Dämonische Erscheinungen im spätmittelalterlichen Preußen. Im Lichte Simon Grunau’s Chronik Simon Grunau’s Preussische Chronik ist ein Werk, das von einem Dominikaner geschrieben wurde, der ungefähr in den Jahren 1455–1465/1470 –...
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Preußen. Im Lichte Simon Grunau’s Chronik
Simon Grunau’s Preussische Chronik ist ein Werk, das von einem Dominikaner geschrieben wurde, der ungefähr in den Jahren 1455–1465/1470 – 1529/1530 lebte und der mit dem Konvent in Danzig und Elbing verbunden gewesen war. Die Chronik entstand in den Jahren 1517–1529/1530 und stellt ein Spiegelbild der typisch spätmittelalterlichen Mentalität des Autors dar, der auf die in der Welt, in der er lebte, erfolgenden Veränderungen stark reagierte. Erkennbar ist das vor allem an in der Fachliteratur vorzufindenden drei Redaktionen der Chronik. Die erste (X/XII 1517–IV 1521), wie vor kurzem Sławomir Zonenberg herausfand, entstand wahrscheinlich auf die Veranlassung der Bürgermeister von Gdańsk und ist eindeutig gegen den Deutschen Orden gerichtet. Die zweite (V 1521–XII 1526) und dritte (IX/X 1527–XII 1529/II1530) entstanden in Reaktion auf die sich immer mehr an Popularität erfreuenden Lehren von Martin Luther in Preußen unter der Redaktion von Simon Grunau. Diese Redaktionen erlauben es zu verfolgen, wie sich die Weltanschauung des Chronikers aufgrund der für ihn und alle anderen Dominikaner in den Folgen dramatische Konsequenzen der Volksrevolten in den Jahren 1524/1525, die durch die Großstädten in Preußen durchzogen und deren Feindseligkeit sich u. a. gegen die Mendikanten richtete, veränderte. Die Preussische Chronik, die unter der ersten Redaktion entstand, ist ein schriftliches Werk in dem die Ordensgeschichten niedergeschrieben worden sind. Es entstand nicht nur zu Ehren der Prediger des Dominikanerordens, sondern es sollte auch als Propagandamittel dienen, das eine vollständig neue Geschichte von Preußen aufzeigte, die von der Perspektive eines preußischen Patrioten niedergeschrieben wurde. Simon Grunau interessierte sich für allerlei Bräuche und Sitten des heidnischen Preußens und der Preußen, innerhalb derer er als Prediger fungierte. Dadurch wird das Werk des Dominikaners zu einer hoch geschätzten Quelle für die Erkundung der Mentalität damaliger Teilnehmer der populären Volkskultur, die diese Gebiete bewohnten. Bis heute erfreut sich das Werk von Simon Grunau nicht der Anerkennung, welche es verdient. Die zahlreichste Gruppe an Phänomenen, welche in der Chronik dargestellt wurden, sind dämonische Phänomene, die in einem besonders interessanten Kontext auftreten. Es handelt sich dabei um die Lichtbrechung des Dominikaners. Die Zeit, in der die Chronik entstand erlaubt es einen Vergleich der Wahrnehmung von den Phänomen durch Grunau vor der Reformation, während der Zeit als sie an Popularität gewann und bis Ende der zwanziger Jahre als sie in den preußischen Städten an Grund und Boden gewann anzustellen. Die in der Preussischen Chronik dargestellten dämonischen Phänomene macht ihre Vielfalt von Motiven und die Haltung des Autors ihnen gegenüber aus. Ihre Hauptrolle lag darin, den Kosmos durch die Bildung eines Gegengewichts für die Himmelsphäre unterzuordnen. Die Exempel, welche anfangs teuflische Gestalten präsentierten – typisch für die damalige Exemplifikationstopik – das Abbild eines Dämonen, der in den Erlösungsplan von Gott miteinbezogen ist (erste Redaktion). Mit der Zeit aber – im Laufe der sich immer weiter entwickelnden Reformation- kam die alltägliche und nicht zu bändigende Allgegenwärtigkeit des Bösen auf Erden zu Tage. Die zweite und dritte Redaktion der Chronik zeigt das Exempel – den Teufel als Erzieher, der in der Reformationszeit frei von autoritären Bindungen an die Kirche seine wahre Stärke in den letzten Lebensjahren von Simon Grunau zeigen konnte. Als der Böse wird der Gefährte von Lutheranern und der Anführer zum Brechen aller Art von Traditionen der alten Kirche dargestellt. Bevor es aber dazu kam, misste Grunau dem Teufel – dem Hauptprotagonisten konstruierter Aktionen – konkrete zu erfüllende Funktionen bei. Die Exempel zeigen den Teufel nicht als einen dummen und närrischen Volksteufel, da er nicht zu den Rollen, welche Grunau ihm zuschrieb passen würde. Um mit Erfolg auf den Rezipienten einwirken zu können, brauchte der Prediger einen Teufel, der seine Stärke und seinen Betrüger-Fähigkeiten in Misskredit brachte. Der Dominikaner kannte die Psyche seiner Zuhörer genau, also modifizierte er alte ihm zugängliche Überlieferungen (welche z.B. der Chronik von Peter von Dusburg entstammen) von der teuflischen Tätigkeit so, um möglichst erfolgreich auf seine Gläubiger einzuwirken, indem er Angst, Verblüffung und Komik anwandte. Eine andere Gruppe von Phänomenen stellen die Wiedergänger dar. Anhand der Analyse von Funktionen, welche sie erfüllten, der Art und Umstände ihres Auftretens, wurden sie in Vermittler-Seelen, Seelen, die büßen müssen und Wiedergänger eingeteilt. Die Vermittler-Seelen, die nicht zu den dämonischen Phänomenen gezählt werden und eher zu den wunderbaren angehören, wurden nur behandelt, um einen Vergleich zu ermöglichen. Sie charakterisierte die Erfüllung einer Mission Muttergottes, die sie zu ihren Nächsten mit einer Belehrung sandte. Am häufigsten erschienen sie ihnen im Traum oder wenn sie alleine waren. Ihr Besuch war mit der Sorge um das Heil der Seele der noch lebenden Person verbunden. Verstorbene, die aus verschiedenen Gründen büßen mussten, konnten ihren Weg ins Jenseits, aufgrund von s.g. Verstrickung in irdische Angelegenheiten, nicht antreten. Sie erschienen dem älteren Kreis von Lebenden mit der Bitte um Fürsprache und Hilfe bei der Buße ihrer Sünden. In dieser Kategorie erschienen auch s.g. böse Seelen- verdammte Seelen – die die Lebenden quälen und ihr Leben bedrohten. Sie zeigten sich in Form von zarten Erscheinungen, die für Lebende erkennbar waren. Verdammte Seelen zeigten sich auch Fremden. Wiedergänger besaßen einen Körper, den man am Ende verbrannte oder mit einem Schwert durchbohrte. Sie hatten prophetische Eigenschaften, manchmal erfüllten sie die Funktion eines aus den Jenseits Gesandten, der die Lebenden ermahnen sollte. Sie zeigten sich ausschließlich nur Fremden am Tag. Ihr Tod trat unerwartet ein, manchmal nahmen sie ihn selbst nicht wahr. Die von Simon Grunau aufgezeigte Gemeinschaft von Lebenden und verstorbenen hatte ihre ungeschriebenen Rechte und Privilegien. Sie ermöglichten den Kontakt mit verstorbenen Nächsten und machte Überlieferungen der Prediger vom Leben nach dem Tod glaubwürdig. Die Verstorbenen hatten das Recht in einer bestimmten Zeit und bei bestimmten Umständen zurückzukehren und ihr Erscheinen wurde nicht als etwas nichtalltägliches angesehen. Eine Ausnahme stellten aber Tote dar, die sich nicht an die Gesellschaftsnormen hielten – verdammte Seelen. Entschieden negativ und nicht akzeptabel waren für den Dominikaner dämonische Phänomene in Form von Totenbeschwörung und Hexerei. Die von Simon Grunau dargestellten Exempel zeugen von seinem tiefen Wissen zum Thema dieses Zweiges von schwarzer Magie und die Vielfalt seiner Erzählungen, die er an seine Gläubiger weiter gab, kann auf sein Interesse an der Frage als Dominikaner – einerseits – als auch auf das Vorhaben vor ähnlichen Praktiken zu warnen verweisen. Die vom Dominikaner aufgezeigten Exempel, erlauben es die nötigen Elemente zur Durchführung einer Rituals der Totenbeschwörung, der verbunden ist mit Schatzsuche kennen zu lernen – der Dominikaner zeigt die Anwendung und Methoden zur Erstellung einer Wünschelrute, magischer Spiegel, Funktionen, die von einem Sonntagskind erfüllt werden, wie auch die Verwendung von magischer Ringe und 13. Schillingen, als auch Methoden, wie man einen beschworenen Dämonen sich Zunutze machen kann auf. Die Problematik von Hexen wird bei Grunau nur in einem Exempel, das von Verwünschung und Wasservergiftung handelt behandelt. Simon Grunau ließ die Möglichkeit zu, dass dämonische Gestalten mit einem vorchristlichen Ursprung existieren, hauptsächlich Poltergeister. Als Volksprediger entstammte sein Wissen von einfachen Menschen, inmitten derer er lebte. In seinem Werk wird man Aufmerksam auf des Chronikers lebhaftes Interesse an derartigen Erzählungen, die vor allem ihren Ursprung auf dem Schloss in Christburg haben. Grunau behandelt genauestens die in Preußen umschweifenden Legenden von erschreckenden Ereignissen, die sich auf den Schlossruinen abspielten – die Verwandlung von Wasser zu Blut, die Selbstentzündung eines Bartes, unsichtbare Kräfte, die Menschen in Luft versetzten oder mit ihnen umher warfen, wie auch entsetzliche Schreie und Klopfen. Simon Grunau kannte die populäre Mentalität. Man kann auch meinen, dass sie ihm auch innewohnte. Er akzeptierte aber nicht jede ihrer Ausdrucksformen, wie Totenbeschwörung. Er selbst wandte die Magie des Wortes an, die er in seine Erzählungsform der Exempel einflochte – als eine der Hauptformen der Konstruktionsform. Er kannte die Gefahren, welche von ihr ausgingen, aber er beachtete die Prinzipien, welche sie regierten. Die restlichen Elemente des magisch-mythischen Denkens, wie die sympathische Magie oder die Alkmene-Magie (verbunden mit Zubinden) wurden auch von ihm angewandt. Seine theologische Ausbildung hatte einen eindeutigen Einfluss auf den Rahmen von Phänomenen, die von ihm akzeptiert wurden. Simon Grunau erzielte durch seine Wissensbegierde, seiner allseitigen Interessen an Menschen und ihren Bräuchen, ein größeres Verständnis für die von ihnen präsentierten Haltungen und Glauben.
