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meine Elemente auf dem Tisch - noch immer bei 36.C * und überlege, wie ich das alles in eine so kleine Box packen soll. Ich frage mich, ob ich vielleicht gar nicht pa_ cken soll und beschliesse, einfach auf mein Lieblingsziìat aus Jean Paul Sartres La Nausée zurùckzugreifen: t; t-l e tIt- Pour quel'évènementle plusbanal devienne une aventure, et iI sufffi qu'ln se mette àIe raconter. tì i- ilfaut (,,Damit das banalste der Ereignisse zum Abenteuer wird, muss man - und das reicht aus - sich daran machen, es te zu erzählen.") II Vorgetragen am 25. Juni 2003 anlässlich des S;'rnposiums Narrativität in den Wissenschaften am Collegium Helveticum, Zürich e t:- I I OIE METFPI{OFOtOGISTHE OBDNUNE OEF OINGC Etn METRPHERfI MRNTHR t::l]. t, r r t ttrs l- t- :l r t I 218 . 5ILUIR BER6CR, MRRIRNNE HHENSELER fr mVBlFm SP0EBB| Die Metapher, eine diskursive Grenzgängerin. Ob man sie als Übertragung I versteht, als Interaktion (Übertragung und Rückùbertragung) Z oder als kaum fassbares, nicht nachvollziehbares Zirkulieren von Sinnelementen zwischen verschiedenen Diskursen und Texten g , immer findet ein Übergangvon einem Sinnbezirkin einen anderen statt - und zuweilen auch Bedeutungs-Verschiebungen. Die Metapher vermittelt zwischen Diskursen, stellt ungewollte Beziehungen und unerhörte Resonanzen her. Die Metapher: ein hybrides Wesen. r, t tte ]tt 5 Die Metapher ist - um metaphorisch zu sprechen - wie ein Bakterium. Sie dringt in einen Textkörper ein und kontaminiert ihn. Die neue Heimat annektiert die Metapher, die vor der Grenzübertretung noch als Begriff galt, versucht, sie wieder zum Begriff zu machen, den Fremdkörper zu assimilieren, unkenntlich zu machen, sich wieder als reiner wissenschaftlicher Text zu konstituieren. Gleichzeitig erhält damit der Begriff neue Bedeutungen, sodass er auch im ,,ursprünglichen" Diskurs zur Metapher werden kann. Die Zirkulation der Metapher zwischen verschiedenen Diskursen produziert neue Zuschreibungen, die weitergetragen werden und und Umgestaltungen der jeweiligenAusdrucks- und Sinnsphären eines Denkens und einer Zeit. Vor einer diachronen Betrachtung solcher Ordnungen ist aber immer erst auch der unmittelbare Kontext, also die synchrone Einbettung, bei der Analyse zu berücksichtigen. Denn metaphorische Ordnungen sind vor allem eins: lokale und historische Ordnungen. Warum sprichtmanheute in derlmmunologievonKiller:I-Zellen?Warumist die Netzwerk-Metapher in vielen wissenschaftlichen Diskursen der Gegenwart so attraktiv? Metaphern in den Wissenschaften verraten meist etwas über den historischen und kulturellen Hintergrund der Forscherinnen und Forscher. Warum lesen sich gewisse Texte der früheren Bakteriologie wie Imaginationen eines Iftieges, eines Schlachtfeldes? - Metaphern sind situative Marker: Sie zeigen an, in sollten. 1¡¡en werden welch begrenzter und politischer Welt wissenschaftliches Denken trotz universaler Wohin aber flihrt diese (erkenntnisleitende) metaphori- Wahrheitsansprüche zu Hause ist. Metaphern - eine sche Beziehung zwischen Bakterien und I Die klassische Definition von Aristoteles; auch sie natürlich eine Metapher. Diese Definition ist als Subnatürlicherweise hergestellte ist und die eine Beziehung, stitutionstheorie in den rnetapherntheoretischen Diskurs eingegangen. nicht bestehen würde? - Die Analogisierung hat eine Filte2 Dielnteraktionstheoriewirdl.A.RichardsundMaxBlackalsBegründerzugeschrieben;vonÜbertragunrung der Wahrnehmung der Metapher zur Folge. Sie hebt gen und Rückübertragungen spricht Hans Blumenberg. Inwiefernjedoch Interaktion als Übert¡agung den bakteriziden Charakter hervor und verfrihrt zu einer und Rückübertragung inte¡pretiert werden kann, wie es hier geschieht, bedürfte einer eingehenderen Die Analoder Bakteriologie. in der Sprache Beschreibung Hans Blumenberg;Ailsblickauf eineTheoríederUnbegriflichkeit, in: ders.; SchffiruchmitZuschauer, sie in ein Diskussion. fi.ihrt die Metapher und naturalisiert gisierung a.M.7979. Max Black; Die Metaphû [1954], in: Ánselm Haverkamp (Hg.l;Theor¡e der Metapher, F¡ankfurt und unintendierMit ungeahnten Raster ein. biologisches Darmstadt 1996, S. 55-79. I. A. Richards; The Philosophy ofRhetonc, Oxford 1936. Effekten. ten -,,r lnfektion anderer Diskurse führen' íi.t"pft.ttt und Bakterien erscheinen meist als bedrohliW"r"tt, denn sie lassen Grenzen zusammenfallen und "1.r" .iifr.n damit Unordnung. Bakterien gefährden unser garantieren es auch. Functtonal' i.eben aber nicht nur, sie Bakterien zugesetzt werden, denen ,,gute" lood-Prcdukte, Zeugnis davon ab. Neuere metaphernberedtes ein iegen wiederum weisen darauf hin, dass lh-eoretisctre Ansätze Funktion besitzen erkenntnisstiftende eine Metaphern wahrgenomeinfach als verunreinigend nicht mithin und Metaphern verdeutlichen den instabilen Charakter von Diskursen, die mithin von einem Stabilisierungswillen geprägt sind. Sie schieben sich in Diskurse ein und destabili- 3 Vgl. Sabine Maasen / Peter Weingart; Metaphors and the Dynomics of Knowledge, London / New York 2000, und Philipp Sarasin; lnfizierte Körper, kontøminierte Sprachen. Metaphern als Gegenstand der Wissenschafßge- 4 Vgl.MaxBlackiMoreaboutMetaphor,in'.ders.iPerplexities,Ithaca /London1990,S.66 schichte, in: des.; 279 Geschichtswissenschaft undaskursanalyse, Frankfurt a.M. 2003, S. 191-230 5 HansBlumenberg',ParadigmenzueinerMetaphorologí€,Frankfurta.M. 1998,S. 13 sieren sie. Metaphern eröffrren eine Vielfalt von Sinnen, sind aber nicht Unsinn, nicht jenseits sinnhafter Ordnungen; auch wenn sie nicht - wie es scheinbar Begriffe oder ?.0.5.3 Definitionen tun - eindeutigen Sinn produzieren. Unsinn 07.07. - Dies ist der Moment, in clem auf den Begriff zu bringen wäre, worauf all das wäre zu behaupten: ein Gen ist ein Blutkörperchen, eine FaktenZählen, DatenSchichten, WissenWeben hinausläuft; den krihnen Entwurf eiMetapher wäre zu sagen: ein Gen ist eine dichte Inschrift. ner Ordnung anzufertigen, in der sich erzählen liesse, was unter den Nebeln verborgen liegt; sich ein Sinnbild davon zu machen, was zumVorschein käme, wenn sie sich Metaphern stehen ftir die mannigfaltigen, vielschichtigen auflösen würden. Ein Labyrinth vielleicht? Beziehungen zwischen den Dingen, den Worten und den Das Problem, das der Erfinder Daidalos, diese nrythologische Leitfigur abendländi Dingen und denWorten - so Max Black auf die Frage, wes- schen Erfindergeists, Ingenieurwesens und ,,angewandter Wissenschaft", zu lösen halb wir denn überhaupt Metaphern verwenden und uns hatte, war gleichermassen simpel und vertrackt: Er sollte ein Gefängnis entwerfen, nicht mit wörtlichen Beschreibungen zufrieden geben in das nur hinein-, hernach aber unter gar keinen Umständen mehr hinauszugelanwürden. 4 Wörtliche Sprache benennt und/oder beschreibt gen ist, ein ,,Hier", von dem aus sich kein ,,Dort" mehr konstruieren lässt. Je mehr eine stabilisierte, eindeutige, lineare Ordnung. Metaphori- sich der eingespeute Minotauros anstrengen würde, ein Dort zu erreichen, desto hersche Ordnungen kreiieren und repräsentieren die beweg- metischer sollte ihn das Hier umfangen, um ihn schliesslich vom Glauben an ein Dort ten, beweglichen, dievielÍÌiltigen, verrückten, die absurden gänzlich abzubringen. Daidalos begriffsofort, dass es darum ging, eine Art Ordnung und banalen Dimensionen menschlicher Wahrnehmung der Ortlosigkeit zu entwerfen, ein abstraktes räumliches Abbild jener existenziellen Situation, in der sich jecles erkenntnisbegabte Wesen wieclerfindet, clas um die Ordund Erfahrung sowie der Ordnung der Dinge. nung der Dinge weiss oder sie wenigstens erahnt, aber selbst in ihr gefangen ist und Metaphorische Ordnungen stellen frir die Wissenschafts- nicht über sie hinausgelangen kann. Daraufhin erfand er ein Labyrinth. Allerdings historikerin ein Faszinosum dar. Ihre Untersuchung er- war er Genie genug, um auch das Folgeproblem zu lösen, das sich aus cler Lösung cles scheint deshalb besonders interessant und lohnend, weil verangegangenen Problems ergab: Er ersann die List von Ariadnes Faclen, anhancl dessie die ,,Metakinetik geschichtlicher Sinnhorizonte und senTheseus jederzeit mitdem DortinVerbindungblieb, als er ins Labyrinth eindrang, Sichtweisen" 5 zum Vorschein zu bringen vermag. Die dia- um den Minotauros zu töten, und folglich ohne weiteres wieder herausgelangte. chrone Untersuchung dieser Ordnungen ermöglicht gewis- Mit seinern Labyrinth, dieser Installation des Infinalen, hat Daidalos seinem Genie sermassen die Erfassung der sukzessiven Umformungen und Dilemma ein Denkmal gesetzt; dem Dilemma, dass jede Orclnung der Dinge, die