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Ulrike Nack
  • Leipzig, Saxony, Germany

Ulrike Nack

In meinem Vortrag stelle ich eine nach wie vor prägende Lesart des aristotelischen Hylemorphismus vor, um sie anschließend als nicht haltbar auszuzeichnen und für ihre Aufgabe zu plädieren. Diese Lesart nenne ich aufgrund ihrer langen... more
In meinem Vortrag stelle ich eine nach wie vor prägende Lesart des aristotelischen Hylemorphismus vor, um sie anschließend als nicht haltbar auszuzeichnen und für ihre Aufgabe zu plädieren. Diese Lesart nenne ich aufgrund ihrer langen Tradition und Wirkmächtigkeit die traditionelle Lesart. In der schon nicht mehr ganz so neuen Philosophie steht vor allem John Ackrill für sie ein, dessen Aufsatz „Aristotle’s Definitions of „Psuche““ von 1972/73 im Hintergrund steht. Grund ihres Scheiterns ist das Fehlen eines einheitlichen Gegenstandes. Auswirkung ihres Scheiterns ist die Ratlosigkeit gegenüber vielen Aussagen des Aristoteles, die einem überkommen muss, versucht man diese Lesart zu vertreten. Die traditionelle Lesart setzt die Physik und damit das Artefakt in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit: Aristoteles führt Form und Materie ein, um Veränderung zu erläutern. Wesentlich für die Beziehung von Materie und Form ist ihre Kontingenzverbindung. Weder die Form des Artefakts ist auf eine bestimmte Materie noch die Materie auf eine bestimmte Form festgelegt. Dies macht den aristotelischen Hylemorphismus besonders fruchtbar, um Veränderung zu erläutern, ist die Materie doch dasjenige, was die Einheit eines Gegenstandes in seinen Veränderungen wahrt und Form diejenige, die die einheitsstiftende Materie verändert. Kommt es jedoch zur Metaphysik und zur De Anima und damit zum Lebewesen, steht diese Lesart vor einem Problem: Hier bestimmt Aristoteles den organischen Körper als Materie und die Seele als Form eines Lebewesens. Da ein organischer Körper ein beseelter Körper ist, postuliert Aristoteles für Form und Materie des Lebewesens eine wesentliche Verbindung. Dabei schien es doch gerade konstitutiv für die Begriffsbestimmung von Materie und Form, dass sie unabhängig gedacht werden können und nur zufälligerweise zusammenfinden. Die traditionelle Lesart, so zeige ich, stellt dieses Problem heraus, findet aber keine Antwort, was Aristoteles` Aussagen zur Form und Materie von Lebewesen unverstanden lässt. Diese Konsequenz macht sie wenig attraktiv für eine fruchtbare philosophische Arbeit, weshalb sie aufzugeben ist.