte. Eine schauerliche Monstrosität glotze ihn von der Leinwand herab an. Seid euch gewiss, dies wird mir nicht widerfahren.

    Zu Recht werdet ihr sagen, Dorian Gray ist nur eine Romanfigur, nicht real. Das stimmt, aber er ist ein gutes Beispiel, um mich davor zu bewahren, eine Ausgeburt der Hölle zu werden.

    Lasst euch in meine Welt entführen. Erlebt alles aus meiner Sicht. Ich gewähre euch einen tiefen Blick in meine Seele. Entscheidet am Ende, ob ich der Wahnsinnige oder das Genie bin, gar ein Held.

    Aber wie ihr vielleicht wisst, haben einige Helden eine traurige Vorgeschichte, bevor sie zu solchen wurden. Diese ist die meinige …

    Teil 1

    Ismael

    Kapitel 1

    Ismaels Erzählung, irgendwann, irgendwo …

    Ich saß neben ihrem Bett. Doch ich wäre lieber am anderen Ende der Welt gewesen, als diesen Anblick ertragen zu müssen. Jede verdammte Sekunde, die verstrich, war für mich ein Kampf gegen die Tränen, ein Kampf gegen das Unausweichliche, welches ich nicht abwenden konnte. Mein Herz wog unendlich schwer, wie ich sie da liegen sah. Dünn, abgemagert, ausgezehrt. Die Krankheit hatte ihr alles Menschliche entrissen, sie zu einem Schatten ihrer selbst werden lassen. Und das Schlimmste war: Ich hätte es verhindern können.

    Kleine Schweißtropfen standen auf ihrer Stirn. Liebevoll tupfte ich sie mit einem Tuch ab. Eines der wenigen Dinge, die ich noch für sie tun konnte. Sie öffnete die tiefliegenden Augen, die jeden Glanz verloren hatten. Das Feuer der Leidenschaft, das immer darin gebrannt hatte, war erloschen. Feucht und fiebrig blickten sie mich an. Sie hob unter größter Anstrengung die Hand und legte sie auf die meinen. „Sei nicht traurig, flüsterte sie. „Ich gehe in eine bessere Welt. Und in ein paar Jahrzehnten darfst du mir folgen.

    Ich schluckte schwer, damit ich nicht in Tränen ausbrach. Sie war so tapfer. Trotz der starken Schmerzen spendete sie mir Trost oder versuchte es zumindest. Mit der linken Hand wischte ich mir über die Augen. Die Tränen waren jetzt nicht mehr zurückzuhalten. „Ich liebe dich so sehr, schluchzte ich zwischen zwei Atemzügen. „Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Weißt du das? Sie legte die Hand auf meine Wange, so wie sie es getan hatte, kurz nachdem meine Eltern gestorben waren. Jetzt öffneten sich alle Schleusen. Ich weinte wie ein kleines Kind. „Du wirst wieder gesund. Meine Stimme war zu einem leisen Wimmern geworden. „Ich brauche dich doch in meinem Leben. Ich war so verzweifelt wie nie zuvor. „Verlass mich nicht!"

    Jetzt weinte sie mit mir. Ob aus Mitleid oder wegen sich selbst, wusste ich nicht. So versuchten wir, uns gegenseitig Trost zu spenden, vergeblich.

    Ich strich ihr zärtlich über die Stirn und streichelte ihren Kopf, die wilde Mähne war strähnig und verklebt. Warum passierte das ausgerechnet ihr? Wieder brannten Tränen in meinen Augen und bahnten sich ihren Weg. Von meinem Kinn tropften sie auf unsere gefalteten Hände, als wollten sie sie für immer miteinander verbinden.

    Dann, plötzlich und ohne jede Vorwarnung, erschlaffte ihre Hand, löste sich langsam von der meinen und rutschte an meinem Arm entlang auf die zerknäulte Bettdecke. Ihre Augen blickten mich immer noch an. Die Augen, in die ich mich damals verliebt hatte, als sie mich das erste Mal angelächelt hatten. Der Geist hatte die sterbliche Hülle verlassen.

    Ich nahm ihre Hand und presste sie unter lautem Weinen und Schluchzen gegen meine Wange. Sie war jetzt leblos, aber es war noch sie, die Liebe meines Lebens, die ich für immer verloren hatte.

    Dann fiel mir auf, dass ihr Herz noch schlug und sie ganz flach atmete. Ich rief einen Arzt, der sich sofort um sie kümmerte.

    Eine halbe Stunde später stand fest: Sie lag im Koma.

    Donnerstag, 22. Januar 2015, 23:45, Offenbach - Stadthalle

    „… Zugabe, Zugabe, Zugabe …" Markus Gräger schrie sich die Seele aus dem Leib, so wie die anderen viertausend Fans in der Offenbacher Stadthalle.

    „Die könne ruisch noch eins spiele", brüllte sein Nebenmann.

    „Auf jeden Fall." Gräger nickte heftig.

    Die Heavy Metal-Band, deren Konzert er heute miterlebt hatte, war bereits zweimal zurück auf die Bühne gekommen. Ein drittes Mal wäre der Wahnsinn. Gräger blickte kurz auf die Uhr: dreiundzwanzig Uhr dreißig. Dreieinhalb Stunden. Eine erstaunliche Leistung heutzutage. Andere Bands spielten nur siebzig Minuten und verschwanden endgültig nach einer Zugabe von nur einem oder zwei Liedern. Heute hatte er vier Songs pro Zugabe gehört.

    Nach einer weiteren Minute flammte das Licht an der Hallendecke auf. Die Show war endgültig vorbei. Schade, dachte Gräger. Aber er konnte zufrieden sein.

    Die Zuschauer verließen langsam den Saal. Die Ordner hatten die Türen geöffnet, um kein Gedränge entstehen zu lassen. Gräger stand etwa in der Mitte der Bühne und wartete. Sollten sich die anderen hinausschieben. In zehn Minuten würde er ganz gemächlich und ohne Hast die Halle verlassen können. So hielt es der vierunddreißigjährige Frankfurter schon immer. Die Taktik hatte sich bewährt, warum ändern?

    Und ja, seine Vorahnung bewahrheitete sich. Um dreiundzwanzig Uhr fünfundvierzig schlenderte er hinaus in die frostige Nachtluft. Beim Verlassen der Halle zog er den Kopf ein, obgleich der Türrahmen hoch genug war. Eine Reflexreaktion. Mit seinen ein Meter neunundneunzig hatte er sich mehr als einmal den Kopf angeschlagen. Seine blonden Haare streiften so gut wie immer den oberen Holm der Tür. Ein Freund hatte mal gesagt, er könne ihn jede Woche besuchen, um die hohen Regale abzustauben, an die er nicht herankomme.

    Gräger lief zur Ampel, um die Waldstraße zu überqueren. Dann ging er nach rechts bis zur Tankstelle an der Ecke, um links in die Neusalzer Straße einzubiegen. Sein Auto stand weit weg. Das Konzert war ausverkauft gewesen und alle Parkmöglichkeiten der Umgebung erschöpft. Er hatte das Auto im angrenzenden Wohngebiet abstellen müssen. Die Neusalzer Straße war lang, zog sich hinauf bis zur Dietzenbacher Straße. Sein Wagen stand kurz hinter den Schrebergärten unter Bäumen.

    Anfangs liefen noch andere Metal-Fans mit ihm die Straße entlang, allerdings hatten die anderen näher geparkt oder in einer der zahlreichen Seitenstraßen. Als er an dem Hochhaus, das sich linker Hand erhob, ankam, war er alleine. In den angrenzenden Wohnblocks waren nur noch vereinzelte Fenster erleuchtet. Die meisten Menschen schliefen bereits. Ich würde jetzt auch am liebsten in mein Bett fallen und fertig, dachte Gräger. Aber er musste noch zurück ins Frankfurter Nordend fahren.

    Er war froh, als er endlich seinen alten Golf erblickte. Die Kälte der Nacht fraß sich langsam durch seine dünne Kutte und ließ ihn frösteln. Er schloss die Fahrertür auf und stieg ein. „Kalt", flüsterte er vor sich hin und blies sich warme Luft in die Hände. Gräger startete den Motor und schaltete das Gebläse auf höchste Stufe, damit die Scheiben nicht von innen vereisten.

    Den Kopf gegen die Kopfstütze gelehnt, wartete er. Die Scheiben waren bereits beschlagen, und einen Blindflug bei Nacht hielt er für eine schlechte Idee.

    In dem Moment spürte er etwas Kaltes an seiner Kehle. Er wollte nach vorne zucken, aber die zischende Stimme hinter ihm hielt ihn davon ab: „Nicht bewegen. Das Messer an Ihrem Hals ist sehr scharf."

    „Was wollen Sie?, stieß Gräger in höchster Erregung hervor. Die Müdigkeit war vergessen. „Geld? Können Sie haben.

    „Nein. Ich möchte eine kleine Spritztour machen."

    „Kein Problem. Ich fahr Sie …, wohin Sie wollen." Panik stieg in Gräger auf und drohte, ihm den Hals zuzuschnüren.

    „Fahren Sie los. Sie sehen genug."

    „Wohin?"

    „Nach Frankfurt."

    „Wo genau, damit ich …?"

    „Ich leite Sie."

    Gräger hatte irgendwo gelesen, dass man einem Entführer seinen Namen sagen sollte und von der Familie erzählen, um ihm klarzumachen, dass man ein Mensch war und kein Objekt. „Mein Name ist Markus Gräger, ich wohne in Frankfurt mit meiner Frau Sophie. Wie ist Ihr Name?"

    Gräger hörte ein leises Lachen von der Rückbank. „Nennen Sie mich Ismael …"

    Freitag, 23. Januar, 01:22, Irgendwo …

    Markus Gräger erwachte auf einer Liege. Der Kopf schmerzte. Was war geschehen? Er war entführt worden. Sein Entführer hatte ihn durch Frankfurt gelotst, hin und her. So lange, bis er völlig verwirrt war und nicht mehr wusste oder erahnen konnte, was das Ziel sein würde oder könnte. Wo hatten sie angehalten? Er wusste es nicht mehr. Da war Wasser … der Main?

    Er war sich nicht sicher. Warum?

    Ja. Der Schlag auf den Kopf. Daher rührten auch die Kopfschmerzen. Der Mann hatte ihn niedergeschlagen. Gräger wollte die Hand heben, um die Beule, die er am Hinterkopf fühlen konnte, zu betasten. Aber seine Hände steckten in Lederschlingen, die jede Bewegung unmöglich machten.

    Was sollte das?

    Was war hier los?

    Er zerrte an den Schlingen. Nichts. Er wollte die Beine bewegen. Sie waren ebenfalls gefesselt. Oh Gott. Was ging hier vor? Was wollte dieser … wie hatte er sich genannt … Ismael von ihm?

    Gräger sah sich jetzt zum ersten Mal um. Was war das für ein Raum? Geflieste Wände, Schränke an fast allen Seiten. Große Geräte, die ihn an einen Operationssaal erinnerten. Mehrere Computer mit Tastaturen, Mäusen, Monitoren und Apparaten, von denen er nicht wusste, welchen Zweck sie erfüllen sollten. Und als letztes fiel sein Blick auf eine Bohrmaschine mit einem gefährlich scharf aussehenden Bohrer.

    Ismaels Erzählung, 23. Januar, 01:31, Irgendwo …

    Auf dem Überwachungsmonitor konnte ich sehen, dass die Testperson erwacht war. Er blickte sich um und fragte sich nun, wo er war. Sollte ich ihn aufklären? Ihm erläutern, wo er sich befand?

    Ich entschied mich dagegen, denn es war Zeit zu beginnen.

    Als ich den Untersuchungsraum betrat, wurde ich als Erstes des beißenden Geruchs gewahr. Angst. Sie roch immer ein wenig anders, aber unverkennbar. Jeder Mensch sonderte sie ab. Ich kannte dies aus meiner beruflichen Praxis. Dieser Proband unterschied sich nicht von seinen Vorgängern.

    „Sie sind wach, begrüßte ich ihn. „Wie fühlen Sie sich?

    Als er mich erblickte, riss er die Augen auf wie ein verängstigtes Tier. „Was wollen Sie von mir?" Er spuckte vor Aufregung.

    „Ich will Ihnen helfen. Sie sollen ein besserer Mensch werden. Allen anderen überlegen." Ich lächelte ihn beruhigend an. Aber es hatte den gegenteiligen Effekt.

    „Sie sind ja verrückt! Hilfe! Hilfe! Hilfe!" Der Proband schrie laut. Es hallte von den Wänden wider und schmerzte mein empfindliches Gehör.

    Ich griff ein Skalpell von einem der Beistelltische und näherte mich dem Operationstisch. Er schrie immer noch. „Wenn Sie nicht sofort schweigen, werde ich Ihnen die Stimmbänder durchtrennen."

    Seine Augen weiteten sich noch mehr, wenn dies überhaupt möglich war, und der Geruch nach Angst verstärkte sich um eine weitere Komponente. Urin. Er hatte eingenässt. Meine Drohung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. „So ist es viel angenehmer." Ich lächelte ihn wieder an. Für einen kurzen Moment schien es, als wollten seine Augen aus den Höhlen fallen, so sehr hatte er seine Lider aufgerissen. Ein interessanter Effekt, den ich so noch nie gesehen hatte.

    „Was wollen Sie von mir?" Es klang weinerlich, und seine Tränendrüsen begannen Sekret abzusondern. Das ging wirklich schnell. Erstaunlich.

    „Ich werde nur ein paar kleine Eingriffe an Ihnen vornehmen. Dann können Sie wieder gehen." Erneut lächelte ich ihn unverbindlich an. Wieder versuchte ich, den Probanden zu beruhigen. Es wirkte nicht. Daran musste ich dringend arbeiten.

    „Sie sind ja völlig wahnsinnig. Ich bin gesund. Ich brauche keine Eingriffe." Er holte Luft. „Machen Sie mich sofort los!", schrie er erneut.

    „Sie strapazieren mein Gehör. Aufs Neue. Muss das sein? Keiner kann Sie hier hören. Wir sind ganz und gar alleine. Ich legte die Hand mit dem Skalpell auf seinen Hals. „Wollen Sie wirklich für immer verstummen?

    Wieder dieses übernatürliche Weiten der Augen. Er schüttelte den Kopf, ohne ein Wort zu sagen. „Vielen Dank."

    Ich legte das Skalpell weg und öffnete den Kleiderschrank an der rechten Seite des Raums, entnahm eine Schürze und den Sichtschutz, der meine Augen vor Splittern bewahren sollte.

    Für einen Moment überlegte ich, ob ich ihn betäuben sollte, um mir erneute laute Geräusche zu ersparen. Entschied mich aber dagegen. Ich würde ihn teilweise betäuben, doch er musste wach bleiben. Ich musste sehen, ob meine Eingriffe den gewünschten Effekt erzielten.

    In die Kopfhaut spritzte ich ihm ein Sedativum. Nach einer Minute stach ich mit der Spitze der Nadel erneut in seine Kopfhaut. Keine Reaktion. Sehr gut.

    Ich nahm den Bohrer und setzte ihn in der Höhe des Frontallappens an, das Persönlichkeitszentrum. Die Persönlichkeit war das Wichtigste, was einen Menschen ausmachte, hinzu kam das Sozialverhalten.

    Nein! Was machen Sie da?", schrie der Proband wieder. Das war der Nachteil, wenn sie bei Bewusstsein bleiben mussten. In weiser Voraussicht hatte ich den Kopf meiner Testperson fixiert, ansonsten wäre vielleicht der Bohrer abgerutscht und hätte irreparable Schäden anrichten können. Ich beglückwünschte mich zu dieser Entscheidung. Probanden waren schwer zu finden.

    Diesmal verkniff ich mir die Drohung mit dem Skalpell und ließ den Bohrer langsam anlaufen. Er war sehr scharf und erzeugte ein sauberes Loch im vorderen Bereich des Schädels. Groß genug für meine selbst entworfene Download-Sonde. Der Name war nicht griffig genug, da musste ich mir vor der Marktreife des Produkts etwas Besseres einfallen lassen. Ich führte die Spitze mit den Fühlern in das Loch, bis sie auf die Hirnmasse stießen.

    Die Download-Sonde war mit einem Spezial-Computer verbunden, der, wenn alles richtig konfiguriert war, die elektrischen Hirnwellen auslesen und abspeichern konnte.

    Ich war so aufgeregt. Würde es diesmal gelingen, die Impulse zu speichern und später in mein Mensch-Maschine-Programm einzuspielen?

    Der Proband verhielt sich auffallend still. Die Situation hatte mich so in ihren Bann gezogen, dass ich die Versuchsperson nicht mehr beobachtete.

    Ein Fehler.

    Oh nein! Er hatte die Augen verdreht und atmete nicht mehr. Nein, nein, nein! Blut sickerte unter der Download-Sonde heraus. Ich Tölpel. Die Sonde war zu tief eingesunken. Ich zog sie heraus. Die Spitze war sehr schwer und ganz langsam immer tiefer in die Hirnmasse gesunken. Irreversible Verletzungen und der Tod des Probanden waren die Folge. Oder ein Herzinfarkt. Das wäre dann bereits der Zweite der Versuchsreihe.

    Ich hatte erneut versagt. Der dritte Proband war mir unter den Händen verstorben. Die Entsorgung war nun das vordringliche Problem, aber da hatte ich meinen Weg gefunden. Um Frank Sinatra zu zitieren, I did it my way. Ich lächelte vor mich hin.

    Und jetzt, wie hieß es so schön, nicht nach hinten blicken. Die Vergangenheit war vergangen. Nach der Entsorgung würde ich mir das nächste Versuchsobjekt besorgen. Trotz aller Ruhe, die mir bei der Arbeit innewohnte, stand ich unter Zeitdruck.

    Ismaels Erzählung, 23. Januar, 08:29, Irgendwo …

    Das Beseitigen der misslungenen Experimente war gefährlich, aber notwendig. Die Probanden entsorgte ich stets an derselben Stelle, am Rande Frankfurts.

    Erst ließ ich die Körperflüssigkeiten ablaufen und verklappte sie in der Sickergrube hinter meiner Werkstatt. Sickergruben waren mittlerweile verboten, aber hier bekam das niemand mit. Den Rest zerlegte ich in kleine Teile, packte sie in reißfeste Müllsäcke und ließ sie verschwinden. Bisher war noch keines meiner Testobjekte wieder aufgetaucht. Sollte irgendwann jemand die Reste finden, was sehr unwahrscheinlich war, würde ich längst ein berühmter Mann sein und in höheren Sphären agieren. Dann würde niemand mehr nachfragen, wo ein paar Leichenteile herkamen.

    Mein Zuhause lag ein kleines Stück außerhalb der Großstadt Frankfurt. Es war fast ein wenig dörflich. Hier grüßte jeder jeden und bei Feiern lud man sich gegenseitig ein. Eine wahre Idylle. Wie geschaffen für einen schwer arbeitenden Forscher wie mich.

    Ich schloss die Wohnungstür leise. Auf der rechten Seite des gefliesten, länglichen Raums befand sich eine Garderobe. Ich schälte mich aus der alten Lederjacke und ließ sie in das betagte Möbelstück fallen. Ich war müde. Am Ende des Flurs folgte das Wohnzimmer. Geräumig, helle Farben und gemütlich eingerichtet mit einer Ledercouch, zwei passenden Sesseln, einer Ottomane und einer Essecke. Erschöpft ließ ich mich auf die Couch fallen.

    „Guten Morgen, Schatz", vernahm ich ihre Stimme.

    Maria lag, so wie immer, auf der Ottomane, ihrem Lieblingsplatz, der mit der Rückenlehne zur Tür stand. Von hier aus konnte sie den ganzen Garten überblicken, das Herumtollen der Nachbarskinder und die Vögel in den Bäumen und Sträuchern beobachten. „Du bist schon wach?"

    „Immer wenn du nachts arbeitest, warte ich auf dich. Das weißt du doch." Sie lächelte ihr offenes, warmes und betörendes Lächeln, in das ich mich vor so vielen Jahren verliebt hatte. Dabei strahlten ihre Augen so intensiv wie ein nächtliches Sternenmeer bei absoluter Finsternis. Eine Finsternis, die nur sie erhellen konnte.

    „Ich liebe dich", flüsterte ich ihr leise zu.

    Sie quittierte es mit einem erneuten, noch intensiveren Lachen. „Ich dich auch, mein kleiner Bär. Mein Kosename, den sie mir in unserer ersten Nacht gegeben hatte. „Wie war die Arbeit? So wie du aussiehst, sehr anstrengend.

    Maria erkannte sofort, wie es mir ging. Als habe sie einen siebten Sinn, den sie ausschließlich für mein Wohlergehen entwickelt hatte. „Ja, sehr, antwortete ich matt. „Wieder mal ein Todesfall. Es ist frustrierend, wenn man sich bemüht und der Patient einem unter den Händen wegstirbt.

    „Das tut mir leid, mein kleiner Bär, erwiderte sie mitfühlend. Ihre Wärme tat mir gut, liebkoste meine Seele. Ich rappelte mich müde von der Couch hoch, ging zu ihr und küsste sie auf die Stirn. „Schlaf gut, sagte sie. „Soll ich dich zu einer bestimmten Zeit wecken?"

    „Nein, das musst du nicht. Ich arbeite morgen wieder lang, also freue ich mich über jede Minute Schlaf."

    „Das verstehe ich, mein kleiner Bär. Schlaf schön und hab süße Träume."

    Die würde ich bestimmt haben.

    Kapitel 2

    Dienstag, 27. Januar, 10:55, Hattersheim – Okriftel

    Ein kratzendes Geräusch ließ mich aufwachen. Verdammt, was war das? Wieder das Kratzen. Oh Mann, kann man hier nicht mal in Ruhe ausschlafen, dachte ich enerviert. Ich hob meine müden Lider. Die Helligkeit, die durch die Schlitze des Rollladens fiel, blendete mich. Das Kratzen kam von draußen, vor dem Rollladen.

    Aufstehen oder ignorieren? Eine schwierige Entscheidung, in Anbetracht meines müden Körpers. Ich hievte mich aus dem Bett, griff den Rollladengurt und zog daran. Langsam flutete Licht in den Raum. Das Kratzen wurde von einem „Miau" ersetzt. Der Kater der Nachbarn saß vor unserer Terrassentür, die in unseren Garten führte. Vor ein paar Wochen hatte meine Verlobte Jasmina von Linde damit begonnen, ihn zu füttern. Anfangs kam der Kater nur zögerlich zu uns. Mittlerweile hielt er die Fütterung durch Jay für sein verbrieftes Recht.

    Ich blickte den Störenfried an und machte: „Gzzzz, verschwinde du Unruhegeist! Von mir bekommst du nichts." Die Antwort war ein weiteres, diesmal herzzerreißendes „Miau!" Dabei legte er den Kopf schief und sah mich aus seinen aufgerissenen großen Augen an. Eigentlich hasste ich Katzen – es gab da eine Vorgeschichte aus meiner Kindheit – aber so wie er mich jetzt ansah, war ich fast versucht, ihn ebenfalls zu füttern.

    Die Schafzimmertür wurde geöffnet. Jay kam herein. „Was machst du hier?", fragte ich halb schlafend, halb den Kater verfluchend.

    „Echt jetzt? Haben wir bereits Alzheimer, Herr Martini? Wir sollten mal einen Test machen. Ich habe eine Woche Urlaub, so wie jeden Januar."

    Meine rechte Hand patschte gegen meine Stirn. „Ach ja. Und gestern warst du auch zu Hause."

    „Jetzt mach ich mir wirklich Sorgen. Alles klar?"

    „Ja, die Katze hat mich geweckt, das hat schwere traumatische Schäden hinterlassen."

    Sie legte eine Hand an meine Stirn. „Fieber hast du keins, oder?!?"

    Ich nahm ihre Hand, küsste sie und zog sie an mich. Mit einem Meter neunundfünfzig war sie siebenunddreißig Zentimeter kleiner als ich. Um sie zu küssen, musste ich mich immer weit hinab beugen. Eine lange rotblonde Strähne kitzelte meine Nase. Ich blies sie weg, griff Jay an der Hüfte und stellte sie auf die Bettkante. Jetzt stand sie ein paar Zentimeter über mir. Besser zum Küssen.

    Jay strich mir durch meine schwarze krause Mähne, in die sich die ersten grauen Strähnen einschlichen. „Du hast Glück", sagte sie und ließ ihre Hände über meine Wangen gleiten, „dass ich auf ältere

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